Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtstreits trägt die Klägerin.

3. Der Rechtsmittelstreitwert beträgt 250.000,00 €.

4. Die Berufung wird gesondert zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt von dem Beklagten die Unterlassung der Weitergabe von bestimmten Informationen, die sie als ihre Geschäftsgeheimnisse ansieht. Außerdem begehrt sie die Feststellung einer Verpflichtung des Beklagten zum Ersatz des bereits entstandenen und künftig noch entstehenden finanziellen Schadens aus dessen Weitergabe von Informationen an Unternehmensexterne.

Die Klägerin ist neben der Firma A. ein weltweit führender Hersteller von Füllmaschinen für Lebensmittel und Getränke sowie des zugehörigen Verpackungsmaterials. Im Gegensatz zu A. und sonstigen führenden Konkurrenzunternehmen liefert die Klägerin Verpackungsmaterialien nicht als sog. Rollware, sondern in Form von flachen und bereits an der Längsnaht versiegelten Verpackungsmänteln, sog. Sleeves. Die Sleeves vertreibt die Klägerin nicht an jedermann, sondern an sog. W.-Systemkunden im Rahmen von Packstoffverträgen. In den letzten Jahren sind vermehrt weitere Marktteilnehmer als Konkurrenten im Sleeve-Markt aufgetreten; der Umfang des Wettbewerbs ist zwischen den Parteien streitig.

Die Sleeves produziert die Klägerin auf automatischen Faltschachtelklebemaschinen (nachfolgend “AFK-Maschinen”). Diese erhielt sie bis kurz vor Erhebung der Klage im April 2020 vor allem von der S. Dieser Zulieferer war nicht dazu berechtigt, AFK-Maschinen Dritten zu verschaffen.

Weltweit produziert die Klägerin rund XX Milliarden Sleeves pro Jahr. Bislang produziert kein anderes Unternehmen weltweit Sleeves in ähnlicher Menge. Zwei chinesische Unternehmen stellten jedoch bereits rund 300.000 bzw. 250.000.000 Sleeves her. Die chinesische U., Ltd. verkaufte 2019 250.000.000 Sleeves, die auf Abfüllmaschinen der Klägerin dem Grunde nach eingesetzt werden können; streitig ist zwischen den Parteien, ob jene befüllten Sleeves denjenigen der Klägerin gleichwertig sind, insbesondere hinsichtlich der aseptischen Eigenschaften. Zudem gelang es auf dem europäischen Markt der Firma T. B.V., 40.000 Sleeves an einen der Hauptkunden der Klägerin, die E. GmbH bzw. an die E. B.V. (nachfolgend zusammenfassend “E.”), zu liefern.

Der Beklagte war bei der Klägerin vom XX.XX.XXXX bis zum XX.XX.2016 als C. beschäftigt, der maßgeblich an der Weiterentwicklung der Produkte der Klägerin beteiligt war und in engem Austausch mit Mitarbeitern aus dem Bereich Forschung und Entwicklung stand. Ab dem XX.XX.XXXX übernahm er als außertariflicher Angestellter die Funktion des Q.

Der zuletzt geltende Arbeitsvertrag vom XX.XX.XXXX regelte in Ziffer 11:

“Herr H. wird über alle Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse sowie alle sonstigen ihm im Rahmen der Tätigkeit zur Kenntnis gelangenden Angelegenheiten und Vorgänge der Gesellschaft Stillschweigen bewahren. Er wird dafür Sorge tragen, dass Dritte nicht unbefugt Kenntnis erlangen.

Die Verpflichtung zur Geheimhaltung besteht über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses hinaus und umfasst auch die Inhalte dieses Vertrags.”

Der Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis zum Ablauf des XX.XX.2016.

Ziffer 14 des Arbeitsvertrags regelt, dass der Beklagte sich dazu verpflichtet, auf Verlangen der Klägerin eine Vereinbarung über ein Wettbewerbsverbot einzugehen. Zum Abschluss einer solchen Vereinbarung kam es nicht.

In Ziffer 19 des Arbeitsvertrags ist unter der Überschrift “Schlussbestimmungen” unter anderem folgende Verfallklausel enthalten:

“Sämtliche Ansprüche der Parteien aus dem Arbeitsverhältnis sind spätestens innerhalb einer Ausschlussfrist von drei Monaten seit Fälligkeit schriftlich gegenüber der jeweils anderen Vertragspartei dem Grunde und der Höhe nach geltend zu machen, sofern der Anspruchsinhaber von den Anspruch begründenden Umständen Kenntnis hatte oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte haben müssen.

Im Falle der Ablehnung oder Nichterfüllung sind diese Ansprüche innerhalb einer weiteren Ausschlussfrist von drei Monaten nach Zugang der form- und fristgerechten Geltendmachung gemäß Satz 1 gerichtlich geltend zu machen. Nach Ablauf der jeweils genannten Fristen ist der jeweilige Anspruch ausgeschlossen.

Ausgenommen von der Verfallregelung sind Schadensersatzansprüche aus vorsätzlichem Verhalten.”

Seit dem XX.XX.2017 ist der Beklagte für E. als L. tätig.

Der Beklagte versandte noch während seiner Tätigkeit für die Klägerin 2015 mehrere E-Mails nebst Anlagen unter dem Pseudonym “O.” an die damaligen Gesellschafter der R. GmbH, Q. und A. Bei der R. GmbH handelte sich seinerzeit um eine jedenfalls potentielle Konkurrentin der Klägerin, die an einem Markteintritt im Bereich der Fertigung von Sleeves insbesondere des Formats cb 9 im industriellen Maßstab interessiert war. Die Anlagen zu den E-Mails enthielten spezifische Leistungsdaten und Prozessparameter der AFK-Maschinen sowie spezifische Geometrie- und Toleranzdaten der Sleeves der Klägerin, die der Beklagte gegenüber Herrn Q. und Herrn A. in einer weiteren E-Mail vom 15.02.2017 als das geistige Eigentum seiner Firma HX. bezeichnete. Eine E-Mail vom 20.09.2015 enthielt technologische Angaben und Leistungsdaten zu verschiedenen auf den AFK-Maschinen zu durchlaufenden Stationen, insbesondere Parameter zu den Bereichen “2.2 Streifen und Staub”, “2.3 Kühlwasser” und “2.6 Saugventilator”. Die Anlagen zu einer E-Mail vom 13.12.2015 beinhalteten Angaben zur Mantelspannung bzw. Aufspringhöhe der Sleeves, welche für deren Aseptik entscheidend sind. Diese wiederum ist von zentraler Bedeutung für die Länge der Haltbarkeit der abgefüllten Lebensmittel bzw. Getränke. In den Anlagen einer E-Mail vom 31.12.2015 teilte der Beklagte insbesondere spezifische Angaben zur Längsnahtgeometrie, Nahtdicke sowie Toleranzangaben auf ein Hundertstel Millimeter mit.

Die streitgegenständlichen Informationen sind weitgehend nicht durch gewerbliche Schutzrechte geschützt. Dies beruht auf einer bewussten Entscheidung der Klägerin, da sie durch die Anmeldung von Schutzrechten ein Bekanntwerden der Informationen befürchtete. Bestimmte Angaben (z. B. in Bezug auf die Herstellung der Längsnaht sowie der Nahtdicke der Sleeves) sind jedoch in Patentschriften öffentlich geworden.

Der R. GmbH gelang zu keinem Zeitpunkt die Herstellung von Sleeves, obgleich sie dies mittels einer selbst beschafften AFK-Maschine und den von dem Beklagten erhaltenen Informationen versuchte; sie ist seit XXXX 2017 insolvent und mittlerweile aufgelöst.

Die Klägerin erfuhr im Oktober 2018 von dem Versand der E-Mails 2015 und mahnte den Beklagten mit Schreiben vom 12.10.2018 ab.

Am 02.11.2018 beantragte die Klägerin beim Landgericht Aachen den Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen den Beklagten, die im schriftlichen Verfahren erlassen wurde. Nach Verweisung an das Arbeitsgericht Aachen hob das Arbeitsgericht (8 Ga 9/19) die einstweilige Verfügung mit der Begründung auf, dass schon durch die Bestellung von 40.000 Sleeves durch E. bei der T. B.V. der Nachweis geführt sei, dass Dritte über das notwendige Wissen zur Produktion gleichwertiger Sleeves verfügten. Das Landesarbeitsgericht Köln (2 SaGa 20/19) wies die Berufung der Klägerin mit der Begründung zurück, dass die Geheimhaltungsvereinbarung im Arbeitsvertrag aufgrund ihrer umfassenden Reichweite sittenwidrig und damit gemäß § 138 BGB unwirksam sei. Ihre Unwirksamkeit ergebe sich auch aus § 307 BGB wegen unangemessener Benachteiligung des Beklagten. Durch die unstreitige Fertigung von Konkurrenzprodukten im Umfang von 40.000 Sleeves in Europa bzw. 300.000 Sleeves in China sei von Bekanntheit der in Rede stehenden Informationen am Markt auszugehen. Darauf, dass eine Produktion mit Gewinn möglich sei, komme es für die Frage des gesetzlichen Geheimnisschutzes nicht an. Die Behauptungen des Beklagten zur Beschaffung der notwendigen Parameter durch erlaubtes Reverse Engineering seien von der Klägerin nicht widerlegt worden. Dass die Möglichkeit einer entsprechenden Rückrechnung bestehe, sei plausibel. Nicht zuletzt fehle es an dem Nachweis eines angemessenen Geheimhaltungsmanagements bezogen auf einzelne Geheimnisse, so dass auch deshalb ein Unterlassungsanspruch aus § 6 GeschGehG ausscheide.

Die Klägerin behauptet, dass die von den Konkurrenzunternehmen hergestellten Sleeves qualitativ, insbesondere hinsichtlich ihrer Aseptik, nicht mit den von ihr hergestellten Sleeves vergleichbar seien. Dies gelte auch die weiteren Qualitätsmerkmale Haptik, Undurchlässigkeit und Haltbarkeit. Ihnen liege nicht das von ihr entwickelte spezifische Know-How zugrunde. Dabei handele es sich wiederum um Geschäftsgeheimnisse gemäß § 2 Nr. 1 GeschGehG bzw. § 17 UWG a. F. Nur dieses Know-How ermögliche es, bestimmte Produktionsmengen erzielen zu können – aktuell etwa XX Sleeves pro Sekunde. Konkurrenzprodukte könnten die AFK-Maschinen nicht mit annähernd vergleichbarer Geschwindigkeit passieren. Alternative Sleeves seien zudem auf den Füllmaschinen der Klägerin nicht – jedenfalls nicht in auch nur annähernd vergleichbarer Abfüllgeschwindigkeit – verwendbar. Notwendig seien hierfür eine sehr präzise Auswahl und Abstimmung aller Geometrie- und Toleranzdaten sowie der Leistungsdaten der Produktionsanlagen gemeinsam mit der geometrisch exakten Abmessung der verwendeten Sleeves. Es hätten teilweise zwischen XX und XX Millionen Sleeves produziert und deren Produktion durch eigene, nur ihr zur Verfügung stehende Messwerkzeuge ausgewertet werden müssen, um die optimalen Parameter zu kennen. Nur bei Verwendung der allein ihr bekannten Spezifikationen werde ein weitgehend störungsfreier Betrieb der Produktionsanlagen gewährleistet. Einen solchen könnten die Konkurrenten gerade nicht gewährleisten. Da die Behebung einer Maschinenstörung aufgrund der Komplexität meist mehrere Stunden in Anspruch nehme, sei dies erforderlich, um die hohe Nachfrage der Kunden rechtzeitig bedienen zu können.

Weiterhin behauptet die Klägerin, dass sie den Herstellungsprozess auch hinsichtlich einer kostengünstigen und ressourcensparenden Produktion optimiert habe. Die Sleeves der Konkurrenz seien im Ergebnis nicht für eine industrielle Fertigung in ähnlichen Mengen geeignet. Gerade die Marktposition der Klägerin sei Indiz dafür, dass kein Konkurrent in der Lage sei, qualitativ gleichwertige Sleeves im vergleichbaren Maßstab zu produzieren. Ausschließlich die Klägerin nutze AFK-Maschinen. Die Technologie der AFK-Maschinen sei ihr wesentliches Geschäftsgeheimnis. Insbesondere gelte ihr Technologievorsprung im Bereich der Herstellung der Sleeves im Format cb 9. Da die alternativen Sleeves des Formats cb 1 sich am Markt nicht durchgesetzt hätten, u. a. wegen Qualitätsmängeln, habe der Konkurrent MI., Ltd. seine Tätigkeit sogar wieder eingestellt. Auch die 40.000 von der T. B.V. produzierten und an E. gelieferten Sleeves könnten nicht denselben Qualitätsstandard erreichen wir ihre Produkte. Dies folge schon daraus, dass E. Sleeves nur in verschwindend geringem Umfang und damit für ein Testverfahren bestellt habe. Dieses müsse die fehlende Gleichwertigkeit zum Ergebnis gehabt haben. Außerdem müsse der Beklagte die Geometrie- und Toleranzdaten an die T. B.V. übermittelt haben, damit diese an E. Sleeves liefern könne. Nur aufgrund der rechtswidrigen Weitergabe von Geschäftsgeheimnisse sei es der T. B.V. überhaupt gelungen, 40.000 Sleeves an E. zu liefern.

Ferner behauptet die Klägerin, dass ihr spezifisches Know-How am Markt nicht allgemein bekannt sei. Es werde Kunden grundsätzlich nicht mitgeteilt. Zulieferer, die teilweise spezifische Informationen in Lastenheften erhielten, seien aufgrund von entsprechenden Vereinbarungen zur Verschwiegenheit verpflichtet. Ihr Wissen sei auch nicht von Dritten z. B. im Wege des sog. Reverse Engineerings rekonstruierbar. Etwa sei die Messung der Nahtdicken-Geometrie ausschließlich mittels W.-spezifischen Messgeräten möglich, die nicht frei am Markt erhältlich seien. Selbst wenn Konkurrenzprodukte am Markt verfügbar seien, ergebe sich daraus deshalb nicht, dass diese unter Anwendung des Know-Hows der Klägerin hergestellt worden seien. Die Klägerin ist der Auffassung, dass sie im Einzelnen dargelegt habe, dass die von dem Beklagten weitergebenen Informationen nicht marktbekannt seien. Darüber und über die Vergleichbarkeit ihrer Sleeves mit denjenigen der Konkurrenz müsse daher Beweis durch Zeugenvernehmungen und durch die Einholung eines Sachverständigengutachtens erhoben werden.

Weiterhin behauptet die Klägerin, dass ihr Know-How nach dem Needtoknow-Prinzip ausschließlich denjenigen Mitarbeitern zur Kenntnis gebracht werde, die entweder dem Forschungs- und Entwicklungsteam angehörten oder die entsprechenden Informationen zum Bedienen der AFK-Maschinen benötigten. Sämtliche Mitarbeiter würden auf den wirtschaftlichen Wert und vertraulichen Charakter dieser Informationen aufmerksam gemacht und – wie der Beklagte – zur Geheimhaltung verpflichtet. Zudem seien technische Sicherheitsmaßnahmen und angemessene IT-Sicherheitsroutinen etabliert worden, damit Unbefugte nicht auf die gespeicherten Daten auf den Servern der Klägerin zugreifen könnten. Es bestünden Zugangskontrollsysteme zum Betriebsgelände und den Geschäftsräumen. Zum Geheimhaltungskonzept gehörten darüber hinaus regelmäßige Schulungen der Mitarbeiter im Umgang mit Geschäftsgeheimnissen.

Die Klägerin ist der Ansicht, dass der Beklagte insbesondere aus § 8 UWG i.V.m. § 3, § 3a, § 17 UWG in der bis zum 26.04.2019 geltenden Fassung zur Unterlassung verpflichtet sei. Sie meint, § 17 UWG sei aufgrund der begangenen Verletzungshandlung noch vor dessen Außerkrafttreten weiterhin anwendbar. Der Beklagte sei durch die begehrte Unterlassung auch nicht in seiner Berufsfreiheit unzumutbar eingeschränkt.

Die Klägerin ist der Ansicht, für den Feststellungsantrag ein Feststellungsinteresse zu haben, weil sie nur so die Verjährung hemmen könne. Eine Bezifferung eines Schadens sei ihr noch nicht möglich. Durch die langen Produktzyklen in ihrer Branche gehe sie davon aus, dass der von dem Beklagten durch den Versand der E-Mails verursachte Schaden erst künftig messbar werde.

Ursprünglich hat die Klägerin mit dem Klageantrag zu 1. die Unterlassung der Mitteilung oder Weitergabe “insbesondere” der im Einzelnen aufgeführten Informationen beantragt, ohne hiervon solche Informationen auszunehmen, die der Beklagte nach Beendigung seines Arbeitsverhältnisses ohne Zurückgreifen auf schriftliche Unterlagen aus seinem Gedächtnis reproduziert hatte. Mit ihrem ursprünglichen Antrag zu 3. hat sie die Feststellung des Beklagten zum Ersatz jeglichen Schadens begehrt, der aus einer Verletzungshandlung gemäß Ziffer 1. entstanden ist oder künftig entstehen wird. Die Klägerin hat auf einen gerichtlichen Hinweis ihre zunächst angekündigten Klageanträge zu 1. und 3. geändert und beantragt nunmehr,

1. dem Beklagten zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse der Klägerin, die ihm im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses mit der Klägerin anvertraut oder zugänglich gemacht worden sind, unbefugt an Dritte mitzuteilen oder weiterzugeben, und zwar in Form der Weitergabe von spezifischen Leistungsdaten der Packstoffproduktionsanlagen (z. B. AFK-Maschinen) oder von exakten Geometriedaten und Toleranzen betreffend das Verpackungsmaterial, wie durch die in den Anlagen K 9, 10 und 11 aufgeführten E-Mails vom 20.09.2015, 13.12.2015 und 31.12.2015 und den Anlagen “2.2 Randstreifen und Staub.docx”, “2.3 Kühlwasser.docx”, “2.6 Saugventilator.docx”, “XXXXX.docx” betreffend das “Aufspringverhalten” und “XXXXX.docx” betreffend die “Längsnahtgeometrie Nahtdicke”, geschehen, die der Beklagte unter dem Pseudonym “O.” versandt hat, es sei denn, der Beklagte hat die benannten Daten rechtmäßig von Dritten wie seinem aktuellen Arbeitgeber, der E. GmbH, erhalten oder es handelt sich hierbei um Wissen, welches der Beklagte nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses aus seinem Gedächtnis reproduziert hat, ohne auf schriftliche Unterlagen zurückzugreifen, die er während der Beschäftigungszeit bei der Klägerin angefertigt hat;

2. dem Beklagten für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Anordnung nach Ziffer 1. Ordnungsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft bis zu sechs Monaten anzudrohen, wobei das einzelne Ordnungsgeld den Betrag von 250.000,00 €, die Ordnungshaft insgesamt zwei Jahre nicht übersteigen darf und

3. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin jeglichen Schaden zu ersetzen, der ihr infolge der E-Mails des Beklagten vom 20.09.2015, 13.12.2015 und 31.12.2015 und den Anlagen “2.2 Randstreifen und Staub.docx”, “2.3 Kühlwasser.docx”, “2.6 Saugventilator.docx”, “XXXXX.docx” betreffend das “Aufspringverhalten” und “XXXXX.docx” betreffend die “Längsnahtgeometrie Nahtdicke”, die der Beklagte unter dem Pseudonym “O.” versandt hat, entstanden ist und künftig noch entstehen wird.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte ist der Ansicht, dass dem Klageantrag zu 3. das erforderliche Feststellungsinteresse mangels dargelegten möglichen Schadens fehle. Seit seinen Verletzungshandlungen 2015 könne die Klägerin einen möglichen Schaden weder darlegen noch beziffern. Auch in den mündlichen Verhandlungen habe die Klägerin auf Nachfrage des Gerichts hierzu keine konkreten Angaben machen können. Ein Schaden sei nicht entstanden und nicht wahrscheinlich.

Der Beklagte behauptet, dass die von Konkurrenzunternehmen hergestellten Sleeves im Kern auf demselben Fertigungsverfahren wie demjenigen der Klägerin beruhten und gleichwertig seien. Bereits bei der Produktion nur eines Sleeves müssten sämtliche Materialanforderungen, produktionstechnischen Spezifikationen der AFK-Maschinen sowie alle einzuhaltenden Geometriedaten und Toleranzen fehlerfrei ineinandergreifen. Ansonsten wäre der Sleeve nicht aseptisch verschlossen, was zu einem Verderben des Inhalts bereits vor dem Mindesthaltbarkeitsdatum führte. Diesen Anforderungen genügten auch die Konkurrenzprodukte. Insbesondere die Packungsgeometrien sowie das Aufspringverhalten müssten gleichwertig sein, da die Sleeves sonst nicht auf den Abfüllmaschinen verwendet werden könnten. Mindestens 14 (teils ehemalige) Konkurrenten stellten Sleeves her. Teils seien sie denjenigen der Klägerin gleichwertig oder sogar qualitativ überlegen. Bereits Abweichungen im Bereich von 1/10 Millimetern oder weniger führten in der Praxis zu nicht sterilen Packungen und damit zu der Gefahr von Reklamationen bzw. Produktrückrufen.

Den Konkurrenten der Klägerin, beispielsweise der T. B.V., sei es insbesondere durch erlaubtes Reverse Engineering gelungen, die maßgeblichen Parameter herauszufinden. Ihre Produkte würden – gerade auch zum Einsatz auf Abfüllmaschinen der Klägerin – abgenommen. Der Bestellung von E. seien intensive Qualitätstests vorausgegangen. Teilweise hätten die T.-Sleeves sogar besser abgeschnitten als diejenigen der Klägerin. Die Marktanteile der Konkurrenten wüchsen überdies, weil mittlerweile erhebliche Investitionen in diesem Bereich getätigt würden, nachdem eine Marktsättigung im Bereich der Rollensysteme eingetreten sei. 2021 sei eine Produktion von 1.000.000.000 Sleeves durch Konkurrenten zu erwarten.

Mit dem Erwerb des notwendigen Wissens durch die T. B.V. habe der Beklagte nichts zu tun. Die Behauptung der Klägerin, dass er insoweit kollusiv mit der T. B.V. zusammengearbeitet habe, sei unsubstantiiert und ins Blaue hinein aufgestellt.

Auch der Konkurrent WT. A.B., dessen Geschäftsführer ebenfalls Herr Q. gewesen sei, habe bereits 2014 über das notwendige Know-How verfügt, um gleichwertige Sleeves zu produzieren. Beispielsweise E. habe nur deshalb – nach erfolgreichen Tests lange vor seinem Eintritt bei E. – einen Vertrag mit der WT. A.B. nicht abgeschlossen, weil ein solcher aufgrund der Gestaltung des Vertrags mit der Klägerin nicht wirtschaftlich gewesen wäre. Auch die HU. GmbH kenne die Geometriedaten und Toleranzen und könne entsprechende Sleeves produzieren. Die MI., Ltd., die HT. Co., Ltd., die YE. Co., Ltd. sowie die TW. Co., Ltd. böten gleichwertige Sleeves an, lediglich nicht in Europa. Damit fehle es aufgrund der Verbreitung der Leistungsdaten und Prozessparameter der AFK-Maschinen sowie der spezifischen Geometrie- und Toleranzdaten der Sleeves in den interessierten Kreisen an den Voraussetzungen des gesetzlichen Geheimnisschutzes.

Weiterhin behauptet der Beklagte, dass die Klägerin Toleranzdaten ihren Kunden selbst in ihrer sog. Packstoffverordnung mitteile, es sich bei diesen Daten somit per se nicht um Geschäftsgeheimnisse handeln könne. Auch werde das Innenlappenmaß Kunden mitgeteilt. Die Packungsgeometrie und die Toleranzen seien allesamt mittels frei am Markt erwerbbaren Messgeräten durch jeden Fachmann an den klägerischen Sleeves nachmessbar bzw. ergänzend mit der Gauß‘schen Verteilungskurve ermittelbar. Die Klägerin habe nicht konkret vorgetragen, warum ein Reverse Engineering ihrer einfach zerlegbaren Produkte technisch nicht machbar sei. Auch im Rahmen von Reklamationsfällen habe die Klägerin diverse Toleranzwerte an E. weitergegeben.

Neben dem Lieferanten der Klägerin stelle auch, so der Beklagte weiter, u. a. die Firma BY. S.A. AFK-Maschinen her, die von den Konkurrenten der Klägerin genutzt würden. Die Klägerin selbst nutze heute noch einige der vor dem Jahr XXXX von dieser Firma erworbenen AFK-Maschinen und habe insofern keinen exklusiven Zugriff auf AFK-Maschinen. Weitere Hersteller seien die Firmen NZ. GmbH, XY. und LG. Co., Ltd. Auch die DM. AG habe AFK-Maschinen an die Klägerin verkauft und vertreibe sie zudem an Dritte. Das sog. Aufspringverhalten könne durch Beobachten der AFK-Maschine und ihrer Störungsmeldungen einfach ermittelt werden. Das entsprechende Wissen hätten deshalb mehrere – namentlich benannte – Konkurrenten der Klägerin. Die technischen Solldaten der AFK-Maschinen, deren Weitergabe die Klägerin ihm untersagen wolle, seien keine Geschäftsgeheimnisse. Die Maschinen seien frei verkäuflich und würden von der Klägerin selbst weitergegeben. Auch seien die Werte durch Tests ermittelbar. Allein BY. S.A. habe an über einhundert Unternehmen AFK-Maschinen geliefert, die pro Maschine jeweils mindestens 500.000,00 € kosteten. Kein Kunde würde solche Maschinen erwerben, wenn er damit nicht geeignete Sleeves produzieren könnte. Die Werte zu Randstreifen und Staub, Kühlwasser sowie Saugventilatoren, deren Weitergabe die Klägerin dem Beklagten untersagen wolle, seien zudem maschinenspezifisch und nicht produktspezifisch und insoweit am Markt bekannt.

Seine Behauptungen insbesondere zur Marktverfügbarkeit und Gleichwertigkeit der Konkurrenzprodukte hat der Beklagte umfangreich durch diverse Erklärungen, Artikel, Screenshots, Abbildungen und Spezifikationsauszüge zu belegen versucht, wegen deren Einzelheiten auf die Anlagen B 9 bis B 48 Bezug genommen wird.

Der Beklagte behauptet, dass die überragende Marktstellung der Klägerin darauf beruhe, dass die Verträge zwischen der Klägerin und ihren Kunden hohe Mindestabnahmemengen in Verbindung mit hohen Jahresboni oder sogar Exklusivitätsvereinbarungen enthielten. Nur dadurch sowie durch sehr hohe Anfangsinvestitionen und fehlendes qualifiziertes Personal als ganz erhebliche Markteintrittshürde halte die Klägerin Konkurrenten von einem breiten Markteintritt ab, nicht aber durch die Nutzung exklusiver Geschäftsgeheimnisse. Zwar habe die Klägerin (noch) eine überragend starke Marktposition; diese gerate aber in Bedrängnis, eben weil die Konkurrenten das notwendige Know-How hätten, um marktfähige Konkurrenzprodukte herzustellen. Nicht zuletzt werde die Marktposition der Klägerin dadurch geschwächt, dass sie Personal u. a. in N. entlasse, das zu Konkurrenten wechsele und dort sein Wissen einbringen könne. Zudem könnten die chinesischen Hersteller aufgrund zu langer Lieferzeiten durch die Verschiffung der Sleeves die europäischen Kunden in der Praxis nicht zu vertretbaren Konditionen beliefern. Diese Umstände erklärten lediglich die Marktanteile der Klägerin in Europa, sagten jedoch nichts über den Schutz ihres Know-Hows aus. Für den Geheimnisschutz komme es nicht darauf an, ob nur einzelne Sleeves oder Sleeves im Milliardenbereich hergestellt werden könnten. Auch für die Fertigung von 300.000 verwendungsfähigen Sleeves müssten alle Prozessparameter perfekt ineinandergreifen.

Der Beklagte ist der Ansicht, § 17 UWG a. F. sei nicht mehr anwendbar; vielmehr komme es für den Unterlassungsanspruch auf das im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung geltende Recht an. Die nach § 6 GeschGehG erforderlichen angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen habe die Klägerin weder ergriffen noch konkret dargelegt. Insbesondere fehle es über allgemein gehaltene Ausführungen hinaus an einem auf einzelne Geheimnisse zugeschnittenen Geheimschutzmanagement. Es fehle an jeglichen nach Art und Zeit substantiierten und unter Beweis gestellten Angaben zu angeblich getroffenen Geheimnisschutzmaßnahmen. Exemplarisch zeige sich dies in seiner Person durch den Verzicht auf ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot, eine unwirksame Geheimhaltungsklausel im Arbeitsvertrag sowie fehlende Schulungen.

Die Geheimhaltungsklausel in Ziffer 11 des Arbeitsvertrags hält der Beklagte für unwirksam, da sie als sog. Catchall Klausel zu weit gefasst sei. Die begehrte Unterlassungsverpflichtung würde ihn unangemessen in seiner Berufsfreiheit einschränken, denn sie käme faktisch einem Berufsverbot insbesondere in seiner aktuellen Position bei E. gleich. Andere Rechtsgrundlagen würden durch § 6 GeschGehG verdrängt.

Weiterhin ist der Beklagte der Auffassung, dass etwaige Ansprüche gemäß Ziffer 19 des Arbeitsvertrags verfallen seien, schließlich habe die Klägerin bereits im Sommer 2017 Kenntnis von der Weiterleitung der E-Mails erlangt und habe den Beklagten erst im Herbst 2018 erstmals abgemahnt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Protokolle des Gütetermins sowie der Kammertermine sowie auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

Gründe

Die Klage hat keinen Erfolg. Die Klageanträge zu 1. und zu 2. sind zulässig, insbesondere hinreichend bestimmt, jedoch unbegründet. Der Klageantrag zu 3. ist unzulässig.

I. Das Arbeitsgericht Aachen – Gerichtstag Düren – ist für die Entscheidung des Rechtsstreits zuständig.

1. Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen folgt aus § 2 Abs. 1 Nr. 3 a), d) ArbGG, da die Klägerin jedenfalls ihre Schadensersatzansprüche maßgeblich auf eine Vertragspflichtverletzung sowie unerlaubte Handlungen des Beklagten noch während des Bestandes des Arbeitsverhältnisses stützt. Auch für den – ausschließlich zukunftsgerichteten – Unterlassungsantrag sieht das Gericht (noch) einen hinreichenden Zusammenhang zu dem Arbeitsverhältnis als gegeben an, da es sich bei den begehrten Unterlassungen der Sache nach ebenfalls um unerlaubte Handlungen handelte, die der Beklagte unter Nutzung von während des Arbeitsverhältnisses erworbenen Wissens und maßgeblich während des Arbeitsverhältnisses erstellter bzw. erlangter Unterlagen beginge.

2. Zuständig ist aufgrund des ehemaligen Arbeitsorts des Beklagten im Kreis Düren nach dem richterlichen Geschäftsverteilungsplan der Gerichtstag Düren. Die Regelung des § 15 Abs. 2 Satz 1 GeschGehG, nach der eine ausschließliche Zuständigkeit des Gerichts des allgemeinen Gerichtsstandes des Beklagten besteht und wonach womöglich der Gerichtstag Heinsberg zuständig gewesen wäre, findet nur bei Klagen vor den ordentlichen Gerichten Anwendung (§ 15 Abs. 2 Satz 1 GeschGehG i. V. m. § 15 Abs. 1 GeschGehG).

II. Die Klage ist nur teilweise zulässig.

1. Die Klageanträge zu 1. und zu 2. sind zulässig.

a) Der Klageantrag zu 1. ist nach zulässiger Klageänderung (§ 46 Abs. 2 ArbGG, § 495, § 263, § 264 Nr. 2 ZPO) zulässig, insbesondere hinreichend bestimmt im Sinne der § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG, § 495, § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

Ein Unterlassungsantrag muss gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO so bestimmt gefasst sein, dass der Streitgegenstand und der Umfang der Prüfungs- und Entscheidungsbefugnis des Gerichts klar umrissen sind und dass der Beklagte erkennen kann, wogegen er sich verteidigen soll und welche Unterlassungspflichten sich aus einer dem Unterlassungsantrag folgenden Verurteilung ergeben. Die Entscheidung darüber, was dem Beklagten verboten ist, darf grundsätzlich nicht dem Vollstreckungsgericht überlassen werden (BAG 25.04.1989 – 3 AZR 35/88, zu I. 1. der Gründe; BGH 04.07.2002 – I ZR 38/00, zu I. 1. b) (1) der Gründe; LAG Düsseldorf 03.06.2020 – 12 SaGa 4/20, Rn. 57; LAG Hamm 18.10.2013 – 10 SaGa 28/13, zu A. I. 1. der Gründe; LAG Köln 18.01.2012 – 9 Ta 407/11, zu 1. a) der Gründe).

Diese Anforderungen erfüllt der Klageantrag zu 1. zumindest in seiner zuletzt gestellten Fassung, denn dieser umfasste nicht mehr allgemein die Weitergabe jeglicher Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse der Klägerin wie noch der ursprüngliche Klageantrag, der nur “insbesondere” bestimmte Informationen benannte. Durch das Weglassen des Wortes “insbesondere” im Verein mit der Konkretisierung “und zwar in Form der Weitergabe von spezifischen Leistungsdaten der Packstoffproduktionsanlagen (z. B. AFK-Maschinen) oder von exakten Geometriedaten und Toleranzen betreffend das Verpackungsmaterial” sowie der ergänzenden Bezugnahme auf die konkreten von dem Beklagten selbst versandten E-Mails nebst Anlagen ist sowohl für das Gericht im Erkenntnisverfahren als auch für das Gericht im Vollstreckungsverfahren als auch für den Beklagten hinreichend deutlich erkennbar, auf welche Informationen sich der Unterlassungsantrag bezieht.

b) Die Zulässigkeit des Klageantrags zu 2., gerichtet auf die gerichtliche Androhung von Ordnungsmitteln bereits im Erkenntnisverfahren, folgt aus § 62 Abs. 2 Satz 1 ArbGG, § 890 Abs. 2 ZPO.

2. Der Klageantrag zu 3. ist unzulässig. Er ist zwar ebenfalls bestimmt im Sinne der § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG, § 495, § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, insbesondere nachdem die Klägerin die nach ihrer Auffassung schadensbegründenden Handlungen in Form des E-Mail-Versands 2015 konkret benannt hat. Es fehlt aber an dem gemäß § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG, § 495, § 256 Abs. 1 ZPO erforderlichen Feststellungsinteresse.

Gegenstand der Feststellungsklage sind unter Berücksichtigung des Wortlauts des zuletzt gestellten Klageantrags, der Klageschrift (Seite 22) und bei sachgerechter Würdigung des Vorbringens der Klägerin ausschließlich reine Vermögensschäden, etwa in Form eventuell denkbarer Umsatzeinbußen, die gerade durch den Versand der drei E-Mails vom 20.09.2015, 13.12.2015 und 31.12.2015 entstanden sind bzw. noch entstehen könnten. Anders geartete Schäden als reine Vermögensschäden hat die Klägerin nicht behauptet, soweit man überhaupt der Auffassung ist, dass die Klägerin den Eintritt von Schäden behauptet hat. Für Feststellungsklagen, die auf die Feststellung der Schadensersatzpflicht dem Grunde nach bezogen auf reine Vermögensschäden gerichtet sind, besteht ein Feststellungsinteresse nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der die Kammer folgt, nur dann, wenn ein auf die Verletzungshandlung zurückzuführender Schadenseintritt wahrscheinlich ist. Dabei trägt die Klägerin als Anspruchstellerin die Darlegungs- und Beweislast für die Tatsachen, aus denen sich die Wahrscheinlichkeit eines auf die Verletzungshandlung zurückzuführenden Schadens ergibt. Dabei dürfen die Anforderungen an die Darlegung nicht überspannt werden; es ist ein großzügiger Maßstab anzulegen (BGH 26.07.2018 – I ZR 274/16, Rn. 20, 26; BGH 24.01.2006 – XI ZR 384/03, Rn. 27).

Die Klägerin hat keine Tatsachen vorgetragen, aus denen sich die Wahrscheinlichkeit eines künftigen Schadenseintritts ergibt. Vielmehr ist es der seit Jahren insolventen R. GmbH, an deren damalige Geschäftsführer Q. und A. der Beklagte die E-Mails gesendet hatte, gerade nicht gelungen, die Sleeves der Klägerin zu reproduzieren bzw. in eine Fertigung in größerem Maßstab einzusteigen. Es wird von der Klägerin nicht dargelegt, dass die Adressaten der E-Mails vom 20.09.2012, 13.12.2015 und 31.12.2015 weiterhin mittels der von dem Beklagten erhaltenen Informationen versuchten – ggf. in einem anderen Unternehmen – Sleeves herzustellen und / oder dass die E-Mails an sonstige Personen außerhalb der R. GmbH gelangt wären und dass dadurch ggf. mittelbar ein Schaden aufgrund des Versands der E-Mails drohte.

Es ist mithin auch bei Anlegung eines großzügigen Maßstabs nicht wahrscheinlich – sondern im Gegenteil bei Bewertung der vorgetragenen Tatsachen unwahrscheinlich -, dass durch den Versand der E-Mails eine Konkurrenzsituation entstanden oder verschärft worden ist. Der Verweis der Beklagten auf die langen Produktzyklen verfinge nur, wenn die R. GmbH ihre Tätigkeit nicht ohne Markteintritt eingestellt hätte, sondern ggf. noch an einem Konkurrenzprodukt arbeitete und / oder Anhaltspunkte dafür ersichtlich wären, dass Dritte außerhalb der R. GmbH die entsprechenden Informationen erhalten hätten und nunmehr wirtschaftlich verwerteten.

Zu berücksichtigen ist weiter, dass die angeblich schadensbegründenden Handlungen des Beklagten bereits über sechs Jahre zurück liegen, dass die Klägerin jedenfalls seit Herbst 2018 von ihnen Kenntnis hatte und dass es ihr auch fast dreieinhalb Jahre später nicht gelungen ist, konkrete Tatsachen darzulegen, die für einen möglichen – oder gar wahrscheinlichen – Schadenseintritt sprechen. In beiden Kammerterminen hat ein Vertreter der Klägerin ausgeführt, dass die Klägerin derzeit glücklicherweise keine konkreten Schäden absehen könne. Kehrseite dessen ist das fehlende Feststellungsinteresse.

Auf sonstige Handlungen als den Versand der drei E-Mails – insbesondere auf eine von ihr behauptete Weitergabe von Informationen an die T. B.V. – stützt die Klägerin ihre behaupteten Schadensersatzansprüche nicht. Diese Thematik ist bezogen auf die Feststellung einer Schadensersatzpflicht des Beklagten nach dem Klageantrag zu 3. somit nicht verfahrensgegenständlich und kein Anlass für die Prüfung eines sich daraus ggf. ergebenden Feststellungsinteresses.

III. Der Klageantrag zu 1. ist unbegründet; daraus folgt zugleich, dass die Androhung von Ordnungsmitteln, die mit dem Klageantrag zu 2. begehrt wird, mangels durchsetzbaren Unterlassungsanspruchs ausscheidet. Für den von der Klägerin geltend gemachten Unterlassungsanspruch gibt es einerseits aus rechtlichen, andererseits aus tatsächlichen Gründen keine Anspruchsgrundlage.

1. Die Klägerin kann aus Rechtsgründen keinen Unterlassungsanspruch aus § 8 UWG i.V.m. § 3, § 3a, § 17 UWG a. F. herleiten. § 17 Abs. 1 UWG ist ersatzlos außer Kraft getreten. Das GeschGehG enthält weder Übergangsfristen noch Übergangsregelungen. Wird – wie hier – ein in die Zukunft gerichteter Unterlassungsanspruch geltend gemacht, hängt die Entscheidung über diesen von der Beurteilung der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung der Tatsacheninstanz ab. Ändert sich die Rechtslage im Hinblick auf einen ausschließlich zukunftsbezogenen Anspruch, ist das im Entscheidungszeitpunkt geltende (also neue) Recht heranzuziehen. Auch wenn ein Unterlassungsanspruch auf eine noch unter altem Recht vorgefallene Verletzungshandlung gestützt wird, ist der Unterlassungsanspruch deshalb nunmehr allein an § 6 GeschGehG als abschließende Spezialregelung zu messen (LAG Köln 02.12.2019 – 2 SaGa 20/19, Rn. 11, 23; OLG Hamm 15.09.2020 – I-4 U 177/19, Rn. 156; OLG Stuttgart 19.11.2020 – 2 U 575/19, Rn. 80; Hoppe/Oldekop, in: GRUR-Prax 2019, S. 324, 325).

2. Ein Unterlassungsanspruch der Klägerin folgt auch nicht aus dem hier anwendbaren § 6 GeschGehG. Gemäß § 6 Satz 1 GeschGehG kann der Inhaber eines Geschäftsgeheimnisses einen Rechtsverletzer auf Beseitigung der Beeinträchtigung und bei Wiederholungsgefahr auch auf Unterlassung in Anspruch nehmen. Der Anspruch besteht nicht, weil die Klägerin nicht dargelegt hat, dass es sich bei den in Rede stehenden Informationen um ihre Geschäftsgeheimnisse handelt. Es fehlt sowohl an dem Merkmal der fehlenden Marktbekanntheit als auch an der Darlegung angemessener Geheimhaltungsmaßnahmen.

Der Begriff des Geschäftsgeheimnisses ist in § 2 Nr. 1 GeschGehG legaldefiniert. Danach ist ein Geschäftsgeheimnis im Sinne des GeschGehG eine Information, die a) weder insgesamt noch in der genauen Anordnung und Zusammensetzung ihrer Bestandteile den Personen in den Kreisen, die üblicherweise mit dieser Art von Informationen umgehen, allgemein bekannt oder ohne Weiteres zugänglich ist und daher von wirtschaftlichem Wert ist und die b) Gegenstand von den Umständen nach angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen durch ihren rechtmäßigen Inhaber ist und bei der c) ein berechtigtes Interesse an der Geheimhaltung besteht. Diese Voraussetzungen müssen kumulativ gegeben sein (Hiéramente, in: BeckOK-GeschGehG, Stand 15.12.2021, § 2, Rn. 1).

Für das Vorhandensein eines Geschäftsgeheimnisses ist die Klägerin als Anspruchstellerin darlegungs- und beweisbelastet. Dies ergibt sich schon aus der allgemein anerkannten Grundregel der Beweislastverteilung, wonach der Anspruchsteller auf die rechtsbegründenden Tatsachen und der Anspruchsgegner die rechtsvernichtenden, rechtshindernden oder rechtshemmenden Tatsachen darzulegen und zu beweisen hat; für § 6 GeschGehG gilt nichts anderes (LAG Köln 02.12.2019 – 2 SaGa 20/19, Rn. 18 ff.; OLG Stuttgart 19.11.2020 – 2 U 575/19, Rn. 120; Alexander, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 40. Aufl. 2022, § 6 GeschGehG, Rn. 43). Die Klägerin hat – angesichts der unstreitigen Fähigkeit von Konkurrenzunternehmen zur Herstellung von Sleeves in nicht unerheblichem Umfang – nicht dargelegt, dass die streitgegenständlichen Informationen nicht einem größeren Kreis Dritter zugänglich sind – dazu a) -, außerdem nicht, dass sie darauf bezogene angemessene Geheimhaltungsmaßnahmen ergriffen hat – dazu b).

a) Die Klägerin hat nicht dargelegt, dass die Leistungsdaten und Prozessparameter der AFK-Maschinen und die Geometrie- und Toleranzdaten ihrer Sleeves weder insgesamt noch in der genauen Anordnung und Zusammensetzung ihrer Bestandteile den Personen in den Kreisen, die üblicherweise mit dieser Art von Informationen umgehen, allgemein bekannt oder ohne Weiteres zugänglich und daher von wirtschaftlichem Wert sind.

aa) Allgemein bekannt ist eine Information, wenn sie zum gängigen Kenntnis- und Wissensstand der breiten Öffentlichkeit oder einer dem maßgeblichen Fachkreis angehörenden durchschnittlichen Person gehört. Dies ist z. B. der Fall, wenn die Information der interessierten Öffentlichkeit bzw. dem maßgeblichen Fachkreis durch Veröffentlichung, Anmeldung, Registrierung oder Ausstellung bekannt gemacht wurde (OLG Düsseldorf 11.03.2021 – 15 U 6/20, Rn. 31; Alexander, in: Köhler/Bornkamm/ Feddersen, UWG, 40. Aufl. 2022, § 2 GeschGehG, Rn. 35). Ohne weiteres, also leicht zugänglich sind Informationen, von denen sich jede Person bzw. die maßgeblichen Fachkreise ohne besondere Schwierigkeiten und Opfer Kenntnis verschaffen können. Die maßgebliche Tatsache muss sich ohne größeren Zeit- und Kostenaufwand erschließen und der Person damit nutzbar gemacht werden können (OLG Düsseldorf 11.03.2021 – 15 U 6/20, Rn. 32; OLG Düsseldorf 04.02.2021 – 15 U 37/20, Rn. 23; Alexander, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 40. Aufl. 2022, § 2 GeschGehG, Rn. 36).

bb) Die Klägerin hat angesichts der am Weltmarkt erhältlichen Konkurrenzprodukte nicht dargelegt, dass die Leistungsdaten und Prozessparameter der AFK-Maschinen und die Geometrie- und Toleranzdaten ihrer Sleeves nicht ohne weiteres zugänglich sind. Unstreitig gibt es mehrere Unternehmen am Markt, die ebenfalls Sleeves zur Befüllung mit Lebensmitteln und Getränken herstellen bzw. hergestellt haben und die dem Grunde nach sogar auf Abfüllmaschinen der Klägerin eingesetzt werden können, lediglich ggf. nicht mit derselben Geschwindigkeit und Fehlerfreiheit wie W.-eigene Sleeves. Nur pauschal behauptet die Klägerin, dass die Sleeves der Konkurrenz von minderer Qualität seien, da sie nicht die erforderliche Aseptik aufwiesen und hinsichtlich Haptik, Undurchlässigkeit und Haltbarkeit minderwertig seien. Auch woraus sich ein Technologievorsprung der Klägerin gerade beim Format cb 9 ergeben soll, bleibt unklar. Die Beklagte hingegen trägt hingegen vor, dass die Sleeves der Konkurrenz von mindestens gleicher Qualität wie diejenigen der Klägerin seien und alle maßgeblichen Parameter ineinandergreifen müssten, um aseptische Sleeves produzieren zu können. Gerade in Bezug auf die chinesischen Unternehmen mit einer Produktion von 300.000 bzw. sogar 250.000.000 Sleeves (U., Ltd.) sowie angesichts der einfachen Zerlegbarkeit der Sleeves spricht der erste Anschein dafür, dass die Sleeves der Konkurrenz über eine ausreichende Aseptik und auch sonst hinreichende Qualitätsmerkmale verfügen. Insbesondere ohne Gewährleistung der Aseptik wären die Sleeves unbrauchbar, da die abgefüllten Lebensmittel und Getränke vor dem Mindesthaltbarkeitsdatum verderben würden. Eine derart hohe Produktionsmenge eines ungeeigneten Produkts erscheint wenig plausibel. Die Behauptung der Klägerin bezüglich einer Informationsweitergabe des Beklagten an die T. B.V. ist spekulativ, für die Entscheidung des Rechtsstreits angesichts der zahlreichen weiteren Konkurrenten der Klägerin aber auch nicht weiter von Bedeutung.

Daher wäre es angesichts des sehr detaillierten Sachvortrags des Beklagten zur Herstellung und Gleichwertigkeit der Konkurrenzprodukte sowie zur Möglichkeit der Ermittlung der notwendigen Parameter mittels Reverse Engineering an der Klägerin gewesen, gemäß § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG, § 138 Abs. 2, 3 ZPO konkret zu erwidern und im Einzelnen vorzutragen, in welcher Hinsicht genau die Sleeves der Konkurrenten mangelhaft sind, ein Reverse Engineering nicht möglich ist und somit ihre Produktion nicht auf ihr exklusiv zur Verfügung stehendem Know-How beruhen kann. Notwendig wäre ein konkreter und einer Beweiserhebung zugänglicher, insbesondere durch ein Sachverständigengutachten prüfbarer Sachvortrag gewesen, der im Einzelnen anhand objektiver Merkmale erläutert, in welcher Hinsicht sich die Sleeves genau unterscheiden, z. B. durch Beantwortung folgender Fragen: Welche Produkte halten in den Sleeves der Klägerin länger? Welche Eigenschaften der Sleeves sind es im Einzelnen, die biologische Prozesse vorteilhafter beeinflussen als die Sleeves der Konkurrenz? Welche geometrischen, physikalischen und chemischen Eigenschaften genau unterscheiden ihre Sleeves von denjenigen der Konkurrenten? Gab es Produktrückrufe oder Reklamationen der Konkurrenzprodukte? Wie ist die genaue Vorgehensweise bei einem Rückbau der Sleeves und der Ermittlung der notwendigen Parameter mittels Reverse Engineering? Warum sind die Behauptungen des Beklagten zur Möglichkeit der Vermessung der Sleeves und zur Möglichkeit der Auswertung der Störungsmeldungen der AFK-Maschinen im Einzelnen unzutreffend?

Angesichts der prozessualen Möglichkeiten der §§ 16 ff. GeschGehG zur Gewährleistung der Vertraulichkeit der entsprechenden Informationen in gerichtlichen Verfahren nach dem GeschGehG werden die Anforderungen an die Darlegung seitens des Gerichts nicht überspannt. Es fehlte, worauf die Klägerin seitens des Gerichts hingewiesen worden ist, an hinreichend konkreten objektiven Anknüpfungstatsachen für eine Beweiserhebung durch ein Sachverständigengutachten. Der Kammer ist bewusst, dass es für die Klägerin ein ganz erheblicher Aufwand ist, überhaupt entsprechende Informationen zu Konkurrenzprodukten zu ermitteln, soweit ihr dies überhaupt möglich ist. Aber gerade für den Fall, dass die Klägerin entsprechende Informationen nicht ermitteln wollte oder ihr dies nicht gelungen sein sollte, bliebe ihr Einwand der fehlenden Vergleichbarkeit pauschal und könnte angesichts des detaillierten Sachvortrags des Beklagten zu Art und Weise der Ermittlung der relevanten Parameter der Sleeves und AFK-Maschinen nicht gehört werden.

cc) Soweit die Klägerin sich darauf beruft, dass die besondere Qualität ihrer Sleeveproduktion darin liege, dass sie die Geometrie- und Toleranzdaten sowie die Leistungsdaten der AFK-Maschinen so präzise ausgewählt und abgestimmt habe, dass ein weitgehend störungsfreier Betrieb, der für die hohen Produktionsmengen in der industriellen Fertigung nötig sei, erreicht werde, während dies bei der Produktion durch sonstige Unternehmen nicht der Fall sei, und dass die Sleeves der Konkurrenz daher nicht für die industrielle Fertigung geeignet seien, trägt sie ebenfalls nicht so konkret vor, dass eine Beweiserhebung in Betracht käme.

Aus ihrem Sachvortrag lässt sich ein genauer Zusammenhang zwischen der Auswahl und Abstimmung der Geometrie-, Toleranz- und Leistungsdaten und der Eignung zur industriellen Fertigung nicht entnehmen, worauf die Klägerin seitens des Gerichts hingewiesen worden ist. Letztlich beschreibt die Klägerin vor allem Marktanteile und wertet diese als Indiz für die Qualität ihrer Produkte, wozu der Beklagte im Einzelnen Stellung genommen und diese insbesondere mit geschicktem Vertrieb der Klägerin, ihrem historischen Marktvorsprung, der Entlassung von Fachpersonal und geographischen Gegebenheiten erklärt hat. Diese Erklärung ist plausibel, so dass es an der Klägerin als darlegungs- und beweisbelastete Partei gewesen wäre, hierzu genauer vorzutragen und die Einzelheiten offenzulegen, aus denen sich ein Vorsprung ihres Know-Hows ergibt. Erst recht gilt dies vor dem Hintergrund, dass die Klägerin den Behauptungen des Beklagten zur Verschiebung von Marktanteilen nicht entgegengetreten ist.

Selbst wenn man also – entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts und des Landesarbeitsgerichts im einstweiligen Verfügungsverfahren – der Auffassung wäre, dass der Fähigkeit zur industriellen Fertigung Geschäftsgeheimnisse zu Grunde liegen müssten, hätte die Klägerin nicht plausibel erklärt, welche dies wären. Woraus folgt, dass Konkurrenten – die bereits bis zu 250.000.000 Sleeves produzierten – keine Angaben zur optimalen Mantelspannung und / oder Aufspringhöhe hatten? Sind die detaillierten Angaben des Beklagten zur Marktverfügbarkeit von AFK-Maschinen nicht zutreffend? Warum sollten Konkurrenten AFK-Maschinen zu einem Stückpreis ab 500.000,00 € beschaffen, wenn sie nicht dazu in der Lage waren, diese sinnvoll zur Produktion von Sleeves einzusetzen? Und wie sollen die Konkurrenten ohne AFK-Maschinen und deren sinnvolle Einstellung überhaupt Sleeves produziert haben?

dd) In Anbetracht dessen, dass eine mangelnde Qualität der Sleeves der Konkurrenzunternehmen nicht festgestellt werden kann, lässt sich dem Vortrag der Klägerin nicht entnehmen, warum sich alternative Sleeves nicht für die industrielle Fertigung eignen sollten und dass sie nicht ihrerseits ebenfalls in industriellem Maßstab auf AFK-Maschinen hergestellt worden wären. Es bleibt unklar, welche Auswahl und Abstimmung zu dem exklusiven Know-How der Klägerin zählt und am Markt nicht bereits bekannt oder ohne besondere Schwierigkeiten – ggf. mittels gemäß § 3 Nr. 2 GeschGehG zulässigem Reverse Engineering – ermittelbar ist. Erst recht gilt dies vor dem Hintergrund, dass zumindest bestimmte Eigenschaften der Sleeves offensichtlich messbar sind – streitig ist die Detailtiefe möglicher Messungen – und bestimmte Daten, etwa in Bezug auf die Herstellung der Längsnaht sowie der Nahtdicke, unstreitig öffentlich geworden sind.

Die Klägerin behauptet auch eine besonders kostengünstige und ressourcensparende Produktionsweise nur pauschal und trägt nicht näher zur Produktionsweise und zu vergleichbaren Kosten der Konkurrenten vor. Es ergibt sich aus diesem Vortrag daher nicht, dass ihr Geschäftsgeheimnisse zu Grunde liegen.

b) Jedenfalls aber fehlt es an einer Darlegung der Klägerin von nach den Umständen angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen im Sinne des § 2 Nr. 1 b) GeschGehG. Durch dieses Merkmal gibt das Gesetz zu erkennen, dass nur derjenige den Schutz durch die Rechtsordnung genießt, der seine geheimen Informationen aktiv schützt. Wer keine hinreichenden Bestrebungen zum Schutz dieser Informationen unternimmt oder lediglich darauf vertraut, dass die geheime Information nicht entdeckt werde und verborgen bleibe, genießt keinen Schutz des GeschGehG (LAG Düsseldorf 03.06.2020 – 12 SaGa 4/20, Rn. 80; Alexander, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 40. Aufl. 2022, § 2 GeschGehG, Rn. 49).

aa) Die vom Inhaber des Geschäftsgeheimnisses getroffenen Geheimhaltungsmaßnahmen müssen angemessen sein. Bei der Angemessenheit handelt es sich um ein flexibles und offenes Tatbestandsmerkmal, das dem Gedanken der Verhältnismäßigkeit folgt. Die Angemessenheit setzt keinen optimalen Schutz voraus, weil anderenfalls der Geheimnisbegriff zu stark eingeschränkt würde. Es ist also nicht erforderlich, dass der Unternehmer zum Schutz seiner vertraulichen Informationen die nach den Umständen bestmöglichen und sichersten Maßnahmen ergreift. Umgekehrt kann es zur Wahrung der Angemessenheit nicht genügen, wenn der Unternehmer – vielleicht um hohe Kosten und einen gesteigerten Organisationsaufwand zu vermeiden – lediglich ein Minimum an Schutzvorkehrungen ergreift (OLG Hamm 15.09.2020 – I-4 U 177/19, Rn. 161).

Die konkreten Geheimhaltungsmaßnahmen hängen von der Art des Geschäftsgeheimnisses im Einzelnen und von den konkreten Umständen der Nutzung ab. Bei der Wertung der Angemessenheit der Schutzmaßnahmen können insbesondere der Wert des Geschäftsgeheimnisses und dessen Entwicklungskosten, die Natur der Informationen, die Bedeutung für das Unternehmen, die Größe des Unternehmens, die üblichen Geheimhaltungsmaßnahmen in dem Unternehmen, die Art der Kennzeichnung der Informationen und vereinbarte vertragliche Regelungen mit Arbeitnehmern und Geschäftspartnern berücksichtigt werden (OLG Stuttgart 19.11.2020 – 2 U 575/19, Rn. 169; LAG Baden-Württemberg 18.08.2021 – 4 SaGa 1/21, Rn. 33; OLG Hamm 15.09.2020 – I-4 U 177/19, Rn. 162 f.; LAG Düsseldorf 03.06.2020 – 12 SaGa 4/20, Rn. 81; BT-Drucksache 19/4724, S. 24 f.) Von einem weltweit tätigen Unternehmen können größere und finanziell aufwändigere Sicherungsvorkehrungen erwartet werden als von einem Handwerksbetrieb mit wenigen Angestellten (OLG Hamm 15.09.2020 – I-4 U 177/19, Rn. 163; Alexander, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 40. Aufl. 2022, § 2 GeschGehG, Rn. 51 f.).

Hieraus folgt als Mindeststandard, dass relevante Informationen nur Personen anvertraut werden dürfen, die die Informationen zur Durchführung ihrer Aufgabe (potentiell) benötigen und die zur Verschwiegenheit verpflichtet sind. Zudem müssen diese Personen von der Verschwiegenheitsverpflichtung in Bezug auf die fraglichen Informationen Kenntnis haben. Weitere Maßnahmen sind den Umständen nach zu ergreifen, wobei eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen ist (OLG Stuttgart 19.11.2020 – 2 U 575/19, Rn. 169).

bb) Die Klägerin trägt als Anspruchstellerin die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass ein angemessenes Schutzkonzept vorhanden ist. Dabei ist insbesondere darzustellen, welches konkrete Geheimhaltungsmanagement die Klägerin insgesamt anwendet, welche konkreten Daten bzw. Spezifikationen im Geschäftsverkehr geheim zu halten sind. Letztlich bedeutet dies seit Inkrafttreten des GeschGehG, dass ein konkretisiertes, auf die einzelnen Geheimnisse speziell abgestelltes Geheimschutzmanagement durchgeführt werden muss, um zu beweisen, welche Geheimnisse wie und wie lange welchem Schutz unterlagen und welche Personen hiermit in Kontakt kamen und dabei verpflichtet waren, Geheimnisse der Beklagten zu schützen (LAG Köln 02.12.2019 – 2 SaGa 20/19, Rn. 23).

cc) Dieser Darlegungslast ist die Klägerin nicht nachgekommen. Trotz dezidierter Rüge des Beklagten, der auch darauf gestützten Entscheidung des Landesarbeitsgerichts im einstweiligen Verfügungsverfahren und eines gerichtlichen Hinweises, es sei zweifelhaft, ob sie ausreichend zu einem hinreichenden Geheimnisschutzkonzept zugeschnitten auf die in Rede stehenden Informationen vorgetragen habe, hat die Klägerin keine ausreichenden Geheimnisschutzmaßnahmen in Bezug auf die streitgegenständlichen Informationen dargelegt, die sie als ihre Geschäftsgeheimnisse ansieht.

dd) Dabei sind aufgrund der konkreten Umstände des Falles, namentlich der von der Klägerin selbst dargelegten Marktstellung sowie des Werts und der Bedeutung der zu sichernden Informationen für die Klägerin, erhöhte Anforderung an das Schutzkonzept zu stellen. Die Klägerin ist einer der weltweit führenden Hersteller von Füllmaschinen und Sleeves. Sie produziert rund XX Milliarden Sleeves pro Jahr. Bisher kommt kein anderer Anbieter von Sleeves auf eine nur ansatzweise ähnlich hohe Produktion. Die Klägerin trägt selbst vor, dass gerade der Umstand, dass (angeblich) allein sie Kenntnis der streitigen Informationen habe, ihre Stellung als Marktführerin in der Sleevesproduktion begründe. Sie hebt somit die zentrale Bedeutung des streitgegenständlichen Know-Hows für ihren wirtschaftlichen Erfolg hervor. Deshalb wäre zu erwarten, dass – um den gesetzlichen Schutz genießen zu können – sehr weitreichende Geheimnisschutzmaßnahmen ergriffen worden wären, zu denen auch ein konkreter Sachvortrag möglich sein müsste.

ee) Zwar trägt die Klägerin vor, dass die Informationen nach dem sog. Needtoknow Prinzip ausschließlich denjenigen Arbeitnehmern zur Verfügung gestellt wurden, die dem Forschungs- und Entwicklungsteam angehörten oder die Informationen zum Bedienen der AFK-Maschinen benötigten. Sämtliche Arbeitnehmer seien auf den wirtschaftlichen Wert der Informationen und den vertraulichen Charakter hingewiesen worden. Dieser Vortrag ist jedoch pauschal und genügt den Anforderungen an die Darlegung eines Schutzkonzepts angesichts des Bestreitens des Beklagten nicht. Die Klägerin hat nicht gemäß § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG, § 138 Abs. 2, 3 ZPO dezidiert vorgetragen, in welcher Form und wann diese Hinweise bezogen auf welche konkreten Informationen an die Arbeitnehmer erfolgten. Gab es schriftliche Vereinbarungen? Wie sind – zumindest mustermäßig – Hinweise auf die Vertraulichkeit formuliert worden? Wurden – anders als im Falle des Beklagten, dazu sogleich im Einzelnen 3. – wirksame Geheimhaltungsklauseln vereinbart? Welche Informationen genau sind als vertraulich bezeichnet worden? Durch den nur pauschalen Vortrag wurde weder dem Beklagten noch dem Gericht eine Prüfung ermöglicht, ob die Informationen, die im Klageantrag zu 1. bezeichnet sind, zum Gegenstand von Geheimhaltungsvereinbarungen oder zumindest konkreten Hinweisen an die Arbeitnehmer und ggf. mit diesen Informationen teilweise in Berührung kommende Geschäftspartner gemacht worden sind.

Auch der sehr allgemeine Hinweis der Klägerin auf technische Sicherheitsmaßnahmen und die Etablierung einer angemessenen IT-Sicherheit sowie auf Zugangskontrollsysteme zum Betriebsgelände sowie den Geschäftsräumen genügt nicht den Anforderungen an die Darlegung eines angemessenen Geheimhaltungsschutzkonzeptes. Es ist nicht ersichtlich, welche konkreten technischen Sicherheitsmaßnahmen und Zugangskontrollsysteme bestehen, so dass eine gerichtliche Prüfung der Angemessenheit des Schutzkonzeptes auf dieser Grundlage nicht möglich ist. So hat die Klägerin nicht dargelegt, in welcher Form die im Klageantrag zu 1. bezeichneten Informationen überhaupt bei ihr vorliegen und welchem Mitarbeiterkreis sie nach Überwindung welcher Zugriffskontrollen zugänglich sind. Der Vortrag bezieht sich wiederum nicht auf die streitgegenständlichen Informationen, sondern ist sehr allgemein gehalten.

Sofern die Klägerin andere Arbeitnehmer mit derselben oder einer ähnlichen Klausel zur Verschwiegenheit verpflichtet haben sollte wie den Beklagten – was ihr Vortrag denkbar erscheinen lässt, wonach die Klägerin andere Arbeitnehmer “wie den Beklagten” zur Geheimhaltung verpflichtet hätte – so wäre diese Maßnahme nicht dazu geeignet, zu einem angemessenen Geheimnisschutzkonzept beizutragen. Abgesehen davon, dass die Klausel unwirksam ist, ist sie allgemein gehalten und lässt somit nicht erkennen, welche Informationen Geschäftsgeheimnisse sein sollen. Ließe man eine solche pauschale Regelung ausreichen, würde § 2 Nr. 1 b) GeschGehG seines Inhalts und Zwecks entleert (LAG Düsseldorf 03.06.2020 – 12 SaGa 4/20, Rn. 80; BeckOK GeschGehG/Fuhlrott, Stand 15.12.2021, § 2, Rn. 53).

Soweit im Schrifttum teilweise vertreten wird, dass in einem Arbeitsverhältnis keine Geheimhaltung vereinbart werden müsse, um den Anforderungen des § 2 Nr. 1 b) GeschGehG zu genügen, da auch ohne ausdrückliche Festlegung die Pflicht zur Verschwiegenheit eine arbeitsvertragliche Nebenpflicht darstelle (vgl. Ohly, GRUR 2019, S. 441, 444; Preis, in: Erfurter Kommentar, 22. Aufl. 2022, § 611a BGB, Rn. 712), so folgt die Kammer dieser Ansicht nicht. Zwar trifft es selbstverständlich zu, dass auch ohne vertragliche Fixierung eine Pflicht zur Verschwiegenheit über bestimmte betriebliche Informationen aus der Treuepflicht (§ 241 Abs. 2 BGB) hergeleitet werden kann. Jedoch stellen konkrete transparente vertragliche Regelungen – zumindest aber dezidierte Hinweise des Arbeitgebers zur Konkretisierung der schon aus dem Gesetz folgenden Verschwiegenheitspflicht – einen ungleich besseren Geheimnisschutz sicher. Auf der Grundlage der bloßen arbeitsvertraglichen Nebenpflicht oder einer pauschal gefassten Klausel wird für viele Arbeitnehmer (abgesehen von evidenten Fällen) häufig nicht erkennbar sein, in Bezug auf welche Informationen genau sie zur Verschwiegenheit verpflichtet sind (vgl. auch LAG Düsseldorf 03.06.2020 – 12 SaGa 4/20, Rn. 80). Verzichtet ein Arbeitgeber somit auf wirksame vertragliche Regelungen, zumindest aber auf konkrete Hinweise zum Umfang der Geheimhaltungspflicht, so kann den Anforderungen des § 2 Abs. Nr. 1 b) GeschGehG nur bei anderweitigen dies ausgleichenden Geheimnisschutzmaßnahmen genügt sein oder aber der gesetzliche Schutz sogar gänzlich entfallen, wenn die Geheimhaltungsbedürftigkeit für die Arbeitnehmer nicht aufgrund anderer Umstände klar erkennbar ist.

Ebenfalls deutlich zu allgemein gehalten ist der Vortrag der Klägerin hinsichtlich regelmäßiger Schulungen der Mitarbeiter im Umgang mit Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen. Ihr Vortrag lässt nicht erkennen, welchen Inhalt die Schulungen hatten, insbesondere nicht, ob sie die Vertraulichkeit der hier konkret betroffenen Informationen beinhalteten. Es erfolgen ebenfalls keinerlei Angaben zu Häufigkeit und Teilnehmern der Schulungen.

3. Auch kann sich die Klägerin nicht mit Erfolg auf die arbeitsvertragliche Geheimhaltungsklausel aus Ziffer 11 des Arbeitsvertrags berufen, denn diese Klausel ist unwirksam.

a) Die Klausel verlangt die Geheimhaltung aller Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse sowie aller sonstigen, im Rahmen der Tätigkeit zur Kenntnis gelangten Angelegenheiten und Vorgänge der Gesellschaft über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses hinaus. Es handelt sich also um eine sog. Catchall-Klausel, die den Arbeitnehmer bis an sein Lebensende verpflichten soll, jedwede im Rahmen des bisherigen Arbeitsverhältnisses erlangte Information, hier sogar nicht einmal eingeschränkt auf Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse sondern auf sämtliche im Rahmen der Tätigkeit zur Kenntnis gelangten Angelegenheiten und Vorgänge uneingeschränkt geheim zu halten. Damit geht die Regelung über das berechtigte Interesse des Arbeitgebers weit hinaus und trägt der besonderen Situation des Arbeitnehmers, der in Wahrnehmung seiner grundrechtlich geschützten Berufsfreiheit (Art. 12 GG) den Arbeitgeber unter Verwertung seines Fachwissens wechseln können muss, nicht ausreichend Rechnung. Insbesondere für die Zeit nach Ende des Arbeitsverhältnisses enthält eine Catchall-Klausel eine übermäßige Vertragsbindung, die gemäß § 138 Abs. 1 BGB sittenwidrig und somit unwirksam ist. Ein berechtigtes betriebliches Interesse des Arbeitgebers an der Geheimhaltung muss sich auf konkrete Daten und Sachverhalte beschränken und zudem angeben, wie lange nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses die geheimhaltungsbedürftige Tatsache noch geheim zu halten ist (LAG Köln 02.12.2019 – 2 SaGa 20/19, Rn. 14; LAG Hamm 05.10.1988 – 15 Sa 1403/88, Rn. 2; Holthausen, NZA 2019, S. 1377, 1380; Preis, in: Erfurter Kommentar, 22. Aufl. 2022, § 611a BGB, Rn. 715).

b) Die Unwirksamkeit der Klausel folgt zudem als allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne von § 305, § 310 BGB aus § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB. Eine Bindung ohne jede zeitliche Beschränkung und ohne inhaltliche Konkretisierung berücksichtigt nicht ausreichend die grundgesetzlich geschützte Rechtsposition des Arbeitnehmers. Der Gesetzgeber hat mit der Zulassung von (nachvertraglichen) Wettbewerbsklauseln einen angemessenen Ausgleich ermöglicht, der zudem vorsieht, dass die längste mögliche Bindungsfrist zwei Jahre beträgt und hierfür ein finanzieller Ausgleich zu zahlen ist; im Übrigen gelten die Regelungen des GeschGehG, die nur vertraglich konkretisiert werden können (und bei Geheimnisträgern in der Regel müssen). Ein inhaltlich und zeitlich uneingeschränktes Geheimnisschutzgebot führt letztlich dazu, dass der ausgeschiedene Arbeitnehmer in erheblicher Weise seine Berufstätigkeit einschränken muss, ohne dass eine zeitliche Grenze absehbar ist und ein finanzieller Ausgleich hierfür geleistet wird (LAG Köln 02.12.2019 – 2 SaGa 20/19, Rn. 15; Preis, in: Erfurter Kommentar, 22. Aufl. 2022, § 611a BGB, Rn. 715).

4. Die Klägerin kann auch keinen Unterlassungsanspruch auf sonstige Vorschriften wie etwa § 1004 BGB (analog) i.V.m. § 823, § 826 BGB stützen. § 6 GeschGehG verdrängt insoweit sämtliche anderen Anspruchsgrundlagen. Es handelt sich um eine spezialgesetzliche Regelung, die den Schutz von Geschäftsgeheimnissen aus dem UWG herauslöst und abschließend auf eine eigene Rechtsgrundlage gestellt hat (LAG Köln 02.12.2019 – 2 SaGa 20/19, Rn. 11). Ein Rückgriff auf die allgemeinen Regeln des Deliktsrechts ist nur möglich, soweit das GeschGehG eine Regelungslücke aufweist und seine Regelungskonzeption einer Heranziehung der allgemeinen Vorschriften nicht entgegensteht (Alexander, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 40. Aufl. 2022, § 6 GeschGehG, Rn. 2).

Jedenfalls können die Voraussetzungen, die § 2 Nr. 1 GeschGehG für den Schutz von Geschäftsgeheimnissen aufstellt, nicht dadurch unterlaufen werden, dass beispielsweise über das Rechtsinstitut des sog. Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb Unterlassungsansprüche anknüpfend an einen Geheimnisverrat begründet werden, ohne dass Geheimnisse im Sinne von § 2 Nr. 1 GeschGehG betroffen wären. Dem steht das differenzierte und abwägende Regelungssystem des § 2 GeschGehG entgegen.

5. Aus der Unbegründetheit des Klageantrags zu 1. folgt auch die Unbegründetheit des Klageantrags zu 2. Die mit dem Klageantrag zu 2. begehrte Androhung von Ordnungsmitteln für eine Zuwiderhandlung gegen die im Klageantrag zu 1. bezeichneten Unterlassungsverpflichtungen scheidet mangels bestehenden Unterlassungsanspruchs der Klägerin gegen den Beklagten aus Rechtsgründen aus.

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG, § 91 ZPO.

V. Den Rechtsmittelstreitwert hat die Kammer gemäß § 61 Abs. 1 ArbGG, § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG, §§ 3 ff. ZPO unter Berücksichtigung der Relevanz der streitgegenständlichen Informationen für den geschäftlichen Erfolg der Klägerin und den Anregungen der Parteien folgend mit 250.000,00 € im Urteil festgesetzt. Dabei hat die Kammer auch berücksichtigt, dass konkrete Umsatzeinbußen durch Handlungen des Beklagten nicht vorgetragen worden sind.

VI. Gemäß § 64 Abs. 3 Nr. 1 ArbGG hat die Kammer die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache gesondert zugelassen. Es ist zu zahlreichen hier behandelten Rechtsfragen des GeschGehG noch keine Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts vorhanden.