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| Klage und Widerklage sind zulässig. Die Klage ist nur teilweise begründet, die Widerklage unbegründet. |
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| 1. Die Klage ist im zuletzt zur Entscheidung gestellten Umfang zulässig, insbesondere ist der Streitgegenstand hinreichend bestimmt im Sinne der §§ 46 Abs. 2 ArbGG, 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Hinsichtlich des Antrags zu 8. handelt es sich entgegen dem Wortlaut offensichtlich zusätzlich um die Jahressonderzahlung auch für das Jahr 2020 (EUR 236,53 = 4 x EUR 59,13). Soweit der Kläger seine ursprünglich in der Klageschrift angekündigten Anträge teilweise modifiziert hat, handelt es sich entweder um eine Erweiterung im Sinne von § 264 Nr. 2 ZPO oder um eine sachdienliche Klageänderung, § 263 ZPO. |
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| 2. Auch die Widerklage ist zulässig, insbesondere ist es möglich, die Widerklage durch ein Eventualverhältnis mit dem Erfolg/Misserfolg der Klage zu verknüpfen (vgl. MüKoZPO/Patzina, 6. Aufl. 2020 Rn. 24, ZPO § 33 Rn. 24). |
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| 1. Bezüglich des Kündigungsschutzantrags ist die Klage lediglich hinsichtlich des geltend gemachten späteren Beendigungstermins erfolgreich, sodass das Arbeitsverhältnis aufgrund der ordentlichen Kündigung vom 22.09.2020 mit Ablauf des 28.02.2021 aufgelöst wurde. |
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| a) Der betriebliche Anwendungsbereich des § 23 KSchG ist nicht eröffnet. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass regelmäßig nicht mehr als zehn Vollzeitarbeitnehmer zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung beschäftigt waren. |
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| b) Vorliegend werden jedoch die gesetzlichen Kündigungsfristen durch die Kündigungsfristen des für allgemeinverbindlich erklärten Manteltarifvertrages für das Hotel- und Gaststättengewerbe Baden-Württemberg (MTV) verdrängt. Anwendbar sind die verlängerten Kündigungsfristen gemäß § 4 C 3. MTV, soweit das Arbeitsverhältnis der Parteien länger als zehn Jahre ununterbrochen bestanden hat, so dass die Kündigungsfrist vorliegend fünf Monate zum Monatsletzten beträgt. Unstreitig wurde das Arbeitsverhältnis der Parteien im September 2009 begründet. Soweit die Parteien darüber streiten, ob und wie lange das Arbeitsverhältnis „geruht“ hat, ist dies irrelevant. Der Tarifvertrag stellt nach dem eindeutigen Wortlaut auf den Bestand des Arbeitsverhältnisses, nicht auf dessen Vollzug oder die tatsächliche Arbeitsleistung ab. Der Wortlaut des Tarifvertrages entspricht insoweit dem der Regelung in § 622 Abs. 2 BGB, für die anerkannt ist, dass ausschließlich der rechtliche Bestand des Arbeitsverhältnisses maßgeblich ist (vgl. Ascheid/Preis/Schmidt/Linck, 6. Aufl. 2021, BGB § 622 Rn. 32). Dass das 2009 begründete Arbeitsverhältnis zu irgendeinem Zeitpunkt formwirksam i.S.d. § 623 BGB aufgelöst worden wäre, hat die Beklagte weder dargelegt, geschweige denn unter Beweis gestellt. Soweit die Beklagte die Kündigung hilfsweise zum nächst zulässigen Termin ausgesprochen hat, endet damit das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des 28.02.2021. |
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| 2. Der Kläger hat Anspruch auf Zahlung von Annahmeverzugslohn in Höhe von EUR 1.260,75 brutto für den Zeitraum vom 14.03.2020 bis 31.12.2020 gemäß § 615 S. 1 BGB bzw. § 615 S. 3 BGB i.V.m. S. 1 BGB. |
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| a) Für den Zeitraum vom 01.11.2020 bis zum 31.12.2020 ergibt sich der Anspruch des Klägers bereits unmittelbar aus § 615 S. 1 BGB, soweit die Beklagte mit Ausspruch der Kündigung nach Ablauf der von ihr angewendeten unzutreffenden, verkürzten gesetzlichen Kündigungsfrist zum 31.10.2020 in Annahmeverzug geraten ist. |
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| b) Darüber hinaus besteht für diesen Zeitraum als auch für den Zeitraum vom 14.03.2020 bis zum 31.10.2020 Anspruch auf Zahlung von Annahmeverzugslohn, da die Beklagte das Risiko des Arbeitsausfalls (Betriebsrisiko) zu tragen hat. |
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| aa) Dabei kann zunächst dahinstehen, dass die Beklagte nur pauschal vorgetragen hat, der Betrieb habe wegen der mit der Covid-19-Pandemie einhergehenden staatlichen Verordnungen und Vorschriften – insb. der Corona-Verordnung des Landes Baden-Württemberg – geschlossen werden müssen und eine Wiedereröffnung – auch zeitweise – habe deswegen nicht erfolgen können, ohne dies für den gesamten streitgegenständlichen Zeitraum näher darzulegen. Dies kann zugunsten der Beklagten als wahr unterstellt werden. |
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| bb) Die Kammer ist der Auffassung, dass sich jedenfalls im vorliegenden Fall eines Tanzclubs durch die aufgrund des Infektionsschutzgesetzes vermittels „Corona-Verordnung“ angeordnete Schließung das Betriebsrisiko im Sinne von § 615 S. 3 BGB verwirklicht hat, so dass das Entgelt der Arbeitnehmer fortzuzahlen ist. Die Zuweisung des Wirtschafts- und Betriebsrisikos an den Arbeitgeber entspricht zunächst allgemeinen Prinzipien der Arbeitsrechtsordnung. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kommt es bei Verboten aus betriebsfremden Gründen auf die Eigenart des Betriebs an, ob der Betrieb also eine besondere Risikosphäre darstellt (vgl. BAG v. 30.5.1963 – 5 AZR 282/62, AP BGB § 615 Betriebsrisiko Nr. 15 = RdA 1963, 353). Ebenso ist ein Argument für die Annahme eines solchen Betriebsrisikos die Vorhersehbarkeit und Kalkulierbarkeit des Risikos (vgl. BAG v. 30.5.1963 – 5 AZR 282/62, AP BGB § 615 Betriebsrisiko Nr. 15 = RdA 1963, 353; v. 28.9.1972 – 2 AZR 506/71, BAGE 24, 446 = NJW 1973, 342.). Diese Kriterien sieht die Kammer vorliegend als erfüllt an. Bei einem Tanzclub mit einer Tanzfläche von nur 20 qm und einem Gastraum von nur 48 qm sowie Betriebszeiten zwischen 21:00 Uhr und 03:00 Uhr realisiert sich gerade das aufgrund dieses Geschäftsmodells bestehende besondere Infektionsrisiko, denn Sinn und Zweck der Schließungsanordnungen bestand in der Verhinderung sozialer Kontakte in Betrieben mit möglichst engem Kundenkontakt. Das wirtschaftliche Interesse des Arbeitgebers an möglichst hohem Kundenverkehr erhöht zugleich das Risiko einer sich ausweitenden Epidemie. Die Zuweisung des Betriebsrisikos rechtfertigt sich aus dem Umstand, dass sein Geschäft „in guten wie in schlechten Tagen“ auf Kundenverkehr bzw. hohe Besucherzahl ausgerichtet ist (vgl. ErfK/Preis, 21. Aufl. 2021, BGB § 615 Rn. 132ff; Preis/Mazurek/Schmid, NZA 2020, 1137, beck-online). Schließlich handelt es sich bei der Corona-Pandemie auch nicht um ein völlig unvorhergesehenes Ereignis. Das verwirklichte Betriebsrisiko lässt sich durch Rücklagen oder den Abschluss einer Betriebsschließungsversicherung theoretisch einkalkulieren. Der Arbeitgeber kann zudem für seine Beschäftigten Kurzarbeitergeld beantragen (dies war vorliegend aufgrund der nur geringfügigen Beschäftigung nicht möglich) oder betriebsbedingte Kündigungen aussprechen (vgl. auch Fischinger/Hengstberger, NZA 2020, 559, beck-online, die auch bei flächendeckenden Betriebsschließungen generell das Lohnrisiko beim AG sehen; vgl. Preis/Mazurek/Schmid, NZA 2020, 1137, beck-online; ErfK/Preis a.a.O.; aA Sagan/Brockfeld, NJW 2020, 1112, beck-online, die ein alle Betriebe gleichermaßen treffendes Epidemierisiko annehmen wollen). |
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| cc) Ob man die Pandemie als „Naturkatastrophe“ oder „höhere Gewalt“ ansehen mag, kann dahinstehen, denn auch dies führte nicht per se zu dem beklagtenseits gewünschten Ergebnis. Der Arbeitgeber trägt grundsätzlich auch für Naturkatastrophen das Lohnrisiko, denn auch insoweit realisiert sich typischerweise das Betriebsrisiko. Unbeschadet dessen, erfolgte die Schließung des Betriebes der Beklagten nicht aufgrund der Pandemie (im Gegenteil: weite Teil der Wirtschaft und gerade der Gastronomie sind der Auffassung, eine Schließung sei bei Einhaltung eines Hygienekonzepts nicht notwendig), sondern der Anordnungen der Exekutive. Die Betriebsstörung tritt durch einen politischen Ermessensakt ein, der im Kern den Zweck hat, die Infizierung der Bevölkerung zu verlangsamen, um sie besser behandelbar zu machen (Verhinderung des Zusammenbruchs der Gesundheitsversorgung). Nicht die Epidemie macht damit die Fortsetzung des Betriebs unmöglich, sondern die politische Entscheidung, Unternehmungen zu untersagen, deren wirtschaftliche Betätigung entweder auf viele Kunden zielt oder die so kundennah arbeiten, dass Infektionsgefahr besteht. Es handelt sich also um eine wertende, gesundheitspolitische, behördliche Entscheidung mit erheblichem Ermessensspielraum, die Epidemie nicht einfach „auszusitzen“ und zahlreiche Todesfälle in Kauf zu nehmen, sondern Betriebe mit einer bestimmten Struktur einzuschränken oder stillzulegen (ErfK/Preis a.a.O.; Preis/Mazurek/Schmid a.a.O.). |
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| c) Aufgrund der Betriebsschließung war ein Angebot gem. § 296 BGB entbehrlich (vgl. BAG, Urteil vom 9. 7. 2008 – 5 AZR 810/07, NZA 2008, 1407, beck-online). |
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| d) Eine Anrechnung anderweitigen Verdienstes gemäß § 615 S. 2 BGB hat vorliegend nicht zu erfolgen. Auf das Auskunftsverlangen der Beklagten hat der Kläger mitgeteilt, er habe seit März 2020 in der Nacht von Freitag auf Samstag bzw. Samstag auf Sonntag keine andere Nebenbeschäftigung ausgeübt. Dem ist die Beklagte nicht mehr entgegengetreten, §§ 138 Abs. 2, 3 ZPO. Nach § 615 S. 2 BGB muss der Arbeitnehmer sich auf den Annahmeverzugslohn anrechnen lassen, was er infolge des Unterbleibens der Arbeit erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt, sog. Zwischenverdienst, oder zu erwerben böswillig unterlässt. Zweck der Vorschrift ist, dass der Arbeitnehmer aus dem Annahmeverzug keinen Vorteil zieht. Er soll nicht mehr erhalten, als er bei ordnungsgemäßer Abwicklung des Arbeitsverhältnisses erhalten hätte (vgl. ErfK/Preis, 21. Aufl. 2021, BGB § 615 Rn. 83 mwN). Anrechnungspflichtig ist nur ein Verdienst, für dessen Erzielung das Freiwerden der Arbeitskraft kausal war. Der Arbeitnehmer muss sich nur dasjenige anrechnen lassen, was in der Arbeitszeit erworben wurde, in der er bei seinem Arbeitgeber zur Arbeitsleistung verpflichtet war (ErfK/Preis, a.a.O. Rn. 90 mwN). Soweit der Kläger ohnehin aus seiner Haupttätigkeit – nicht kausal – Einkünfte erzielte und pandemiebedingt eine neue Nebenbeschäftigung in der Gastronomie nicht zu erzielen gewesen sein dürfte, gibt es für böswillig unterlassenen anderweitigen Erwerb keine Anhaltspunkte. |
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| e) Gegen die Höhe des geltend gemachten Annahmeverzugslohns hat die Beklagte keine Einwendungen erhoben. Insoweit ist es im Rahmen des Entgeltausfallprinzips tauglich, die durchschnittlichen Einsatzzeiten der letzten zwölf Monate (ein Einsatz pro 2-Wochen-Zeitraum á 6,15 Stunden á EUR 10,-) anzusetzen und den Monat August im Hinblick auf die renovierungsbedingte Betriebsschließung außer Betracht zu lassen. |
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| 3. Der Kläger hat auch Anspruch auf Annahmeverzugslohn in Höhe von EUR 123,- brutto gemäß § 615 S. 1 BGB für den Zeitraum vom 04.08.2019 bis 31.08.2019. Der Kläger hat unbestritten vorgetragen, im August ausschließlich am Wochenende des 2./3. August gearbeitet und hierfür EUR 60,- brutto bezogen zu haben, die darauffolgenden vier Wochen sei der Betrieb renovierungsbedingt geschlossen gewesen. Damit befand sich die Beklagte mit der Annahme der Arbeitsleistung in Verzug, in diesem Zeitraum lagen vier Wochenenden (9./10. August, 16./17. August, 23./24. August, 30./31. August), so dass der Kläger nach der Durchschnittsbetrachtung an zwei Tagen eingesetzt worden wäre. Auch hier war ein Angebot gem. § 296 BGB entbehrlich (s. II. 2 c) |
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| 4. Der Kläger hat Anspruch auf Zahlung von Urlaubsgeld in Höhe von EUR 132,- brutto gemäß § 11 MTV für die Jahre 2017, 2018, 2019 und 2020, auf Zahlung von Urlaubsabgeltung gemäß § 10 MTV in Höhe von EUR 553,50 brutto für die Jahre 2018, 2019 und 2020 sowie auf Jahressondervergütung gemäß § 15 MTV in Höhe von insgesamt EUR 236,52 brutto für die Jahre 2017, 2018, 2019 und 2020. Soweit der Kläger ausgehend von einem von ihm errechneten Jahresurlaubsanspruch von 6 Tagen höhere Ansprüche geltend gemacht hat, war die Klage im übrigen abzuweisen. |
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| a) Gemäß § 10 Nr. 2 MTV besteht ab dem dritten Beschäftigungsjahr ein Jahresurlaubsanspruch von 30 Urlaubstagen in der Fünftagewoche. Der Kläger geht bei seiner Berechnung des Urlaubsanspruchs irrig von einer 1-Tage-Woche aus. Soweit er unbestritten nach eigenem Vortrag einen Arbeitstag pro zwei-Wochen-Zeitraum leistete, beträgt sein individueller Urlaubsanspruch drei Urlaubstage pro Kalenderjahr. |
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| b) Folglich steht ihm gemäß § 11 Nr. 1 MTV für jeden Urlaubstag ein Urlaubsgeld in Höhe von EUR 11,- brutto zu, für den geltend gemachten Zeitraum mithin EUR 132,- brutto. |
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| c) Ausgehend von drei Urlaubstagen pro Kalenderjahr sowie einer urlaubstäglichen Vergütung von EUR 61,50 brutto (EUR 10,- × 6,15 Stunden), errechnet sich ein Urlaubsabgeltungsanspruch in Höhe von EUR 553,50 brutto. Der Urlaubsabgeltungsanspruch des Klägers ist auch nicht etwa verfallen. Dieser hat unbestritten vorgetragen, er sei zu keinem Zeitpunkt aufgefordert worden, seinen Jahresurlaub zu nehmen. Der Anspruch auf den gesetzlichen Mindesturlaub (§§ 1, 3 Abs. 1 BUrlG) erlischt bei einer mit Art. 7 der RL 2003/88/EG konformen Auslegung von § 7 BUrlG nur dann am Ende des Kalenderjahres (§ 7 Abs. 3 S. 1 BUrlG) oder eines zulässigen Übertragungszeitraums (§ 7 Abs. 3 S. 3 und S. 4 BUrlG), wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zuvor in die Lage versetzt hat, seinen Urlaubsanspruch wahrzunehmen, und der Arbeitnehmer den Urlaub dennoch aus freien Stücken nicht genommen hat.Die Befristung des Urlaubsanspruchs nach § 7 Abs. 3 BUrlG setzt grundsätzlich voraus, dass der Arbeitgeber seinen aus einem richtlinienkonformen Verständnis von § 7 Abs. 1 S. 1 BUrlG resultierenden Mitwirkungsobliegenheiten bei der Verwirklichung des Urlaubsanspruchs genügt, indem er den Arbeitnehmer – erforderlichenfalls förmlich – auffordert, seinen Urlaub zu nehmen, und ihm klar und rechtzeitig mitteilt, dass der Urlaub mit Ablauf des Kalenderjahres oder Übertragungszeitraums verfällt, wenn er ihn nicht beantragt (BAG, Urt. v. 19.2.2019 – 9 AZR 423/16, NZA 2019, 977, beck-online). Da der Manteltarifvertrag für das Hotel- und Gaststättengewerbe Baden-Württemberg auch nicht zwischen gesetzlichem Mindesturlaub und übergesetzlichem Tarifurlaub unterscheidet, gilt dies auch für den tarifvertraglichen Mehrurlaub. |
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| d) Schließlich steht dem Kläger auch für die Jahre 2017, 2018, 2019 und 2020 jeweils die Jahressondervergütung gemäß § 15 MTV zu. Diese beträgt gemäß § 15 Nr. 1 MTV grundsätzlich ab dem dritten Beschäftigungsjahr EUR 750,- brutto, wobei gemäß Nr. 2 bei Teilzeitbeschäftigten die Jahressondervergütung nach dem Verhältnis der individuellen Arbeitszeit zur regelmäßigen tariflichen Arbeitszeit zu errechnen ist. Gegen die konkrete Berechnung der Jahressondervergütung durch den Kläger ([(0,5 x 6,15) / 39] x 750 = EUR 59,13; für 4 Jahre: EUR 236,52) sind Einwendungen weder vorgetragen, noch sonst ersichtlich. |
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| 5. Der Anspruch des Klägers auf Erteilung eines qualifizierten Arbeitszeugnisses ergibt sich aus § 109 Abs. 1 S. 3 GewO, die Ansprüche auf Auskunft verarbeiteter personenbezogener Daten bzw. auf Erstellung einer Kopie dieser Daten aus Art. 15 Abs. 1, Abs. 3 S. 1 DSGVO (vgl. LAG Baden-Württemberg, Urt. v. 20.12.2018 – 17 Sa 11/18, NZA-RR 2019, 242, beck-online). |
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| 6. Dem Kläger steht weder ein Auskunftsanspruch hinsichtlich der von der Beklagten erzielten Umsätze im Zeitraum von August 2018 bis März 2020 noch dem Grunde nach Anspruch auf Umsatzbeteiligung zu, so dass die Stufenklage insgesamt abzuweisen war. |
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| a) Der geltend gemachte Auskunftsanspruch ist bereits insoweit unbegründet, als der Kläger Auskunft über Umsätze an sämtlichen Öffnungstagen begehrt. Maßgeblich für eine Berechnung einer Umsatzbeteiligung nach dem Entgeltausfallprinzip wären jedoch ausschließlich die Umsätze an den Einsatztagen des Klägers im Referenzzeitraum, nicht sämtliche von der Beklagten erzielten Umsätze. Darüber hinaus besteht jedenfalls kein Anspruch auf Auskunft darüber, welche Mitarbeiter an sämtlichen Öffnungstagen gearbeitet haben und wie hoch die Umsatzbeteiligung dieser Mitarbeiter gewesen sein soll. Diese Informationen sind für die Berechnung einer ausgefallenen Umsatzbeteiligung des Klägers irrelevant. |
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| b) Der Auskunftsanspruch ist aber auch deshalb unbegründet, als der Kläger hierauf für die Berechnung im Rahmen des § 615 BGB gerade nicht angewiesen ist. Der Kläger trägt selbst vor, er habe seit Beginn des Arbeitsverhältnisses im Jahre 2009 bis zur Schließung des Lokals Mitte März 2020 ausnahmslos Umsatzbeteiligung bezogen. Weshalb er aufgrund der tatsächlich erhaltenen und damit bekannten Umsatzbeteiligung keine Durchschnittsberechnung anstellen kann, erschließt sich der Kammer nicht. Da der Kläger damit aber über die begehrten Auskünfte bereits verfügt, war der Antrag auch aus diesem Grund abzuweisen. |
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| c) Schließlich war die Stufenklage insgesamt der Erfolg zu versagen, da ein Anspruch auf Umsatzbeteiligung nicht schlüssig dargelegt wurde. Die Beklagte ist der pauschalen Behauptung einer Umsatzbeteiligung qualifiziert entgegengetreten und hat vorgetragen, dass es sich bei der Barauskehrung eines festen Anteils des Umsatzes einer Schicht um eine Modalität der Trinkgeldverteilung gehandelt hat, wofür auch entscheidend die Verwendung des Begriffes „Tip“ auf dem Abrechnungsbogen (Bl. 56) spricht. Soweit der Kläger lediglich vorträgt, die Umsatzbeteiligung sei zu Beginn des Arbeitsverhältnisses zugesagt und damit vertraglich vereinbart worden, handelt es sich um eine bloße Rechtsbehauptung ohne Tatsachengrundlage, für die im Übrigen keinerlei Beweis angeboten wurde. Wurden während der Betriebsschließung Trinkgelder nicht eingenommen, besteht auch im Rahmen des § 615 BGB kein Anspruch auf deren Verteilung, da es sich nicht um Arbeitsentgelt i.S.d. §§ 611, 615 BGB handelt. Trinkgelder, die dem Bedienungspersonal in Gaststätten von den Gästen freiwillig gegeben werden, gehören jedenfalls bei Fehlen einer besonderen arbeitsvertraglichen Vereinbarung für Zeiten des Urlaubs, der Arbeitsunfähigkeit und der Betriebsratstätigkeit nicht zum vom Arbeitgeber fortzuzahlenden Arbeitsentgelt (BAG, Urteil vom 28.06.1995 – 7 AZR 1001/94, NZA 1996, 252, beck-online; LAG Hamburg Urt. v. 13.2.2008 – 5 Sa 69/07, BeckRS 2008, 56424, beck-online). |
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| 7. Soweit der Kläger zusammen mit seinen Zahlungsanträgen auf Annahmeverzugslohn auch beantragt hat, über diese Ansprüche ordentliche Lohnabrechnungen zu erstellen und zur Verfügung zu stellen, war dieser weitergehende Antrag abzuweisen. Ein Anspruch nach § 108 GewO besteht (noch) nicht. Die Fälligkeit des Anspruchs nach § 108 GewO besteht „bei Zahlung des Arbeitsentgelts“. Sie ist also nicht bereits bei Fälligkeit des Arbeitsentgelts (§ 614 BGB) gegeben, sondern zu dem Zeitpunkt, zu dem das Arbeitsentgelt ausgezahlt wird (BeckOK ArbR/Tillmanns, 59. Ed. 1.3.2021, GewO § 108 Rn. 4). |
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| 8. Soweit der Kläger darüber hinaus beantragt hat, monatliche Gehaltsabrechnungen seit Oktober 2008 zu erstellen und diese zu übersenden, fehlt es an schlüssigem Klagevorbringen. |
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| a) Haben die Parteien übereinstimmend den Beginn des Arbeitsverhältnisses mit September 2009 angegeben, erschließt sich der Kammer nicht, woraus sich ein Anspruch auf Gehaltsabrechnungen für die Zeiträume Oktober 2008 bis August 2009 ergeben sollte. |
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| b) Die Beklagte hat unstreitig im laufenden Rechtsstreit Entgeltabrechnungen für den Zeitraum April 2019 bis März 2020 vorgelegt. Insoweit ist der Anspruch des Klägers jedenfalls erfüllt, § 362 BGB. |
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| c) Im Übrigen besteht ein Anspruch auf Erteilung einer Abrechnung gemäß § 108 GewO bei Zahlung des Entgelts (s. II. 7.). Soweit auch nach dem Vortrag des Klägers erhebliche Zeiträume ohne Arbeitsleistung und Entgeltzahlung vorlagen (alleine rund zwölf Monate im Jahr 2016), hätte es für einen schlüssigen Klagevortrag erfordert, die tatsächlichen Zeiträume und Zahlungen darzulegen, für die eine Entgeltabrechnung begehrt wird. |
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| 9. Einen Schadensersatzanspruch gemäß Art. 82 Abs. 1 DSGVO hat der Kläger ebenfalls nicht schlüssig dargelegt. Der Kläger trägt bereits nicht konkret vor, gegen welche Schutzvorschriften der DSGVO oder des BDSG durch welche konkrete Handlung der Beklagten verstoßen worden sein soll. Soweit der Kläger auf die Übersendung und damit Kenntnisnahme der Meldebescheinigung an/durch den Betriebsleiter der Beklagten abstellt (der diese dann wohl jeweils an die betroffenen Beschäftigten weiterleitete), handelt es sich offensichtlich um eine gerechtfertigte Datenverarbeitung für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses im Sinne des § 26 BDSG, der gegenüber der DSGVO als spezifischere Regelung vorrangig anwendbar ist (vgl. BeckOK DatenschutzR/Riesenhuber, 35. Ed. 1.2.2021 Rn. 20, BDSG § 26 Rn. 20). Aufgrund welches Sachverhalts gegen welche datenschutzrechtlichen Vorgaben die Beklagte durch Übersendung der Bescheinigung per „WhatsApp“ konkret verstoßen haben soll, trägt der Kläger nicht ansatzweise vor. |
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| 10. Der Beschäftigungsantrag ist unbegründet. Der Kläger hat den – als uneigentlichen Hilfsantrag zu verstehenden – ursprünglich angekündigten Weiterbeschäftigungsantrag umgestellt und macht zuletzt die Beschäftigung bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses geltend. Ist das Arbeitsverhältnis mit Ablauf der Kündigungsfrist am 28.02.2021 aufgelöst, besteht kein Raum für einen Beschäftigungsanspruch. |
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| Die Eventualwiderklage ist unbegründet. Soweit die Beklagte Auskunft über anderweitigen Verdienst auch außerhalb der üblichen Arbeitszeit des streitgegenständlichen Arbeitsverhältnisses verlangt, besteht ein solcher Auskunftsanspruch nicht, da der Arbeitnehmer sich nur dasjenige anrechnen lassen muss, was in der Arbeitszeit erworben wurde, in der er bei seinem Arbeitgeber zur Arbeitsleistung verpflichtet war (ErfK/Preis, a.a.O. Rn. 90 mwN). Im Übrigen ist der Auskunftsanspruch der Beklagten erfüllt. Auf das Auskunftsverlangen der Beklagten hat der Kläger mitgeteilt, er habe seit März 2020 in der Nacht von Freitag auf Samstag bzw. Samstag auf Sonntag keine andere Nebenbeschäftigung ausgeübt. Dem ist die Beklagte nicht mehr entgegengetreten, §§ 138 Abs. 2, 3 ZPO. |
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| Die Kostenentscheidung folgt §§ 46 Abs. 2 ArbGG, 91, 92 ZPO und berücksichtigt das teilweise Obsiegen und Unterliegen der Parteien mit den Klage- und Widerklaganträgen. |
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| Die Festsetzung des Rechtsmittelstreitwerts folgt §§ 61 Abs. 1 ArbGG, 3 ZPO. |
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| Gründe für eine gesonderte Berufungszulassung gem. § 64 Abs. 3 ArbGG liegen nicht vor. Davon bleibt die Statthaftigkeit einer Berufung kraft Gesetzes gem. §§ 64 Abs. 2 lit. b), c) ArbGG unberührt. |
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