| |
| Die Berufung des Klägers hat zum Teil Erfolg. |
|
| Die Berufung ist – entgegen der Auffassung des Beklagten – gem. § 64 Abs. 2 Buchst. c ArbGG statthaft und gem. § 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG, §§ 518, 520 ZPO in der gesetzlich vorgeschriebenen Form und Frist eingelegt und begründet worden. Die Berufungsbegründung genügt außerdem den Anforderungen von § 64 Abs. 6 ArbGG, § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1-4 ZPO. |
|
| Zweck des § 520 ZPO ist es, die Beurteilung des Streitfalls durch den Erstrichter zu überprüfen und den Rechtsstreit für die Berufungsinstanz durch eine Zusammenfassung und Beschränkung des Rechtsstoffs ausreichend vorzubereiten. Nach § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG iVm. § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO muss die Berufungsbegründung die Umstände bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung durch das angefochtene Urteil und deren Erheblichkeit für das Ergebnis der Entscheidung ergibt. Die Berufungsbegründung muss erkennen lassen, in welchen Punkten tatsächlicher oder rechtlicher Art das angefochtene Urteil nach Ansicht des Berufungsklägers unrichtig ist und auf welchen Gründen diese Ansicht im Einzelnen beruht (vgl. etwa BAG 24. Oktober 2017 – 1 AZR 166/16 – Rn. 11). Sie muss auf den zur Entscheidung stehenden Fall zugeschnitten sein und sich mit den rechtlichen oder tatsächlichen Argumenten des angefochtenen Urteils befassen, wenn sie diese bekämpfen will (vgl. BAG 24. Oktober 2019 – 8 AZR 528/18 – Rn. 17, AP BGB § 288 Nr. 8; 14. Mai 2019 – 3 AZR 274/18 – Rn. 18). Eine schlüssige, rechtlich haltbare Begründung kann zwar nicht verlangt werden. Für die erforderliche Auseinandersetzung mit den Urteilsgründen der angefochtenen Entscheidung reicht es aber nicht aus, die tatsächliche oder rechtliche Würdigung durch das Arbeitsgericht mit formelhaften Wendungen zu rügen und lediglich auf das erstinstanzliche Vorbringen zu verweisen oder dieses zu wiederholen (vgl. BAG 23. November 2017 – 8 AZR 458/16 – Rn. 14, AP ArbGG 1979 § 64 Nr. 53; 26. April 2017 – 10 AZR 275/16 – Rn. 13; 17. Februar 2016 – 2 AZR 613/14 – Rn. 13, AP KSchG 1969 § 2 Nr. 168). |
|
| Danach ist die Berufung ausreichend begründet. Allein schon durch die Rüge, dass das Arbeitsgericht den tatsächlich vom Beklagten erstellten Arbeitsvertrag, der dem Inhalt nach auf genau die vom Kläger ab September 2019 ausgeübten Tätigkeiten gezielt habe, in seiner Würdigung übergangen habe, liegt eine ausreichende Auseinandersetzung mit dem Urteil und diese ist auch geeignet, die Richtigkeit der arbeitsgerichtlichen Entscheidung in Zweifel zu ziehen. |
|
| Die Berufung hat insoweit Erfolg, als zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis – jedenfalls im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung vom 9. Januar 2020 – bestanden hat, welches jedoch infolge der ordentlichen Kündigung zum 15. Februar 2020 wieder geendet hat. |
|
| Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts stehen die Anträge des Klägers nicht in einem Eventualverhältnis, sondern unbedingt nebeneinander. Alle Anträge zielen auf die Feststellung eines in der Zukunft fortbestehenden Arbeitsverhältnisses, sind also wirtschaftlich identisch. Das Kosteninteresse kann daher kein Argument für ein angenommenes Hilfsverhältnis der Anträge sein. Der Status-Feststellungsantrag (Antrag Ziffer 1) ist unzulässig. Unzulässig ist auch der Feststellungsantrag Ziffer 2. Zulässig ist allein der punktuelle Kündigungsschutzantrag, der dem Rechtsschutzinteresse des Klägers ausreichend dient. |
|
| 1. Der Statusfeststellungsantrag ist – unter Berücksichtigung des Kündigungsschutzantrags, die Kündigung vom 9. Januar 2020 betreffend – unzulässig. |
|
| a) Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann Klage auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt wird. Rechtsverhältnis iSv. § 256 Abs. 1 ZPO ist jedes durch die Herrschaft einer Rechtsnorm über einen konkreten Sachverhalt entstandene rechtliche Verhältnis einer Person zu einer anderen Person oder zu einer Sache. Die Feststellungsklage kann sich als sog. Elementenfeststellungsklage auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken (vgl. für die st. Rspr. BAG 19. Dezember 2019 – 6 AZR 23/19 – 14 f., juris bspw. zur Feststellung der Berechtigung, eine Nebentätigkeit ausüben zu dürfen; 11. Dezember 2019 – 4 AZR 310/16 – Rn. 10, AP SGB II § 6c Nr. 9 zur Feststellung der Anwendbarkeit eines bestimmten Tarifvertrages; 18. September 2019 – 5 AZR 335/18 – Rn. 15, AP TVG § 1 Tarifverträge: Metallindustrie Nr. 251 zur Feststellung der Anspruchsberechtigung bzgl. eines bestimmten Gehaltsbestandteils; 12. Dezember 2018 – 5 AZR 124/18 – Rn. 13, AP BGB § 611 Arbeitszeit Nr. 55 = EzA BGB 2002 § 611 Nr. 12 zur Feststellung der Vergütungspflicht für Umkleidezeiten; 6. Dezember 2017 – 5 AZR 118/17 – Rn. 14 f., BAGE 161, 132 zur Feststellung der Verpflichtung zur Gutschrift bestimmter Stunden auf dem Arbeitszeitkonto; 16. Mai 2013 – 6 AZR 680/11 – Rn. 15; 26. September 2012 – 10 AZR 336/11 – Rn. 10, AP BGB § 611 Fleischbeschauer-Dienstverhältnis Nr. 25 zur Feststellung einer wöchentlichen Mindestarbeitszeit; 28. Juni 2012 – 6 AZR 745/10 – Rn. 11; 24. Mai 2012 – 6 AZR 703/10 – Rn. 22; 18. Januar 2012 – 10 AZR 779/10 – Rn. 22, zur Feststellung der Reichweite des Direktionsrechts). Das Feststellungsinteresse ist aber nur dann gegeben, wenn durch die Entscheidung über den Feststellungsantrag der Streit insgesamt beseitigt wird (vgl. BAG 15. Januar 2013 – 9 AZR 430/11 – Rn. 16, AP TVöD § 26 Nr. 4 = EzA BUrlG § 3 Nr. 25). Es fehlt, wenn dem Antragsteller ein einfacherer Weg zur Verfügung steht, um sein Ziel zu erreichen, oder wenn die begehrte Feststellung zu einer abschließenden Klarstellung des Streits nicht geeignet ist (BAG 27. Januar 2004 – 1 ABR 5/03 – zu B III der Gründe mwN, BAGE 109, 227). Die Rechtskraft der Entscheidung muss weitere gerichtliche Auseinandersetzungen über die zwischen den Parteien strittigen Fragen um denselben Fragenkomplex ausschließen (vgl. BAG 7. Februar 2019 – 6 AZR 84/18 – Rn. 15; 30. November 2016 – 10 AZR 673/15 – Rn. 17, NZA 2017, 468; 27. August 2014 – 4 AZR 518/12 – Rn. 15, EzA ZPO 2002 § 256 Nr. 11; 14. Dezember 2011 – 4 AZR 26/10 – Rn. 20, AP TVG § 1 Altersteilzeit Nr. 59 = EzTöD 700 TV ATZ Nr. 36). Ein rechtliches Interesse an einer alsbaldigen gerichtlichen Feststellung besteht, wenn dem Recht des Klägers eine gegenwärtige Gefahr oder Unsicherheit droht und das erstrebte Urteil geeignet ist, diese Gefahr zu beseitigen (vgl. BAG 24. Mai 2006 – 7 AZR 365/06 – Rn. 14, EzAÜG AÜG § 10 Fiktion Nr. 114). Zur Erstellung von Rechtsgutachten sind die Gerichte nicht berufen (vgl. BAG 14. Dezember 2011 – 4 AZR 242/10 – Rn. 23, AP ZPO 1977 § 256 Nr. 106; 21. Juli 2009 – 9 AZR 279/08 – Rn. 19 ff., AP ZPO 1977 § 256 Nr. 98). Die Darlegungs- und Beweislast für das Feststellungsinteresse trägt der Kläger (vgl. BAG 24. September 1997 – 4 AZR 429/95 – zu I 2 der Gründe, AP TVG § 1 Tarifverträge Reichsbund Nr. 1 = EzA ZPO § 256 Nr. 48; Zöller/Greger 30. Aufl. § 256 ZPO Rn. 7). |
|
| b) Ein gegenwartsbezogener Antrag auf Feststellung des Bestehens eines Arbeitsverhältnisses ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zulässig. Das Interesse an einer alsbaldigen Feststellung ergibt sich hier daraus, dass bei einem Erfolg der Klage die zwingenden gesetzlichen Vorschriften, die ein Arbeitsverhältnis gestalten, auf das Vertragsverhältnis der Parteien unabhängig von den getroffenen Vereinbarungen anzuwenden sind, und zwar sofort und nicht erst in Zukunft. Darauf, ob über einzelne Bedingungen des Vertragsverhältnisses Streit besteht, kommt es nicht an. Solange das Rechtsverhältnis nicht wirksam beendet ist, kann die Statusfrage jederzeit zur gerichtlichen Entscheidung gestellt werden. Jedenfalls dann, wenn sich die gegenwärtigen tatsächlichen Umstände seit Vertragsbeginn nicht geändert haben, bedarf es auch keines gesonderten Feststellungsinteresses für einen bis dahin zurückreichenden Klageantrag (vgl. BAG 25. August 2020 – 9 AZR 373/19 – Rn. 14, AP BGB § 611 Rundfunk Nr. 49; 9. Juli 2003 – 5 AZR 595/02 – zu I 1 a der Gründe, AP BGB § 611 Lehrer, Dozenten Nr. 158 = EzA ZPO 2002 § 256 Nr. 3; 6. November 2002 – 5 AZR 364/01 – zu 1 b der Gründe, AP ZPO 1977 § 256 Nr. 78 = EzA ZPO § 256 Nr. 68; LAG Rheinland-Pfalz 4. August 2016 – 5 Sa 54/16 – Rn. 41, juris). Dagegen bedarf das Interesse an der Feststellung, ein vergangenes Rechtsverhältnis sei ein Arbeitsverhältnis gewesen, einer besonderen Begründung. Die Erwägungen, mit denen das Rechtsschutzbedürfnis für gegenwartsbezogene Feststellungsklagen zu bejahen ist, treffen auf Klagen, die auf Feststellung eines bereits beendeten Rechtsverhältnisses gerichtet sind, nicht zu. Bei beendeten Vertragsverhältnissen ist in aller Regel klar erkennbar, welche Ansprüche noch im Raum sind. Das Feststellungsinteresse ist nach ständiger Rechtsprechung nur dann gegeben, wenn sich gerade aus dieser Feststellung Rechtsfolgen für Gegenwart oder Zukunft ergeben. Die bloße Möglichkeit des Eintritts solcher Folgen reicht nicht aus. Mit der Feststellung des Arbeitsverhältnisses muss vielmehr zugleich feststehen, dass eigene Ansprüche des Klägers gerade aus dem Arbeitsverhältnis zumindest dem Grunde nach noch bestehen oder gegnerische Ansprüche zumindest in bestimmtem Umfang nicht mehr gegeben sind. Anderenfalls könnte die Feststellungsklage weder dem Rechtsfrieden noch der Prozessökonomie dienen (vgl. BAG 6. November 2002 – 5 AZR 364/01 – zu 1 c der Gründe, aaO). |
|
| c) Die Grundsätze zur Zulässigkeit vergangenheitsbezogener Feststellung eines Arbeitsverhältnisses gelten auch, wenn nicht allein die Feststellung des Bestands eines Arbeitsverhältnisses geltend gemacht wird, sondern daneben auch über den (Fort-)Bestand des Arbeitsverhältnisses im Wege eines punktuellen Kündigungsschutzantrags gestritten wird. In diesem Fall bedarf es der gesonderten Darlegung eines Feststellungsinteresses (vgl. BAG 4. Dezember 2002 – 5 AZR 556/01 – zu II 2 der Gründe, BAGE 104, 86), denn die mit dem Kündigungsschutzantrag begehrte Feststellung erfordert nach dem Wortlaut der gesetzlichen Bestimmung schon eine Entscheidung über das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses zum Zeitpunkt der Kündigung. Mit der Rechtskraft des der Klage stattgebenden Urteils steht deshalb fest, dass jedenfalls im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung zwischen den streitenden Parteien ein Arbeitsverhältnis bestanden hat (BAG 27. Januar 2011 – 2 AZR 826/09 – Rn. 13, AP KSchG 1969 § 4 Nr. 73; 26. März 2009 – 2 AZR 633/07 – Rn. 16, BAGE 130, 166). Auch enthält ein rechtskräftiges Urteil, wonach das Arbeitsverhältnis der Parteien durch eine bestimmte Kündigung zu dem vorgesehenen Termin nicht aufgelöst worden ist, grundsätzlich die konkludente Feststellung, dass dieses Arbeitsverhältnis nicht zuvor durch andere Ereignisse aufgelöst worden ist (BAG 29. Januar 2015 – 2 AZR 698/12 – Rn. 8, EzA KSchG § 4 nF Nr. 97; 20. März 2014 – 2 AZR 1071/12 – Rn. 17, NZA 2014, 1131; 25. März 2004 – 2 AZR 399/03 – zu B II 1 der Gründe, AP BMT-G II § 54 Nr. 5 = EzA BGB 2002 § 626 Unkündbarkeit Nr. 4; 5. Oktober 1995 – 2 AZR 909/94 – zu II 1 der Gründe, BAGE 81, 111). Mit Rechtskraft einer solchen Entscheidung steht fest, dass das Arbeitsverhältnis bis zu dem vorgesehenen Auflösungstermin auch nicht durch mögliche andere Beendigungstatbestände aufgelöst worden ist, selbst wenn diese von keiner Seite in den Prozess eingeführt wurden (vgl. BAG 18. Dezember 2014 – 2 AZR 163/14 – Rn. 22 mwN, AP KSchG 1969 § 4 Nr. 79 = EzA KSchG § 4 nF Nr. 96). |
|
| d) Danach ist der Antrag Ziffer 1 (Statusfeststellungsantrag) unzulässig. Der Kläger will – nach dem Wortlaut des Antrags – das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses mit dem Beklagten seit dem 11. September 2019 festgestellt wissen, ohne dass er zu einem Interesse, weshalb das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses ab diesem Zeitpunkt begehrt wird, vorgetragen hätte. Darüber hinaus hat der Kläger infolge der erklärten Anfechtung des Arbeitsvertrags und der erklärten außerordentlich fristlosen, hilfsweise ordentlichen Kündigung vom 9. Januar 2020 auch einen Feststellungsantrag nach § 256 ZPO – bezogen auf die Anfechtung – und einen punktuellen Kündigungsschutzantrag nach § 4 Satz 1 KSchG gestellt, der die Frage des Bestehens eines Arbeitsverhältnisses zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung bereits einschließt. Mit Rechtskraft der (positiven) Entscheidung über den Kündigungsschutzantrag stünde zugleich fest, dass zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis besteht. Da der Kläger nichts zu seinem Interesse an einer vergangenheitsbezogenen Feststellung eines Arbeitsverhältnisses vorgetragen hat, ist der Antrag Ziffer 1 unzulässig; um dem Rechtsschutzziel des Klägers zu genügen, bedarf es dieses Antrags nicht. |
|
| 2. Auch der Feststellungsantrag Ziffer 2, mit dem festgestellt werden soll, „dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung nicht aufgelöst ist“, also letztlich der Bestand eines Arbeitsverhältnisses im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung (in der Tatsacheninstanz) festgestellt werden soll, ist nach dem Vorstehenden unzulässig. Der punktuelle Kündigungsschutzantrag ist nur dann begründet, wenn das Rechtsverhältnis ein Arbeitsverhältnis ist, welches nicht durch eine zurückwirkende Anfechtung im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung nicht (mehr) bestanden hat. Hat der Arbeitgeber neben einer ordentlichen Kündigung die Anfechtung des Arbeitsvertrags erklärt, hängt der Erfolg der Kündigungsschutzklage auch von der Wirksamkeit der Anfechtung ab, wenn diese – ihre Berechtigung unterstellt – auf einen Zeitpunkt wirkt, der vor dem Auflösungstermin der Kündigung liegt. Ob die Anfechtung durchgreift ist deshalb in aller Regel schon im Rahmen des Kündigungsschutzantrags zu überprüfen (vgl. BAG 20. März 2014 – 2 AZR 1071/12 – Rn. 19, BAGE 147, 358). Ein Feststellungsinteresse für den Antrag Ziffer 2 besteht daher nicht. |
|
| 3. Der punktuelle Kündigungsschutzantrag (Antrag Ziffer 3) ist zulässig. Das besondere Feststellungsinteresse ergibt sich insoweit bereits aus den Wirkungen des § 7 KSchG. |
|
| Der Kündigungsschutzantrag ist jedenfalls bezogen auf die außerordentliche Kündigung vom 9. Januar 2020 begründet, bezüglich der hilfsweise ordentlichen Kündigung jedoch unbegründet. |
|
| 1. Zwischen den Parteien bestand im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung vom 9. Januar 2020, dh. am 10. Januar 2020 ein Arbeitsverhältnis, welches nicht durch die außerordentliche fristlose Kündigung vom 9. Januar 2020 beendet wurde. |
|
| a) Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts ist zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis begründet worden. |
|
| aa) Durch den Arbeitsvertrag wird der Arbeitnehmer im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet, § 611a Abs. 1 Satz 1 BGB. Das Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit und Ort der Tätigkeit betreffen (Satz 2). Weisungsgebunden ist, wer nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann (Satz 3). Der Grad der persönlichen Abhängigkeit hängt dabei auch von der Eigenart der jeweiligen Tätigkeit ab (Satz 4). Für die Feststellung, ob ein Arbeitsvertrag vorliegt, ist eine Gesamtbetrachtung aller Umstände vorzunehmen (Satz 5). Zeigt die tatsächliche Durchführung des Vertragsverhältnisses, dass es sich um ein Arbeitsverhältnis handelt, kommt es auf die Bezeichnung im Vertrag nicht an (Satz 6). Mit den in § 611a Abs. 1 BGB eingeführten Rechtsgrundsätzen ist die bereits zuvor bestehende Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kodifiziert worden (vgl. BAG 21. Januar 2019 – 9 AZB 23/18 – Rn. 23, BAGE 165, 61; 21. November 2017 – 9 AZR 117/17 – Rn. 23, AP BGB § 611 Lehrer, Dozenten Nr. 194). |
|
| bb) Danach besteht zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis, wobei letztlich dahinstehen kann, ob die Parteien, wie der Kläger behauptet, bereits am 9. September 2019 die Begründung eines Arbeitsverhältnisses vereinbart haben. Jedenfalls ergibt sich aus der tatsächlichen Durchführung des Vertragsverhältnisses, dass der Kläger weisungsgebundene, fremdbestimmte Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verrichtet hat. |
|
| (1) Der Kläger hat – in vollständiger Integration in die betrieblichen Abläufe des Beklagten – die Tätigkeit als Service-Techniker Wartungs- und Reparaturarbeiten an bei Kunden aufgestellten Kompressoren und Druckluftsystemen ausgeführt, wie dies auch der nicht unterzeichnete schriftliche Arbeitsvertrag für den Zeitraum ab 1. Januar 2020 vorsieht. |
|
| (a) Der Kläger ist nicht werbend am Markt als selbständiger Techniker aufgetreten, sondern hat allein die vom Beklagten bereits eingeworbenen Serviceaufträge im Zusammenwirken mit dem Beklagten ausgeführt. Der Kläger hat an jedem einzelnen Tag seiner Tätigkeit die Kunden nur mit Hilfe des Beklagten aufsuchen können, da er weder eigene Kenntnis von den einzelnen Kunden (Anschrift) noch Aufträgen (Leistungsumfang) geschweige denn die tatsächliche Möglichkeit zum Erreichen des Kunden – in Ermangelung eines eigenen Fahrzeugs – hatte. Der Kläger war ebenso wenig im Besitz der für die Ausführung der Arbeiten notwendigen Spezialwerkzeuge, welche sämtlich im Service-Fahrzeug des Beklagten, mithilfe dessen die Kunden angefahren wurden, vorhanden waren. Der Kläger konnte sich auch – infolge der Abhängigkeit vom Beklagten hinsichtlich der Kenntnis der einzelnen Serviceaufträge und hinsichtlich der Möglichkeit den Ort der Serviceleistungserbringung ohne den Beklagten erreichen zu können und hinsichtlich der Möglichkeit, die Aufträge – in Ermangelung des notwendigen Spezialwerkzeugs – überhaupt ausführen zu können, auch nicht aussuchen, ob er bestimmte Serviceaufträge ausführt oder nicht. Was sich auch daran zeigt, dass der Kläger in der Zeit des Urlaubs des Beklagten nicht mit eigenen Mitteln eigene – andere – Aufträge ausgeführt hat, sondern die Aufträge des Beklagten mit Hilfe des Sohns des Beklagten, ausführte. Auch hinsichtlich der Reihenfolge der auszuführenden Aufträge hatte der Kläger keinen eigenen Spielraum. Der Kläger hatte jeweils denjenigen Auftrag des Beklagten bei demjenigen Kunden abzuarbeiten, den der Beklagte mit seinem Fahrzeug jeweils ansteuerte. Der Kläger konnte auch die Kunden bzw. deren Betriebsstätte nicht verlassen, sondern war auch insoweit auf den Beklagten angewiesen und in dessen betrieblichen Ablauf integriert. |
|
| (b) Soweit der Beklagte meint, dem Kläger sei die Anreise mit dem Beklagten gemeinsam unter Nutzung des Servicefahrzeugs des Beklagten nicht vorgeschrieben worden, steht dieser Einwand der Feststellung eines Arbeitsverhältnisses schon deshalb nicht im Wege, weil der Kläger über überhaupt keine Betriebsmittel (bspw. EDV etc.) verfügte, um sich Kenntnis über die Kunden, deren Anschriften und den Umfang des Auftrags zu verschaffen. Alles was zur Ausführung des Auftrags notwendig war, stellte der Beklagte zur Verfügung. Auch die Dokumentation der ausgeführten Arbeiten (Monteurbericht) erfolgte unter der vom Beklagten vorgegebenen Monteurberichtsnummer auf den Vordrucken des Beklagten, auf welchem der Kläger nicht als Auftragnehmer oder dergleichen, sondern schlicht als „Monteur“ bei gleichzeitiger Angabe des Unternehmens des Beklagten mit dazugehöriger Anschrift, Telefonnummer und Email-Adresse des Beklagten geführt wird. Der Kläger hat zudem unwidersprochen vorgetragen, dass er an jedem einzelnen Tag seiner tatsächlichen Arbeit sich morgens in der Werkstatt des Beklagten einfand, mit dem Beklagten das Servicefahrzeug belud und anschließend zum Kunden fuhren. Deutlicher kann man kaum in die betrieblichen Abläufe integriert sein. |
|
| (c) Der Kläger musste nicht zu Einzelweisungen bei der Ausführung der Tätigkeit vortragen. Das Weisungsrecht kann fachlich – abhängig von der Art der ausgeübten Tätigkeit – unterschiedlich ausgeprägt sein. In der Realität des Arbeitslebens arbeiten viele qualifizierte Mitarbeiter fachlich weitgehend selbständig (vgl. ErfK/Preis 21. Aufl. § 611a Rn. 39), wie dies auch im vom Beklagten vorformulieren Arbeitsvertrag vorgesehen ist („Die Tätigkeit haben Sie selbständig und voll verantwortlich auszuführen“). Das Fehlen fachlicher Einzelweisungen spricht daher nicht gegen ein Arbeitsverhältnis. |
|
| (d) Soweit der Kläger an wenigen einzelnen Tagen im Zeitraum 11. September 2019 bis 10. Dezember 2019 nicht gearbeitet hat, hat sich der Kläger zu den einzelnen Zeiträumen ganz überwiegend konkret eingelassen und vorgetragen, weshalb er nicht im Zusammenwirken mit dem Beklagten Serviceaufträge abgearbeitet hat: 4. Oktober 2019 (Freitag) Brückentag nach dem Feiertag 3. Oktober, 16. und 18. Oktober 2019 Teilnahme an Schulungen des Herstellers A., ab dem 26. Oktober 2019 (Samstag) keine Tätigkeit mehr infolge einer Auseinandersetzung mit dem Beklagten und dem Zurückbehalten der Arbeitskraft, 8. November 2019 keine Arbeit infolge einer Verletzung an der Hand (geschwollener Zeigefinger, Arztbesuch), die sporadische Arbeit im Dezember 2019 war bereits geprägt vom Zerwürfnis der Parteien und dem Streit über die Frage des Bestehens eines Arbeitsverhältnisses. |
|
| (e) Im Übrigen hat der Kläger eine Vollzeittätigkeit ausgeführt, die der Verwertung der eigenen Arbeitskraft in anderer Weise entgegengestanden hätte. Aus den vom Kläger erstellten Rechnungen, ergibt sich, dass er für und mit dem Beklagten im Zeitraum 11. September bis 30. September 2019 insgesamt 129 Stunden, im Zeitraum 1. Oktober bis 25. Oktober 2019 insgesamt 157 Stunden und vom 1. November bis 29. November 2019 insgesamt 146 Stunden zur Abarbeitung der Serviceaufträge eingesetzt war. Dass der Kläger dabei wiederum eine für einen Unternehmer typische Haftung oder Gewährleistung übernommen hätte, behauptet auch der Beklagte nicht. |
|
| (2) Dass die tatsächlich Durchführung des Vertragsverhältnisses ein Arbeitsverhältnis der Parteien begründet hat, stimmt letztlich auch damit überein, dass der Beklagte nach dem eigenen Vorbringen am 16. September 2019 die Begründung eines Arbeitsverhältnisses dem Kläger angetragen haben will, was dieser abgelehnt habe, und der Beklagte einen schriftlichen Arbeitsvertrag für den Zeitraum ab 1. Januar 2020 formularmäßig vorbereitet hat, der eine Tätigkeit als Service-Techniker und die Verpflichtung zur „selbständigen und voll verantwortlichen“ Ausführung der Tätigkeit vorsah. Der Beklagte behauptet in keiner Weise, dass die tatsächliche Durchführung des von ihm als Arbeitsverhältnis geplanten Vertragsverhältnisses in irgendeiner Weise von dem abwich, was der ab 16. September 2019 bzw. ab 1. Januar 2020 intendierten Durchführung entsprochen hätte. |
|
| (3) Für die Einstufung des Rechtsverhältnisses als Arbeitsverhältnis hat es kein entscheidendes Gewicht, dass der Kläger auch ein Gewerbe angemeldet hat. Das von ihm angemeldete Gewerbe („C. & S.“, Fachbetrieb für Fahrzeugaufbereitungen) spielte – mit Ausnahme der auf dem Geschäftspapier des Klägers gefertigter Rechnungen – keine Rolle bei der praktischen Vertragsdurchführung. Die betriebliche Infrastruktur des Klägers – soweit eine solche überhaupt vorhanden gewesen sein sollte – wurde nicht genutzt, um die Serviceaufträge des Beklagten zur Wartung und Reparatur von Kompressoren und Druckluftanlagen auszuführen. |
|
| b) Das zwischen den Parteien begründete Arbeitsverhältnis wurde nicht infolge der vom Beklagten erklärten Anfechtung wegen arglistiger Täuschung beseitigt. |
|
| aa) Allerdings scheitert die Anfechtung noch nicht daran, dass diese für den Fall der Feststellung eines Arbeitsverhältnisses erklärt wurde. Zwar ist eine Anfechtungserklärung als Gestaltungserklärung grundsätzlich bedingungsfeindlich. Eine Eventualanfechtung – wie vorliegend – ist jedoch zulässig. Streiten die Parteien über die Auslegung eines Rechtsgeschäfts, will aber die eine Partei an den Vertrag nur gebunden sein, wenn er in ihrem Sinne ausgelegt wird und ficht sie anderenfalls das Rechtsgeschäft vorsorglich an (sog. Eventualanfechtung), so ist die Anfechtungserklärung nicht von einem zukünftigen ungewissen Ereignis, nämlich der Entscheidung des Gerichts, abhängig gemacht. Vielmehr soll die (unbedingte) Anfechtungserklärung nur für den Fall gelten, dass die Auslegung in einem der Auffassung des Anfechtenden widersprechenden Sinne erfolgt. Für diesen Fall will der Anfechtende an den Vertrag nicht gebunden sein. Die Wirkung der Anfechtung ergibt sich dann aus der künftigen gerichtlichen Feststellung eines damals nur für die Parteien ungewissen, aber objektiv bereits bestehenden Rechtszustandes (vgl. BAG 18. Oktober 2018 – 6 AZR 246/17 – Rn. 30, AP TV-L § 12 Nr. 4; BGH 15. Februar 2017 – VIII ZR 59/16 – Rn. 31, NJW 2017, 1660). |
|
| bb) Die Anfechtung ist auch nicht durch die Möglichkeit, das Arbeitsverhältnis zu kündigen, ausgeschlossen, vielmehr bestehen beide möglichen Gestaltungsrechte nebeneinander (vgl. BAG 20. März 2014 – 2 AZR 1071/12 – Rn. 26, aaO). |
|
| cc) Dahinstehen kann letztlich auch Frage, ob und ggf. auf welchen Zeitpunkt die erklärte Anfechtung zurückwirken könnte, nachdem das Arbeitsverhältnis jedenfalls ab dem 9. Dezember 2019 außer Vollzug gesetzt wurde und der Kläger beginnend mit dem 10. Dezember 2019 Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vorgelegt und auch in der Folge keine Arbeitsleistung mehr erbracht hat, also ein Leistungsaustausch nicht mehr stattgefunden hat. Es spricht aber alles dafür, dass eine Rückwirkung bis jedenfalls zum 10. Dezember 2019 keinerlei Rückabwicklungsschwierigkeiten wegen des außer Vollzug gesetzten Arbeitsverhältnisses auslösen würde (vgl. dazu: BAG 12. Mai 2011 – 2 AZR 479/09 – Rn. 19, AP BGB § 123 Nr. 69; 3. Dezember 1998 – 2 AZR 754/97 – zu II 3 a aa der Gründe, BAGE 90, 251; 28. Januar 1998 – 4 AZR 473/96 – II 4 c der Gründe, ZTR 1998, 329; 20. Februar 1986 – 2 AZR 244/85 – zu C II der Gründe, BAGE 51, 167). |
|
| dd) Der Beklagte war nicht nach § 123 Abs. 1 BGB zur Anfechtung berechtigt, weil der Kläger den Beklagten nicht arglistig iSv. § 123 Abs. 1 BGB getäuscht hat, indem er ihm – nach der eigenen Behauptung des Beklagten – zutreffend mittelte, er habe ein Gewerbe angemeldet und könne die Tätigkeit beim Beklagten deshalb auf selbständiger Basis ausführen. |
|
| (1) Eine arglistige Täuschung iSv. § 123 Abs. 1 BGB setzt in objektiver Hinsicht voraus, dass der Täuschende durch Vorspiegelung oder Entstellung von Tatsachen beim Erklärungsgegner einen Irrtum erregt und ihn hierdurch zur Abgabe einer Willenserklärung veranlasst hat. Dabei muss sich die Täuschung auf objektiv nachprüfbare Tatsachen beziehen. Die Äußerung subjektiver Werturteile genügt nicht (BAG 11. Juli 2012 – 2 AZR 41/11 – Rn. 22, AP ZPO § 794 Nr. 54 = EzA BGB 2002 § 123 Nr. 12; 12. Mai 2011 – 2 AZR 479/09 – Rn. 41, EzA BGB 2002 § 123 Nr. 10; 16. Dezember 2004 – 2 AZR 148/04 – AP BGB § 123 Nr. 64 = EzA BGB 2002 § 123 Nr. 5). Allerdings kann sich die Täuschung auch auf innere Tatsachen beziehen, bspw. auf die Absicht, den Vertrag nicht zu erfüllen (vgl. Palandt/Ellenberger 80. Aufl. § 123 Rn. 4). Eine Täuschung kann auch in dem Verschweigen von Tatsachen bestehen, sofern der Erklärende zu deren Offenbarung verpflichtet war. Das subjektive Merkmal „Arglist“ iSv. § 123 Abs. 1 BGB liegt vor, wenn der Täuschende weiß oder billigend in Kauf nimmt, dass seine Behauptungen nicht der Wahrheit entsprechen oder mangels Offenbarung bestimmter Tatsachen irrige Vorstellungen beim Erklärungsgegner entstehen oder aufrechterhalten werden; Fahrlässigkeit – auch grobe Fahrlässigkeit – genügt insoweit nicht. Die Beweislast für das Vorliegen von Arglist trägt der Anfechtende; dass es sich hierbei um eine innere Tatsache handelt, steht dem nicht entgegen (vgl. BAG 20. März 2014 – 2 AZR 1071/12 – Rn. 31, aaO; 11. Juli 2012 – 2 AZR 41/11 – aaO; 12. Mai 2011 – 2 AZR 479/09 – Rn. 43; 20. Mai 1999 – 2 AZR 320/98 – zu B I 4 der Gründe, BAGE 91, 349). |
|
| (2) Der Kläger hat den Beklagten nicht durch das Vorspiegeln oder Entstellen von Tatsachen beim Beklagten einen Irrtum erregt. Der Beklagte behauptet, der Kläger habe ihm gegenüber erklärt, er könne auf selbständiger Basis tätig werden, weil er ein Gewerbe angemeldet habe. Im Rechtsstreit ist zuletzt unstreitig, dass der Kläger nach wie vor ein Gewerbe angemeldet hat. Eine Täuschung über die objektiv nachprüfbare Tatsache „Gewerbe angemeldet“ liegt daher schon nicht vor. Der Beklagte mag sich über die Möglichkeit, das Rechtsverhältnis tatsächlich auf selbständiger Basis (rechtssicher) durchführen zu können, geirrt haben. Dieser (Motiv-)Irrtum beruht jedoch nicht auf einer Täuschung des Klägers (vgl. zur sog. Doppelkausalität auch: MüKo-BGB/Armbrüster 8. Aufl. § 123 Rn. 21). Damit entfällt die Möglichkeit zur Anfechtung. Eine Täuschung über eine innere Tatsache behauptet der Beklagte nicht. |
|
| c) Dem Beklagte steht möglicherweise ein Rechtsmissbrauchseinwand gegen den Kläger und die Geltendmachung des Status als Arbeitnehmer nach § 242 BGB zu. Die Einwendung des Rechtsmissbrauchs (venire contra factum proprium) muss dabei nicht erhoben werden, um prozessual erheblich zu sein (vgl. BAG 17. Juli 2003 – 8 AZR 376/02 – zu II 2 a dd der Gründe, ZTR 2004, 28; BeckOK-BGB/Sutschet § 242 BGB Rn. 176 mwN), vielmehr genügte es, dass die zugrunde liegenden Tatsachen unstreitig oder bewiesen sind (vgl. Schwarze ZfA 2021, 44, 61). Allerdings stand der (mögliche) Rechtsmissbrauchseinwand dem Beklagten im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung nicht mehr zu, weshalb der mögliche Einwand nach § 242 BGB der Feststellung eines Arbeitsverhältnisses im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung nicht entgegensteht. |
|
| aa) Es verstößt grundsätzlich nicht gegen Treu und Glauben, wenn eine Partei sich nachträglich auf die Unwirksamkeit einer von ihr abgegebenen Willenserklärung beruft oder ein unter ihrer Beteiligung zustande gekommenes Rechtsgeschäft angreift. Widersprüchliches Verhalten ist erst dann rechtsmissbräuchlich, wenn dadurch für den anderen Teil ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden ist oder wenn andere besondere Umstände die Rechtsausübung als treuwidrig erscheinen lassen (vgl. BAG 12. Februar 2014 – 4 AZR 317/12 – Rn. 26 mwN, BAGE 147, 199). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann sich ein Beschäftigter gegenüber seinem Vertragspartner nicht darauf berufen, zu ihm in einem Arbeitsverhältnis zu stehen, wenn er sich hierbei unter dem Gesichtspunkt des widersprüchlichen Verhaltens rechtsmissbräuchlich verhält. Wer durch seine Erklärung oder durch sein Verhalten bewusst oder unbewusst eine Sach- oder Rechtslage geschaffen hat, auf die sich der andere Teil verlassen durfte und verlassen hat, darf den anderen Teil in seinem Vertrauen nicht enttäuschen. Es würde gegen Treu und Glauben verstoßen und das Vertrauen im Rechtsverkehr untergraben, wenn es erlaubt wäre, sich nach Belieben mit seinen früheren Erklärungen und seinem früheren Verhalten derart in Widerspruch zu setzen. Das Verbot des Selbstwiderspruchs hindert Vertragsparteien auch daran, sich auf die Unwirksamkeit eines Vertrags zu berufen, den sie viele Jahre lang als rechtswirksam angesehen und beiderseits erfüllt haben. Insbesondere ist das Vertrauen eines Vertragspartners auf eine bestimmte Rechtslage schutzwürdig, wenn er von dem anderen Teil in diesem Glauben bestärkt worden ist (vgl. BAG 17. April 2013 – 10 AZR 272/12 – Rn. 31, BAGE 145, 26; 24. Mai 2006 – 7 AZR 365/05 – Rn. 27, EzAÜG AÜG § 10 Fiktion Nr. 114; 4. Dezember 2002 – 5 AZR 556/01 – zu II 4 a der Gründe, BAGE 104, 86; 12. August 1999 – 2 AZR 632/98 – zu II 4 der Gründe, AP BGB § 242 Unzulässige Rechtsausübung-Verwirkung Nr. 41; 11. Dezember 1996 – 5 AZR 855/95 – zu 1 der Gründe, BAGE 85, 11; 11. Dezember 1996 – 5 AZR 708/95 – zu I 2 a der Gründe, AP BGB § 242 Unzulässige Rechtsausübung-Verwirkung Nr. 36; jüngst grundlegend: Schwarze ZfA 2021, 44 ff.). |
|
| bb) Das Bundesarbeitsgericht hat dabei insb. angenommen, dass das Beharren darauf, nicht in ein Arbeitsverhältnis treten, sondern als freier Mitarbeiter tätig werden zu wollen, eine Sachlage schaffe, auf die sich die als Arbeitgeber in Anspruch genommene Partei verlassen dürfe (vgl. BAG 11. Dezember 1996 – 5 AZR 708/95 – zu I 2 b der Gründe, aaO). Ebenso begründe die Aufhebung eines rechtskräftig als Arbeitsverhältnis festgestellten Rechtsverhältnisses und die ausdrückliche Fortsetzung der Zusammenarbeit „auf der Basis freier Mitarbeit“ den Einwand des Rechtsmissbrauchs, weil sich der (erneut) als Arbeitgeber in Anspruch Genommene darauf habe für die Zukunft habe verlassen dürfen (vgl. BAG 11. Dezember 1996 – 5 AZR 855/95 – zu 2 a der Gründe, aaO). Auch wenn den Parteien der arbeitsrechtliche Charakter des Vertragsverhältnisses durchaus bekannt ist, der Arbeitnehmer aber den Vertragsschluss mit dem falschen Versprechen herbeigeführt hat, dies nicht geltend machen zu wollen, kann dies den Rechtsmissbrauchseinwand auslösen (vgl. Schwarze ZfA 2021, 44, 50), insoweit kann auch die selbstbestimmte Entscheidung des Arbeitnehmers gegen den arbeitsrechtlichen Status den Rechtsmissbrauchseinwand auslösen (vgl. Schwarze ZfA 2021, 44, 54). |
|
| cc) Danach kommt ein zugunsten des Beklagten greifender Rechtsmissbrauchseinwand in Betracht, denn der Beklagte hat geltend gemacht, der Kläger habe sein Angebot, ein Arbeitsverhältnis abzuschließen unter Hinweis darauf, dass er noch in einem anderem Arbeitsverhältnis stehe bzw. hierüber gerichtlich streite und unter Hinweis auf seine Gewerbeanmeldung und weitere laufende Projekte abgelehnt und angeboten, die angestrebte Tätigkeit auf selbständiger Basis aufzunehmen; er werde Rechnungen unter dem angemeldeten Gewerbe stellen. Darauf habe sich der Beklagte mit dem Bemerken eingelassen, ein Arbeitsverhältnis könne dann ggf. ab Januar 2020 abgeschlossen werden. Träfe die Behauptung des Beklagten zu, könnte die Geltendmachung des Arbeitnehmerstatus durch den Kläger vergangenheitsbezogen der Rechtsmissbrauchseinwand ggf. entgegengehalten werden. |
|
| dd) Letztlich kann dies aber dahinstehen, denn dem Beklagten stand der Rechtsmissbrauchseinwand jedenfalls nicht mehr zu, als die Kündigung vom 9. Januar 2020 beim Kläger zuging. |
|
| (1) Der (mögliche) Rechtsmissbrauchseinwand kann jedenfalls nicht ad infinitum durch den Arbeitgeber erhoben werden. Vielmehr entfällt der Rechtsmissbrauchseinwand, wenn das (schutzwürdige) Vertrauen des Arbeitgebers in Fortfall geraten ist (vgl. Schwarze ZfA 2021, 44, 58 f.). Kommt § 242 BGB wegen eines vertrauensbegründenden Verhaltens zur Anwendung, ist die Gegenseite grundsätzlich nicht schutzwürdig, wenn sie von den tatsächlichen Gegebenheiten, Absichten etc. Kenntnis hatte und somit kein Vertrauen bestand (vgl. MüKo-BGB/Schubert § 242 Rn. 319). Nichts anderes kann gelten, wenn die Kenntnis von den tatsächlichen Gegebenheiten oder Absichten später eintritt. Eine gegen § 242 verstoßende Rechtsausübung kann daher bei Änderung der Umstände (bspw. Kenntniserlangung) wieder zulässig werden (vgl. BGH 8. Oktober 1969 – I ZR 7/68 – zu 2 der Gründe, NJW 1970, 141; BeckOK-BGB/Sutschet § 242 Rn. 50; Looschelders/Olzen in: Staudinger BGB 2019 § 242 Rn. 292). Der arbeitsrechtliche Schutz kann dem Arbeitnehmer mithin nicht auf Dauer genommen sein, wenn der Arbeitgeber nicht mehr darauf vertrauen darf, der Arbeitnehmer werde den Status als Arbeitnehmer nicht geltend machen (vgl. Schwarze ZfA 2021, 44, 59); dem Arbeitgeber steht jedoch die Möglichkeit zu, das Arbeitsverhältnis zu kündigen (vgl. Schwarze aaO). |
|
| (2) Nachdem der Kläger die für den Zeitraum ab 10. Dezember 2019 ausgestellte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (Bl. 113 d. Akte ArbG) dem Beklagten hat zukommen lassen und dieser die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung dem Kläger mit dem Bemerken, der Kläger sei Dienstleister, weshalb man keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung benötige (Schreiben vom 11. Dezember 2019, Bl. 94 d. Akte ArbG), zurückgeschickt hat, hat der Kläger mit einer Email-Nachricht an den Beklagten vom 13. Dezember 2019 reagiert. Darin ist ausgeführt: „Zwischen uns ist seit September 2019 ein Arbeitnehmer-Verhältnis entstanden und kein Dienstleistungsverhältnis. Diesbezüglich sind Sie verpflichtet Lohnfortzahlung und aus dem Arbeitsvertrag Arbeitnehmerrechte zu leisten. Ich weiße Sie darauf hin, dass ich weiterhin arbeitsunfähig bin und die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung Ihnen per Post zukommen lassen werde. Nach Ihrem Verhalten werde ich diese Angelegenheit beim Arbeitsgericht einklagen“. Spätestens mit Zugang dieser Email-Nachricht konnte der Beklagte nicht mehr darauf vertrauen, der Kläger werde den Arbeitnehmer-Status nicht geltend machen. Am 16. Dezember 2019 kam es zudem zu einem Telefonat mit der – zwischenzeitlich eingeschalteten – Klägervertreterin, die ebenso geltend machte, es bestehe ein Arbeitsverhältnis. Schließlich wurde die Klageschrift mit dem Status-Feststellungsantrag dem Beklagten am 3. Januar 2020 zugestellt (Zustellungsurkunde, Bl. 18 d. Akte ArbG). Als die Kündigung des Beklagten vom 9. Januar 2020 dem Kläger am 10. Januar 2020 zuging, war der Beklagte im Hinblick auf das in Fortfall geratene Vertrauen nicht mehr schutzwürdig. Der Kläger ist folglich an der Geltendmachung eines Arbeitnehmerstatus am 10. Januar 2020 (Zugang der Kündigung) nicht gehindert. |
|
| d) Die außerordentlich fristlose Kündigung vom 9. Januar 2020 ist unwirksam. Ein wichtiger Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB besteht nicht. |
|
| aa) Nach § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses selbst bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Dafür ist zunächst zu prüfen, ob der Sachverhalt ohne seine besonderen Umstände „an sich“, und damit typischerweise als wichtiger Grund geeignet ist. Alsdann bedarf es der weiteren Prüfung, ob dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Falls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile – jedenfalls bis zum Ablauf der (fiktiven) Kündigungsfrist – zumutbar ist oder nicht (vgl. BAG 27. Juni 2019 – 2 AZR 50/19 – Rn. 12, AP BGB § 626 Unkündbarkeit Nr. 18). Spricht der Arbeitgeber eine außerordentliche Kündigung aus, so ist er für alle Umstände des wichtigen Grundes darlegungs- und beweisbelastet. |
|
| bb) Allein in dem Umstand, dass der Kläger nunmehr geltend macht, er sei tatsächlich Arbeitnehmer, liegt kein wichtiger Grund in diesem Sinne. Der Beklagte macht in keiner Weise Umstände geltend, weshalb ihm die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist (15. Februar 2020) unzumutbar sein sollte. Insbesondere ist nicht ansatzweise ersichtlich, dass die etwaige Mehrbelastung des Beklagten, der selbst einen Arbeitsvertrag ab dem 1. Januar 2020 mit einem Bruttostundenlohn von 18,00 Euro erarbeitet hatte, bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist, dh. für ca. einen Monat unzumutbar wäre. |
|
| 2. Unbegründet ist der Kündigungsschutzantrag nach § 4 Satz 1 KSchG aber in Bezug auf die hilfsweise ordentliche Kündigung. Diese ist wirksam und hat das Arbeitsverhältnis der Parteien zum 15. Februar 2020 beendet. |
|
| a) Die ordentliche Kündigung vom 9. Januar 2020 ist wegen fehlender Eröffnung des betrieblichen Geltungsbereichs (§ 23 Abs. 1 KSchG) nicht auf ihre soziale Rechtfertigung hin zu überprüfen. |
|
| b) Die Kündigung ist auch nicht nach § 242 BGB unwirksam. Dem Beklagten steht ein nicht missbräuchlicher Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu. |
|
| aa) Während der gesetzlichen Wartezeit des § 1 KSchG bzw. im Kleinbetrieb (§ 23 Abs. 1 KSchG) ist der Arbeitnehmer lediglich vor einer sitten- oder treuwidrigen Ausübung des Kündigungsrechts des Arbeitgebers (vgl. BAG 22. April 2010 – 6 AZR 828/08 – Rn. 41, ZTR 2010, 430) bzw. vor einer wegen eines der in § 1 AGG genannten Gründe diskriminierenden Kündigung (vgl. BAG 23. Juli 2015 – 6 AZR 457/14 – Rn. 23, NZA 2015, 1380; 19. Dezember 2013 – 6 AZR 190/12 – Rn. 14, BAGE 147, 60) geschützt. Der durch die Generalklauseln vermittelte Schutz darf auch nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts aber nicht dazu führen, dass außerhalb des Kündigungsschutzgesetzes dem Arbeitgeber praktisch die dem Kündigungsschutzgesetz vorgegebenen Maßstäbe der Sozialwidrigkeit auferlegt werden. In sachlicher Hinsicht geht es darum, Arbeitnehmer vor willkürlichen oder auf sachfremden Motiven beruhenden Kündigungen zu schützen (vgl. BAG 5. Dezember 2019 – 2 AZR 107/19 – Rn. 13, AP BGB § 138 Nr. 74; 28. August 2008 – 2 AZR 101/07 – Rn. 33, aaO mwN). Typische Tatbestände einer in diesem Sinne treuwidrigen Kündigung sind insbesondere ein widersprüchliches Verhalten des Arbeitgebers, der Ausspruch einer Kündigung zur Unzeit oder in ehrverletzender Form und eine Kündigung, die den Arbeitnehmer – außerhalb des besonderen Anwendungsbereiches des § 612a BGB – diskriminiert oder auf einer Auswahlentscheidung des Arbeitgebers beruht, die jede soziale Rücksichtnahme vermissen lässt (vgl. BAG 16. Januar 2003 – 2 AZR 609/01 – Rn. 36, AP KSchG 1969 § 1 Gemeinschaftsbetrieb Nr. 1). Ein Verstoß gegen § 242 BGB kann nicht allein deshalb angenommen werden, weil eine Kündigung ohne Angabe von Gründen ausgesprochen wird, da der Arbeitgeber im Kleinbetrieb eine Kündigung nicht begründen muss (vgl. BAG 16. Januar 2003 – 2 AZR 609/01 – Rn. 37, aaO; APS/Preis 6. Aufl. § 242 BGB Rn. 48). Auch unter Berücksichtigung verfassungsrechtlicher Vorgaben verstößt eine Kündigung in der Wartezeit nur dann gegen § 242 BGB, wenn sie Treu und Glauben aus Gründen verletzt, die von § 1 KSchG nicht erfasst sind. Eine solche Kündigung ist nicht willkürlich, wenn für sie ein irgendwie einleuchtender Grund besteht (vgl. BAG 5. Dezember 2019 – 2 AZR 107/19 – Rn. 17, aaO; 8. Dezember 2011 – 6 AZN 1371/11 – Rn. 11, BAGE 140, 76; 22. April 2010 – 6 AZR 828/08 – Rn. 41, aaO; 24. Januar 2008 – 6 AZR 96/07 – Rn. 27 f., EzA BGB 2002 § 242 Kündigung Nr. 7; 28. August 2003 – 2 AZR 333/02 – B III 1 b der Gründe, AP BGB § 242 Kündigung Nr. 17; APS/Preis § 242 BGB Rn. 57). Ein solcher ist bei einem auf konkreten Umständen beruhenden Vertrauensverlust grundsätzlich auch dann gegeben, wenn die Tatsachen objektiv nicht verifizierbar sind (vgl. BAG 5. Dezember 2019 – 2 AZR 107/19 – aaO; 25. April 2001 – 5 AZR 360/99 – zu II 4 b der Gründe). |
|
| bb) Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen derjenigen Tatsachen, aus denen sich die Treuwidrigkeit ergibt, liegt beim Arbeitnehmer (vgl. BAG 24. Januar 2008 – 6 AZR 96/07 – Rn. 29, aaO; 22. Mai 2003 – 2 AZR 426/02 – AP KSchG 1969 § 1 Wartezeit Nr. 18). Ergibt sich nach Maßgabe dessen, dass eine Treuwidrigkeit indiziert ist, muss sich der Arbeitgeber sodann nach § 138 Abs. 2 ZPO im Einzelnen auf diesen Vortrag einlassen, um ihn zu entkräften. Beruft sich der Arbeitgeber bspw. auf Leistungsmängel, so muss er sein Vorbringen nicht im Ausmaß der kündigungsschutzrechtlichen Darlegungslast konkretisieren. Es reicht vielmehr aus, wenn sich aus seinem Vorbringen tatsächliche Anhaltspunkte für eine verständliche Unzufriedenheit plausibel ergeben (vgl. BAG 28. August 2003 – 2 AZR 333/02 – zu B III 3 d aa (3) der Gründe, AP BGB § 242 Kündigung Nr. 17). Kommt der Arbeitgeber dem nicht nach, gilt der schlüssige Sachvortrag des Arbeitnehmers gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden (BAG 16. September 2004 – 2 AZR 447/03 – AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 44 = EzA BGB 2002 § 242 Kündigung Nr. 5, zu B I 4 b der Gründe). Trägt der Arbeitgeber hingegen Gründe vor, die den Vorwurf der Treuwidrigkeit ausschließen, so hat der Arbeitnehmer die Tatsachen, aus denen sich die Treuwidrigkeit der Kündigung dennoch ergeben soll, zu beweisen (vgl. BAG 28. Oktober 2010 – 2 AZR 392/08 – Rn. 42, aaO; 28. August 2003 – 2 AZR 333/02 – zu B III 2 der Gründe, aaO; 6 Februar 2003 – 2 AZR 672/01 – zu II 2 c der Gründe, aaO). |
|
| cc) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze und unter Berücksichtigung des zwischen den Parteien festzustellenden Zerwürfnisses erscheint es – ungeachtet der Frage, auf wessen Veranlassung es nicht unmittelbar bei Beginn des Rechtsverhältnisses zur (schriftlichen) Vereinbarung des Arbeitsverhältnisses kam – nicht treuwidrig, dass der Beklagte das Arbeitsverhältnis ordentlich kündigte, nachdem Streit über die rechtliche Einschätzung des Rechtsverhältnisses entstanden ist. Eine Partei darf ihre Rechtsansicht ändern und sich nachträglich auf die Unwirksamkeit einer von ihr abgegebenen Willenserklärung berufen oder ein unter ihrer Beteiligung zustande gekommenes Rechtsgeschäft angreifen (vgl. BAG 12. Februar 2014 – 4 AZR 317/12 – Rn. 26, aaO; 4. Dezember 2002 – 5 AZR 556/01 – zu II 4 b der Gründe, aaO), dh. auch kündigen. Widersprüchliches Verhalten ist erst dann rechtsmissbräuchlich, wenn dadurch für den anderen Teil ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden ist oder wenn andere besondere Umstände die Rechtsausübung als treuwidrig erscheinen lassen (BAG 12. Februar 2014 – 4 AZR 317/12 – aaO; BGH 4. Februar 2015 – VIII ZR 154/14 – Rn. 24, BGHZ 204, 145). Der Kläger behauptet nicht, er habe darauf vertraut bzw. vertrauen dürfen, der Beklagte werde seinen Arbeitnehmerstatus anerkennen. Vielmehr ist unstreitig, dass über die Frage, der Arbeitnehmereigenschaft des Klägers Streit bestand, was schließlich auch zum Zerwürfnis der Parteien geführt hat. Selbst wenn der Beklagte derjenige gewesen sein sollte, auf dessen Veranlassung das Rechtsverhältnis nicht als Arbeitsverhältnis, insb. nicht als sozialversicherungsrechtliches Beschäftigungsverhältnis geführt wurde, erscheint es nicht treuwidrig, das Rechtsverhältnis, welches sich tatsächlich als Arbeitsverhältnis darstellt, zu kündigen, wenn die gerichtliche Geltendmachung des Arbeitnehmerstatus erfolgt. Es kann dem Beklagten nach § 242 BGB nicht verwehrt sein, sich von einem Arbeitsverhältnis, welches er als solches – rechtsirrig oder auch bewusst – nicht führen wollte, trennen zu können, wenn die Geltendmachung des Arbeitnehmerstatus erfolgt. |
|
| Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. |
|
| Nach § 72 Abs. 2 ArbGG bestand keine Veranlassung, die Revision zuzulassen. |
|