1. Die Bewertung des Gegenstandswerts einer Stufenklage hat für die Anwaltsgebühren nach § 23 Abs. 1 RVG iVm. § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG, § 44 GKG, § 3 ZPO zu erfolgen. Nach § 44 GKG ist im Falle einer Stufenklage für die Wertberechnung nur einer der verbundenen Ansprüche – und zwar der höhere – maßgebend.

2. Wertbestimmend für die Berechnung der erstinstanzlichen Gebühren ist das klägerische Interesse (vgl. LAG Berlin-Brandenburg 14. Februar 2014 – 6012/14, Nr. 1), wobei es – da der Leistungsanspruch bei Einreichung der Stufenklage mangels Auskunft nicht exakt beziffert werden kann – einer Schätzung nach § 3 ZPO bedarf (vgl. BGH 4. Februar 2015 – III ZR 62/14, Rn. 2, mwN; TZA/Ziemann 1 A 487; Nissen/Elzer, MDR 2021, 1161).

3. Demgegenüber kommt es in der Rechtsmittelinstanz darauf an, inwieweit die das Rechtsmittel führende Partei durch die angefochtene Entscheidung beschwert ist. Ist eine Verurteilung zur Auskunftserteilung erfolgt und legt die beklagte Partei das Rechtsmittel ein, sind daher die Kosten der Auskunftserteilung zu berücksichtigen (TZA/Ziemann 1 A 492).

Tenor

Auf die Beschwerde des Prozessbevollmächtigten der Klägerin wird der Beschluss des Arbeitsgericht Berlin vom 21. Januar 2022 – 63 Ca 9664/21 – unter Zurückweisung der Beschwerde im Übrigen teilweise abgeändert und der Tenor wie folgt neu gefasst:

Der Gegenstandswert für die anwaltliche Gebührenberechnung wird gemäߧ 33 Abs. 1 RVG für das Verfahren auf

1.774,65 Euro

und für den Vergleich unter Berücksichtigung eines Vergleichsmehrwerts in Höhe von 8.873,25 Euro auf insgesamt

10.647,90 Euro

festgesetzt.

Gründe

I.

Die Klägerin hat in ihrer Klage mit dem Antrag zu 1) die Erteilung der Auskunft über ein anderweitiges Beschäftigungsverhältnis seit dem 1. September 2021 und die Höhe eines dort erzielten Erlöses geltend gemacht, mit dem Antrag zu 2) die Verurteilung zur Versicherung an Eides statt und mit dem Antrag zu 3) die Zahlung der Differenz zwischen der “bezahlten Karenzentschädigung und seinem Einkommen aus der anderweitig erzielten Verwertung seiner Arbeitskraft”.

Hintergrund war die Vereinbarung eines Wettbewerbsverbots, verbunden mit der Verpflichtung zur Zahlung einer Karenzentschädigung für die Zeit von sechs Monaten ab dem 1. September 2021. Die Klägerin hat für den Monat September 2021 eine Karenzentschädigung an den Beklagten gezahlt, sodann aber die Zahlung bis zur Erteilung der Auskunft eingestellt. Der Beklagte hat sich auf die Unwirksamkeit des vereinbarten Wettbewerbsverbots berufen.

Mit Beschluss vom 22. Dezember 2021 hat das Arbeitsgericht das Zustandekommen eines Vergleichs festgestellt. Darin haben sich die Parteien auf die Zahlung eines Schadensersatzbetrages durch den Beklagten an die Klägerin in Höhe von 500 Euro geeinigt sowie darauf, dass damit sämtliche wechselseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis der Parteien erledigt und ausgeglichen seien und darauf, dass die Klägerin aus dem Wettbewerbsverbot keine Rechte mehr herleiten werde.

Das Arbeitsgericht hat auf Antrag des Klägervertreters den “Wert des Streitgegenstandes” festgesetzt, allerdings nicht in der durch diesen vorgeschlagenen Höhe (6 x 1.774,65 Euro, nach Darstellung des Klägervertreters sechs hälftige Bruttoeinkommen), sondern nur auf 1.774,65 Euro.

Der Klägervertreter hat gegen den Beschluss Beschwerde eingelegt und diese damit begründet, dass die Karenzentschädigung für sechs Monate vereinbart gewesen sei. Zudem sei der Begründung des Arbeitsgerichts nicht zu entnehmen, von welchem Betrag es für die Anträge zu 1) und zu 2) ausgegangen sei.

Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 2. Februar 2022 nicht abgeholfen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig und teilweise begründet.

1) Die Bewertung des Gegenstandswerts einer Stufenklage hat für die Anwaltsgebühren nach § 23 Abs. 1 RVG iVm. § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG, § 44 GKG, § 3 ZPO zu erfolgen. Nach § 44 GKG ist im Falle einer Stufenklage für die Wertberechnung nur einer der verbundenen Ansprüche – und zwar der höhere – maßgebend.

Wertbestimmend für die Berechnung der erstinstanzlichen Gebühren ist das klägerische Interesse (vgl. LAG Berlin-Brandenburg 18. Januar 2022 – 26 Ta (Kost) 6004/22, zu II 1 der Gründe; 14. Februar 2014 – 17 Ta (Kost) 6012/14, zu Nr. 1 der Gründe), wobei es – da der Leistungsanspruch bei Einreichung der Stufenklage mangels Auskunft nicht exakt beziffert werden kann – einer Schätzung nach § 3 ZPO bedarf. Diese geschieht nach objektiven Anhaltspunkten, wobei anhand des Tatsachenvortrags der klagenden Partei danach zu fragen ist, welche Vorstellungen sie sich vom Wert des Leistungsanspruchs gemacht hat. Eine Grenze bilden nur nicht nachvollziehbare Wunschvorstellungen der klagenden Partei, die in ihrem Tatsachenvortrag keine Grundlage finden (vgl. BGH 4. Februar 2015 – III ZR 62/14, Rn. 2, mwN; TZA/Ziemann 1 A 487; Nissen/Elzer, MDR 2021, 1161).

Demgegenüber kommt es in der Rechtsmittelinstanz darauf an, inwieweit die das Rechtsmittel führende Partei durch die angefochtene Entscheidung beschwert ist. Ist eine Verurteilung zur Auskunftserteilung erfolgt und legt die beklagte Partei das Rechtsmittel ein, sind daher die Kosten der Auskunftserteilung zu berücksichtigen (TZA/Ziemann 1 A 492).

2) Bei Zugrundelegung dieser Gesichtspunkte hat das Arbeitsgericht zutreffend für das Verfahren den Gegenstandswert gemäß § 33 Abs. 1 RVG auf 1.774,65 Euro festgesetzt, es aber unterlassen, zugleich den Wert und für den Vergleich festzulegen. Dies war nachzuholen. Der Gesamtgegenstandswert für den Vergleich beträgt 10.647,90 Euro.

a) Der Wert für das Verfahren entspricht dem sich aus der Klageschrift ergebenden klägerischen Interesse. Die Klägerin wollte mit der Stufenklage herausfinden, ob der Beklagte ungeachtet des vereinbarten Wettbewerbsverbots anderweitig tätig war und daraus Einnahmen erzielte. Es ging der Klägerin mit dem Leistungsantrag zu 3) um eine Rückzahlung der Karenzentschädigung in Höhe des anderweitig erzielten Einkommens. Der Auskunftsantrag bezog sich eindeutig zunächst nur auf den Monat September 2021. Nur für diesen Monat hatte die Klägerin nämlich eine Karenzentschädigung gezahlt. Es ging auch in der Begründung der übrigen Anträge nur um den Monat September, nicht um Folgemonate.

Das Arbeitsgericht hat zutreffend die für die Wertberechnung bei Stufenklagen maßgeblichen Gesichtspunkte berücksichtigt. Dabei ist es von einem maximal zurückzuzahlenden Betrag für den Leistungsantrag zu 3) in Höhe der für den Monat September 2021 bereits ausgekehrten 1.774,65 Euro ausgegangen. Es hat auch richtig erkannt, dass die Werte für die Anträge zu 1) und zu 2) jedenfalls darunterliegen, sodass der Betrag für den Antrag zu 3) maßgeblich ist.

b) Das Arbeitsgericht hat aber bisher keinen Gegenstandswert für den Vergleich unter Berücksichtigung des Vergleichsmehrwerts festgesetzt. Das war nachzuholen.

Der Gesamtgegenstandswert für den Vergleich setzt sich zusammen aus dem Wert für das Verfahren und dem Vergleichsmehrwert. Insoweit war hier zu berücksichtigen, dass die Parteien im Rahmen des Vergleichs den Streit beigelegt haben, ob und ggf. in welcher Höhe die Klägerin verpflichtet gewesen wäre, dem Beklagten eine Karenzentschädigung zu zahlen. Es ging insoweit um die für die Monate Oktober 2021 bis Februar 2022 vorgesehenen 8.873,25 Euro. In dieser Höhe ergibt sich für den Vergleich ein zu berücksichtigender Mehrwert.

III.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, § 33 Abs. 9 RVG. Eine Gebühr ist angesichts des überwiegenden Erfolgs der Beschwerde nicht angefallen.

IV.

Die Entscheidung ist unanfechtbar.