Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 05.05.2021 – 8 Ca 997/21 – teilweise abgeändert und die Beklagte zu 1) verurteilt,

1.an den Kläger Annahmeverzugsvergütung für November 2020 von 751,69 Euro brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 04.01.2021 zu zahlen;

2.an den Kläger Annahmeverzugsvergütung für Dezember 2020 von 473,58 Euro brutto abzüglich 43,04 Euro netto nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.02.2021 zu zahlen.

Die weitergehende Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 05.05.2021 – 8 Ca 997/21 – sowie seine Berufungen gegen die Urteile des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 19.04.2021 – 2 Ca 5883/20 und vom 05.05.2021 – 8 Ca 5912/20 – werden zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger auferlegt. Die gerichtlichen Kosten erster Instanz des Verfahrens Arbeitsgericht Düsseldorf – 8 Ca 997/21 – werden dem Kläger zu 93% und der Beklagten zu 1) zu 7 % auferlegt. Im Übrigen bleibt es bei den erstinstanzlichen Kostenentscheidungen.

III. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz zuletzt noch über die Wirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung der Beklagten zu 1), einer betriebsbedingten Kündigung der Beklagten zu 2), die Frage eines Betriebsübergangs von der Beklagten zu 1) auf die Beklagte zu 2) und über die Zahlung einer sog. Sektorzulage (Sektor Pay).

Die Beklagte zu 1) war ein Flugdienstleistungsunternehmen im S.-Konzern mit Sitz in T. (P.). Zwischen ihr und dem 1985 geborenen Kläger bestand seit dem 03.09.2018 ein Arbeitsverhältnis. Grundlage war zuletzt der Arbeitsvertrag vom 29.03.2019. Der Kläger war danach zuletzt als Co-Pilot (First Officer) beschäftigt. Der Arbeitsvertrag sah X. als Stationierungsort sowie M. als Einsatzort vor und enthielt eine Versetzungsklausel, nach der eine Änderung des Stationierungs- und/oder Einsatzortes auch im Ausland aus betrieblichen Gründen vorbehalten war. Der Kläger verdiente im September 2020 eine Vergütung in Höhe von 4.795,33 Euro brutto.

Das für die Beklagte zu 1) von einem externen Dienstleister betriebene Operations Control Center (OCC) nebst Einsatzplanung (“Rostering”) befand sich in X. (Polen), verschiedene Funktionsträger der Beklagten zu 1), etwa der Director of Operations und andere für den Flugbetrieb vorgeschriebene sog. “nominated persons”, saßen in T.. Die Beklagte zu 1) betrieb mindestens 24 in P. registrierte Flugzeuge des Modells Airbus A-320 von vier Basen aus (Wien, Düsseldorf, Palma de Mallorca und Stuttgart). In M. waren sieben Flugzeuge stationiert, die zumindest wegen der in X. durchgeführten Wartung wechselten. Weiter hatte die Beklagte zu 1) in M. als Ansprechpartner für das Personal und Externe einen sog. “Base Captain” eingesetzt, dessen Befugnisse im Betriebshandbuch, Teil A, Ziffer 1.3.5 (“Operations Manual”, im Folgenden OMA, Anlage K13, deren S. 37 f.) festgehalten waren, und einen “Base Supervisor”. Inwieweit der Base Captain Weisungsbefugnis gegenüber den Mitarbeitern der Basis hatte, ist streitig. Wesentliche Personalentscheidungen z. B. über Einstellungen und Kündigungen traf er nicht, setzte aber zumindest Entscheidungen der Unternehmensleitung in “ad hoc-Maßnahmen” gegenüber dem Personal der Basis um. Die Beklagte zu 1) hatte am Flughafen M. neben Parkplätzen und einem Schulungsraum einen Crewraum angemietet, in dem Schreibtische mit Telefon- und Telefaxanschlüssen eingerichtet waren. Einen Betriebsrat gab es nicht. Der Kläger begann und beendete den Arbeitstag stets in M.. Er musste sich zur Aufnahme seiner Tätigkeiten nicht an einen anderen Ort begeben, weil die Beklagte zu 1) lediglich sog. “pointtopoint-Verbindungen” anbot. Die Beklagte zu 1) hatte am Standort M. den Status eines sog. “Home base carriers”, der mit bestimmten Privilegien, insbesondere betreffend Start- und Landerechte in der Nacht, verbunden war. Voraussetzung für die Erteilung dieses Status durch das NRW-Verkehrsministerium war das Vorhalten eines durch das Luftfahrtbundesamtes anerkannten Wartungsbetriebs am Flughafen M.. Diese Voraussetzung erfüllte die Beklagte zu 1) durch Beauftragung eines externen Dienstleisters.

Infolge der Ausbreitung der Covid19-Pandemie setzte die Beklagte zu 1) den Flugverkehr an den deutschen Standorten von Mitte März 2020 bis Ende Juni 2020 vollständig aus. Dies wurde zunächst über die Gewährung offener Urlaubsansprüche und im Zeitraum vom 01.04.2020 bis 30.06.2020 über Kurzarbeitergeld “Null” umgesetzt. Ab dem 01.07.2020 nahm die Beklagte zu 1) den Flugverkehr eingeschränkt wieder auf, erbrachte aber fortan jedenfalls zu einem großen Teil Flüge als wetlease-Leistungen für S. von den Stationierungsorten Düsseldorf, Palma, Stuttgart und Wien aus, vermietete also die ihr zur Verfügung stehenden Flugzeuge nebst Personal, Wartung und Versicherung. S. übernahm dazu ganz überwiegend die bisher von der Beklagten zu 1) gehaltenen “Slots” (uhrzeitbezogene Start-/Landerechte an koordinierten Flughäfen wie M.).

Mit E-Mail vom Morgen des 03.07.2020 informierten die Geschäftsführer der Beklagten zu 1) alle in M. stationierten Piloten über die Tarifverhandlungen mit der Gewerkschaft ver.di über ein “Eckpunktepapier für in Deutschland stationierte Piloten” (im Folgenden Eckpunktepapier). In einer weiteren E-Mail vom 03.07.2020, der das Eckpunktepapier angehängt war, hieß es:

 Wir benötigen Ihre persönliche Zustimmung zu diesem TV-Dokument, um die von uns geplante Schließung der A320-Basis M. abwenden zu können.

Erhalten wir die Zustimmung unserer in M. stationierten Piloten und unseres Kabinenpersonals zu diesen neuen TV-Dokumenten nicht, wird M. – wie am letzten Dienstag angekündigt – als Standort geschlossen.

Bitte bestätigen Sie Ihr Einverständnis mit dem beigefugten Eckpunktepapier TV/Konditionen bis spätestens Dienstag, den 7. Juli, um 17.00 Uhr. Bitte beantworten Sie diese Mail mit “Ich bin einverstanden” als Zeichen Ihrer Bestätigung der nachstehenden Erklärung. Hiervon abweichende, geänderte oder zusätzliche Formulierungen sind nicht zulässig.

Ich habe das neue Dokument “Eckpunktevereinbarung TV/Konditionen für die Basis M. gelesen und bin vollumfänglich damit einverstanden – die Konditionen dieser “Eckpunktevereinbarung TV/ Konditionen” treten ab 1. Juli 2020 an die Stelle der Konditionen meines Einzelvertrags.

Der Kläger erklärte per Antwort-E-Mail fristgerecht seine Zustimmung zu dem Eckpunktepapier. In diesem hieß es u.a.:

Dieses Eckpunktepapier tritt am 1. Juli 2020 in Kraft, endet automatisch am 31. März 2023 und gilt für alle in Deutschland stationierten, direktangestellten Piloten von M..

Ab dem 1. Juli 2020 wird M. das deutsche Arbeitsrecht auf alle in Deutschland direktangestellten Piloten von M. anwenden. Dies gilt nicht für bereits anhängige Gerichtsverfahren oder vor dem 01.07.2020 eingetretene Anlässe von Rechtsstreitigkeiten, welche weiterhin österreichischem Recht unterliegen. M. hat den Betrieb im März 2018 aufgenommen, was den frühesten Arbeitsbeginn/Beginn der Betriebszugehörigkeit für alle Piloten für M. darstellt. Alle früheren Dienste, Betriebszugehörigkeiten oder Ansprüche (vor März 2018) sind für die aktuellen Arbeitsverhältnisse der Piloten mit M. rechtlich irrelevant.

Nach der Probezeit (6 Monate) können der Arbeitgeber oder der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis eines Piloten jederzeit mit einer Frist von 3 Monaten (oder – falls diese länger ist – mit der auf der Basis der Betriebszugehörigkeit bei M. seit März 2018 anwendbaren gesetzlichen Kündigungsfrist) zum Fünfzehnten oder Monatsletzten kündigen.

A. Grundgehalt

Jährliches Brutto-Grundgehalt

Monatliches Brutto-Grundgehalt (12 x)

Die obigen Jahres- und Monatsgehälter beinhalten eine Zulage von 360 € brutto pro Monat für Arbeitszeiten mit besonderen Belastungen, einschließlich, aber nicht beschränkt auf Nachtarbeit, Wochenenden, Feiertagen und Verspätungen.

B. Brutto Sektorzulag

Sektorzulage pro SBH

Feiertagssektorzulage pro Tag

“SBH” (scheduled block hours) sind geplante Blockstunden für ausgeführte Flüge an jedem Diensttag gemäß Dienstplan/Planung. Die Sektorzulage (“sektor pay”) wird auf der Grundlage geplanter Blockstunden berechnet und beinhaltet einen Zuschlag für alle erbrachten Stunden, die mit dem Flugdienst verbunden sind, einschließlich, aber nicht beschränkt auf Arbeit an Sonn- und Feiertagen, Nachtarbeit, Vor- und Nachbereitung des Flugs (“pre and post flight reporting”), Verspätungen und alle Tätigkeiten an Bord usw. Die Sektorzulage wird nur für geplante kommerzielle Flüge und geplante Ferry Flights bezahlt.

G. Dienstplan & Dienstplanarrangements

5. M. behält sich das Recht vor, das Dienstplanmodell zu ändern. Änderungen des Dienstplanmodells ( z.B. aufgrund von Wachstum von Stationierungsorten (Basen), Beförderungen, Versetzungen, Austritten usw.) werden den Piloten mindestens zwei Wochen im Voraus mitgeteilt.

6. Arbeitszeiten, Bereitschaftszeiten und diese Dienstplanregelungen werden von M. bis zur Grenze und im Rahmen der geltenden Regelungen zur Begrenzung der Flugdienstzeiten (…) und der danach geltenden Höchstgrenzen entsprechend dem aktuellen M. Betriebshandbuch (in seiner jeweils geltenden Fassung) festgelegt … . Die derzeitige Höchstgrenze beträgt 900 Flugstunden und 2.000 Dienststunden pro Jahr und umfasst etwaige Verspätungen. Es gibt keine Garantie für eine bestimmte Anzahl von Flug- und Dienststunden für die einzelnen Piloten.

12. Der Jahresurlaub und die Dienstpläne können bei Beförderungen oder landesweiten oder internationalem Wechsel des Arbeitsortes geändert werden.

3. Piloten müssen ab dem ersten Tag ihrer Abwesenheit ein ärztliches Attest vorlegen. Die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall (nach dem EFZG) wird auf der Grundlage des Durchschnitts des Grundgehalts, der Sektorzulage und der Zulagen in den letzten 3 Monaten berechnet.

Wegen der Einzelheiten wird auf den zur Akte gereichten Abdruck des Eckpunktepapiers Bezug genommen. Außerhalb der deutschen Basen beschäftigte die Beklagte zu 1) keine Mitarbeiter, mit denen die Anwendung deutschen Arbeitsrechts vereinbart war. Am 09.07.2020 scheiterten die Tarifverhandlungen über den Abschluss des Eckpunktepapiers. Mit E-Mail vom 10.07.2020 dankten die Geschäftsführer der Beklagten zu 1) den Beschäftigten u.a. wie folgt:

“unseren aufrichtigen Dank für Ihre überwältigende Unterstützung unserer neuen CLA für den Standort M.. Ich freue mich, mitteilen zu dürfen, dass bis gestern 17.00 Uhr, dem Einsendeschluss für die Einwilligung, haben über 94% der M.er Piloten (34 von 36), mehr als 97% aller Co-Piloten und über 80 % unserer Kabinenbesatzungsmitglieder unserer neuen CLA/T&C’s zugestimmt.

Mit unserer neuen, niedrigeren Kostenbasis sind wir zuversichtlich, diese Herausforderungen überwinden zu können, was es uns hoffentlich über die Zeit ermöglicht, den Standort auszuweiten, neue Flugzeuge hinzuzufügen und neue Stellen und Beförderungsmöglichkeiten für unsere Piloten und Kabinenbesatzungsmitglieder zu schaffen.

Unseren aufrichtigen Dank für Ihre überwältigende Unterstützung. Wir freuen uns darauf, mit jedem einzelnen von Ihnen weiterhin Zusammenzuarbeiten, um aus unserem Standort M. einen Erfolg zu machen.”

Die Beklagte zu 1) informierte die in X. stationierten Piloten und das Kabinenpersonal mit Base-Update vom 17.07.2020 darüber, dass die M.er Piloten und das dortige Kabinenpersonal das Eckpunktepapier mit überwältigender Mehrheit angenommen hätten, was das Unternehmen in die Lage versetze, die M.er Base über den Winter weiter zu betreiben, obwohl man sich eines intensiven Wettbewerbs durch die M. und deren Töchtern ausgesetzt sehe. Leider hätten der Großteil der Piloten und das Kabinenpersonal in Stuttgart dem Eckpunktepapier nicht zugestimmt, so dass Stuttgart Ende Oktober 2020 geschlossen werde, woraus der Verlust aller Jobs für Piloten und des Kabinenpersonals in Stuttgart resultiere.

Am 28.07.2020 gab die Beklagte zu 2) bekannt, dass sie im Spätherbst 2020 eine Basis in M. eröffnen werde. Bei der Beklagten zu 2) handelte es sich um eine neu gegründete, auf N. registrierte Fluggesellschaft, deren alleinige Gesellschafterin die H. Holding Limited war, deren Alleingesellschafterin wiederum die S. Holdings PLC war. Mit E-Mail vom selben Tag teilten die Geschäftsführer der Beklagten zu 1) dem Flugpersonal der Base M. gemäß Übersetzung des Klägers u.a. Folgendes mit:

“M. GmbH wird seinen Betrieb im Laufe des Jahres einstellen, aber wir freuen uns, Ihnen mitteilen zu dürfen, dass die Besatzungsmitglieder, welche das neue CLA/T&Cs vom 3. Juli 2020 akzeptiert haben, eine Stelle bei M. Europe Ltd. angeboten wird. Die Vertragsbedingungen von M. Europe für unseren M.er A320-Standort werden in Übereinstimmung mit dem neuen Dokument CLA/T&Cs vom 3. Juli 2020 stehen. Wir werden uns mit Ihnen zu gegebener Zeit hinsichtlich der notwendigen Dokumentation in Verbindung setzen, damit Sie dieses Angebot annehmen können und wir OCC-Kurse für das neue AOC planen können.

Am 20.08.2020 erhielt der Kläger eine E-Mail der Beklagten zu 2), die u.a. folgenden Inhalt hatte:

“wir freuen uns, Ihnen mit Wirkung ab 15. September 2020 die Position eines Kapitäns bei M. Europe Ltd anbieten zu können.

M. Europe Ltd ist eine in N. eingetragene Fluggesellschaft, die im September 2020 eine Basis am Flughafen M. eröffnen wird.

M. Europe Ltd bietet Ihnen die gleichen wie die in Ihrem bestehenden Vertrag mit M. GmbH genannten Konditionen in der durch Ihr Einverständnis mit dem neuen TV/Konditionen-Dokument vom 3. Juli für den Standort M. geänderten Form, jedoch mit Ausnahme der Auflage, innerhalb eines Jahres nach Beginn Ihres Arbeitsverhältnisses mit M. Europe Ltd eine irische oder maltesische Lizenz zu erwerben, um die laufende Ausbildung einfacher zu gestalten.

Da M. Europe nun mit der Planung der OCC-Kurse für September beginnen muss, benötigen wir Ihre frühzeitige Annahme unseres Angebots, das keinerlei Auswirkungen auf die Bedingungen hat, die für Ihr derzeitiges Arbeitsverhältnis mit M. GmbH gelten. Bitte bestätigen Sie uns die Annahme unseres Angebotes bis spätestens Donnerstag, den 27. August um 17 Uhr.

Bitte antworten Sie auf die beigefugte E-Mail mit “Ich bin einverstanden” als Zeichen Ihrer Bestätigung der nachstehenden Erklärung. Hiervon abweichende oder geänderte Formulierungen sind nicht zulässig.

Ich nehme dieses Beschäftigungsangebot von M. Europe Ltd zu den gleichen Bedingungen an, die für meinen bestehenden Arbeitsvertrag mit M. GmbH gelten, wie geändert durch das neue TV/Konditionen-Dokument vom 3. Juli, das diesen Vertrag ablöst.

Bis spätestens 30. August 2021 werde ich eine irische oder maltesische Fluglizenz erwerben.

Der Kläger antwortete auf diese E-Mail, wie ein Großteil der Beschäftigten der Station M., fristgerecht mit “ich akzeptiere”. Aus den Reihen der Beschäftigten der Beklagten zu 1) der Station Stuttgart begründete niemand ein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten zu 2).

Am 09.09.2020 um 15.46 Uhr schrieb der Leiter Routenentwicklung von S. an den Flughafen M. wie folgt:

; vielen Dank, dass Sie sich heute Nachmittag Zeit für ein Gespräch mit uns genommen haben.

Die Weigerung des Düsseldorfer Flughafens, konstruktiv mit seinen Airline-Kunden zusammenzuarbeiten und Anreize zur Verkehrserholung zu bieten, um seine sehr hohen Flughafenentgelte zu senken, ist bedauerlich und steht in eklatantem Gegensatz zu anderen konkurrierenden Flughäfen in Deutschland und ganz Europa.

Aufgrund dieses mangelnden Engagements hat S. keine andere Wahl, als die Schließung der Basis M. und die Streichung aller Flüge der S.-Gruppe mit Wirkung zum 20. Oktober 2020 zu bestätigen.

Am 09.09.2020 zeigte die Beklagte zu 1) u.a. bei der Agentur für Arbeit Düsseldorf, eingehend dort per Telefax am 09.09.2020, eine beabsichtigte Massenentlassung von 163 Beschäftigten an. Wegen der Einzelheiten wird auf den Abdruck der Anzeige nebst Anschreiben und Anlagen Bezug genommen. Zu Ziffer 34 hieß es, dass eine Liste mit Angaben zu Geschlecht, Alter, Beruf und Staatsangehörigkeit der zu entlassenden Arbeitnehmer/innen sowie weiterer berufsbezogener Angaben nachgereicht werde. Diese Liste wurde der Agentur für Arbeit in Düsseldorf nicht vor Zugang der Kündigung des Klägers übermittelt.

Am 10.09.2020 zeigte die Beklagte zu 2) u.a. bei der Agentur für Arbeit Düsseldorf, eingehend dort per Telefax am 10.09.2020, eine beabsichtigte Massenentlassung von 126 Beschäftigten an. Wegen der Einzelheiten wird auf den Abdruck der Anzeige nebst Anschreiben und Anlagen Bezug genommen. Zu Ziffer 34 hieß es, dass eine Liste mit Angaben zu Geschlecht, Alter, Beruf und Staatsangehörigkeit der zu entlassenden Arbeitnehmer/innen sowie weiterer berufsbezogener Angaben nachgereicht werde. Diese Liste wurde der Agentur für Arbeit in Düsseldorf nicht vor Zugang der Kündigung des Klägers übermittelt.

Mit Schreiben vom 10.09.2020 bzw. nach Vorliegen notwendiger behördlicher Zustimmungen kündigte die Beklagte zu 1) die Arbeitsverhältnisse der in Deutschland beschäftigten Mitarbeiter. In dem an den Kläger adressierten Schreiben der Beklagten zu 1) vom 10.09.2020 hieß es auszugsweise:

;hiermit kündigen wir das zwischen uns bestehende Arbeitsverhältnis unter Beachtung der für Ihr Arbeitsverhältnis geltenden Kündigungsfrist ordentlich fristgerecht zum nächstmöglichen Zeitpunkt, frühestens aber zum 31.10.2020. Gemäß Ihrem Arbeitsvertrag beträgt die Kündigungsfrist 3 Monate, so dass Ihr Arbeitsverhältnis daher nach unserer Berechnung am 31. Dezember 2020 endet.

Bitte veranlassen Sie, dass Ihre Uniform, … und alle anderen Firmenunterlagen unverzüglich nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses, spätestens aber bis zum 6. November 2020 entweder direkt an ihren Base Captain oder die M. GmbH zurückgegeben werden.”

Ebenfalls mit Schreiben vom 10.09.2020 kündigte die Beklagte zu 2) etwaige Arbeitsverhältnisse sämtlicher Beschäftigter der Station M., die auf die E-Mail vom 20.08.2020 zustimmend geantwortet hatten. In dem an den Kläger adressierten Schreiben der Beklagten zu 2) vom 10.09.2020, das ihm am 12.09.2020 zuging, hieß es auszugsweise:

;hiermit kündigen wir das zwischen der M. Europe Ltd. und Ihnen zum 15. September 2020 eingegangene Arbeitsverhältnis unter Beachtung der für Ihr Arbeitsverhältnis geltenden Kündigungsfrist ordentlich fristgerecht zum nächstmöglichen Zeitpunkt. Gemäß Ihrem Arbeitsvertrag beträgt die Kündigungsfrist 3 Monate, so dass Ihr Arbeitsverhältnis daher nach unserer Berechnung am 31. Dezember 2020 endet.

Mit Schreiben vom 15.09.2020 kündigte die Beklagte zu 1) das Mietverhältnis mit dem Flughafen M. über die angemieteten Räumlichkeiten zum 31.10.2020, ausweislich des Schreibens wegen der Schließung der Base. Die Beklagte zu 1) berief sich in dem Schreiben auf § 14.3. des Mietvertrags, wonach keine Kündigungsfristen eingehalten werden müssten, weil wichtige Gründe für die Kündigung gegeben seien.

Am 28.09.2020 wurde der letzte kommerzielle Flug der Beklagten zu 1) vom Flughafen Stuttgart aus, am 19.10.2020 vom Flughafen M. aus durchgeführt. Die Flugzeuge wurden anschließend nach M.-T. verbracht. In der Folgezeit und auch bis zur mündlichen Verhandlung vor der Berufungskammer betrieb die Beklagte zu 1) weder in M. noch an einem anderen deutschen Flughafen eine Station.

Im November und Dezember 2020 setzte die Beklagte zu 1) den Kläger auch tatsächlich nicht mehr ein. Sie reduzierte die Zahlung der Sektorzulage, die monatlich nachschüssig gezahlt wurde. Ausweislich der zur Akte gereichten Abrechnungen sowie einer erläuternden E-Mail zahlte die Beklagte zu 1) an den Kläger für die nachfolgend genannten Monate brutto folgende Sektorzulage (Bl. 334 d.A.): August 2020: 1.195,33 Euro; September 2020: 802,08 Euro; Oktober 2020: 528,42 Euro; November 2020: 90,25 Euro. Für Dezember 2020 zahlte sie 43,04 Euro netto.

Am 16.12.2020 wurde von einem Mitarbeiter der B. Control GmbH bestätigt, dass die Beklagte zu 1) das Air Operator’s Certificate (AOC) zurückgegeben habe.

Zwischenzeitlich hatte eine Vielzahl von Mitarbeitern der Beklagten zu 1) an den Stationen Wien und Palma de Mallorca ein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten zu 2) begründet. Die Beklagte zu 2) nahm mit Beginn des Winterflugplans von den Stationen Wien (mit 3 bis 4 Flugzeugen) und Palma de Mallorca (mit 1 bis 2 Flugzeugen) eingeschränkt den Flugbetrieb auf und nutzte dafür ehemals auf die Beklagte zu 1) registrierte Flugzeuge. Die Beklagte zu 2) erbrachte diese Flugdienstleistungen als wetlease-Leistungen für S.. Sie führte keine kommerziellen Flüge unter ihrem eigenen Flugcode durch, sondern nur unter dem S.-Flugcode “FR”. Bei gleichem Erscheinungsbild nutzte die Beklagte zu 2) ehemals auf die Beklagte zu 1) registrierte Flugzeuge sowie – außerhalb Deutschlands – die zuvor von der Beklagten zu 1) genutzten Slots. Sie beschäftigte zahlreiche ehemalige Beschäftigte der Beklagten zu 1) der Stationen in Wien und Palma de Mallorca. Mehrere Funktionsträger der Beklagten zu 1) wechselten zur Beklagten zu 2), die sich auch desselben OCC in X. bediente. Zuvor bei der Beklagten zu 1) in Deutschland stationierte Beschäftigte setzte die Beklagte zu 2) nicht ein. Stationen in Deutschland, insbesondere in M. und Stuttgart, eröffnete die Beklagte zu 2) nicht und hatte dies auch bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor der erkennenden Kammer nicht getan. Rund 95 % der von S. gehaltenen, von der Beklagten zu 1) im Rahmen des wetlease genutzten Slots bei dem Flughafen M. wurden von der Fluggesellschaft F.GmbH übernommen. Soweit die Beklagte zu 2) danach Flugziele in Deutschland anflog (Hamburg, Nürnberg), erfolgte dies mit an ausländischen Basen stationiertem Personal. Mitarbeiter mit Arbeitsort in Deutschland beschäftigte die Beklagte zu 2) nicht. Bei ihr waren zudem keine Mitarbeiter angestellt, mit denen die Geltung deutschen Arbeitsrechts vereinbart war; ausgenommen die Mitarbeiter der Basis M., die ursprünglich für eine dortige Tätigkeit vorgesehen waren, aber tatsächlich nie beschäftigt wurden.

Mit der am 01.10.2020 bei dem Arbeitsgericht Düsseldorf eingegangenen und der Beklagten zu 1) am 12.10.2020 zugestellten Klage hat sich der Kläger gegen deren Kündigung vom 10.09.2020 gewandt. Mit der am 01.10.2020 bei dem Arbeitsgericht Düsseldorf eingegangenen und der Beklagten zu 2) am 19.10.2020 zugestellten Klage hat sich der Kläger gegen deren Kündigung vom 10.09.2020 gewandt.

Der Kläger hat gemeint, das Arbeitsverhältnis mit der Beklagten zu 1) unterliege infolge der Vereinbarung des Eckpunktepapiers deutschem Arbeitsrecht. Die Kündigung sei unwirksam. Sie sei bereits unbestimmt, weil mehrere Beendigungsdaten zum Ausdruck gebracht seien.

Für das Arbeitsverhältnis mit der Beklagten zu 1) bestehe nach §§ 1 Abs. 1, 24 Abs. 2 KSchG allgemeiner Kündigungsschutz. Ein deshalb erforderlicher Kündigungsgrund liege nicht vor. Der Vortrag zur unternehmerischen Entscheidung, insbesondere den Standort M. zu schließen, sei unsubstantiiert und werde mit Nichtwissen bestritten. Die Beklagte zu 1) sei an ihre Verlautbarung, dass die Planungen zur Schließung des Standortes M. obsolet seien, gebunden, zumal sie noch am 28.07.2020 in Aussicht gestellt habe, dass die Arbeitsverhältnisse auch der in Düsseldorf Beschäftigten auf die Beklagte zu 2) übergehen würden. Tatsächlich sei keine Betriebsstilllegung erfolgt, sondern ein Betriebsübergang auf die Beklagte zu 2). Der Beklagten zu 1) habe es im Übrigen frei gestanden, erneut Kurzarbeit zu beantragen. Außerdem sei Deutschland ein viel zu lukrativer Markt, um ihn nicht zu bedienen. Wenn derzeit wenige Flugverbindungen von und nach Deutschland bestünden, sei dies pandemiebedingt und nur vorübergehend. Ein angebliches “Erwerberkonzept” dahingehend, dass die Standorte M. und Stuttgart nicht fortgeführt werden, hat der Kläger mit Nichtwissen bestritten. Ohnehin stehe sein Beschäftigungsbedarf nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit den Standorten M. und Stuttgart.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, der gesamte operative Flugbetrieb der Beklagten zu 1) sei auf die Beklagte zu 2) übergegangen. Es sei zu vermuten, dass die Beklagte zu 2) mit S. eine Vereinbarung über die Fortführung des wetlease ab dem 01.11.2020 getroffen habe. Dazu habe die Beklagte zu 2) die Stationen in Wien und Palma de Mallorca übernommen. Die Eröffnung einer weiteren Station in A. (Kroatien) sei geplant gewesen. Dazu werde auch ein überwiegender Teil der von der Beklagten zu 1) zuvor für das wetlease genutzten Slots von der Beklagten zu 2) genutzt, und es würden im Wesentlichen dieselben Destinationen angeflogen. Es falle dabei nicht ins Gewicht, dass die Slots betreffend die Flughäfen M. und Stuttgart nicht übergegangen seien. Sämtliche früher auf die Beklagte zu 1) registrierten Flugzeuge seien nun auf die Beklagte zu 2) registriert und gelangten mit unverändertem Erscheinungsbild – nur eingeschränkt aufgrund der Auswirkungen der Covid19-Pandemie – zum Einsatz. Die Beklagte zu 2) halte schließlich sämtliche Flugzeuge der Beklagten zu 1) flugfähig. Maßgebliche Funktionsträger und eine Vielzahl der Beschäftigten der Beklagten zu 1) seien zu der Beklagten zu 2) gewechselt. Nach seiner Kenntnis hätten in Wien 92 % der Piloten und 67 % des Kabinenpersonals und in Palma de Mallorca 100% der Piloten und 60 % des Kabinenpersonals den Übernahmeangeboten der Beklagten zu 2) zugestimmt. Die Steuerung erfolge weiterhin vom OCC in X. aus. Derselbe Dienstleister stelle ggf. Personal. Die IT-gestützten Personal- und Schulungssysteme der Beklagten zu 1), wie “Netline-Portal” würden ebenso wie die Flight Books von der Beklagten zu 2) weiter genutzt. Der Kläger hat gemeint, das Arbeitsverhältnis mit der Beklagten zu 1) sei deshalb spätestens am 01.11.2020 im Wege des Betriebsübergangs auf die Beklagte zu 2) übergegangen. Die Art der Unternehmen der Beklagten zu 1) und 2) als wetlease carrier für S. sei identisch. Der Übergang der Beklagten zu 1) als wet-Lease-Betreiber für S. sei entweder bereits zum 15.09.2020, spätestens aber zum 01.11.2020 mit Beginn des Winterflugplanes vollzogen worden.

Der Beschäftigungsbedarf bei der Beklagten zu 1) sei nicht entfallen. Diese habe mit der oben zitierten Ausschreibung vom 17.08.2020 eine Stelle eines Line Training Captains für die Station Palma de Mallorca ausgeschrieben, auf die er, der Kläger, sich wegen der arbeitsvertraglichen europaweiten Versetzungsklausel berufen könne. Zudem seien Stellen bei der Beklagten zu 2) während der Kündigungsfrist an ausländischen Stationierungsstandorten besetzt worden und weiterhin zu besetzen. So sei Herrn D., der zuvor nicht bei der Beklagten zu 1) beschäftigt war, zum 01.10.2020 bei der Beklagten zu 2) eine Stelle als Kapitän am Standort Palma de Mallorca angeboten worden, welche dieser auch angenommen habe. Eine ordnungsgemäße Sozialauswahl sei nicht erfolgt.

Die in Anbetracht von ca. 150 am Standort M. ausgesprochenen Kündigungen notwendige Massenentlassungsanzeige genüge nicht den gesetzlichen Vorgaben. Sollte die Beklagte zu 1) in Deutschland keinen Betrieb unterhalten haben, sei keine Massenentlassungsanzeige an die Agentur für Arbeit Düsseldorf, sondern an die österreichische Arbeitsverwaltung erforderlich gewesen. Die Anzeige per Telefax sei formunwirksam. Die Gründe für die Entlassungen nicht hinreichend angegeben. Zudem hat der Kläger mit Nichtwissen bestritten, dass die Zahl der zu Entlassenden und der regelmäßig Beschäftigten sowie die Zahl der “vorangegangenen Entlassungen” zuträfen.

Der Kläger ist der Ansicht gewesen, auch die Kündigung der Beklagten zu 2) vom 10.09.2020 sei unwirksam. Diese sei am 10.09.2020 nicht ernsthaft und endgültig zur dauerhaften Stilllegung der deutschen Standorte entschlossen gewesen. Es sei schon unklar, wer bei welchem Unternehmen angeblich die Entscheidung getroffen habe, den Standort M. doch nicht aufzubauen. Jedenfalls strebe die Beklagte zu 2) in absehbarer Zeit die Bedienung des deutschen Marktes, der viel zu lukrativ sei, wieder an. Nach wie vor fliege die S.-Gruppe Destinationen in Deutschland an. Der Kläger hat gemeint, er habe die sechsmonatige Wartezeit nach § 1 Abs. 1 KSchG erfüllt. Seine Vorbeschäftigung bei der Beklagten zu 1) sei anzurechnen. Der sachliche Anwendungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes sei eröffnet. Es liege ein Betrieb im kündigungsschutzrechtlichen Sinne vor. Insoweit sei zu vermuten, dass das Mietverhältnis über die Crew-Räume in M.noch über den 31.10.2020 hinaus fortbestanden habe, weil eine Kündigung des Mietverhältnisses per E-Mail formunwirksam und auch nicht aus wichtigen Grund zum 31.10.2020 akzeptiert worden sei. Die Kündigung verstoße gegen das Kündigungsverbot des § 613a Abs. 4 BGB, weil die Beklagte zu 2) den Wet-Lease-Betrieb der Beklagten zu 1) nahtlos fortführe. Es treffe nicht zu, dass die Beklagte zu 2) die personellen Entscheidungen auf N. treffe. So würden z.B. Vorstellungsgespräche für die Stellen von Piloten bei der S. E. in E. geführt. Noch am 27.08.2020 habe die Beklagte zu 2) allen Crewmitgliedern und auch ihm mitgeteilt, dass die “Operator Conversion” Kurse in der kommenden Woche über das “Netline Portal” freigeschaltet werden.

Zudem habe die Beklagte zu 2) ihm Weiterbeschäftigungsangebote im Ausland machen müssen, etwa die eines Line Training Captains in Palma de Mallorca. Nichts anderes gelte für die Stellenzusage seitens der Beklagten zu 2) an Herrn D.. Nach Ausspruch der Kündigungen vom 10.09.2020 habe die Beklagte zu 2) weitere Stellenzusagen für Copiloten und Kabinencrewmitglieder an ausländischen Stationierungsorten gemacht, so dass davon auszugehen sei, dass sie bereits am 10.09.2020 bestehenden Beschäftigungsbedarf an diesen ausländischen Standorten durch Neueinstellungen gedeckt habe. Aus den Weihnachtsgrüßen des Head of Training der Beklagten zu 2) vom 23.12.2020 ergebe sich, dass die Beklagte zu 2) in den normalen Modus zurückkehren und fortlaufend Trainings anbieten werde. Auf der Webseite der Muttergesellschaft der Beklagten zu 2) seien Stellen für Kapitäne und Copiloten für die Beklagte zu 2) ausgeschrieben. Ein Einstellungsgespräch habe z.B. mit Herrn Q. am 22.01.2021 in E. stattgefunden. Der Kläger hat die ordnungsgemäße Sozialauswahl gerügt.

Schließlich sei die Massenentlassungsanzeige nicht ordnungsgemäß erstattet worden. Diese hätte auf N., einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, erfolgen müssen. Eine Einreichung per Telefax sei nicht ausreichend. Die Gründe für die Entlassung seien nicht ausreichend angegeben. Schließlich hat er mit Nichtwissen bestritten, dass die übermittelte Anzahl der zu entlassenden Piloten und Kabinencrewmitglieder zutreffend angegeben worden sei.

In den Monaten November und Dezember 2020 habe sich sein Arbeitgeber in Annahmeverzug befunden, sodass über gezahlte Beträge hinaus auch die Sektorzulage zu zahlen sei. Die Regelung des § 615 BGB sei nicht abbedungen gewesen. Infolge des Betriebsübergangs hafte die Beklagte zu 2), hilfsweise die Beklagte zu 1). Der Höhe nach berechne sich der Anspruch der Sektorzulage nach dem Durchschnitt der letzten drei Monate in Anwendung von I. Ziff. 3 des Eckpunktepapiers. Die Rechtslage hinsichtlich der Berechnung des Annahmeverzugs sei mit derjenigen der Entgeltfortzahlung vergleichbar. Wenn die Beklagten meinten, er könne nur beanspruchen, so er denn geflogen wäre, sollte die Beklagte zu 2) Auskunft darüber erteilen, wie er eingeplant worden wäre, wenn es keine pandemiebedingten Einschränkungen gegeben habe. Einem Verzicht auf die Sektorzulage stehe die doppelte Schriftformklausel aus dem Arbeitsvertrag entgegen. Mit der Freistellung sei die Beklagte zu 1) in Annahmeverzug geraten. Das Eckpunktepapier schließe Ansprüche aus Annahmeverzug nicht aus. Wenn dies der Fall wäre, läge eine unangemessene Benachteiligung vor. Außerdem werde das Betriebsrisiko in unangemessener Weise auf den Arbeitnehmer verlagert, zumal es an einem angemessenen Ausgleich fehle. Im Übrigen beinhalte der Winterflugplan regelmäßig keinen wesentlich verringerten Flugbetrieb.

Die hilfsweise gegenüber der Beklagten zu 2) gestellten Zahlungsanträge seien zulässig, weil beide Beklagten im Hinblick auf den Betriebsübergang wie Streitgenossen zu behandeln seien. Eine unzulässige außerprozessuale Bedingung liege nicht vor.

Der Kläger hat in den erstinstanzlichen Verfahren zuletzt – soweit für das Berufungsverfahren noch von Interesse – beantragt,

1.festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen ihm und der Beklagten zu 1) durch die Kündigung der Beklagten zu 1) vom 10.09.2020 nicht aufgelöst worden ist;

2.festzustellen, dass das zwischen ihm und der Beklagten zu 1) bestehende Arbeitsverhältnis ab dem 01.11.2020 mit der Beklagten zu 2) zu unveränderten Arbeitsbedingungen fortbesteht;

3.die Beklagte zu 2) zu verurteilen, an ihn Vergütung für November 2020 in Höhe von 751,69 Euro brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.01.2021 zu zahlen;

4.hilfsweise für den Fall, dass das Gericht feststellen sollte, dass sein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten zu 1) nicht spätestens zum 01.11.2020 auf die Beklagte zu 2) übergegangen sein sollte, die Beklagte zu 1) zu verurteilen, an ihn Vergütung für November 2020 in Höhe von 751,69 Euro brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.01.2021 zu zahlen;

5.die Beklagte zu 2) zu verurteilen, an ihn Vergütung für Dezember 2020 in Höhe von 473,58 Euro brutto abzgl. bereits gezahlter 43,04 Euro netto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.02.2021 zu zahlen;

6.hilfsweise für den Fall, dass das Gericht feststellen sollte, dass sein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten zu 1) nicht spätestens zum 01.11.2020 auf die Beklagte zu 2) übergegangen sein sollte, die Beklagte zu 1) zu verurteilen, an ihn Vergütung für Dezember 2020 in Höhe von 473,58 Euro brutto abzgl. bereits gezahlter 43,04 Euro netto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.02.2021 zu zahlen;

7.festzustellen, dass sein Arbeitsverhältnis zur Beklagten zu 2) durch die Kündigung der Beklagten zu 2) vom 10.09.2020 nicht aufgelöst wurde und

8.für den Fall des Obsiegens mit dem Klageantrag zu Ziffer 7. die Beklagte zu 2) zu verurteilen, ihn bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits als Co-Pilot (First Officer) weiter zu beschäftigen.

Die Beklagten haben betreffend die jeweils gegen sie gerichteten Klageanträge beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Kündigung der Beklagten zu 1) sei wirksam. Sie sei hinreichend bestimmt mit Wirkung zum 31.12.2020 ausgesprochen. Da die Beklagte zu 1) in Deutschland keinen Betrieb i.S.d. § 24 Abs. 2 KSchG unterhalten habe, sei der sachliche Geltungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes nicht eröffnet. Insbesondere hätten weder der Base Captain noch der Base Supervisor die Befugnis gehabt, Entscheidungen in personellen und sozialen Angelegenheiten zu treffen. Gleichwohl bestehe ein Kündigungsgrund, weil die Beklagte zu 1) am 27.07.2020 die unternehmerische Entscheidung getroffen habe, den Flugbetrieb deutschland- und europaweit im Verlauf des Jahres stillzulegen. Die S. E. habe Anfang September 2020 aufgrund hoher Flughafengebühren und Bodenabfertigungskosten beschlossen, keine Flüge mehr ab M. anzubieten. Daraufhin habe die Beklagte zu 2) die ursprüngliche Planung revidiert, am Flughafen M. eine Station zu eröffnen. In der Konsequenz habe auch sie, die Beklagte zu 1), entschieden, betriebsbedingte Kündigungen auszusprechen. Die unternehmerische Entscheidung sei umgesetzt worden, insbesondere habe die Beklagte zu 1) das AOC im Dezember 2020 zurückgegeben. Jedenfalls hinsichtlich ihrer Station M. sei es nicht zu einem Betriebsteilübergang auf die Beklagte zu 2) gekommen, weil der Betrieb dieser wirtschaftlichen Einheit nicht fortgeführt worden sei. Daher sei die Kündigung auch nicht nach § 613a Abs. 4 BGB unwirksam. Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten bei ihr, der Beklagten zu 1), bestünden nicht, eine Sozialauswahl sei nicht erforderlich gewesen.

Hinsichtlich des Erfordernisses einer Massenentlassungsanzeige sei der unionsrechtliche Betriebsbegriff des Massenentlassungsrechts maßgeblich, sodass die Beklagte zu 1) (vorsorglich) die Anzeige bei der Agentur für Arbeit Düsseldorf erstattet habe. Die Anzeige sei formgerecht und inhaltlich vollständig und zutreffend.

Die Beklagten haben gemeint, zwischen ihnen habe sich kein Betriebsübergang ereignet. Der Flugbetrieb sei insbesondere in Anbetracht der stillgelegten Stationen in M. und Stuttgart, der Einstellung des Flugbetriebs in Deutschland und des auch im Übrigen eingeschränkten Flugbetriebs nicht identitätswahrend übergegangen. An dem eingeschränkten Flugbetrieb an den Stationen Wien und Palma de Mallorca ändere sich nichts durch den rotierenden Einsatz der Flugzeuge. Dieser sei durch flugtechnische Vorgaben bedingt, damit einzelne Flugzeuge ihren Status als einsatzfähige Maschinen nicht verlieren. Einen tatsächlichen Bedarf an dem dauernden Einsatz aller dieser Flugzeuge belege dies gerade nicht. Die Beklagte zu 2) habe nicht die Funktion des Wet-Lease-Dienstleisters für S. für den Flughafen M. übernommen. Es habe sich bei den Stationen in M. und Stuttgart um eigene organisatorische Einheiten gehandelt. Dafür sprächen die Funktionen des Base Captain, die Stationierung einer bestimmten Anzahl von Flugzeugen an diesen Standorten, der Crewraum an den jeweiligen Standorten sowie die Festigung der Position als sog. “Home Base Carriers” am Standort M.. Das fliegende Personal sei der Station M. aufgrund der Struktur der Beklagten zu 1) als pointtopoint-Anbieter zugeordnet gewesen. Der Betriebsteil M. sei nicht auf die Beklagte zu 2) übergegangen. Es fehle an einer vergleichbaren Nutzung der Flugzeuge durch die Beklagte zu 2). Und auch die Gesamtbewertung der Umstände führe zu keinem anderen Ergebnis. Weder führe die Beklagte zu 2) den Flugbetrieb an der Station M. fort noch habe sie diesen Flugbetrieb von anderen deutschen Standorten aufgenommen. Zu berücksichtigen sei, dass eine Arbeitsaufnahme der Mitarbeiter der Station M. für die Beklagte zu 2) nicht erfolgt sei. Die Beklagte zu 2) habe die Belegschaft der Beklagten zu 1) nicht übernommen. Dies gelte für die deutschen Standorte und dort auch für das deutsche “Führungspersonal” wie den Base Captain. Am Standort X. hätten mehr als 100 ehemalige Mitarbeiter der Beklagten zu 1) nie eine Beschäftigung bei der Beklagten zu 2) aufgenommen. Die Geschäftsführung der beiden Beklagten sei bereits von der Zusammensetzung (vier Directors und nur zwei Geschäftsführer) sehr unterschiedlich. Zwei Mitarbeiterinnen der Personalabteilung aus X. (Frau A. und Frau C.) seien nicht zur Beklagten zu 2) gewechselt. Betreffend die Software habe es keine Übernahme gegeben. Vielmehr würde eine frei am Markt verfügbare Software von Drittanbietern genutzt.

Die Beklagte zu 2) hat behauptet, sie habe am 09.09.2020 final die Entscheidung getroffen, in M. keine Basis zu eröffnen und somit keinen Flugbetrieb von deutschen Basen aus aufzunehmen. An jenem Tag seien die Verhandlungen zwischen der S. E. und dem Flughafen M. gescheitert. Im Rahmen einer Videokonferenz um 14.00 Uhr deutscher Zeit habe der Flughafen die Forderungen der S. E. abgelehnt. Die S. E. habe daraufhin die Entscheidung getroffen, ab dem 20.10.2020 keine Flüge von der Basis M. aus mehr anzubieten. Es bestünden auch keine Pläne, dies zukünftig zu tun. Die Beklagte zu 2) hat gemeint, der Anwendungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes i.S.d. §§ 2324 KSchG sei mangels betrieblicher Strukturen in Deutschland und mangels Erfüllung der sechsmonatigen Wartezeit nach § 1 Abs. 1 KSchG nicht eröffnet.

Dessen ungeachtet sei die Kündigung wegen dringender betrieblicher Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Klägers entgegenstünden, sozial gerechtfertigt i.S.d. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG. Soweit der Kläger auf die vorbereitenden Schulungen hinweise, seien diese nicht abgeschlossen gewesen, weil der praktische Schulungsteil, der für Oktober 2020 vorgesehen gewesen sei, fehle. Entgegen dem Vortrag des Klägers habe bei der Beklagten zu 2) weder bei noch nach Zugang der Kündigung ein ungedeckter Beschäftigungsbedarf bestanden. Soweit der Kläger sich auf Stellenanzeigen auf der Webseite von S. von Anfang August 2020 beziehe, sei dies ein Zeitraum gewesen, als die Planung der Beklagten zu 2), einen Flugbetrieb in M. aufzunehmen, noch aktuell gewesen sei. Dies habe nach der Entscheidung aus September 2020, den Flugbetrieb nicht aufzunehmen, nicht mehr gegolten. Die Anzeigen seien am 16.09.2020 versehentlich noch nicht von der Webseite gelöscht gewesen. An ausländischen Stationierungsorten habe sie entgegen des Vortrags des Klägers keinen Beschäftigungsbedarf durch Neueinstellungen gedeckt. Bis Ende des Jahres 2020 seien ausschließlich einige wenige Piloten eingestellt worden, die zuvor bereits ein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten zu 1) gehabt hätten, wie auch Herr D.. Die Beklagte zu 1) habe diese Piloten bereits vor der Pandemie eingestellt und es sei jeweils vertraglich eine Zuweisung an eine außerhalb Deutschlands gelegene Basis vereinbart gewesen. Die Ausbildung dieser Piloten sei durch die Pandemie unterbrochen worden. Deren Arbeitsverhältnisse hätten jedoch fortbestanden. Sämtliche Piloten, die zum OCC-Kurs ab dem 11.01.2021 eingeladen worden seien, seien von der Beklagten zu 1) vor den pandemiebedingten Einschränkungen für die Basis in Palma de Mallorca eingestellt gewesen. Etwaige Arbeitsplätze in Wien und Palma de Mallorca seien vollständig besetzt gewesen. Die von dem Kläger zitierten Weihnachtsgrüße seien vor dem Hintergrund der Nachrichten über eine Impfstoffentwicklung- und Zulassung im Dezember 2020 zu sehen. Dies habe bei der Beklagten zu 2) zu der vorsichtigen Prognose geführt, dass im Sommer 2021 doch wieder mit einem erhöhten Fluggastaufkommen zu rechnen sei. Es sei eine Annonce geschaltet worden, um einen Bewerberpool aufzubauen, auf den sie schnell hätte zugreifen können. All dies sei unter dem Vorbehalt der Erholung des Flugsektors erfolgt und Einstellungen seien nicht fest eingeplant gewesen. Nach Meldungen über verzögerte Impfungen und Virusmutationen sei von den Überlegungen wieder Abstand genommen worden.

Einen Betriebsübergang auf sie, die Beklagte zu 2), habe es – wie bereits ausgeführt – nicht gegeben. Sie hat weiter behauptet, alle Personalentscheidungen, etwa zu Einstellungen, Entfristungen, Abmahnungen und Kündigungen würden auf N. getroffen, wobei zum Teil einzelne Verwaltungsfunktionen aus X. heraus ausgeführt würden. Eine Sozialauswahl sei nicht erforderlich gewesen.

Mangels Betriebsübergangs hafte die Beklagte zu 2) nicht für Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten zu 1). Die gegen die Beklagte zu 1) gerichteten Hilfsanträge seien unter einer unzulässigen außerprozessualen Bedingung gestellt. Sie seien auch unbegründet, weil die Zahlung der Sektorzulage für geplante Blockstunden aus Annahmeverzug gemäß § 615 BGB durch die einvernehmliche Freistellung vertraglich abbedungen sei. Es habe dem Kläger freigestanden, seine Arbeitsleistung anzubieten, wenn er mit der Freistellung nicht einverstanden gewesen wäre. Außerdem sei die Beklagte zu 2) auch zu einer einseitigen Freistellung berechtigt gewesen. Unabhängig davon sehe das Eckpunktepapier unter B. die Sektorzulage nur für tatsächlich erbrachte Flugleistungen vor, wobei ausweislich G.6 des Eckpunktepapiers keine Garantie für eine bestimmte Anzahl von Blockstunden bestanden habe. Da die Freistellungserklärung die übrigen vertraglichen Verpflichtungen habe bestehen lassen, gelte dies auch für G.6 des Eckpunktepapiers. Die Zuweisung von Flugstunden sei damit dem Direktionsrecht der Beklagten zu 1) unterfallen. Mangels Flugverkehrs der Beklagten zu 1) im November und Dezember 2020 habe diese in rechtmäßiger Weise dem Kläger in dieser Zeit keine Flugstunden zugewiesen. Das insoweit bestehende Risiko sei den Piloten bereits durch ein auskömmliches Grundgehalt abgesichert gewesen. Eine unangemessene Benachteiligung sei nicht gegeben, weil es im Rahmen der Vertragsfreiheit ohne weiteres möglich sei, nur eine Grundvergütung zu vereinbaren. Es sei nicht nachvollziehbar, warum dann eine unangemessene Benachteiligung gegeben sein solle, wenn zusätzlich noch ein variabler Gehaltsbestandteil vereinbart werde. Eine Inhaltskontrolle der Hauptleistungspflichten finde nicht statt.

Der Kläger habe die Höhe der Sektorzulage außerdem falsch berechnet. Die Rechtslage sei nicht mit derjenigen der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall vergleichbar. Deshalb könne der Kläger nicht die Regelung in H. Ziff. 3 des Eckpunktepapiers heranziehen. Das Lohnausfallprinzip sei insoweit konsequent zu befolgen. Es sei zu berücksichtigen, dass auch ohne Freistellung aufgrund der Schließung der deutschen Basen im November und Dezember 2020 von keiner deutschen Basis aus Flüge durchgeführt worden wären. Die Freistellung sei erfolgt, weil kein Beschäftigungsbedarf mehr bestanden habe. Ein Abstellen auf die letzten drei Monate sei auch im Übrigen wegen der Schwankungen innerhalb eines Jahres nicht interessengerecht. Weiter sei zu berücksichtigen, dass die Monate November 2020 und Dezember 2020 Teile des Winterflugplans seien, der durch ein deutlich geringeres Flugaufkommen als der Sommerflugplan gekennzeichnet sei. Hinzu komme, dass im Zeitraum November 2020 und Dezember 2020 die Coronabedingten Einschränkungen wieder angestiegen seien. Auf die beiden Vorjahresmonate könne nicht abgestellt werden, weil im November und Dezember 2019 noch keine Pandemie vorgelegen habe. Stellte man auf die Sektorzulage an den Standorten Wien und Palma de Mallorca ab, müsste der November 2020 im Vergleich zum Oktober 2020 mit lediglich 62 % und für den Dezember 2020 mit lediglich 46 % (Kapitän) bzw. 47 % (First Officer) gerechnet werden.

Zu den Sondereffekten im Winter 2019 sei anzuführen, dass die Beklagte zu 1) sich damals auf einem aggressiven Wachstumskurs befunden habe. Im Übrigen sei es normal, dass Fluggesellschaften insbesondere auf innereuropäischen Ferienstrecken das Flugaufkommen im Winter gegenüber dem Sommer reduzieren. Dies spiegele sich auch in den Umsätzen der S.-Gruppe wider, die im Winterhalbjahr stets 40% geringer als im Sommerhalbjahr gewesen seien. Abwegig sei es, auf Flugstunden vor der Pandemie abzustellen, zumal der Kläger die neuen Konditionen des Eckpunktepapiers im Juli 2020 inmitten der Pandemie akzeptiert habe. Es habe keine Erwartung bestanden, so viele Flugstunden wie etwa im Jahr 2019 zu fliegen.

Vor dem Arbeitsgericht Düsseldorf waren der Antrag zu 1) Gegenstand des Verfahrens – 2 Ca 5883/20 – und die Anträge zu 2), 3), 5), 7) und 8) Gegenstand des Verfahrens – 8 Ca 5912/20 -. Nach Abtrennung durch Beschluss des Arbeitsgerichts vom 26.02.2021 in der Sache 8 Ca 5912/20 waren die Anträge zu 2), 3) und 5) Gegenstand des Verfahrens – 8 Ca 997/21 – und wurden dort um die Anträge 4) und 6) erweitert.

Das Arbeitsgericht hat die Klagen, soweit hier noch von Interesse, durch die Urteile vom 19.04.2021 – 2 Ca 5883/20 – und vom 05.05.2021 – 8 Ca 5912/20 und 8 Ca 997/20 – abgewiesen. Auf Tatbestand und Entscheidungsgründe der Urteile wird Bezug genommen.

Das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 19.04.2021 – 2 Ca 5883/20 – ist dem Kläger am 10.05.2021 zugestellt worden. Der Kläger hat am 07.06.2021 Berufung eingelegt (AZ 4 Sa 540/21) und diese – nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 12.08.2021 – am 28.07.2021 begründet.

Das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 05.05.2021 – 8 Ca 5912/20 – ist dem Kläger am 25.05.2021 zugestellt worden. Der Kläger hat am 21.06.2021 Berufung eingelegt (AZ urspr. 12 Sa 597/21) und diese am 19.07.2021 begründet.

Das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 06.05.2021 – 8 Ca 997/21 – ist dem Kläger am 27.05.2021 zugestellt worden. Der Kläger hat am 24.06.2021 Berufung eingelegt (AZ urspr. 4 Sa 624/21) und diese am 20.07.2021 begründet.

Mit Beschluss vom 01.10.2021 hat die Kammer nach Anhörung der Parteien in den Verfahren 4 Sa 540/21, 4 Sa 624/21und 12 Sa 597/21 die letztgenannten Verfahren mit dem führenden Verfahren 4 Sa 540/21 gemäß §§ 64 Abs. 6 ArbGG, 147 ZPO i. V. m. IV.3 a) des Geschäftsverteilungsplans des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf zur gleichzeitigen Verhandlung und Entscheidung verbunden.

Der Kläger rügt zunächst, dass die in erster Instanz vorgenommene Abtrennung der Verfahren unzulässig gewesen sei. Bei den beiden Beklagten habe es sich um notwendige Streitgenossen gehandelt.

Der Kläger ist der Ansicht, die Kündigung der Beklagten zu 1) sei mangels Bestimmtheit unwirksam. Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts seien zwei Kündigungstermine 31.10.2020 und 31.12.2020) ausdrücklich genannt und ein weiterer (15.12.2020) ergebe sich unter Berücksichtigung des Eckpunktepapiers. Auf diesen hätten die Beklagtenvertreter noch im Gütetermin hingewiesen. Aus der Sicht eines objektiven Empfängers sei nicht klar, zu welchem Zeitpunkt das Arbeitsverhältnis beendet werden solle, zumal noch auf eine Rückgabe der Arbeitsmittel nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses, spätestens aber zum 06.11.2020 hingewiesen werde. Eine Auslegungsregel, dass im Zweifel zum späteren Termin gekündigt werde, gebe es nicht. Der Erklärende müsse für klare Verhältnisse sorgen.

Die Kündigung der Beklagten zu 1) sei nicht sozial gerechtfertigt, das Kündigungsschutzgesetz finde gemäß §§ 2324 Abs. 2 KSchG oder aber zumindest aufgrund einer verfassungskonformen Auslegung dieser Bestimmungen Anwendung.

Das Arbeitsgericht habe die mit ihm vereinbarte Versetzungsklausel in das Ausland nicht berücksichtigt. Da er verpflichtet gewesen sei, seine Arbeitsleistungen auch im Ausland zu erbringen, könne in der Schließung der Station M. kein dringender betrieblicher Grund gesehen werden. Die Schließung der Basis in Stuttgart führe zu keinem anderen Ergebnis. Es habe zum Kündigungszeitpunkt keine unternehmerische Entscheidung der Beklagten zu 1) gegeben, welche den Beschäftigungsbedarf für ihn habe entfallen lassen. Die Gründe aus der E-Mail vom 28.07.2020 zur angeblichen Betriebsstillegung seien nichtssagend oder ungeeignet. Die Mitteilung enthalte im Übrigen ein missglücktes Belehrungsschreiben gemäß § 613a Abs. 5 BGB. Der Flughafen M. habe gar keine Möglichkeit gehabt, die Gebühren zu senken. Dass der Flughafenabfertiger B. seine Preise um 30 % erhöht habe, werde mit Nichtwissen bestritten. Eher sei es so, dass die S. gewährten Vergünstigungen ausgelaufen seien und B. ein Angebot zu marktüblichen Preisen gemacht habe. Auf Presseverlautbarungen Dritter komme es nicht an, sondern auf die Willensbildung der Organe der Beklagten zu 1).

Es liege außerdem keine Betriebsstilllegung, sondern ein Betriebsübergang vor. Die Standorte Stuttgart und M. seien keine selbständigen Betriebsteile. Vielmehr sei die Gesamtheit des Wet-Lease für S. zum 15.09.2020 spätestens aber zum 01.11.2020 auf die Beklagte zu 2) übergegangen. Die Standorte M. bzw. Stuttgart hätten weder alleine noch gemeinsam über die notwendige funktionelle Autonomie verfügt. Ohne die zentralisierte Steuerung aus dem Ausland hätten in M. keine Flüge durchgeführt werden können. Zu würdigen sei außerdem die in das Ausland reichende Versetzungsklausel. Dass die Beklagte zu 1) im Wet-Lease für S. nur sog. pointtopoint-Flüge anbot, führe nicht zu einem eigenständigen Betriebsteil in M.. Folgende Punkte verdeutlichten nach Ansicht des Klägers den Betriebsübergang des gesamten Flugbetriebs auf die Beklagte zu 2):

– Die Beklagte zu 2) erbringe wie die Beklagte zu 1) als Wet-Lease Anbieter mit Airbus AOC Flugleistungen für die S. Gruppe. Die vertraglichen Vereinbarungen seien entweder übernommen oder zum 01.11.2020 neu abgeschlossen worden.

Der Umstand, dass die Räumlichkeiten in Stuttgart und M. nicht übernommen worden seien, falle nicht ins Gewicht. Auf eine örtliche Nähe der Standorte oder der Leitung dürfe es nicht ankommen. Er habe mit dem Stationierungsort X. und dem Einsatzort M. ausschließlich Wet-Lease-Flüge für S. durchgeführt und deshalb der Gesamteinheit des Wet-Lease für S. angehört, womit er vom Betriebsübergang erfasst sei. Entgegen der zweitinstanzlichen Behauptung der Beklagten treffe es nicht zu, dass die Beklagte zu 1) ab Juli 2020 parallel noch eigene Flüge unter ihrem “OE”-Flugcode durchgeführt habe. Darauf komme es aber nicht an, weil die Beklagte zu 1) auch nach dem Vortrag der Beklagten weit überwiegend Wet-Lease-Flüge für S. E. erbracht habe. Zu dieser wirtschaftlichen Einheit habe er gehört.

Die Kündigung der Beklagten zu 1) sei auch unwirksam, weil entgegen der Ansicht der Beklagten ungedeckter Beschäftigungsbedarf bei der Beklagten zu 2) bestehe. Dies habe er bereits erstinstanzlich vorgetragen und in Kürze werde Personal für die neue im Mai 2021 eröffnete Basis in A. rekrutiert. Hinzu komme weiteres Personal für die weitere neue Basis in A. ab dem dritten Quartal 2021. Er bestreite mit Nichtwissen, dass sämtliche bei der Beklagten zu 2) neu eingestellten Piloten und Kabinencrewmitglieder bereits zuvor einen Vertrag mit der Beklagten zu 1) gehabt hätten. Zahlreiche Piloten seien von der Air B. gekommen. Aufgrund seiner Versetzungsklausel habe er sich auf diese Stellen im Ausland berufen können. Er mache insoweit keine Weiterbeschäftigung im Konzern geltend, sondern begehre diese im Rahmen seines kraft Gesetzes auf die Beklagte zu 2) übergegangenen Arbeitsverhältnisses im Ausland.

Die Massenentlassungsanzeige der Beklagten zu 1) sei unwirksam, weil die Schriftform durch die Übermittlung per Telefax nicht ausreiche. Der Kläger bestreitet mit Nichtwissen, dass die Anzeige der Agentur für Arbeit Düsseldorf im Original am 10.09.2020 zugestellt worden sei. Der Grund für die Massenentlassung sei nur floskelartig angegeben. Die Massenentlassungsanzeige sei auch deshalb unwirksam, weil die Beklagte zu 1) die Soll-Angaben des § 17 Abs. 3 Satz 5 KSchG der Agentur für Arbeit nicht vor Zugang der Kündigung mitgeteilt habe. Der Kläger begründet im Einzelnen, warum diese Angaben bei unionsrechtskonformer Auslegung Wirksamkeitsvoraussetzung sei. Gründe des Vertrauensschutzes stünden dem nicht entgegen. Soweit die Beklagte zu 1) behauptet, dass diese Angaben der Agentur für Arbeit im Kündigungszeitpunkt zugänglich gewesen seien, bestreitet der Kläger dies mit Nichtwissen. Dies reiche aber unabhängig davon nicht aus, weil die Soll-Angaben gemäß § 17 Abs. 3 Satz 5 KSchG in der Massenentlassungsanzeige zu machen seien. Auf eine Kenntnis der Agentur für Arbeit aufgrund des Antrags auf Kurzarbeitergeld durch die Beklagte zu 1) könne nicht abgestellt werden, weil sie diesen bei der Agentur für Arbeit in Würzburg und nicht bei derjenigen in Düsseldorf gestellt habe.

Der Kläger ist der Ansicht, dass die Kündigung der Beklagten zu 2) vom 10.09.2020 ein rechtliches Nullum darstelle, weil diese zu diesem Zeitpunkt aufgrund des frühestens zum 15.09.2020 erfolgten Betriebsübergangs noch nicht in die Arbeitgeberstellung eingerückt sei. Da die Beklagte zu 2) sich gleichwohl der Wirksamkeit der Kündigung berühme, sei der Feststellungsantrag zu III.1. zulässig. Das erforderliche Feststellungsinteresse sei gegeben. Dem Antrag zu III.1. stehe keine anderweitige Rechtshängigkeit entgegen. Mit dem Antrag zu II.1. möchte er isoliert festgestellt wissen, dass sein Arbeitsverhältnis auf die Beklagte zu 2) übergegangen sei und mit dieser fortbestehe. Der Antrag zu III.1 richte sich darauf, dass mit der Beklagten zu 2) ein Arbeitsverhältnis bestehe. Dies sei der einzig mögliche Antrag, wenn der Betriebserwerber keine Kündigung ausspricht oder aber er, wie vorliegend von einer Kündigung vor Betriebsübergang ausgehe. Die Frage des Betriebsübergangs sei hier nur Vorfrage und nicht Streitgegenstand, so dass der Streitgegenstand nicht identisch sei. Es sei auch unzutreffend, dass der Antrag zu II.1. den Kündigungsschutzantrag gegen die Beklagte zu 2) unschlüssig werden lasse.

Sollte das Gericht feststellen, dass es keinen Betriebsübergang geben habe oder dass es bereits vor dem 10.09.2020 zu einem Betriebsübergang gekommen sei, habe das Gericht über den Kündigungsschutzantrag betreffend die Kündigung der Beklagten zu 2) zu befinden. Diese Kündigung sei unwirksam, weil sie sozial nicht gerechtfertigt sei. Das Kündigungsschutzgesetz finde Anwendung. Die Wartezeit sei jedenfalls aufgrund individualrechtlicher Vereinbarung durch das Eckpunktepapier erfüllt. Sein sozialer Besitzstand bei der Beklagten zu 1) sei dadurch jedenfalls gesichert worden. Er habe dann einem Wechsel zur Beklagten zu 2) zu den identischen Vertragsbedingungen zugestimmt. Weder Vergütung noch Tätigkeit hätten sich ändern sollen. Auf eine neue Erprobung sei es der Beklagten zu 2) nicht angekommen. Der sachliche Anwendungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes sei ebenfalls eröffnet. Es sei weiterhin zu bestreiten, dass die Beklagte zu 2) im Kündigungszeitpunkt über keine betrieblichen Strukturen in Deutschland verfügt habe. Dies zeige sich schon daran, dass die Beklagte zu 2) Arbeitsverhältnisse mit 71 Piloten und 55 Flugbegleitern eingegangen sei. Schließlich meine die Anwendung deutschen Arbeitsrechts aus dem Eckpunktepapier auch die Anwendung des Kündigungsschutzgesetzes. Auch gegenüber der Beklagten zu 2) sei der sachliche Geltungsbereich über §§ 2324 Abs. 2 KSchG oder aber im Wege verfassungskonformer Auslegung eröffnet.

Unterstelle man, dass die Beklagte zu 2) auf Dauer keinen Flugbetrieb in Deutschland durchführe, hätte diese ihm aufgrund der Versetzungsklausel die nach seinem Vortrag freien Stellen in X. oder auf N. anbieten müssen. Dies gelte insbesondere auch deswegen, weil er als Line Training Captain bereits Ausbildungsaufgaben an diesen Standorten wahrgenommen habe. Diese Aufgaben seien auch nicht weggefallen. Unabhängig davon habe es wie ausgeführt keine Betriebsstilllegung, sondern einen Betriebsübergang gegeben. Es fehle außerdem ebenso wie bei der Beklagten zu 1) an einer unternehmerischen Entscheidung der Beklagten zu 2) zur Betriebsstillegung. Es gebe aktuell sogar neue OCC-Kurse, so dass die Kündigung sich als unzulässige Austauschkündigung darstelle.

Die Kündigung der Beklagten zu 2) sei wegen einer fehlerhaften Massenentlassungsanzeige unwirksam. Diese habe auf N. gestellt werden müssen und nicht per Telefax erfolgen dürfen. Die Gründe für die Entlassung seien nur floskelartig angegeben. Die Massenentlassungsanzeige sei auch deshalb unwirksam, weil die Beklagte zu 2) die Soll-Angaben des § 17 Abs. 3 Satz 5 KSchG der Agentur für Arbeit nicht vor Zugang der Kündigung mitgeteilt habe. Der Kläger begründet im Einzelnen, warum diese Angaben bei unionsrechtskonformer Auslegung Wirksamkeitsvoraussetzung sei. Gründe des Vertrauensschutzes stünden dem nicht entgegen. Soweit die Beklagte zu 2) behauptet, dass diese Angaben der Agentur für Arbeit im Kündigungszeitpunkt zugänglich gewesen seien, bestreitet der Kläger dies mit Nichtwissen. Dies reiche aber ohnehin nicht aus, weil die Soll-Angaben gemäß § 17 Abs. 3 Satz 5 KSchG in der Massenentlassungsanzeige zu machen seien. Außerdem habe die Beklagte zu 1) – wie ausgeführt – den Antrag auf Kurzarbeitergeld bei der Agentur für Arbeit in Würzburg und nicht bei derjenigen in Düsseldorf gestellt.

Der Kläger ist der Ansicht, das Arbeitsgericht habe die Zahlungsanträge zu Unrecht abgewiesen. Zunächst habe – wie ausgeführt – ein Betriebsübergang auf die Beklagte zu 2) vorgelegen, so dass diese für die geltend gemachten Annahmeverzugslohnansprüche der Monate November 2020 und Dezember 2020 hafte. Da er nicht wissen könne, wie das Gericht den Sachverhalt (hier Betriebsübergang) bewerte, dürfe er auch sich widersprechende Anträge stellen. Sein vordringliches Klageziel sei die Feststellung, dass das mit der Beklagten zu 1) begründete Arbeitsverhältnis spätestens zum 01.11.2020 mit der Beklagten zu 2) fortbestehe. Damit verknüpft sei die Geltendmachung der Vergütungsansprüche. Da er nicht wissen könne, wie die erkennende Kammer in Bezug auf den Betriebsübergang entscheide, stelle er die restlichen Vergütungsansprüche nach dem Betriebsübergang auch (unbedingt) gegen die Beklagte zu 1).

Der Kläger beantragt zuletzt sinngemäß:

I.Das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 05.05.2021 – 8 Ca 5912/20 – wird teilweise abgeändert.

1.Es wird festgestellt, dass das zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1) bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten zu 1) vom 10.09.2020 nicht aufgelöst worden ist.

2.Im Übrigen bleibt das erstinstanzliche Urteil aufrechterhalten.

II.Das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 05.05.2021 – 8 Ca 997/21 – wird abgeändert.

1.Es wird festgestellt, dass das zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1) bestehende Arbeitsverhältnis ab dem 01.11.2020 mit der Beklagten zu 2) zu unveränderten Arbeitsbedingungen fortbesteht.

2.Die Beklagte zu 2) wird verurteilt, an den Kläger Annahmeverzugsvergütung für November 2020 in Höhe von EUR 751,69 brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.01.2021 zu zahlen.

3.Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, an den Kläger Annahmeverzugsvergütung für November 2020 in Höhe von EUR 751,69 brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.01.2021 zu zahlen.

4.Die Beklagte zu 2) wird verurteilt, an den Kläger Annahmeverzugsvergütung für Dezember 2020 in Höhe von EUR 473,58 brutto abzüglich bereits gezahlter EUR 43,04 netto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.02.2021 zu zahlen.

5.Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, an den Kläger Annahmeverzugsvergütung für Dezember 2020 in Höhe von EUR 473,58 brutto abzüglich bereits gezahlter EUR 43,04 netto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.02.2021 zu zahlen.

III.Das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 19.04.2021 – 2 Ca 5883/20 – wird abgeändert.

1.Es wird festgestellt, dass zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 2) ein Arbeitsverhältnis besteht.

2.Es wird festgestellt, dass das zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 2) bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten zu 2) vom 10.09.2020 nicht aufgelöst worden ist.

3.Für den Fall des Obsiegens nach Klagantrag Ziff. 1 oder 2 wird die Beklagte zu 2) dazu verurteilt, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits als Co-Pilot (First-Officer) weiter zu beschäftigen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufungen des Klägers zurückzuweisen.

Sie verteidigen die Urteile des Arbeitsgerichts. Etwaige Mängel des Abtrennungsbeschlusses seien gemäß § 295 ZPO unbeachtlich und rechtfertigten keine zweitinstanzliche Abänderung.

Die Beklagte zu 1) meint, ihre Kündigung sei hinreichend bestimmt. Soweit versehentlich der 31.12.2020 aufgrund zu lang gewählter Kündigungsfrist genannt sei, sei die Kündigungserklärung zu diesem ausdrücklich genannten Termin auszulegen. Das Kündigungsschutzgesetz sei weder gemäß §§ 2324 KSchG noch in verfassungskonformer Auslegung anwendbar, weil sie nicht lediglich steuernd aus dem Ausland in Deutschland tätig werde, sondern beträchtliche Stationen im Ausland wie in Wien und Palma de Mallorca gehabt habe. Auch die Spezialnorm des § 24 Abs. 2 KSchG verlangen, dass ein “Betrieb” nämlich ein “Luftverkehrsbetrieb” in Deutschland liege, was die Gesetzeshistorie belege. Es sei mit dem Grundgesetz vereinbar, dass nicht sämtliche Arbeitsverhältnisse, die dem deutschen Arbeitsrecht unterliegen, unter den Schutz des Kündigungsschutzgesetzes fallen.

Jedenfalls lägen aufgrund der Schließung der Basis in M. für die Kündigung dringende betriebliche Gründe vor. Sie habe ausreichend – wie auch vom Arbeitsgericht gesehen – zur Stilllegung sowie deren Umsetzung und auch zu deren Beweggründen vorgetragen. Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten hätten nicht bestanden. Sofern sich der Kläger auf angebliche Beschäftigungsmöglichkeiten bei der Beklagten zu 2) im Ausland berufe, liege kein Fall vor, in dem eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit im Ausland zu berücksichtigen sei.

Die Beklagte zu 1) ist der Ansicht, die Übermittlung der Massenentlassungsanzeige per Telefax sei rechtswirksam. Unabhängig davon behauptet sie, dass sie die Massenentlassungsanzeige am 10.09.2020 zusätzlich um 18.15 Uhr im Original per Kurier an die Agentur für Arbeit in Düsseldorf zugestellt habe. Entgegen der Ansicht des Klägers habe es der Soll-Angaben gemäß § 17 Abs. 3 Satz 5 KSchG für die Wirksamkeit der Massenentlassungsanzeige nicht bedurft. Der Kläger sei mit dieser erst in zweiter Instanz erhobenen Rüge gemäß § 6 KSchG ausgeschlossen. Sie sei außerdem verspätet gemäß §§ 67 Abs. 2, 61a67 Abs. 4 ArbGG. Eine Prüfung von Amts wegen habe nicht zu erfolgen. Schließlich begründet die Beklagte zu 1) im Einzelnen, warum es der Soll-Angaben entgegen einer Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Hessen nicht bedurft habe und jedenfalls Vertrauensschutz zu gewähren sei. Unabhängig davon behauptet die Beklagte zu 1), die Soll-Angaben seien der Agentur für Arbeit Düsseldorf im Kündigungszeitpunkt aufgrund der Kurzarbeitergeldanträge für sämtliche zu entlassenden Arbeitnehmer bekannt gewesen.

Zunächst komme es auf das Vorliegen eines Betriebs(teil)übergangs nicht an, weil unabhängig davon die bei Zugang der Kündigung feststehende vollständige Schließung bzw. Nichtaufnahme von Basen durch die Beklagten festgestanden habe und dies unabhängig von einem etwaigen Betriebs(teil)übergang einen Kündigungsgrund bilde. Ein solcher liege aber auch nicht vor. Die Beklagten behaupten hierzu, ihre verantwortlichen Personen in 2020 seien nicht identisch, sondern u.a. wie folgt unterschiedlich besetzt gewesen: Accountable Manager: B. H./E. P.; Nominated Person Crew Training: E. Q./K. I.; Nominated Person Ground Operations N. H./T. L.. Aber auch im Übrigen, betreffend CEO, Head of HR, CFO, Head of Sales &Customer Service, Head of Marketing, Compliance Monitoring Manager und Safety and Security Manager habe es unterschiedliche Besetzungen gegeben. Die Beklagte zu 2) habe entgegen dem Berufungsvortrag des Klägers auch nicht die Mehrheit der Mitarbeiter der Beklagten zu 1) übernommen. So seien bereits die 240 Mitarbeiter der Beklagten zu 1) in Deutschland von der Beklagten zu 2) nie tatsächlich beschäftigt worden. Hinzu kämen in X. mehr als 100 ehemalige Mitarbeiter der Beklagten zu 1), die nie bei der Beklagten zu 2) beschäftigt worden seien. Die Entscheidung zur Eröffnung neuer Basen in A. und A. sei erst im März 2021 auf der Basis entsprechender Planungen des Kunden S. E. final getroffen worden. Jedenfalls erfasse ein – nicht gegebener Betriebsteilübergang – nicht den Kläger. Die Beklagte zu 1) habe außerdem ab Juli 2020 zwar zu einem großen Teil Wet-Lease-Flüge für S. E. erbracht. Sie habe aber parallel unter ihrem eigen “OE”-Flugcode parallel noch einige Flüge durchgeführt. Eine spezielle Zuteilung von Flugzeugen oder Besatzungen für Wet-Lease einerseits und eigenwirtschaftliche Flüge andererseits habe es nicht gegeben. Auf eine etwaige Versetzungsklausel komme es für die Frage des Betriebsübergangs nicht an. Im Übrigen sei diese durch das Eckpunktepapier abgelöst worden und daher im hier relevanten Zeitraum nicht mehr existent gewesen. Es habe weder einen Betriebsübergang betreffend die Station M. noch betreffend einer Gesamtheit des Wet-Lease-Flugbetriebs gegeben. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die beiden Beklagten unterschiedliche Geschäftsfelder hätten. Die Beklagte zu 1) habe Passagierlinienflüge für die reisende Öffentlichkeit angeboten. Die Beklagte zu 2) erbringe lediglich Charterflüge im Auftrag von Fluggesellschaften. Die Bereitstellung von Wet-Lease-Flügen für die Beklagte zu 1) durch S. E. für einen zeitlich begrenzten Zeitraum sei eine Folge der verheerenden COVID-19-Pandemie gewesen, habe aber nichts an der völlig unterschiedlichen Geschäftstätigkeit der beiden Beklagten geändert. Insgesamt bleibe Folgendes festzuhalten:

– Das Geschäftsmodell der beiden Beklagten sei vollkommen anders gestaltet

– weder in M. noch in Stuttgart sei die Base übernommen worden

– die Organisationsstrukturen (einmal Headoffice N. bei der Beklagten zu 2), einmal Headoffice T. bei der Beklagten zu 1) seien unterschiedlich

– wesentliche Teile der Führungspersonen seien unterschiedlich besetzt

– von den Flugbesatzungen in M. und Stuttgart seien gar keine, von den Besatzungen in X. wesentliche Teile nicht bei der Beklagten zu 2) tätig geworden, d.h. vereinfacht “2,5 von 4 Basen” seien nicht fortgeführt worden

– die IT-Soft- und Hardware sei Standard-Software gewesen, die am Markt frei verfügbar sei und insofern sei keine besondere Spezifikation übertragen worden

– Von den Flugzeugen der Beklagten zu 1) sei nur eine vergleichbar sehr geringe Anzahl bei der Beklagten zu 2) im Einsatz

Dies alles zeige, dass keine vermeintliche Gesamtheit Wet-Lease-Flugbetrieb übernommen worden sei.

Der Antrag zu II.1 sei zudem bereits unzulässig. Es fehle das erforderliche Feststellungsinteresse betreffend den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten zu 2). Ein isoliertes Feststellungsinteresse bestehe gerade nicht. Gemäß § 325 ZPO genüge die Kündigungsschutzklage gegen die Beklagte zu 1), welche aufgrund der Kündigungsfrist auch den angeblichen Betriebsübergang zum 01.11.2020 erfassen würde. Außerdem handele es sich um ein aufgrund der Kündigung der Beklagten zu 2) vom 10.09.2020 abgeschlossenes Arbeitsverhältnis. Unabhängig davon sei der Antrag zu II.1. aber mangels Betriebs(teil)übergangs unbegründet. Der Antrag zu III.1 sei unzulässig. Entweder bestehe anderweitige Rechtshängigkeit oder das Feststellungsinteresse fehle.

Die Beklagten zu 2) vertritt die Ansicht, ihre Kündigung vom 10.09.2020 sei wirksam. Wenn der Kläger meine, dass bei Zugang kein Arbeitsvertrag zwischen den Parteien vereinbart gewesen sei, sei die Klage bereits unschlüssig. Unabhängig davon sei bereits der sachliche Anwendungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes nicht eröffnet, weil die Beklagte zu 2) weder im Kündigungszeitpunkt noch sonst einen Betrieb i.S.d. Kündigungsschutzgesetzes in Deutschland aufgenommen habe und zwar weder einen solchen i.S.v. § 23 KSchG noch i.S.v. § 24 Abs. 2 KSchG. Jedenfalls habe sie bei Zugang der Kündigung nicht i.d.R. mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt. Außerdem habe der Kläger die Wartezeit nicht erfüllt.

Unabhängig davon liege ein betriebsbedingter Kündigungsgrund vor. Im Rahmen einer Videokonferenz am 09.09.2020 um 14.00 Uhr habe der Flughafen M. den Forderungen der S. E. bezüglich wirtschaftlicher Konditionen der Zusammenarbeit nicht nachgegeben. Dies sei der Grund dafür gewesen, die Basis in M. zu schließen und den Flugverkehr durch die Beklagte zu 2) gar nicht erst aufzunehmen, weil der einzige Wet-Lease-Kunde, die S. E., die von ihr angebotenen Leistungen nicht mehr abnehmen werde. Sie habe detailliert zu den Umständen vorgetragen, die dazu geführt haben, dass sie von der Eröffnung der Base in M. abgesehen habe. Gleiches gelte für die entsprechenden Umsetzungsschritte.

Eine Versetzungsklausel in das Ausland sei mit der Beklagten zu 2) nicht vereinbart gewesen. Das Eckpunktepapier habe eine solche Regelung nicht mehr vorgesehen. Die Beklagte zu 2) habe einen Arbeitsvertrag zu den gleichen Konditionen wie zuletzt bei der Beklagten zu 1) angeboten, d.h. ohne eine solche Versetzungsklausel. Entgegen dem Vortrag des Klägers habe bei ihr bei Ausspruch der Kündigungen an ausländischen Stationen kein ungedeckter Beschäftigungsbedarf bestanden, wie sie dies bereits erstinstanzlich vorgetragen und erläutert habe. Noch Anfang 2021 hätten außerdem in Palma de Mallorca einige Piloten für den Sommer 2021 50%-Teilzeitverträge akzeptiert, um einen andernfalls nötigen Personalabbau zu verhindern. Es sei für sie als Wet-Lease-Dienstleister dabei auch entscheidend, wo die Basen liegen. Es gehe um die langfristige Durchführung von Wet-Lease-Diensten für die S. E.. Im Rahmen des lowcost-Geschäftsmodells sei dies nur möglich, wenn keine teuren outof-Base-Zulagen und Transfers bezahlt werden müssten. Insofern bestehe eine funktionelle Verknüpfung der Betriebsmittel an einer Basis. S. E. bediene sich ab dem 01.01.2020 für Flüge ab deutschen Basen des Dienstleisters N. Air, welche einen anderen Flugzeugtyp (Boeing) einsetze. Unabhängig von allem Vorstehenden liege keine Situation vor, in der das Bundesarbeitsgericht erwogen habe, dass eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit im Ausland zu berücksichtigen sei. Auf die Tätigkeit als Line-Kapitän komme es ohnehin nicht an, weil die Stelle aus August 2020 resultiere und es sich außerdem nur um eine Zusatzaufgabe für einen Piloten und nicht eine Neueinstellung als Pilot handele. Es habe sich um eine Betriebsstillegung und nicht – wie ausgeführt – um einen Betriebsübergang gehandelt.

Sie – die Beklagte zu 2) – betreffend habe es mangels Betriebs überhaupt keiner Massenentlassungsanzeige bedurft. Wenn erforderlich, sei die Anzeige jedenfalls zutreffend in M. und nicht auf N. oder in X. erstattet worden. Die Beklagte zu 2) ist der Ansicht, die Übermittlung der Massenentlassungsanzeige per Telefax sei rechtswirksam. Unabhängig davon behauptet sie, dass sie die Massenentlassungsanzeige am 10.09.2020 zusätzlich um 18.15 Uhr im Original per Kurier an die Agentur für Arbeit in Düsseldorf zugestellt habe.

Auch im Hinblick auf die Beklagte zu 2) seien die Soll-Angaben der zu entlassenden Arbeitnehmer für die Agentur für Arbeit Düsseldorf aufgrund des gewährten Kurzarbeitergeldes offenkundige Tatsachen gewesen, weil sämtliche Mitarbeiter zuvor bei der Beklagten zu 1) beschäftigt waren.

Mangels Betriebsübergangs bestünden gegen die Beklagte zu 2) keine Zahlungsansprüche. Die in zweiter Instanz erstmals unbedingten Anträge gegen die Beklagte zu 1) seien ebenfalls unzulässig. Der Klageerweiterung werde nicht zugestimmt. Zwar seien diese Anträge vom Wortlaut her unbedingt formuliert. Ausweislich der Klagebegründung blieben sie aber weiterhin bedingt für den Fall, dass kein Betriebsübergang auf die Beklagte zu 2) stattgefunden habe, und stünden ebenfalls unter einer außerprozessualen Bedingung.

Jedenfalls seien die Anträge unbegründet. Wenn nicht von einer einvernehmlichen Freistellung auszugehen sei, fehle es am tatsächlichen Angebot der Arbeitsleistung durch den Kläger. § 615 BGB sei zudem wirksam durch das Eckpunktepapier abbedungen worden. In Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens vertritt die Beklagte zu 1) die Auffassung, die Sektorzulage habe den Charakter einer variablen Vergütung. Dieser sei immanent, dass auch der Arbeitnehmer in gewissem Umfang mit dem Betriebsrisiko belastet werde, so dass der Ausschluss nicht unangemessen sei, wobei eine AGB-Prüfung ohnehin ausscheide.

Im Übrigen seien die Anträge unschlüssig, weil für die Berechnung nicht auf die Vormonate abgestellt werden dürfe. Es sei vielmehr zu berücksichtigen, dass dem Kläger auch ohne die Freistellung keine Flugstunden zugewiesen worden wären, weil von den deutschen Basen aus keine Flugleistungen mehr erbracht worden seien. Es sei nicht so gewesen, dass sie den Kläger nicht mehr habe beschäftigen wollen, sondern dass keinerlei Beschäftigungsbedarf mehr bestanden habe. Wenn man – entgegen ihrer Ansicht – die Flugstundenvergütung für den Annahmeverzug berücksichtigen wolle, müsse man berücksichtigen, dass es sich um den Winterflugplan gehandelt und zudem eine pandemiebedingte Reduktion stattgefunden habe. In Ergänzung ihres erstinstanzlichen Vortrags verweisen die Beklagten auf eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (5 AZR 211/21), nach der bei einer pandemiebedingten Betriebsschließung kein Annahmeverzugslohnanspruch bestehe. Auch wenn die Schließung/Nichteröffnung der Basis M. nicht unmittelbar pandemiebedingt sei, müsse doch die besondere Beeinträchtigung des Flugverkehrs eben durch die Pandemie berücksichtigt werden. Kurzarbeitergeld habe sie wegen der bereits vorgenommenen Massenentlassungsanzeige nicht beantragen können. Der Rückgang des Flugbetriebs der S.-Gruppe in der Zeit Oktober 2020 bis März 2021 gegenüber April 2020 bis September 2020 (-61,02 %) sei nicht nur auf die typische saisonale Schwankung (in den Vorjahren: -38,61 % bzw. -42,18 % bzw. -42,49 %) zurückzuführen gewesen, sondern auch auf die Pandemie. Auch ein Abstellen auf 2019 sei nicht sachgerecht, weil es im Winter 2019/2020 positive Sondereffekte gegeben habe. Allenfalls könne auf einen Vergleich mit der Entwicklung der Zahlen im Herbst/Winter 2020 an den Standorten Wien und Palma abgestellt werden. Dort sei eine gegenüber dem September um 44 % (November) bzw. 56 % (Dezember) verringerte Sektorzulage gezahlt worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen in beiden Instanzen sowie die Sitzungsprotokolle Bezug genommen.

Gründe

Die zulässigen Berufungen des Klägers sind ganz überwiegend unbegründet. Die Kündigungen der Beklagten zu 1) und 2) vom 10.09.2020 sind rechtswirksam und haben die jeweiligen Arbeitsverhältnisse beendet. Der Kläger hat allerdings gegenüber der Beklagten zu 1) Anspruch auf Zahlung der Sektorzulage für November und Dezember 2020.

A.Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte für die im Jahre 2020 eingegangenen Klagen gegen beide Beklagte folgt aus Art. 66 Abs. 1, 20 Abs. 1, 21 Abs. 1 Buchst. b Ziff. i Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 (EUGVVO). Es handelt sich bei den arbeitsgerichtlichen Klagen um zivilrechtliche Streitigkeiten i.S.v. Art. 1 Abs. 1 Satz 1 EUGVVO (BAG 07.05.2020 – 2 AZR 692/19, Rn. 16). Der für die Anwendung der EUGVVO erforderliche Auslandsbezug besteht, weil die Beklagten ihren Sitz in einem anderen Mitgliedstaat haben. Als Arbeitgeber mit Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats können sie in einem anderen Mitgliedstaat vor dem Gericht des Ortes, an dem oder von dem aus ihr Arbeitnehmer gewöhnlich seine Arbeit verrichtet oder zuletzt gewöhnlich verrichtet hat, verklagt werden (Art. 20 Abs. 1, 21 Abs. 1 Buchst. b Ziff. i EUGVVO). Der Kläger hat seine Arbeit für die Beklagte zu 1) von M. aus verrichtet. Er hat von diesem Standort aus seine Flugdienste regelmäßig begonnen und dort auch wieder beendet. Entsprechendes sollte auch für seine Arbeit bei der Beklagten zu 2) gelten. Da er für diese noch keine Arbeit verrichtet hat, sind bereits aus diesem Grund die Voraussetzungen des Art. 21 Abs. 1 Buchst. b Ziff. i EUGVVO erfüllt (EuGH 25.02.2021 – C-804/19 [Markt24], Rn. 39 ff.).

B.Der gegen die Beklagte zu 1) gerichtete Kündigungsschutzantrag (Antrag zu I.) ist unbegründet, weil die Kündigung der Beklagten zu 1) vom 10.09.2021 das Arbeitsverhältnis der Parteien zum 31.12.2020 rechtswirksam beendet hat.

I. Auf das Arbeitsverhältnis des Klägers zu der Beklagten zu 1) findet aufgrund der im Eckpunktepapier getroffenen Rechtswahl gemäß Art. 3 Abs. 1, 8 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 593/2008 (Rom I-VO) deutsches Recht Anwendung. Gemäß Art. 12 Abs. 1 lit. d Rom I-VO folgen die Regelungen über das Erlöschen von Verpflichtungen aus einem Vertrag und somit auch das Recht seiner Kündigung einschließlich des allgemeinen Kündigungsschutzes grundsätzlich dem Recht des Staates, das auf den Arbeitsvertrag Anwendung findet (BAG 24.08.1989 – 2 AZR 3/89).

Im Eckpunktepapier haben der Kläger und die Beklagte zu 1) Anfang Juli 2020 die in ihrem ursprünglichen Arbeitsvertrag vereinbarte Anwendung österreichischen Rechts zugunsten des deutschen Rechts derogiert. Im Eckpunktepapier ist u. a. vereinbart, dass die Beklagte zu 1) ab dem 01.07.2020 das deutsche Arbeitsrecht auf alle ihre in Deutschland direkt angestellten Piloten anwendet. Zudem wurde in den Anfang Juli 2020 zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1) gewechselten E-Mails vereinbart, dass das Eckpunktepapier ab dem 01.07.2020 die bisherigen Bedingungen und Konditionen ersetzt bzw. an deren Stelle tritt. Art. 3 Abs. 2 Satz 1 Rom I-VO gestattet es den Parteien, eine einmal getroffene Rechtswahl jederzeit wieder abzuändern (MüKoBGB/Martiny, 8. Aufl. 2021, Rom I-VO Art. 3 Rn. 77; BeckOGK/Wendland, Stand 01.09.2021, Rom I-VO Art. 3 Rn. 202). Anhaltspunkte für eine Unwirksamkeit dieser ändernden Rechtswahlvereinbarung auf der Grundlage des gewählten deutschen Rechts (Art. 3 Abs. 5 Rom I-VO iVm. Art. 10 Abs. 1 Rom I-VO; s.a. BeckOGK/Wendland, Stand 01.09.2021, Rom I-VO Art. 3 Rn. 209) bestehen nicht, wobei im Hinblick auf den gewöhnlichen Aufenthaltsort des Klägers in Deutschland davon gemäß Art. 10 Abs. 2 Rom I-VO keine Abweichung veranlasst ist. Das deutsche Recht sieht im Übrigen für abändernde Rechtswahlklauseln keine Form vor (BGH 22.01.1997 – VII ZR 339/95, Rn. 31; BeckOK/Spickhoff, Stand 01.08.2021 VO (EG) 593/2008 Art. 3 Rn. 33). Die Rechtswahl entspricht dabei im Hinblick auf den vereinbarten Einsatzort des Flugpersonals in M.außerdem der objektiven Anknüpfung gemäß Art. 8 Abs. 2 ROM I-VO (in diesem Sinne wohl BAG 20.12.2012 – 2 AZR 481/11; EuGH 14.09.2017 – C-168/16; HWK/Tillmanns 9. Aufl. Rom I-VO Art. 9 Rn. 19 m. w. N.). Eine gesonderte Klauselkontrolle für vorformulierte Rechtswahlklauseln kommt nicht in Betracht. Insoweit wird über Art. 8 I Rom I-VO ein spezifisch kollisionsrechtlicher Schutz vor den Folgen einer Rechtswahl verwirklicht (ErfK/Schlachter, 22. Aufl. 2022, Rn. 6).

Unabhängig von Vorstehendem gehen die Parteien in beiden Tatsacheninstanzen übereinstimmend von der Anwendbarkeit deutschen Rechts aus und haben dies in der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht ausdrücklich erklärt (vgl. zu einer – gemäß Art. 3 Abs. 2 Rom I-VO auch nachträglich möglichen – Rechtswahl BGH 19.01.2000 – VIII ZR 275/98, Rn 28; BGH 09.06.2004 – I ZR 266/00, Rn. 36 mwN; BeckOGK/Wendland, Stand 01.09.2021, Rom I-VO Art. 3 Rn. 131 ff; 179 ff.; zur stillschweigenden nachträglichen Rechtswahl Ferrari, Internationales Vertragsrecht, 3. Aufl. 2018, VO (EG) 593/2008 Art. 3 Rn. 43). Hiermit ist im Übrigen auch ein etwaiges – vom Kläger nicht geltend gemachtes – Schriftformerfordernis für den Wechsel aus dem österreichischen Vertrag stillschweigend abbedungen (vgl. dazu BeckOGK/Wendland Stand 01.09.2021, Rom I-VI Art. 3 Rn. 210; sogar für eine mögliche Heilung ursprünglicher Formnichtigkeit durch Statutenwechsel Ferrari, Internationales Vertragsrecht, 3. Aufl. 2018, VO (EG) 593/2008 Art. 3 Rn. 46; MüKoBGB/Martiny, 8. Aufl. 2021, Rom I-VO Art. 3 Rn. 81).

II.Die Passivlegitimation der Beklagten zu 1) als Beklagte des Kündigungsrechtsstreits wird von einem etwaigen nach der Klageerhebung erfolgten Betriebsübergang nicht berührt. Der Rechtsstreit kann von der bisherigen Beklagten auch in einem solchen Fall in entsprechender Anwendung von §§ 265325 ZPO fortgesetzt werden (BAG 16.05.2002 – 8 AZR 320/01; 16.05.2006 – 6 AZR 249/05, Rn. 16; 20.03.1997 – 8 AZR 769/95, Rn. 20). Anhaltspunkte dafür, dass ein Betriebsübergang bereits vor Ausspruch der Kündigung der Beklagten zu 1) stattgefunden hätte mit der Folge, dass der Klageantrag zu I. bereits in Ermangelung eines zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung bestehenden Arbeitsverhältnisses abzuweisen wäre, bestehen nicht. Die Beklagte zu 1) hat unstreitig bis Oktober 2020 ihren Flugbetrieb in M. fortgesetzt.

III.Die Kündigung der Beklagten zu 1) gilt nicht schon gemäß §§ 47 KSchG als rechtswirksam. Die Klage wurde gemäß § 4 KSchG binnen drei Wochen nach Zugang beim Arbeitsgericht erhoben.

IV.In Bezug auf die Schriftform (§ 623 BGB) bestehen keine Wirksamkeitsbedenken.

V.Die Kündigung der Beklagten zu 1) ist hinreichend bestimmt. Sie ist zum 31.12.2020 ausgesprochen.

1.Eine Kündigung muss als empfangsbedürftige rechtsgestaltende Willenserklärung so bestimmt sein, dass der Empfänger Klarheit über die Absichten des Kündigenden erhält. Der Kündigungsadressat muss erkennen können, zu welchem Zeitpunkt das Arbeitsverhältnis aus Sicht des Kündigenden beendet sein soll. Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist nicht allein auf ihren Wortlaut abzustellen. Zu würdigen sind alle Begleitumstände, die dem Erklärungsempfänger bekannt waren und die für die Frage erheblich sein können, welchen Willen der Erklärende bei Abgabe der Erklärung hatte. Das Erfordernis der Bestimmtheit einer ordentlichen Kündigung verlangt vom Kündigenden nicht, den Beendigungstermin als konkretes kalendarisches Datum ausdrücklich anzugeben. Es reicht aus, wenn der gewollte Beendigungstermin für den Kündigungsempfänger zweifelsfrei bestimmbar ist. Auch eine Kündigung “zum nächstzulässigen Termin” ist hinreichend bestimmt, wenn dem Erklärungsempfänger die Dauer der Kündigungsfrist bekannt oder für ihn bestimmbar ist. Sie ist typischerweise dahin zu verstehen, dass der Kündigende die Auflösung des Arbeitsverhältnisses zu dem Zeitpunkt erreichen will, der sich bei Anwendung der einschlägigen gesetzlichen, tarifvertraglichen und/oder vertraglichen Regelungen als rechtlich frühestmöglicher Beendigungstermin ergibt. Der vom Erklärenden gewollte Beendigungstermin ist damit objektiv eindeutig bestimmbar. Dies ist jedenfalls dann ausreichend, wenn die rechtlich zutreffende Frist für den Kündigungsadressaten leicht feststellbar ist und nicht umfassende tatsächliche Ermittlungen oder die Beantwortung schwieriger Rechtsfragen erfordert. Eine Kündigung ist dagegen nicht hinreichend bestimmt, wenn in der Erklärung mehrere Termine für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses genannt werden und für den Erklärungsempfänger nicht erkennbar ist, welcher Termin gelten soll (vgl. zu allem BAG 10.04.2014 – 2 AZR 647/13, Rn. 14 ff. mwN).

2.In Anwendung dieser Grundsätze ist die Kündigung der Beklagten zu 1) hinreichend bestimmt zum 31.12.2020 ausgesprochen. Zunächst ist für den Kläger entgegen seiner Ansicht das im ersten Satz der Kündigungserklärung in Fettdruck genannte Datum 31.10.2020 kein möglicher Kündigungstermin. Dieser Zeitpunkt ist für den Kläger erkennbar irrelevant. Es handelt sich lediglich um den – unabhängig von der konkreten Kündigungsfrist – von der Beklagten zu 1) gewollten frühesten Kündigungstermin, der bei der für den Kläger längeren Kündigungsfrist nicht einschlägig ist. Diese wird in Satz zwei des ersten Absatzes des Kündigungsschreibens ausdrücklich benannt. Die Beklagte zu 1) geht in der Erklärung von einer Kündigungsfrist von drei Monaten aus und nennt den 31.12.2020 als den nach ihrer Berechnung sich ergebenden Beendigungstermin. Aus Sicht eines objektiven Empfängers sollte die Kündigung damit ohne weiteres zum 31.12.2020 wirken. Umgekehrt muss sich an diesem einzigen konkret benannten Kündigungstermin auch die Beklagte als Erklärende festhalten lassen.

Dem steht nicht entgegen, dass die Kündigungsfrist gemäß dem 4. Absatz des Eckpunktepapiers drei Monate zum Fünfzehnten oder Monatsletzten beträgt und die Kündigungserklärung auf die Kündigungsfrist “gemäß Ihrem Arbeitsvertrag” abstellt. Bei Zugang der Kündigung am 12.09.2020 wäre danach zwar der 15.12.2020 nächstmöglicher Zeitpunkt. Doch ist für den Kläger als Empfänger erkennbar gewesen, dass der spätere Termin vom 31.12.2020 Beendigungstermin sein sollte. Denn zum ersten wahrte dieser als einziger ausdrücklich genannte Kündigungstermin die Kündigungsfrist in jedem Fall; insoweit stellte sich nicht etwa die Frage der Unwirksamkeit der Kündigung wegen zu kurzer Frist. Zum zweiten entsprach der genannte Kündigungstermin 31.12.2020 der Rechtslage in allen Arbeitsverhältnissen, die – wie das des Klägers – mindestens zwei Jahre bestanden hatten; für diese Arbeitsverhältnisse konnte im Eckpunktepapier einzelvertraglich der Fünfzehnte eines Monats nicht rechtswirksam vereinbart werden, sondern es galt gemäß § 622 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 5 BGB zwingend der Monatsletzte als Kündigungstermin (BAG 12.07.2007 – 2 AZR 699/05, Rn. 40). Zum dritten wäre auch für die übrigen, kürzeren Arbeitsverhältnisse eine fristgerechte Kündigung zum 15.12.2020 nur möglich, wenn die Kündigung vom 10.09.2020 den jeweiligen Empfängern spätestens am 15.09.2020 zugegangen wäre; anderenfalls galt auch hier der 31.12.2020 als nächstmöglicher Termin für eine ordentliche Kündigung (§§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB). Der Zugang der Kündigungserklärung innerhalb einer Zeitspanne von fünf Tagen lässt sich nicht stets sicher voraussehen. Bei dieser Sachlage konnte ein objektiver Kündigungsempfänger unabhängig von der individuellen Dauer seines Arbeitsverhältnisses und dem konkreten Zugang seiner jeweiligen Kündigungserklärung nur annehmen, dass die Kündigung das Arbeitsverhältnis zu dem genannten Termin am 31.12.2020 beenden sollte. Bei der streitgegenständlichen Kündigung handelte es sich nämlich erkennbar um eine weitgehend standardisierte Massenkündigung, wie sowohl aus den Umständen, nämlich der Schließung des gesamten Standorts, als auch daraus hervorging, dass die Kündigung fristgerecht, “frühestens aber zum 31.10.2020” ausgesprochen wurde. Diese Angabe sollte ersichtlich auch Fällen etwaig kürzerer Kündigunsfristen Rechnung tragen.

Soweit im nachfolgenden Absatz der Kündigungserklärung um Rückgabe von firmeneigenen Arbeitsmitteln “unverzüglich nach Beendigung Ihres Arbeitsverhältnisses, spätestens aber bis zum 6. November 2020” gebeten wird, verändert dies bei verständiger Würdigung nicht den zuvor mitgeteilten Beendigungszeitpunkt. Denn an dieser Stelle geht es nicht mehr um die Regelung des Beendigungszeitpunkts, zu dem die Kündigung wirken soll, sondern um Abwicklungsmodalitäten. Die Tätigkeiten der Arbeitnehmer sollten bis zum 31.10.2020 fortgesetzt werden, wie aus der Angabe “frühestens aber zum 31.10.2020” bei der Bestimmung des Kündigungstermins im ersten Absatz deutlich hervorgeht. Der zweite Absatz meinte daher offensichtlich und für den objektiven Erklärungsempfänger ohne weiteres verständlich, dass die Arbeitsmittel “unverzüglich nach Beendigung Ihrer Tätigkeit, spätestens aber bis zum 6. November 2020”, zurückzugeben seien.

Eine etwaig im Gütetermin erster Instanz seitens der Beklagten zu 1) geäußerte anderweitige Auffassung zur Auslegung ist für das Verständnis eines objektiven Empfängers der Kündigung im maßgeblichen Zeitpunkt ihres Zugangs nicht maßgeblich, zumal das Arbeitsverhältnis von der Beklagten zu 1) bis zum 31.12.2020 tatsächlich abgerechnet worden ist, ohne den 31.12.2020 als Beendigungstermin in Frage zu stellen.

VI.Die Kündigung ist nicht sozial ungerechtfertigt nach § 1 Abs. 1 i. V. m. Abs. 2 Satz 1 KSchG.

1.Die gesetzlichen Voraussetzungen für den persönlichen und betrieblichen Anwendungsbereich des § 1 KSchG sind für das Arbeitsverhältnis des Klägers zu der Beklagten zu 1) erfüllt.

a.Das Arbeitsverhältnis des Klägers hat gemäß § 1 Abs. 1 KSchG im Betrieb oder Unternehmen der Beklagten zu 1) unstreitig länger als sechs Monate bestanden.

b.Die gesetzlichen Voraussetzungen des betrieblichen Anwendungsbereichs des § 1 KSchG der §§ 2324 KSchG sind erfüllt. Die Beklagte zu 1) unterhielt als Gesellschaft österreichischen Rechts nach hier vertretener Auffassung jedenfalls bei verfassungskonformer Auslegung dieser Normen einen Betrieb im räumlichen Geltungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes. Die Kammer hält an ihrer bereits in einem Parallelverfahren geäußerten Rechtsauffassung fest (LAG Düsseldorf 17.11.2021 4 Sa 303/21, juris Rn. 185 ff.). Dem sind mehrere Kammern des Landesarbeitsgericht gefolgt (so u.a. die 12. Kammer im Urteil vom 15.12.2021 – 12 Sa 347/212, die 7. Kammer im Urteil vom 21.01.2021 – 7 Sa 400/21, die 11. Kammer im Urteil vom 10.02.2022 – 11 Sa 430/21).

aa.Nach seinem räumlichen Geltungsbereich erfasst § 23 KSchG nach herrschender Auffassung grundsätzlich nur inländische Betriebe (vgl. etwa BAG 09.10.1997 – 2 AZR 64/97; 03.06.2004 – 2 AZR 386/03; 17.01.2008 – 2 AZR 902/06; 26.03.2009 – 2 AZR 883/07; 08.10.2009 – 2 AZR 654/08; 29.08.2013 – 2 AZR 809/12, Rn. 32; 24.05.2018 – 2 AZR 54/18, Rn. 29). Das ergebe die am Wortlaut, an der Systematik und der Entstehungsgeschichte sowie an Sinn und Zweck des § 23 KSchG orientierte Auslegung (krit. zu dieser Rspr. etwa LAG Hamburg 22.03.2011 – 1 Sa 2/11, Rn. 30 ff., 34 ff; Deinert, ArbuR 2008, 300 ff; Pomberg, EWiR 2008, 667; Gravenhorst, jurisPR-ArbR 31/2008 Anm. 1; Straube, DB 2009, 1406-1408; Junker, FS Konzen 2006, 367, HWK/Quecke, 9. Aufl. 2020, § 23 Rn. 2 mwN).

Für die räumliche Lage eines Betriebes ist entscheidend, wo schwerpunktmäßig über Arbeitsbedingungen und Organisationsfragen sowie darüber entschieden wird, in welcher Weise Einstellungen, Entlassungen und Versetzungen vorgenommen werden. Der allgemeine Betriebsbegriff des § 23 KSchG knüpft an die organisatorische Einheit an. Eine betriebliche Struktur setzt einen einheitlichen organisatorischen Einsatz der Betriebsmittel und der Personalressourcen voraus. Die einen Betrieb konstituierende Leitungsmacht wird dadurch bestimmt, dass der Kern der Arbeitgeberfunktionen in personellen und sozialen Angelegenheiten von derselben institutionalisierten Leitung im Wesentlichen selbständig ausgeübt wird (BAG 03.06.2004 – 2 AZR 386/03).

Die Beklagte zu 1) beschäftigte danach zwar über Jahre verstetigt und koordiniert Mitarbeiter in Deutschland unter Einsatz erheblicher materieller Betriebsmittel. Sie unterhielt aber jedenfalls nach ihrem Vortrag keinen Betrieb oder ähnliches iSv. § 23 KSchG in Deutschland, von dem ausgehend der einheitliche Einsatz der Betriebsmittel und der Arbeitnehmer im Inland gesteuert wurde. Vielmehr erfolgte die Leitung des Flugbetriebs ausschließlich von X. aus. Der am Standort M. eingesetzte “Base Captain” hatte nach dem Vortrag der Beklagten zu 1) keine Weisungsbefugnisse und fungierte lediglich als Bindeglied für die Kommunikation zwischen dem Flugpersonal und der Leitung in X.. Von dort gingen alle maßgeblichen Weisungen aus.

bb.Es ist streitig, ob ein Flugbetrieb iSd. § 24 KSchG in gleicher Weise wie der allgemeine Betrieb iSd. § 23 KSchG als räumliche Anknüpfung eine im Inland gelegene Betriebsstätte erfordert, von der ausgehend der einheitliche Einsatz von Betriebsmitteln und Arbeitnehmern im Inland gesteuert wird.

(1)Die Fiktion des § 24 Abs. 2 KSchG grenzt Luftverkehrs- und Schifffahrtsbetriebe zunächst nur auf zweierlei Weise vom allgemeinen Betrieb i. S. d. § 23 KSchG ab: Zum einen trennt sie die Schiffe bzw. Luftfahrzeuge von ihren zugehörigen Land- bzw. Bodenbetrieben (vgl. dazu BAG 28.12.1956 – 2 AZR 207/56; 28.02.1991 – 2 AZR 517/90; LAG Berlin-Brandenburg 16.11.2010 – 7 Sa 1354/10). Zum anderen verhindert sie, dass ein einzelnes Luftfahrzeug, See- oder Binnenschiff als Betrieb angesehen wird, indem es deren Gesamtheit als den Betrieb iSd. Ersten und Zweiten Abschnitts des Gesetzes fingiert.

(2)Der Betriebsbegriff des § 24 KSchGG ist andererseits aber nicht völlig losgelöst von § 23 KSchG zu verstehen, vielmehr modifiziert er den darin niedergelegten Begriff. Auch ein Flugbetrieb i. S. d. § 24 Abs. 1 und Abs. 2 KSchG fällt nur dann unter den Geltungsbereich des Ersten und Zweiten Abschnitts des KSchG, wenn darin gemäß § 23 Abs. 1 Sätze 2 – 4 KSchG mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt werden (BAG 28.12.1956 – 2 AZR 207/56). Selbst wenn es sich bei dem Betriebsbegriff des § 24 Abs. 1 iVm. Abs. 2 KSchG um einen eigenständigen Betriebsbegriff handelt (BAG 13.02.2020 – 6 AZR 146/19, Rn. 57), besteht kein sachlicher Grund, die davon erfassten Betriebe vom Schutz der Kleinbetriebsklausel (§ 23 Abs. 1 S. 2 – 4 KSchG) auszunehmen, zumal vor Inkrafttreten von § 24 KSchG bzw. der Vorgängernorm § 22 KSchG aF historisch gar kein Kündigungsschutz für Flugbetriebe bestand (vgl. MüKoBGB/Hergenröder, 8. Auf. 2020 § 24 KSchG Rn. 1 mwN).

(3)Betriebe iSd. § 24 KSchG verfügen regelmäßig nicht über eine Binnen-Leitungsstruktur innerhalb der Gesamtheit ihrer Schiffe bzw. Luftfahrzeuge. Sie werden gewöhnlich von Land- oder Bodenbetrieben aus geleitet. Zugleich befinden sich die in § 24 angesprochenen Schiffe bzw. Luftfahrzeuge typischerweise in grenzüberschreitendem Einsatz. Beides führt zu der Frage, wie der räumliche Geltungsbereich des Ersten und Zweiten Abschnitts für Betriebe der Schifffahrt und des Luftverkehrs iSd. §§ 2324 KSchG zu bestimmen ist.

(a)Das Bundesarbeitsgericht nimmt an, der Gesetzgeber habe die Betriebe der Schifffahrt und des Luftverkehrs einer eigenständigen Regelung zugeführt und damit “diese Sachverhalte unabhängig von den tatsächlichen Gegebenheiten mit einem Anknüpfungspunkt in der Bundesrepublik Deutschland versehen”. Mit der in § 24 Abs. 2 KSchG (bzw. seinerzeit § 24 Abs. 1 Satz 2 KSchG aF) enthaltenen Fiktion habe der Gesetzgeber gerade auch Lebenssachverhalte erfasst, bei denen typischerweise Auslandsberührungen zu erwarten sind (BAG 17.01.2008 – 2 AZR 902/06, Rn. 25).

Damit wäre der Geltungsbereich des § 24 KSchG räumlich nicht begrenzt und erfasste auch Betriebe der Schifffahrt und des Luftverkehrs, deren Boden- und Landbetriebe im Ausland angesiedelt sind, deren Fahrzeuge vielleicht nur gelegentlich oder auch gar nicht das Gebiet der Bundesrepublik berühren. Es genügte die Anwendung deutschen Rechts nach den Regeln des Internationalen Privatrechts (so LAG Berlin-Brandenburg 26.03.2015 – 26 Sa 1513/1426 Sa 1632/14, Rn. 40 f.). In diesem Fall würden für die Kleinbetriebsklausel des § 23 Abs. 2 Sätze 2-4 KSchG nur Arbeitnehmer mit deutschem Arbeitsvertragsstatut zählen (BAG 17.01.2008 – 2 AZR 902/06, Rn. 22; str., aA etwa Deinert, ArbuR 2008, 300 ff).

(b)Demgegenüber verlangt das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg (17.09.2021 – 7 Sa 32/21) auch für Betriebe des Luftverkehrs iSv. § 24 KSchG einen im Inland gelegenen einheitlichen Leitungsapparat. Offen bleibt dabei, wo bzw. wie ein solcher Leitungsapparat “innerhalb der Gesamtheit der Luftfahrzeuge” eines Luftverkehrsbetriebs, die gemäß § 24 Abs. 2 KSchG den maßgeblichen Betrieb bildet, angesiedelt sein könnte. Da den mobilen Flugbetrieben iSd. § 24 Abs. 2 KSchG regelmäßig eine innerbetriebliche Leitungsstruktur fehlt, wäre nicht erklärt, warum das Kündigungsschutzgesetz dennoch – unbestritten – auf die Flugbetriebe von Luftverkehrsgesellschaften anzuwenden ist, deren Leitungsapparat – am Boden bzw. an Land – sich im Inland befindet. Aus § 24 KSchG selbst (innerhalb der Gesamtheit der Luftfahrzeuge) ließe sich dies nicht ableiten.

(c)Denkbar erscheint aber, den räumlichen Geltungsbereich von § 24 KSchG auf solche Schifffahrts- und Luftverkehrsbetriebe zu begrenzen, deren jeweiliger Land- bzw. Bodenbetrieb mit seiner Leitungsstruktur im Inland liegt. Die mobilen Betriebe wären hinsichtlich des Geltungsbereichs von § 24 KSchG somit akzessorisch zu ihren Land- bzw. Bodenbetrieben. Ihre jeweilige Anbindung an Land- bzw. Bodenbetriebe dürfte der Vorstellung des Gesetzgebers entsprochen haben (die “organisatorische Einheit” von mobilem Betrieb und zugehörigem Land- bzw. Bodenbetrieb betont auch Moll in APS, 6. Aufl. 2021, § 24 KSchG Rn. 6). Für eine Absicht des Gesetzgebers, mit § 24 Abs. 2 KSchG den internationalen Geltungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes in Bezug auf die Betriebe der Schifffahrt und des Luftverkehrs abweichend von § 23 KSchG zu regeln, fehlen Anhaltspunkte in den Gesetzesmaterialien (das konstatiert auch BAG 17.01.2008 – 2 AZR 902/06, Rn. 26).

Die Rechtslage entspräche bei Annahme einer Akzessorietät der mobilen Betriebe vom Land- oder Bodenbetrieb hinsichtlich des Geltungsbereichs des Ersten und Zweiten Abschnitts derjenigen ohne Trennung vom Land- bzw. Bodenbetrieb. Das den mobilen Betrieben zugeordnete Personal würde ebenso vom Kündigungsschutzgesetz erfasst, wie es ohne die Trennung der Fall wäre. Den Argumenten des Bundesarbeitsgerichts für die Beschränkung des Betriebsbegriffs in § 23 KSchG auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland, insbesondere hinsichtlich der vielfältigen Bezüge des Kündigungsschutzes zu den jeweiligen betrieblichen Verhältnissen (vgl. BAG 26.03.2009 – 2 AZR 883/07, Rn. 15 ff., dazu sogleich), wäre bei dieser Betrachtung Rechnung getragen.

Diese Sicht hätte zur Konsequenz, dass – auch bei Geltung deutschen Arbeitsrechts – das Kündigungsschutzgesetz grundsätzlich keine Anwendung fände, wenn der Boden- oder Landbetrieb im Ausland angesiedelt ist. Damit wäre die Rechtslage derjenigen bei den allgemeinen Betrieben i. S. d. § 23 KSchG angeglichen, wie sie das Bundesarbeitsgericht versteht. Dies hätte allerdings auch zur Folge, dass ein Betrieb, der – wie hier – regelmäßig von deutschen Häfen bzw. Flughäfen aus operiert und dementsprechend lokal rekrutiertes Personal dauerhaft einsetzt, aus dem Geltungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes fiele, weil sein Leitungsapparat im Ausland angesiedelt ist (so im Ergebnis LAG Baden-Württemberg 17.09.2021 – 7 Sa 32/21). Darin könnte im Vergleich zu dem Flugpersonal inländischer Fluggesellschaften eine sachwidrige Ungleichbehandlung in einem grundrechtlich geschützten Bereich liegen.

cc.Die Frage, ob ein Flugbetrieb iSv. § 24 Abs. 2 KSchG grundsätzlich einer im Inland ansässigen Leitung bedarf, kann aber offenbleiben. Denn die Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes auf den Standort der Beklagten zu 1) in M. folgt hier jedenfalls aus einer verfassungskonformen Auslegung der §§ 2324 Abs. 2 KSchG im Lichte von Art. 12 GG. Die konkreten Umstände des Falles gebieten auch von den soeben unter bb. (3) (b) und (c) dargelegten Standpunkten aus die Annahme eines Luftverkehrsbetriebes iSv. § 24 KSchG, obwohl sich der maßgebliche Leitungsapparat – jedenfalls nach dem Sachvortrag der Beklagten zu 1) – im Ausland befindet.

(1)Das Grundrecht des Art. 12 Abs. 1 GG garantiert die freie Wahl des Arbeitsplatzes. Damit ist zugleich geschützt – nicht garantiert – das Interesse des Arbeitnehmers an einer Erhaltung seines Arbeitsplatzes. Dem steht das Interesse des Arbeitgebers gegenüber, in seinem Unternehmen nur Mitarbeiter zu beschäftigen, die seinen Vorstellungen entsprechen und ihre Zahl auf das von ihm bestimmte Maß zu beschränken. Die kollidierenden Grundrechtspositionen sind in ihrer Wechselwirkung zu erfassen und so zu begrenzen, dass sie für alle Beteiligten möglichst weitgehend wirksam werden. Bundesverfassungsgericht und Bundesarbeitsgericht haben mehrfach darauf hingewiesen, dass die Anknüpfung des Kündigungsschutzgesetzes an den Betriebsbegriff verfassungsrechtlich nur unbedenklich ist, wenn es dadurch nicht zu sachwidrigen Ergebnissen kommt. Das ist möglich, weil der kündigungsrechtliche Betriebsbegriff so offen gehalten ist, dass er einer Auslegung zugänglich ist (BVerfG 27.1.1998 – 1 BvL 15/87; BVerfG 12.3.2009 – 1 BvR 1250/08; ebenso BAG 2.3.2017 – 2 AZR 427/16, Rn. 27; 19.7.2016 – 2 AZR 468/15, Rn. 20; 24.1.2013 – 2 AZR 140/12, Rn. 22; 28.10.2010 – 2 AZR 392/08, Rn. 22; 21.9.2006 – 2 AZR 840/05; 15.3.2001 – 2 AZR 151/00; insbesondere BAG 17.01.2008 – 2 AZR 902/06, Rn. 28).

Von Verfassungswegen ist es grundsätzlich nicht zu beanstanden, den Anwendungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes auf Betriebe zu beschränken, die in der Bundesrepublik Deutschland liegen. Bei verfassungskonformer Auslegung des Betriebsbegriffs des § 23 Abs. 1 KSchG kann aber unter Umständen – insbesondere zur Vermeidung einer Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes – anderes gelten, wenn sich die Betriebsleitung zwar im Ausland befindet, die Arbeitsleistung von mehr als zehn Arbeitnehmern im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 3 KSchG, die den Betrieb im Übrigen bilden, aber in Deutschland erbracht wird (BVerfG 12.3.2009 – 1 BvR 1250/08; BAG 17.01.2008 – 2 AZR 902/06, Rn. 28; BAG 28.10.2010 – 2 AZR 392/08, Rn. 22). Maßgeblich ist eine alle Umstände des Einzelfalls einbeziehende, wertende Gesamtbetrachtung (vgl. auch BAG 13.06.2002 – 2 AZR 327/01, Rn. 18).

(2)Daran gemessen handelte es sich bei der Geschäftstätigkeit der Beklagten zu 1) in M. um einen Flugbetrieb iSv. §§ 2324 Abs. 2 KSchG, der dem Geltungsbereich des Ersten und Zweiten Abschnitts des Kündigungsschutzgesetzes unterfiel. Die im Inland manifestierten betrieblichen Strukturen der Geschäftstätigkeit der Beklagten zu 1) am Standort M. hatten ein Maß und eine Verfestigung erreicht, das einen vollständigen Ausschluss des dabei eingesetzten Flugpersonals vom Kündigungsschutzgesetz im Gegensatz zu dem kündigungsrechtlich geschützten Flugpersonal von im Inland ansässigen Luftverkehrsunternehmen nicht zu rechtfertigen vermag.

(a)Die Beklagte zu 1) betrieb über mehrere Jahre in M. einen Standort mit zuletzt mehr als 120 Flugbegleiterinnen und Flugbegleitern sowie ca. 75 Piloten und Pilotinnen. Für alle Beschäftigten, die das Eckpunktepapier akzeptiert hatten, galt das deutsche Arbeitsvertragsstatut. Das Flugpersonal begann und beendete seine tägliche Arbeit, also die Flüge, regelmäßig am Standort M.. Dort befanden sich auch gewisse örtliche Strukturen, da jedenfalls Büroräume und ein Crewraum am Flughafen M. unterhalten wurden und ein “Base Captain” benannt war, der, wenn auch ggfs. nicht weisungsbefugt, eine herausgehobene Position als beiderseitiger Ansprechpartner für das M.er Flugpersonal und die Flugleitung in X. einnahm. Der Standort hatte den Status als sogenannte Home Base (Heimatbasis, vgl. zu deren Bedeutung im Luftverkehr eingehend BAG 13.02.2020 – 6 AZR 146/19, Rn. 41 – 47). Damit verbunden war jedenfalls die faktische Notwendigkeit für die Beschäftigten, ihren Wohnsitz standortnah zu nehmen. Für die Piloten der Beklagten zu 1) – und damit für den Kläger – stellte sich die betriebliche Lage im Wesentlichen so stetig und verfestigt dar, als wäre er in einem inländisch geführten Flugbetrieb tätig. Das von der Beklagten zu 1) angeführte Beispiel einer ausländischen Airline, deren Flugzeuge nur in Deutschland landen, unterscheidet sich hiervon grundlegend.

(b)Die vom Bundesarbeitsgericht angenommenen Gründe für den Ausschluss ausländischer Betriebe aus dem betrieblichen Geltungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes rechtfertigen unter diesen Umständen nicht, den Schutz des Kündigungsschutzgesetzes zu versagen.

Zunächst unterscheiden sich die dem deutschen Arbeitsvertragsstatut unterliegenden M.er Beschäftigten der Beklagten zu 1) in Bezug auf ihr Interesse an der Erhaltung ihres Arbeitsplatzes in keiner Weise von dem Flugpersonal eines im Inland ansässigen Luftverkehrsunternehmens. Auch das gegenläufige Interesse der Beklagten zu 1), in ihrem Betrieb über die Anzahl der Arbeitnehmer zu bestimmen, unterscheidet sich nicht von dem eines anderen im Inland ansässigen Luftverkehrsunternehmens. Hiervon ausgehend tragen die Gründe für den vollständigen Ausschluss der Arbeitnehmer von im Ausland ansässigen Betrieben aus dem Kündigungsschutz, wie sie das Bundesarbeitsgericht annimmt (BAG 17.01.2008 – 2 AZR 902/06, Rn. 24 ff. und 26.03.2009 – 2 AZR 883/07, Rn. 15 ff.), nicht (vgl. zur Kritik an dieser Rspr. etwa HWK/Quecke, 9. Aufl. § 23 Rn. 2 mwN).

(aa)Die Anknüpfung des Geltungsbereichs an den Begriff “Betrieb” im Wortlaut der Norm sagt für sich nichts über dessen Inlandsbezogenheit. Zwar lässt sich diesem Begriff ein gewisser Bezug zum Betriebsverfassungsgesetz entnehmen, das seinerseits internationalrechtlich nur im Inland Geltung beansprucht. Doch sind Kündigungsschutz und Betriebsverfassung seit langem entkoppelt; das Kündigungsschutzgesetz findet ohne weiteres auf Betriebe ohne Arbeitnehmervertretungen Anwendung. Soweit das Gesetz an verschiedenen Stellen Bezüge zum Betriebsverfassungsgesetz und zum Personalvertretungsgesetz herstellt, wie etwa in § 1 Abs. 2 Satz 2, § 1 Abs. 4 und § 1 Abs. 5, § 3, § 4 Satz 2 KSchG, hindert das seine Anwendung auf betriebsratslose Betriebe gerade nicht, wie die jahrzehntelange Handhabung des Gesetzes zeigt.

(bb)Der systematische Zusammenhang (Umkehrschluss) zu § 24 Abs. 2 KSchG, der nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts im Gegensatz zu § 23 KSchG auf den Inlandsbezug verzichtet, besagt ebenfalls nichts; dieser Verzicht ist hier gerade zu beweisen.

(cc)Aus den Gesetzesmaterialien ergeben sich keine Anhaltspunkte für eine Inlandsbegrenzung des Betriebs i. S. d. §§ 2324 Abs. 2 KSchG. Im Rahmen der historischen Auslegung kann allenfalls das Schweigen des Gesetzgebers in Kenntnis der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts angeführt werden. Dieser allgemein eher schwache Anhaltspunkt kann einer verfassungskonformen Auslegung schon grundsätzlich nicht entgegenstehen.

(dd)Der maßgebliche Grund für den Ausschluss im Ausland gelegener Betriebe liegt nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts darin, dass die Frage nach der Sozialwidrigkeit nahezu immer eine Einbeziehung der betrieblichen Gegebenheiten erfordere. Anderenfalls würden die Kohärenzen und Korrespondenzen des Kündigungsschutzrechts zerrissen. Die Prüfung der Sozialwidrigkeit setze voraus, dass einheitlich deutsches Arbeitsrecht und insbesondere das Recht des Kündigungsschutzgesetzes angewendet und auch durchgesetzt werden könne. Dies gelte etwa in Bezug auf Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten in anderen Betrieben desselben Unternehmens oder die Auswahl nach sozialen Gesichtspunkten. Auch bei der Auflösung des Arbeitsverhältnisses (§§ 910 KSchG), beim Sonderkündigungsschutz nach § 15 KSchG und beim Massenentlassungsschutz (§§ 17 ff. KSchG) seien betriebliche Gegebenheiten und damit die Rechtsverhältnisse anderer im Betrieb beschäftigter Arbeitnehmer maßgeblich (so BAG 26.03.2009 – 2 AZR 883/07, Rn. 15 ff.).

Dieser Grund rechtfertigt unter den hier gegebenen Umständen nicht den vollständigen Ausschluss der Arbeitnehmer der Beklagten zu 1) am Standort M. mit deutschem Arbeitsvertragsstatut von der Geltung des Kündigungsschutzgesetzes. Die Frage der Sozialwidrigkeit einer Kündigung, insbesondere die der Möglichkeit einer anderweitigen Weiterbeschäftigung stellt sich hier in gleicher Weise wie etwa bei einem inländischen Betrieb, der über im Ausland gelegene Betriebsteile verfügt, dar. Hier ist das Kündigungsschutzgesetz ohne Zweifel auf die im Inland mit deutschen Arbeitsvertragsstatut Beschäftigten anzuwenden, sofern der gemäß § 23 Abs. 1 Sätze 2-4 KSchG erforderliche Schwellenwert im Inland überschritten ist. Die Frage einer anderweitigen Weiterbeschäftigung stellt sich ebenso wie etwa bei einem Unternehmen, das neben einem inländischen Betrieb über weitere Betriebe im Ausland verfügt. In beiden Fällen besteht nach allgemeiner Meinung für die inländischen Arbeitnehmer Kündigungsschutz; es stellt sich allein die Frage, ob und ggfs. unter welchen Voraussetzungen eine Berufung auf freie Arbeitsplätze im Ausland Erfolg haben kann. Das gleiche gilt für die nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts gebotene Beschränkung der Sozialauswahl auf in Deutschland gelegene Betriebe (BAG 27.06.2019 – 2 AZR 38/19, Rn. 26; 29.08.2013 – 2 AZR 809/12, Rn. 40). Auch diese hindert nicht die Gewährung des Kündigungsschutzes im Übrigen.

Der Anwendung des Gesetzes auf dauerhafte und verfestigte Beschäftigungsstrukturen der hier gegebenen Art steht auch der bei der Auflösung des Arbeitsverhältnisses (§§ 910 KSchG), beim Sonderkündigungsschutz nach § 15 KSchG und beim Massenentlassungsschutz (§§ 17 ff. KSchG) auftretende Bezug zu betrieblichen Gegebenheiten nicht entgegen. Die Berücksichtigung betrieblicher Gegebenheiten, etwa bei der Frage einer den Betriebszwecken dienlichen weiteren Zusammenarbeit (§ 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG), ist ohne weiteres auch dann möglich, wenn sich Teile des Betriebs auf das Ausland erstrecken. Der Sonderkündigungsschutz nach § 15 KSchG spielt bei einem Betrieb, dessen Leitung im Ausland ansässig ist, keine Rolle, weil das Betriebsverfassungsgesetz territorial nur auf inländische Betriebe Anwendung findet. Es gibt keine gemäß § 15 KSchG geschützten Arbeitnehmer. Sollten sich Arbeitnehmer – in Verkennung des Betriebszuschnitts iSd. BetrVG – etwa als Wahlinitiatoren – engagieren, bestünde kein Sonderkündigungsschutz nach § 15 Abs. 3a und Abs. 3b KSchG. Beim Massenentlassungsschutz (§§ 17 ff. KSchG) gilt schließlich ohnehin der abweichende Betriebsbegriff der Richtlinie 98/59/EG des Rates vom 10. Juni 1998 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Massenentlassungen (im Folgenden: MERL) (BAG 13.02.2020 – 6 AZR 146/19, Rn. 32).

(ee)Bei diesem Bild bedeutete ein Ausschluss des Klägers aus dem Anwendungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes eine Ungleichbehandlung gegenüber dem Flugpersonal inländisch angesiedelter Flugbetriebe ohne sachlichen Grund in einem grundrechtsrelevanten Bereich. Verletzt wäre das Grundrecht des Klägers aus Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG, das hier als speziellere Norm den ebenfalls berührten Schutzbereich des Art. 3 Abs. 1 GG mitumfasst. Die bloße apodiktische Behauptung, der Gesetzgeber sei nicht gehindert, die Anwendung des Kündigungsschutzgesetzes davon abhängig zu machen, dass ein Betrieb in der Bundesrepublik Deutschland gelegen ist (so BAG 17.01.2008 – 2 AZR 902/06, Rn. 32), bietet, wie dargelegt, unter Berücksichtigung des Schutzzwecks des Kündigungsschutzgesetzes und der angeführten Gründe für seine nationale Begrenzung keine Rechtfertigung. Aufgrund dessen gebietet die verfassungskonforme Auslegung der §§ 2324 Abs. 2 KSchG die Erstreckung des Geltungsbereichs des Ersten und Zweiten Buchs des Kündigungsschutzgesetzes auf den hier gegeben Sachverhalt.

2.Die Kündigung der Beklagten zu 1) ist nicht sozial ungerechtfertigt iSd. § 1 Abs. 1 iVm. Abs. 2 und 3 KSchG. Es liegen aufgrund der Schließung des Standortes M. dringende betriebliche Erfordernisse vor. Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten bestanden nicht. Eine soziale Auswahl war nicht durchzuführen, da alle in Deutschland beschäftigten Arbeitnehmer entlassen wurden.

a.Die Stilllegung des Standortes M. ließ den Beschäftigungsbedarf der Beklagten zu 1) für den Kläger entfallen und stellt ein dringendes betriebliches Erfordernis iSv. § 1 Abs. 2 KSchG dar. Auch insoweit hält die Kammer an ihrer in einem Parallelverfahren geäußerten Auffassung fest (LAG Düsseldorf 17.11.2021 – 4 Sa 303/21, juris Rn. 112 ff.).

aa.Die Stilllegung des gesamten Betriebs oder einzelner Teile durch den Arbeitgeber gehört zu den dringenden betrieblichen Erfordernissen i. S. v. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG, die einen Grund zur sozialen Rechtfertigung einer Kündigung abgeben können (BAG 14.05.2020 – 6 AZR 235/19, Rn. 90 ff.; 27.02.2020 – 8 AZR 215/19, Rn. 73; 21.05.2015 – 8 AZR 409/13, Rn. 51; 26.05.2011 – 8 AZR 37/10, Rn. 25). Unter Betriebsstilllegung ist die Auflösung der zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer bestehenden Betriebs- und Produktionsgemeinschaft zu verstehen, die ihre Veranlassung und ihren unmittelbaren Ausdruck darin findet, dass der Unternehmer die bisherige wirtschaftliche Betätigung in der ernstlichen Absicht einstellt, die Verfolgung des bisherigen Betriebszweckes dauernd oder für eine ihrer Dauer nach unbestimmte, wirtschaftlich nicht unerhebliche Zeitspanne nicht weiter zu verfolgen (BAG 27.02.2020 – 8 AZR 215/19; 21.05.2015 – 8 AZR 409/13, Rn. 51; 16.02.2012 – 8 AZR 693/10, Rn. 37). Anders als bei dem – identitätswahrenden – Übergang eines Betriebs bzw. eines Betriebsteils i. S. v. § 613a BGB muss sich eine Stilllegung nicht auf einen irgendwie organisatorisch oder funktionell abgrenzbaren Betrieb oder Betriebsteil beziehen. Ein dringendes betriebliches Erfordernis für eine Kündigung kann vielmehr nach allgemeiner Meinung bei jedwedem dauerhaften Wegfall von Beschäftigungsbedarf bestehen, so etwa aufgrund der Stilllegung einer einzelnen Maschine (vgl. HWK/Quecke, 9. Aufl. § 1 KSchG Rn. 294 ff. mwN).

bb.Die unternehmerische Entscheidung unterliegt dabei keinem Formzwang (BAG 31.07.2014 – 2 AZR 422/13, Rn. 35 mwN). Sie muss sich aber nach außen manifestiert haben (BAG 20.11.2014 – 2 AZR 512/13, Rn. 17). Die geplanten Maßnahmen müssen zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung bereits “greifbare Formen” angenommen haben (BAG 21.05.2015 – 8 AZR 409/13, Rn. 53; 15.12.2011 – 8 AZR 692/10, Rn. 40). Von einer Stilllegung kann jedenfalls dann ausgegangen werden, wenn der Arbeitgeber seine Stilllegungsabsicht unmissverständlich äußert, allen Arbeitnehmern kündigt, etwaige Miet- oder Pachtverträge zum nächstmöglichen Zeitpunkt auflöst, die Betriebsmittel, über die er verfügen darf, veräußert und die Betriebstätigkeit vollständig einstellt (BAG 21.05.2015 – 8 AZR 409/13, Rn. 53; 26.05.2011 – 8 AZR 37/10, Rn. 26).

cc.Für die Beurteilung der Wirksamkeit der Kündigung ist zudem maßgeblich, welche unternehmerische Entscheidung im Zeitpunkt der Kündigung von der Beklagten getroffen worden war. Frühere Überlegungen sind dagegen grundsätzlich nicht erheblich (BAG 14.03.2013 – 8 AZR 153/12, Rn. 13). Zugleich ist zu berücksichtigen, dass eine unstreitige Entwicklung die tatsächliche Vermutung begründet, dass bei Zugang der Kündigung ein tragfähiges Konzept der Beklagten zu 1) vorlag, das den Beschäftigungsbedarf für den Kläger bei Ablauf der Kündigungsfrist entfallen ließ (vgl. BAG 12.07.2007 – 2 AZR 722/05; 16.02.2012 – 8 AZR 693/10, Rn. 40; ErfK/Oetker, 22. Aufl. 2021, KSchG § 1 Rn. 280).

dd.In Anwendung dieser Grundsätze steht zur Überzeugung der erkennenden Kammer fest, dass die Beklagte zu 1) im maßgeblichen Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung vom 10.09.2020 die unternehmerische Entscheidung getroffen und im Sinne greifbarer Formen auch umgesetzt hatte, die Tätigkeit in Deutschland zu beenden und damit auch den Standort M. zu schließen.

(1)Zunächst sind frühere Verlautbarungen seitens der Beklagten zu 1) zur Frage der Fortführung des Standorts M. im Kündigungszeitpunkt überholt und damit unbeachtlich. Richtig ist, dass die Geschäftsführer der Beklagten zu 1) noch in der E-Mail vom 10.07.2020 aufgrund des Anteils der positiven Rückmeldungen zum Eckpunktepapier die Hoffnung ausgedrückt hatten, den Standort M. auf der neuen Kostenbasis zu erhalten. Ein rechtsverbindlicher Verzicht auf zukünftige Kündigungen, an welchen die Beklagte zu 1) gebunden wäre, liegt darin nicht. Vielmehr hofften die Autoren auf einen Erfolg der kostenreduzierten Station in M., ohne den Bestand der Station zu garantieren und beschrieben auch die weiterhin bestehenden Herausforderungen. Die nachfolgende E-Mail-Nachricht ihrer Geschäftsführer vom 28.07.2020, wonach die Beklagte zu 1) ihren Betrieb zum Ende des Jahres einstellen werde und gleichzeitig in Aussicht gestellt wurde, dass die Beklagte zu 2) eine Basis in M. eröffnen werde, betrifft eine Frage des – im Ergebnis nicht gegebenen, weil nicht umgesetzten und im Übrigen den Kläger nicht betreffenden – Betriebsübergangs. Schon hier kommt aber zum Ausdruck, dass die Beklagte zu 1) den Betrieb nicht fortführen wird, und dies manifestiert sich auch nach außen durch entsprechende Kundgabe. Überholt war die Aussage der E-Mail vom 10.07.2020, in der noch auf den Fortbestand der Station bei der Beklagten zu 1) gehofft wurde. Der zeitliche Ablauf ist insoweit dicht aufeinanderfolgend und mag nach außen sprunghaft wirken. Die Entscheidung ist indes nicht offensichtlich unsachlich, unvernünftig oder willkürlich. Vielmehr spricht für eine beschlossene und tatsächlich durchgeführte unternehmerische Organisationsentscheidung die Vermutung, dass sie aus sachlichen – nicht zuletzt wirtschaftlichen – Gründen getroffen wurde und nicht auf Rechtsmissbrauch beruht (BAG 31.07.2014 – 2 AZR 422/13 – m. w. N.). Vom Gericht nachzuprüfen ist, ob eine solche Entscheidung tatsächlich vorliegt und durch ihre Umsetzung das Beschäftigungsbedürfnis für einzelne Arbeitnehmer entfallen ist (BAG 13.07.2008 – 2 AZR 1037/06, Rn. 12).

(2)Genauso liegt es hier. Die Beklagte zu 1) hat ihre Stilllegungsentscheidung betreffend den Flugbetrieb in Deutschland und die Schließung der Station M. tatsächlich umgesetzt, was bereits bei Zugang der Kündigung greifbare Formen angenommen hatte. Zur Auflösung der M.er Station ist anzuführen, dass die Beklagte zu 1) am 09.09.2020 gegenüber der Agentur für Arbeit Düsseldorf eine beabsichtigte Massenentlassung anzeigte. Am Folgetag wurde eine Vielzahl von Kündigungen von Arbeitsverhältnissen der in M. Beschäftigten ausgesprochen, wie aus der großen Zahl von Kündigungsschutzverfahren gerichtsbekannt ist. Etwa zeitgleich gab S. eine Pressemitteilung ab, wonach sich die Fluglinie aufgrund zu hoher Gebühren und Abfertigungskosten vom Flughafen M. zurückziehen werde. Zwar müssen Verlautbarungen der Presse nicht stets zutreffen, doch ist nicht ersichtlich, warum S. sonst ein Marktsegment öffentlich preisgeben sollte. Diese Verlautbarung entspricht zudem der E-Mail des Leiters der Routenentwicklung von S. an den Flughafen vom 09.09.2020. Ob es sich dabei um zu hohe Gebühren oder aber um das Auslaufen bisheriger günstiger Konditionen – wie der Kläger meint – handelt, ist unerheblich. Außerdem gab die F. GmbH die korrespondierende Mitteilung ab, dass die von S. geflogenen Strecken zukünftig im Wesentlichen von ihr bedient würden. Verschiedene Presseerzeugnisse nahmen dies auf. Unstreitig hat die F. GmbH ca. 95 % der zuletzt von S. gehaltenen Slots am Flughafen M. übernommen. Bestätigt wird all dies noch durch den – ebenfalls gerichtsbekannten – Ausspruch einer Vielzahl von Kündigungen der für M. eingestellten Arbeitnehmer durch die Beklagte zu 2) am 10.09.2020. Wenn sich aber S. aus M. zurückzieht, sind keine weiteren Tätigkeiten der Beklagten zu 1) von M. aus mehr ersichtlich, da sie zuletzt jedenfalls ganz überwiegend nur noch im Wet-Lease für S. flog. Weiter hat die Beklagte zu 1) gegenüber der Betreiberin des Flughafens M. am 15.09.2020 das Mietverhältnis über den Crewraum gekündigt. Auf die von dem Kläger problematisierte Frage, ob eine solche Kündigung wirksam zum 31.10.2020 zulässig war und rechtlich ein wichtiger Grund für eine Kündigung ohne Frist gemäß § 14.3 des Mietvertrags gegeben war, kommt es nicht an. Das Kündigungsschreiben selbst manifestiert als weiterer Umstand die Umsetzung der Schließung der Station M. durch die Beklagte zu 1). Am 19.10.2020 hob der letzte kommerzielle Flug der Beklagten zu 1) von M. ab. Die Auflösung der Station Stuttgart steht zwischen den Parteien nicht im Streit.

(3)Die unternehmerische Entscheidung hatte auch nicht eine nur vorübergehende, etwa pandemiebedingte Schließung des Standortes M. zum Inhalt. Das stünde im Widerspruch dazu, dass die ebenfalls von der Pandemie betroffenen Standorte Wien und Palma, wenn auch von der Beklagten zu 2), fortgeführt wurden. Vielmehr ging die Schließung des M.er Standortes auf das Scheitern der Verhandlungen zwischen der Muttergesellschaft S. und der Flughafengesellschaft M. zurück und sollte nicht nur vorübergehend erfolgen. Dies alles wird durch die tatsächliche Entwicklung bestätigt. Es gibt, wie im Kammertermin mit den Parteien erörtert, auch heute keine Station der Beklagten zu 1) am Flughafen M.. Die Beklagte zu 1) bietet keine Flüge von M. aus an. Dies gilt auch für etwaige zuletzt noch ausgeübte wenige eigene Flüge unter ihrem Kürzel. Die Schließung der Station M. ist tatsächlich und dauerhaft umgesetzt worden. Nichts anderes gilt im Übrigen für die Beklagte zu 2). Diese hat ihren Geschäftsbetrieb in M. tatsächlich nie aufgenommen. Die unstreitige Entwicklung begründet so im vorliegenden Fall zusätzlich die tatsächliche Vermutung, dass bei Zugang der Kündigung ein tragfähiges Konzept der Beklagten zu 1) vorlag, das den Beschäftigungsbedarf für den Kläger bei Ablauf der Kündigungsfrist entfallen lassen würde.

ee.Durch die Umsetzung der unternehmerischen Entscheidung ist der Beschäftigungsbedarf für den Kläger entfallen. Der Kläger ist von der Beklagten zu 1) vom Flughafen M. als Heimatbasis bzw. vertraglichem Einsatzort aus im Wet-Lease für S. eingesetzt worden. Daran ändert der Umstand, dass im Arbeitsvertrag ggfs. X. als Stationierungsort angegeben ist, nichts. Maßgeblich ist der vertragliche Einsatzort bzw. die Heimatbasis. Diese Beschäftigungsmöglichkeit bei der Beklagten zu 1) ist entfallen, weil diese derartige Flüge von M. oder einer anderen Station in Deutschland aus nicht mehr fortführt.

ff. Der Stilllegung des Geschäftsbetriebs steht nicht entgegen, dass die Beklagte zu 2) den Betrieb oder einen Betriebsteil der Beklagten zu 1) übernommen hätte. Denn der Kläger war in keinem Fall einer etwaig von der Beklagten zu 2) gemäß § 613a Abs. 1 BGB übernommenen Einheit zugeordnet.

(1)Betriebsveräußerung und Betriebsstilllegung schließen sich systematisch aus (st. Rspr., BAG 14.05.2020 – 6 AZR 235/19, Rn. 91; 27.02.2020 – 8 AZR 215/19, Rn. 78, jeweils mwN). Wird ein Betriebsteil veräußert und der verbleibende “Restbetrieb” stillgelegt, kommt es darauf an, ob der gekündigte Arbeitnehmer dem auf einen Erwerber übergehenden Betriebsteil zugeordnet war. Ist dies nicht der Fall, so kann die Stilllegung des “Restbetriebs” einen betriebsbedingten Kündigungsgrund darstellen, wenn der Arbeitnehmer diesem Betriebsteil zugeordnet war (vgl. BAG 14.03.2013 – 8 AZR 153/12, Rn. 25 ff. mwN; 14.05.2020 – 6 AZR 235/19, Rn. 91). Dabei ist nicht erforderlich, dass der “Restbetrieb” seinerseits eine organisatorisch und funktional abtrennbare, übergangsfähige Einheit iSd. Rechtsprechung zu § 613a BGB darstellt. Denn für seine Stilllegung kommt es nicht auf eine irgendwie geartete Identitätswahrung an.

Ein Betriebsübergang oder Betriebsteilübergang nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB und iSd. Betriebsübergangsrichtlinie 2001/23/EG liegt vor, wenn ein neuer Rechtsträger eine beim vormaligen Inhaber bestehende wirtschaftliche Einheit im Sinne einer organisierten Zusammenfassung von Ressourcen zur Verfolgung einer wirtschaftlichen Haupt- oder Nebentätigkeit unter Wahrung ihrer Identität fortführt (EuGH 13.06.2019 – C-664/17 – [Ellinika Nafpigeia], Rn. 60; 06.03.2014 – C-458/12 – [Amatori u. a.], Rn. 30; BAG 14.05.2020 – 6 AZR 235/19, Rn. 58; 27.02.2020 – 8 AZR 215/19, Rn. 80, jeweils mwN).

Die beim vormaligen Inhaber bestehende wirtschaftliche Einheit muss auf Dauer angelegt und ihre Tätigkeit darf nicht auf die Ausführung eines bestimmten Vorhabens beschränkt sein. Es muss sich um eine selbstständig abtrennbare organisatorische Einheit handeln, mit der innerhalb des betrieblichen Gesamtzwecks ein Teilzweck verfolgt worden ist. Die Erfüllung eines betrieblichen Teilzwecks ist nur eine der Voraussetzungen für die Annahme des Vorliegens eines Betriebsteils und vermag das Fehlen einer abgrenzbaren organisatorischen Einheit nicht zu ersetzen. Hierbei darf die im Betriebsteil liegende Einheit nicht als bloße Tätigkeit verstanden werden. Die Identität der Einheit ergibt sich auch aus anderen Merkmalen wie ihrem Personal, ihren Führungskräften, ihrer Arbeitsorganisation, ihren Betriebsmethoden und ggf. den ihr zur Verfügung stehenden Betriebsmitteln. Eine bloß bestehende funktionelle Verknüpfung beim Veräußerer genügt nicht. Die Einheit bedarf einer ausreichenden funktionellen Autonomie, insbesondere müssen ihr Befugnisse zur Leitung der zugehörigen Gruppe von Arbeitnehmern eingeräumt sein, um deren Arbeit relativ frei und unabhängig zu organisieren und insbesondere Weisungen zu erteilen und Aufgaben auf die zu dieser Gruppe gehörenden untergeordneten Arbeitnehmer zu verteilen, ohne dass andere Organisationsstrukturen des Arbeitgebers dabei zwischengeschaltet sind (EuGH 13.06.2019 – C-664/17 – [Ellinika Nafpigeia], Rn. 60; 06.03.2014 – C-458/12 – [Amatori u. a.], Rn. 31 f.; BAG 14.05.2020 – 6 AZR 235/19, Rn. 58 f.; 27.02.2020 – 8 AZR 215/19, Rn. 81, jeweils mwN).

Der Übergang eines Betriebs oder Betriebsteils im vorgenannten Sinne auf einen Betriebsnachfolger erfordert sodann, dass die Identität der beim vormaligen Inhaber bestehenden wirtschaftlichen Einheit beim Betriebsnachfolger bewahrt wird. Bei der Prüfung, ob eine solche Einheit ihre Identität bewahrt, müssen sämtliche den betreffenden Vorgang kennzeichnenden Tatsachen berücksichtigt werden. Dazu gehören namentlich die Art des Unternehmens oder Betriebs, der etwaige Übergang der materiellen Betriebsmittel wie Gebäude und bewegliche Güter, der Wert der immateriellen Aktiva im Zeitpunkt des Übergangs, die etwaige Übernahme der Hauptbelegschaft durch den neuen Inhaber, der etwaige Übergang der Kundschaft sowie der Grad der Ähnlichkeit zwischen den vor und nach dem Übergang verrichteten Tätigkeiten und die Dauer einer eventuellen Unterbrechung dieser Tätigkeiten. Diese Umstände sind jedoch nur Teilaspekte der vorzunehmenden Gesamtbewertung und dürfen deshalb nicht isoliert betrachtet werden (vgl. u. a. EuGH 20.01.2011 – C-463/09 – [CLECE], Rn. 34 mwN; BAG 14.05.2020 – 6 AZR 235/19, Rn. 61; 27.02.2020 – 8 AZR 215/19, Rn. 85; 22.01.2015 – 8 AZR 139/14, Rn. 15). Den für das Vorliegen eines Übergangs maßgebenden Kriterien kommt je nach der ausgeübten Tätigkeit und je nach den Produktions- oder Betriebsmethoden unterschiedliches Gewicht zu (EuGH 15.12.2005 – C-232/04 und C-233/04 – [Güney-Görres und Demir], Rn. 35; BAG 22.01.2015 – 8 AZR 139/14, Rn. 15 mwN).

Die organisatorische Selbstständigkeit der Einheit muss beim Betriebsnachfolger indes nicht vollständig erhalten bleiben (EuGH 12.02.2009 – C-466/07 – [L.], NZA 2009, 251; BAG 13.10.2011 – 8 AZR 455/10, Rn. 37; 07.04.2011 – 8 AZR 730/09). Nicht die Beibehaltung der konkreten Organisation der verschiedenen übertragenen Produktionsfaktoren durch den Erwerber, sondern die Beibehaltung der funktionellen Verknüpfung der Wechselbeziehung und gegenseitigen Ergänzung zwischen diesen Faktoren stellt das maßgebliche Kriterium für die Bewahrung der Identität der übertragenen Einheit dar. So erlaubt es die Beibehaltung einer solchen funktionellen Verknüpfung zwischen den übertragenen Faktoren dem Erwerber, diese Faktoren, selbst wenn sie nach der Übertragung in eine neue, andere Organisationsstruktur eingegliedert werden, zu nutzen, um derselben oder einer gleichartigen wirtschaftlichen Tätigkeit nachzugehen (EuGH 09.09.2015 – C-160/14 – [Ferreira da Silva e Brito u. a.]; 12.02.2012 – C-466/07; BAG 14.05.2020 – 6 AZR 235/19Rn. 62; 27.02.2020 – 8 AZR 215/19, Rn. 87).

Im Luftverkehrssektor ist der Übergang von Material als ein wesentliches Kriterium für die Beurteilung des Vorliegens eines Betriebs(teil)übergangs iSd. Richtlinie 2001/23/EG anzusehen (vgl. EuGH 09.09.2015 – C-160/14 – [Ferreira da Silva e Brito u. a.]; BAG 14.05.2020 – 6 AZR 235/19, Rn. 62; 27.02.2020 – 8 AZR 215/19, Rn. 86). Insoweit ist das Eintreten in Miet- bzw. Leasingverträge über Flugzeuge und deren tatsächliche Nutzung von besonderer Bedeutung. Damit kann – je nach den Umständen des jeweiligen Falls – die Übernahme unerlässlicher Teile zur Fortsetzung einer zuvor ausgeübten Tätigkeit eines Luftfahrtunternehmens belegt sein. Von Bedeutung ist auch eine etwaige Übernahme weiterer Ausrüstungsgegenstände, ein etwaiger Eintritt in bestehende Charterflugverträge mit Reiseveranstaltern, was zum Ausdruck bringt, dass die Kundschaft übernommen wurde, eine etwaige Ausweitung von Flügen auf Routen, die zuvor von dem bisherigen Inhaber der Miet- bzw. Leasingverträge bedient wurden, was die Fortsetzung der zuvor ausgeübten Tätigkeit widerspiegelt, die etwaige Reintegration von Arbeitnehmern und deren Beschäftigung mit Tätigkeiten, die mit ihren bisherigen Aufgaben übereinstimmen, was die Übernahme eines Teils des Personals belegt (BAG 14.05.2020 – 6 AZR 235/19, Rn. 62; 27.02.2020 – 8 AZR 215/19, Rn. 86). Als Teilaspekt zu berücksichtigen sein kann ferner, wenn Zeitnischen auf Flughäfen (Slots) auf einen neuen Inhaber übergegangen sind (BAG 27.02.2020 – 8 AZR 215/19, Rn. 114 ff.).

Bei Anwendung des Kündigungsschutzgesetzes muss der Arbeitgeber die Kündigungsgründe, hier die Stilllegung, gem. § 1 Abs. 2 S. 4 KSchG darlegen und beweisen. Der Betriebsübergang ist kein dringendes betriebliches Erfordernis für eine Kündigung.

(2)Danach ist es nicht zu einem Betriebs(teil)übergang von der Beklagten zu 1) auf die Beklagte zu 2) gekommen, der das Arbeitsverhältnis des Klägers erfasst hätte.

(a)Die Beklagte zu 2) hat zunächst keinen auf das Deutschlandgeschäft der Beklagten zu 1) oder die Station M. beschränkten Teilbetrieb i.S.d. § 613a Abs. 1 BGB und der Richtlinie 2001/23/EG übernommen. Sollte es sich dabei trotz des Fehlens einer örtlichen Leitungsstruktur überhaupt um eine übergangsfähige wirtschaftliche Einheit i. S. d. § 613a Abs. 1 BGB handeln, so hat die Beklagte zu 2) einen solchen Teilbetrieb gerade nicht fortgeführt, sondern stillgelegt. In den deutschen Flugbetrieb der Beklagten zu 1) ist niemand eingetreten. Es ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass die Beklagte zu 2) nach M. oder Stuttgart bzw. von dortigen Stationen aus Flugleistungen erbringt, insbesondere nicht im Wet-Lease für S.. Sie verfügt weder über die Slots – jedenfalls die M.er Slots wurden von der F. GmbH übernommen – noch über irgendein sächliches Betriebsmittel an diesen Stationen. Entgegen dem klägerischen Vorbringen sind die von der Beklagten zu 2) angeflogenen Destinationen damit “nicht im Wesentlichen gleichgeblieben”, da zumindest die Flüge von und nach M. und Stuttgart fehlen. Dabei handelte es sich um zwei von vier Stationen der Beklagten zu 1), die mindestens täglich frequentiert wurden; jedenfalls begannen und endeten die Arbeitstage des Flugpersonals an den Stationen. Soweit die Beklagte zu 2) Flugzeuge nutzt, die zuvor auf die Beklagte zu 1) registriert waren, setzt sie diese nicht für die zuvor von der Beklagten zu 1) in und von Deutschland aus verrichtete Tätigkeit ein. Die bei der Beklagten zu 1) für den deutschlandweiten Flugbetrieb bestehende funktionelle Verknüpfung, die nach der L.-Entscheidung des EuGH (12.02.2009 – C-466/07 -; vgl. BAG 17.12.2009 – 8 AZR 1019/08) zur Feststellung eines identitätswahrenden Übergangs einer wirtschaftlichen Einheit fortbestehen muss, wurde aufgelöst. Dasselbe gilt für die Mitarbeiter, die bisher bei der Beklagten zu 1) in M. beschäftigt waren und mit der Beklagten zu 2) Arbeitsverhältnisse begründet hatten. Sie werden überhaupt nicht eingesetzt, so dass die bestehende funktionelle Verknüpfung der M.er Belegschaft mit der von hier aus erbrachten Tätigkeit bei der Beklagten zu 2) nicht aufrechterhalten wurde. Diese Beschäftigten waren und sind bei der Beklagten zu 2) in keiner Weise integriert. Die zuvor in Stuttgart Beschäftigten haben schon keine Arbeitsverhältnisse mit der Beklagten zu 2) begründet.

Es bestehen keine Anhaltspunkte, dass die Beklagte zu 2) nicht ernsthaft und endgültig die Nichtaufnahme der ursprünglich beabsichtigten Station M. beschlossen hätte. Sie hat endgültig von einem möglichen zuvor beabsichtigten Teilbetriebsübergang Abstand genommen. Unstreitig hat S., auf die die Beklagte zu 1) einen Gutteil ihrer Slots übertragen hatte, nahezu sämtliche M.er Slots der F. GmbH überlassen, was ohne deren Zutun unumkehrbar ist. Das klägerische Vorbringen, dass “Deutschland ein viel zu lukrativer Markt sei, um ihn nicht zu bedienen”, ist spekulativ. Lukrativ ist der Markt vor allem an den koordinierten Flughäfen, die nur mit den entsprechenden Start- und Landerechten bedient werden können, die nicht mehr für die Beklagten zu 2) verfügbar sind. Auch zeigt der weitere Verlauf, dass der Flugbetrieb deutschlandweit eingestellt ist. Die Beklagte zu 1) fliegt überhaupt nicht mehr. Die Beklagte zu 2) fliegt allenfalls vereinzelt andere Verbindungen nach Deutschland, z.B. nach Hamburg oder Nürnberg, nicht aber von Deutschland aus. Bei den außerdem diskutierten Flugleistungen der N. Air Ltd. ist ein Zusammenhang mit dem früheren Flugbetrieb der Beklagten zu 1) in Deutschland nicht ersichtlich; insbesondere fliegt die N. Air Ltd. nicht Düsseldorf oder Stuttgart, sondern Berlin, Köln, Nürnberg und Frankfurt (Main) an. Letztlich ist – wie ausgeführt – auch unstreitig, dass es einen Flugbetrieb auch der Beklagten zu 2) von einer Station Düsseldorf oder Stuttgart aus nie – auch nicht im Zeitpunkt des letzten Kammertermins – gab.

(b)Ein etwaiger Übergang eines auf die Standorte Wien und Palma und zukünftig womöglich auch A. beschränkten Teilbetriebs von der Beklagten zu 1) auf die Beklagte zu 2) hat das Arbeitsverhältnis des Klägers nicht erfasst. Ein Betriebsteilübergang betrifft nur solche Arbeitnehmer, die in den übergegangenen Betriebsteil tatsächlich eingegliedert waren (BAG 25.04.2013 – 6 AZR 49/12, Rn. 170, 182; BAG 14.05.2020 – 6 AZR 235/19, Rn. 91). Der Kläger, mit dem der Einsatzort M. vereinbart war und der regelmäßig seinen Arbeitstag dort begann und beendete, war ihm nicht zugeordnet. Bei der von der Beklagten zu 1) ganz überwiegend betriebenen Art des Wet-Lease handelt es sich um eine standortgebundene Leistung. Diese hatte regelmäßig Flugdienstleistungen von und nach M. unter Einschluss etwaiger Dreiecksflüge zum Inhalt, nicht aber Flüge mit beliebigen Start- und Landepunkten (sog. pointtopoint-Flugverkehr). Nichts anderes gilt für etwaige in geringem Umfang gegebene eigene Flüge der Beklagten zu 1). Soweit im Arbeitsvertrag des Klägers zusätzlich zu dem Einsatzort M. als “Stationierungsort” X. angegeben ist, ändert dies die maßgebliche tatsächliche Zuordnung des Klägers zu dem Standort M. nicht. Das auf M. bezogene Geschäft gehörte nicht zu einem etwaigen Betriebsteil “Wien/Palma” oder aber einem ohnehin nur künftigen Betriebsteil “A.”. Aus diesem Grund kann dahinstehen, ob ein derartiger Betriebsteil bei der Beklagten zu 1) bestanden hat und auf die Beklagte zu 2) übergegangen ist.

(c)Die Beklagte zu 2) hat nicht einen etwaigen einheitlichen Betrieb der Beklagten zu 1) mit der Zentrale in X. und den Standorten Wien, Palma, Stuttgart und Düsseldorf in seiner Gesamtheit übernommen, worauf der Kläger letztlich mit seiner Berufungsbegründung unter Darstellung verschiedener mit Spiegelstrichen aufgeführten Einzelumstände maßgeblich abstellt.

Unverzichtbares Kriterium für den Betriebsübergang ist nach neuerer Rechtsprechung die tatsächliche Weiterführung der Geschäftstätigkeit durch den Betriebsnachfolger. Für die Annahme eines “Gesamtbetriebsübergangs” genügt nicht die bloße Möglichkeit der Betriebsfortführung (st. Rspr., vgl. BAG 27.09.2012 – 8 AZR 826/11, Rn. 21 m.w.N.; ebenso EuGH 26.05.2005 – C-478/03 – [Celtec], Rn. 36; 20.11.2003 – C-340/01 – [Carlito Abler]; 10.12.1998 – C-173/96 – [Hidalgo] Rn. 21).

Einen etwaigen einheitlichen Betrieb der Beklagten zu 1) hat die Beklagte zu 2) danach nicht in seiner Gesamtheit übernommen. Sie hat die Geschäftstätigkeit der Beklagten zu 1) an den Standorten Düsseldorf und Stuttgart nicht fortgeführt. Die dortige Geschäftstätigkeit wurde auch nicht auf einen anderen Standort verlagert und dort von der Beklagten zu 2) fortgeführt.

(aa)Es spricht viel dafür, dass es sich angesichts der Leitungsstruktur der Beklagten zu 1) mit ihren Stationen in Palma und Wien sowie Stuttgart und Düsseldorf um einen einheitlichen Betrieb iSd. Betriebsübergangsrechts gehandelt hat. Jedenfalls in Deutschland waren – zumindest nach dem Vortrag der Beklagten – keine Personen mit ausreichender Entscheidungsgewalt beschäftigt, die die Arbeit der deutschen Arbeitnehmer relativ frei und unabhängig organisierten und insbesondere Weisungen er- und Aufgaben verteilen konnten, ohne dass andere Organisationsstrukturen des Arbeitgebers dabei dazwischengeschaltet waren (vgl. zu diesem Erfordernis EuGH 06.03.2014 – C-458/12 – [Amatori u. a.], aaO, Rn. 32 mwN.; BAG 27.02.2020 – 8 AZR 215/19NZA 2020, 1303, Rn. 83, vgl. aber auch Hess. LAG 15.03.2006 – 17 Sa 2327/04, Rn. 109 zu einem Teilbetrieb Fluggeschäft aus und nach Deutschland). Der am Standort M. eingesetzte “Base Captain” hatte solche Weisungsbefugnisse nach dem Vortrag der Beklagten nicht. Er fungierte lediglich als Bindeglied für die Kommunikation zwischen dem Flugpersonal und der Leitung in X.. Alle maßgeblichen Weisungen ergingen von X. aus. Ginge man insoweit von dem Vortrag des Klägers aus, der eine weitergehende Weisungsbefugnis des Base Captain behauptet, änderte dies nichts, weil dies allenfalls zu einem eigenständigen Teilbetrieb M. führte, der – wie ausgeführt – nicht auf die Beklagte zu 2) übergegangen ist. Dies macht der Kläger in zweiter Instanz letztlich nicht mehr geltend, sondern geht von einem “Gesamtbetriebsübergang” aus.

Einem etwaigen einheitlichen, von X. aus geleiteten Betrieb wäre der Kläger zugeordnet gewesen.

(bb)Diesen Betrieb hat die Beklagte zu 2) indes jedenfalls nicht in seiner Gesamtheit übernommen.

Allerdings hat die Beklagte zu 2) neben einigen weiteren Betriebsmitteln wie iPads und Uniformen sämtliche Flugzeuge der Beklagten zu 1) und somit auch die am Standort M. platzierten sieben Maschinen in ihre Verfügungsgewalt genommen. Auch hat sie den – abgesehen von einigen streitigen eigenen Flügen der Beklagten zu 1) – den einzigen Auftrag der Beklagten zu 1), den Wet-Lease-Vertrag mit der Muttergesellschaft S., beschränkt auf die Stationen der Beklagten zu 1) in Palma und Wien fortgeführt. Ferner hat sie ab dem 15.09.2020 von den – hochqualifizierten – Arbeitnehmern der Beklagten zu 1) in Wien die Mehrheit und in Palma nahezu alle übernommen und beschäftigt einzelne Wissens- und Entscheidungsträger der Beklagten zu 1) weiter. Schließlich hat die Beklagte zu 2) zunächst auch einen Großteil der Arbeitnehmer in M. für die Zeit ab dem 15.09.2020 vertraglich an sich gebunden.

Damit hat die Beklagte zu 2) jedoch nicht den gesamten Betrieb der Beklagten zu 1) übernommen. Denn sie hat wesentliche Teile der vormaligen Geschäftstätigkeit der Beklagten zu 1), nämlich die Wet-Lease-Flüge von Düsseldorf und Stuttgart aus, tatsächlich nicht fortgeführt. Diese Standorte sind geschlossen. Es bestehen dort weder Abstellmöglichkeiten für Flugzeuge der Beklagten zu 2) noch gibt es Räumlichkeiten oder Büro- und Kommunikationsmittel. Die am Flughafen M. bestehenden Slots der Beklagten zu 1), also ihre Zeitnischen für Starts und Landungen, sind von der Beklagten zu 2), wie dargelegt, nicht übernommen worden. Auf den Standort M. bezogene Wet-Lease-Vereinbarungen mit der Muttergesellschaft S. hat die Beklagte zu 2) weder übernommen noch neu abgeschlossen oder sonst fortgeführt. Auch hat sie sich von dem zunächst vertraglich gebundenen M.er Personal wieder getrennt, ohne dass dieses je seine Arbeit für die Beklagte zu 2) aufgenommen hätte. Dieser Zustand bestand bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht und damit schon etwa für ein Jahr nach Ausspruch der Kündigung fort. Für eine Änderung ist nichts ersichtlich.

Die Beklagte zu 2) hat die Geschäftstätigkeit der Beklagten zu 1) in M. auch nicht an einem anderen Standort fortgeführt. Das M.er Wet-Lease-Geschäft der Beklagten zu 1) wurde nicht lediglich verlagert. Hierfür besteht nach dem Sachvortrag der Parteien kein Anhaltspunkt. Weder in Wien noch in Palma hat die Beklagte zu 2) eine die Identität mit der vormaligen M.er Geschäftstätigkeit der Beklagten zu 1) wahrende Tätigkeit aufgenommen. Vielmehr hat sie lediglich die schon zuvor an diesen Standorten ausgeführte Geschäftstätigkeit der Beklagten zu 1) fortgesetzt. Es werden auch keine Flüge von dort nach M. durchgeführt. Gegen eine Verlagerung der Geschäftstätigkeit spricht auch, dass der Großteil der übernommenen Flugzeuge der Beklagten zu 1) in M.-T. und an anderen Flughäfen abgestellt ist und ständig nur etwa neun (rotierend wechselnde) Maschinen im Einsatz sind.

Das an der Homebase M. betriebene Wet-Lease-Geschäft lässt sich schon wegen seiner Eigenart nicht beliebig auf einen anderen, weit entfernt liegenden Standort (Wien, Palma) verlagern. Es ist zu einem wesentlichen Anteil auch durch den Einsatz des hochqualifizierten und nicht ohne weiteres ersetzbaren Cockpit- und Kabinenpersonals gekennzeichnet. Dieses ist grundsätzlich standortgebunden (Heimatbasis, vgl. eingehend BAG 13.02.2020 – 6 AZR 146/19, Rn. 41 – 47). Daran ändern auch mögliche kostenträchtige Personaltransfers (sog. Proceedings) nichts. Ein Austausch mit dem Flugpersonal an anderen Standorten fand demgemäß nicht statt. Die Standorte Wien und Palma scheiden für eine Dauertätigkeit des M.er Flugpersonals ohne Änderung des Wohnsitzes aus. Das von den Beklagten betriebene Wet-Lease-Geschäft ist grundsätzlich an den Standort gebunden, von dem aus der alleinige Auftraggeber S. seinen Kunden Flüge anbietet. Die von der Beklagten zu 1) an einem solchen Standort, hier also M., angebotenen Flugleistungen können entgegen der Auffassung des Klägers nicht dauerhaft an beliebigen anderen Standorten erbracht werden. Wegen der hohen Kosten für Zubringertransfers des Flugpersonals einschließlich Arbeitszeiten und Unterbringung würde es sich um ein anders geartetes Geschäft handeln, als es die Beklagten betreiben bzw. betrieben haben. Das Gleiche gilt für die von der Beklagten zu 2) im Mai 2021 eröffneten Standorte in Kroatien (A. und A.). Nichts anderes gilt im Ergebnis für etwaige streitige eigene Flüge der Beklagte zu 1) von und nach M.. Im Übrigen und unabhängig davon handelte es sich um wenige und somit nicht einen etwaigen Betrieb prägende Flugverbindungen.

Auf die Frage, ob einem Übergang des Flugbetriebs gemäß § 613a BGB grundsätzlich entgegensteht, dass die erforderliche Betriebsgenehmigung durch das Bundesluftfahrtamt (AOC) nicht übertragbar ist (so LAG Hessen 15.03.2006 – 17 Sa 2327/04, Rn. 111 unter Bezugnahme auf BAG 26.08.1999 – 8 AZR 827/98 [Notar]), kommt es nach alledem nicht mehr an.

ii.Zu berücksichtigende Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten bei der Beklagten zu 1) bestanden nicht.

(1)Eine Kündigung ist nur dann iSd. § 1 Abs. 2 KSchG durch “dringende” betriebliche Erfordernisse “bedingt”, wenn es dem Arbeitgeber nicht möglich ist, dem bei Ausspruch der Kündigung absehbaren Wegfall des Beschäftigungsbedarfs durch andere Maßnahmen – sei es technischer, organisatorischer oder wirtschaftlicher Art – als durch eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu entsprechen. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebietet dem Arbeitgeber dabei, dem Arbeitnehmer vor einer Beendigungskündigung auch von sich aus eine mögliche anderweitige Beschäftigung auf einem freien Arbeitsplatz, ggf. zu geänderten (gleichwertigen oder schlechteren) Bedingungen, anzubieten (BAG 08.05.2014 – 2 AZR 1001/12, Rn. 12; BAG 29.08.2013 – 2 AZR 809/12, Rn. 22; 25.10.2012 – 2 AZR 552/11, Rn. 29). Eine Änderungskündigung darf lediglich in Extremfällen unterbleiben, wenn der Arbeitgeber bei vernünftiger Betrachtung nicht mit einer Annahme des neuen Vertragsangebots durch den Arbeitnehmer rechnen konnte, ein derartiges Angebot vielmehr beleidigenden Charakter gehabt hätte (BAG 08.05.2014 – 2 AZR 1001/12, Rn. 13; BAG 29.08.2013 – 2 AZR 809/12 -, Rn. 23; BAG 23.02.2010 – 2 AZR 656/08, Rn. 57).

Für das Fehlen einer anderweitigen Weiterbeschäftigungsmöglichkeit ist gem. § 1 Abs. 2 S. 4 KSchG der Arbeitgeber darlegungs- und beweispflichtig. Dabei gilt eine abgestufte Darlegungslast. Macht der Arbeitnehmer geltend, es sei eine Beschäftigung an anderer Stelle möglich, obliegt es ihm darzulegen, wie er sich diese vorstellt. Erst daraufhin muss der Arbeitgeber eingehend erläutern, aus welchen Gründen eine solche Beschäftigung nicht möglich war (BAG 29.08.2013 – 2 AZR 721/12, Rn.19).

(2)Anderweitige Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten bei der Beklagten zu 1) bestanden nicht. Letztlich beruft der Kläger sich maßgeblich auf angebliche Stellen bei der Beklagten zu 2). Diese sind im Rechtsverhältnis zur Beklagten zu 1) und für die Beurteilung der Wirksamkeit von deren Kündigung unbeachtlich.

(a)Eine konzernbezogene Weiterbeschäftigungspflicht kann ausnahmsweise bestehen, wenn sich ein anderes Konzernunternehmen ausdrücklich zur Übernahme des Arbeitnehmers bereit erklärt hat. Entsprechendes gilt, wenn sich eine Unterbringungsverpflichtung unmittelbar aus dem Arbeitsvertrag, einer sonstigen vertraglichen Absprache oder der in der Vergangenheit geübten Praxis ergibt (BAG 18.10.2012 – 6 AZR 41/11, Rn. 57; BAG 23.04.2008 – 2 AZR 1110/06, Rn. 22 m. w. N.). In solchen Fallgestaltungen kann der Arbeitnehmer einen vertraglichen Anspruch gegen seinen Arbeitgeber auf Verschaffung eines Arbeitsvertrags haben (BAG 18.10.2012 – 6 AZR 41/11, Rn. 57; 23.03.2006 – 2 AZR 162/05, Rn. 21; 23. November 2004 – 2 AZR 24/04). Weitere Voraussetzung einer unternehmensübergreifenden Weiterbeschäftigungspflicht ist ein bestimmender Einfluss des vertragsschließenden Unternehmens auf die “Versetzung” (BAG 18.10.2012 – 6 AZR 41/11, Rn. 57 m. w. N.; 23.04.2008 – 2 AZR 1110/06; 23.11.2004 – 2 AZR 24/04). Beruft sich der Arbeitnehmer auf konzernweiten Kündigungsschutz, muss er konkret aufzeigen, aus welchen vertraglichen Regelungen sich die konzernweite Weiterbeschäftigungspflicht ableitet und wie er sich eine anderweitige Beschäftigung vorstellt (BAG 18.10.2012 – 6 AZR 41/11, Rn. 58; BAG 10.05.2007 – 2 AZR 626/05, Rn. 46).

(b)Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben. Der Kläger hat keine vertragliche Regelung benannt, aus der sich eine konzernbezogene Weiterbeschäftigungspflicht ergeben soll. Sie ist auch nicht ersichtlich. Auch eine sonstige Absprache oder in der Vergangenheit geübte Praxis oder ein ausdrückliches Bereiterklären zur Übernahme sind nicht vorgetragen. Ohnehin fehlt es an einem bestimmenden Einfluss der Beklagten zu 1) als bisheriger Vertragsarbeitgeberin auf andere Konzernunternehmen.

(c)Hinzu tritt, dass etwaige Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten im Ausland, um die es hier allein geht, nicht zu berücksichtigen sind. Die aus § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Buchst. b Satz 3 KSchG iVm. dem allgemeinen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz folgende Verpflichtung des Arbeitgebers, den Arbeitnehmer zur Vermeidung einer Beendigungskündigung an einem anderen – freien – Arbeitsplatz im selben oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens zu beschäftigen, erstreckt sich nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts grundsätzlich nicht auf Arbeitsplätze im Ausland (BAG 24.09.2015 – 2 AZR 3/14, Rn. 18; 29.08.2013 – 2 AZR 809/12, Rn. 28 ff.). Dies gilt ebenso für die Weiterbeschäftigung bei einem Konzernunternehmen im Ausland.

b.Eine fehlerhafte soziale Auswahl gemäß § 1 Abs. 3 KSchG liegt nicht vor.

aa.Der Arbeitgeber hat diejenigen Arbeitnehmer in die Sozialauswahl einzubeziehen, die objektiv miteinander vergleichbar sind. Vergleichbar sind Arbeitnehmer, die – bezogen auf die Merkmale des Arbeitsplatzes – sowohl aufgrund ihrer Fähigkeiten und Kenntnisse als auch nach dem Inhalt der von ihnen vertraglich geschuldeten Aufgaben austauschbar sind (BAG 20.06.2013 – 2 AZR 271/12; 22.03.2012 – 2 AZR 167/11; 15.12.2011 – 2 AZR 42/10).

bb.Nachdem der Kläger die fehlerhafte soziale Auswahl pauschal gerügt hat, hat die Beklagte zu 1) vorgetragen, dass sämtlichen Arbeitnehmern in Deutschland gekündigt worden sei. Vor diesem Hintergrund oblag es nunmehr dem Kläger, substantiiert vorzutragen, inwiefern dennoch eine soziale Auswahl möglich gewesen wäre. Dies ist nicht geschehen. Die Beschäftigten der Beklagten zu 1) in Wien und Palma de Mallorca waren in eine Sozialauswahl nicht einzubeziehen. Die Sozialauswahl bezieht sich nach zutreffender Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der die Kammer folgt, nur auf in Deutschland gelegene Betriebe (BAG 27.06.2019 – 2 AZR 38/19, Rn. 26; 29.08.2013 – 2 AZR 809/12, Rn. 40).

VII.Die Kündigung der Beklagten zu 1) ist nicht gemäß § 613a Abs. 4 BGB unwirksam, weil sie nicht wegen eines Betriebsübergangs ausgesprochen worden ist. Ein Betriebsübergang, der das Arbeitsverhältnis des Klägers erfasst hätte, liegt – wie ausgeführt – nicht vor.

VIII.Die Kündigung der Beklagten zu 1) ist nicht gemäß § 17 Abs. 1, Abs. 3 KSchG i. V. m. § 134 BGB wegen fehlerhafter Massenentlassungsanzeige unwirksam. Die Beklagte zu 1) hat eine Massenentlassungsanzeige ordnungsgemäß i.S.d. § 17 Abs. 3 KSchG erstattet.

1.Die Beklagte zu 1) war zur Erstattung der Massenentlassungsanzeige gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KSchG verpflichtet, weil sie jedenfalls im Sinne der MERL einen Betrieb in Deutschland führte. Die Heimatbasis ist ein internationalsozialrechtlicher Anknüpfungspunkt für die Bestimmung der für die Mitglieder von Flug- und Kabinenbesatzungen geltenden Rechtsvorschriften (vgl. Art. 11 Abs. 5 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 idF der Verordnung (EU) Nr. 465/2012). Dies soll die Anwendung der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 auf Flug- oder Kabinenbesatzungsmitglieder erleichtern und dient damit deren Schutz (vgl. Erwägungsgrund 18b der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 idF der Verordnung (EU) Nr. 465/2012). Es handelte sich bei der Station M. unabhängig davon, ob auf das Vorbringen des Klägers oder das der Beklagten zu 1) abgestellt wird, um einen Betrieb im Sinn der MERL.

a.Der in der MERL selbst nicht definierte Begriff “Betrieb” ist ein unionsrechtlicher Begriff. Sein Inhalt kann nicht anhand der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten bestimmt werden (vgl. EuGH 13.05.2015 – C-182/13 [Lyttle u. a.], Rn. 26; 13.05.2015 – C-392/13 [Rabal Cañas], Rn. 42; EuGH 30.04.2015 – C-80/14 [USDAW und Wilson], Rn. 45; BAG 13.02.2020 – 6 AZR 146/19, Rn. 32). Der Europäische Gerichtshof legt den Begriff “Betrieb” im Massenentlassungsrecht sehr weit aus und stellt keine hohen organisatorischen Anforderungen an die erforderliche Leitungsstruktur. Nach seinem Verständnis wird das Arbeitsverhältnis im Wesentlichen durch die Verbindung zwischen dem Arbeitnehmer und dem Unternehmensteil gekennzeichnet, dem er zur Erfüllung seiner Aufgabe angehört. Der Begriff “Betrieb” ist dahin auszulegen, dass er nach Maßgabe der Umstände die Einheit bezeichnet, der die von der Entlassung betroffenen Arbeitnehmer zur Erfüllung ihrer Aufgabe angehören (EuGH 13.05.2015 – C-392/13 [Rabal Cañas], Rn. 44; EuGH 30.04.2015 – C-80/14 [USDAW und Wilson], Rn. 47; BAG 13.02.2020 – 6 AZR 146/19, Rn. 33 mwN). Es muss sich um eine unterscheidbare Einheit von einer gewissen Dauerhaftigkeit und Stabilität handeln, die zur Erledigung einer oder mehrerer bestimmter Aufgaben bestimmt ist und über eine Gesamtheit von Arbeitnehmern sowie über technische Mittel und eine organisatorische Struktur zur Erfüllung dieser Aufgaben verfügt. Da die MERL die sozioökonomischen Auswirkungen betrifft, die Massenentlassungen in einem bestimmten örtlichen Kontext und einer bestimmten sozialen Umgebung hervorrufen können, muss die fragliche Einheit weder rechtliche noch wirtschaftliche, finanzielle, verwaltungsmäßige oder technologische Autonomie besitzen, um als “Betrieb” qualifiziert werden zu können (EuGH 13.05.2015 – C-392/13 – [Rabal Cañas] Rn. 45, 47; EuGH 30.04.2015 – C-80/14 – [USDAW und Wilson] Rn. 49, 51; EuGH 15.02.2007 – C-270/05 – [Athinaïki Chartopoiïa] Rn. 27 f.). Ein solcher Betrieb muss darum auch keine Leitung haben, die selbstständig Massenentlassungen vornehmen kann (EuGH 13.05.2015 – C-392/13 – [Rabal Cañas] Rn. 44 m. w. N.). Vielmehr reicht es aus, wenn eine Leitung besteht, die die ordnungsgemäße Durchführung der Arbeit und die Kontrolle des Gesamtbetriebs der Einrichtungen der Einheit sowie die Lösung technischer Probleme im Sinne einer Aufgabenkoordinierung sicherstellt (EuGH 13.05.2015 – C-392/13 – [Rabal Cañas] Rn. 50; EuGH 15.02.2007 – C-270/05 – [Athinaïki Chartopoiïa] Rn. 31; BAG 13.02.2020 – 6 AZR 146/19, Rn. 33).

b.Die Beklagte zu 1) unterhielt mit der Station am Flughafen M. einen “Betrieb” in diesem Sinne. Die Einheit war auf einen dauerhaften Bestand ausgerichtet, etwa manifestiert in den angemieteten Räumlichkeiten, den auf diesen Abflughafen als Einsatzort ausgerichteten Arbeitsverhältnissen und dem auf dieser Station (als einer von vier) aufgebauten Flugplan der Beklagten zu 1). Die Einheit diente der Erledigung bestimmter Aufgaben im Unternehmen der Beklagten zu 1), nämlich dem Angebot bestimmter Punktzu-Punkt-Flugverbindungen mit einer der Station zugeordneten Gesamtheit von Arbeitnehmern und weiteren Betriebsmitteln, insbesondere den Slots und einer feststehenden Anzahl von Flugzeugen. Die Einheit wies eine gewisse organisatorische Struktur auf, bei der aus der Belegschaft der Base Captain und der Base Supervisor hervorgehoben waren. Dabei kam dem Base Captain auch hinreichende Leitungsfunktion i. S. d. Betriebsbegriffs der MERL zu, da er nach Ziff. 1.3.5 OM/A dafür verantwortlich war, dass der Flugbetrieb von seiner Basis aus in einer sicheren, effizienten, pünktlichen und vorschriftsmäßigen Weise gemäß den genehmigten Richtlinien und Verfahren der Beklagten zu 1) durchgeführt wurde. Dabei erteilte der Base Captain der übrigen Belegschaft auch kurzfristige Weisungen (nach der Terminologie des Klägers) bzw. setzte Entscheidungen der übergeordneten Leitung in “ad hoc-Maßnahmen” um (so die Beklagte zu 1)), was auch nur durch Weisungen gegenüber anderen Beschäftigten denkbar ist. Dementsprechend war die Massenentlassungsanzeige für die am Standort M. beschäftigten Arbeitnehmer nicht am Sitz des etwaigen Leitungsapparates der Beklagten zu 1) in T. bei X., sondern in M. zu erstatten. Sie konnte in T. unter Berücksichtigung der sozio-ökonomischen Auswirkungen ihren Zweck offensichtlich nicht erfüllen.

2.Die Beklagte zu 1) hat die nach § 17 Abs. 1 Satz 1 KSchG erforderliche Massenentlassungsanzeige ordnungsgemäß iSd. § 17 Abs. 3 KSchG erstattet. Es gilt eine abgestufte Darlegungs- und Beweislast. Zunächst ist der Arbeitnehmer darlegungs- und beweisbelastet dafür, dass die Voraussetzungen einer Anzeigepflicht nach § 17 KSchG vorliegen. Hat er dies vorgetragen, kann er die Ordnungsgemäßheit der Massenentlassungsanzeige mit Nichtwissen bestreiten. Der Arbeitgeber muss sodann im Einzelnen zur Anzeige vortragen. Im Anschluss hat der Arbeitnehmer konkret vorzubringen, welche Punkte er beanstandet. Das Gericht ist verpflichtet, Unwirksamkeitsgründe für eine Massenentlassungsanzeige, die sich unmittelbar aus dem Parteivorbringen ergeben, von Amts wegen zu beachten, selbst wenn der Gegner sie nicht rügt (ErfK/Kiel, 22. Aufl. 2021, § 17 KSchG, Rn. 40, mwN). Gleiches mag gelten, wenn sich solche Unwirksamkeitsgründe aus vom Arbeitgeber in das Verfahren eingeführten Unterlagen ohne weiteres eindeutig ergeben (BAG 13.12.2012 – 6 AZR 5/12, Rn. 43). Das Gericht ist indessen nach dem zivilprozessualen Beibringungsgrundsatz nicht verpflichtet, in kommentarlos vorgelegten Unterlagen nach etwaigen Unwirksamkeitsgründen für die Massenentlassungsanzeige zu forschen, die im Sachvortrag der Parteien keinen unmittelbaren Niederschlag gefunden haben. In Anwendung dieses Maßstabs ist die Massenentlassungsanzeige wirksam.

a.Die Massenentlassungsanzeige ist von der Beklagten zu 1) vor Zugang der Kündigung bei der zuständigen Arbeitsagentur gestellt worden.

aa.Als zuständige Arbeitsagentur für die Anzeige kommt innerhalb Deutschlands wie ausgeführt allein die Agentur in Düsseldorf am Ort des Betriebs iSd. MERL in Betracht. Die Heimatbasis ist für das fliegende Personal von Luftverkehrsunternehmen jedenfalls dann der einzig denkbare örtliche Anknüpfungspunkt zur Bestimmung der für die Massenentlassungsanzeige zuständigen Arbeitsbehörde, wenn alternativ nur noch eine Anzeige bei einer ausländischen Behörde in Betracht kommt. Anderenfalls liefe die MERL bei Auslandsberührungen der vorliegenden Art leer. Denn eine Massenentlassungsanzeige im Ausland, hier am Sitz des Leitungsapparates der Beklagten zu 1) in T. bei X., könnte für die am Standort M. beschäftigten Arbeitnehmer den Zweck der Anzeige, die Vermittlung in Arbeit zu fördern, nicht erfüllen.

bb.An diese hat die Beklagte zu 1) die Anzeige gerichtet. Es kann, was zwischen den Parteien streitig ist, offen bleiben, ob die Massenentlassungsanzeige der Agentur für Arbeit Düsseldorf vor Zugang der Kündigung im Original zugegangen ist. Hierfür spricht allerdings die Eingangsbestätigung der Arbeitsagentur Düsseldorf über deren vollständigen Eingang (Anlage B 14). Anhaltspunkte für Zweifel an der Richtigkeit der öffentlich beurkundeten Tatsache (§ 415 ZPO) haben die Kläger nicht dargelegt noch sind solche sonst ersichtlich. Der unstreitige Eingang per Telefax vor Zugang der Kündigung ist indessen ausreichend und wirksam. Die Anzeige, die insbesondere per unterschriebenem Anschreiben und unterschriebenem, ausgefülltem Formular erfolgte und dergestalt als Telefax an die Agentur für Arbeit übermittelt wurde, genügte der in § 17 Abs. 3 S. 2 KSchG vorgesehenen Schriftform (LAG Berlin-Brandenburg 06.01.2016 – 23 Sa 1347/15, Rn. 80 mwN; ErfK/Kiel, 22. Aufl. 2022, § 17 KSchG Rn. 28; APS/Moll, 6. Aufl., § 17 KSchG Rn. 97; KR/Heinkel, 13. Aufl. 2022, § 17 KSchG Rn. 139). Insoweit gilt nichts anderes als für die Übermittlung des Unterrichtungsschreibens an den Betriebsrat gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 KSchG, wofür sowohl nach nationalem Recht als auch nach Unionsrecht ein Telefax genügt (KR/Heinkel, 13. Auf. 2022, § 17 KSchG Rn. 139 unter Bezugnahme auf BAG 22.09.2016 – 2 AZR 276/16, Rn. 41 ff.; BAG 13.06.2019 – 6 AZR 459/18, Rn. 47).

b. Die Pflichtangaben gemäß § 17 Abs. 3 S. 4 KSchG hat die Beklagte getätigt.

aa. Im Anschreiben sowie in Feld 32 des ausgefüllten Formulars sind iSd. § 17 Abs. 3 S. 4 KSchG die Gründe für die Entlassungen genannt. Dazu ist – anders als gegenüber der Arbeitnehmervertretung im Konsultationsverfahren nach § 17 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 KSchG – der Arbeitsverwaltung ein bloßer Überblick darüber zu geben, welcher Anlass bzw. welcher Sachverhalt die Kündigungen ausgelöst hat. Der Arbeitsverwaltung wird bereits durch die allgemeine Benennung dessen eine Grundlage für die Prüfung gegeben, ob eine Abkürzung oder eine Verlängerung der Sperrfrist in Betracht kommt und gegebenenfalls welche Maßnahmen zur Verhinderung der Massenentlassung oder für Vermittlungen in Betracht gezogen werden können (Spelge, EuZA 2018, 67, 86; APS/Moll, 6. Aufl. 2022, § 17 KSchG Rn. 99 mwN). Diesem Zweck genügten die gemachten Angaben, wonach der Flugbetrieb in Deutschland eingestellt werde und keine Stationierungsorte in Deutschland mehr vorgehalten würden. Auf die Situation außerhalb von Deutschland kam es für die Arbeitsverwaltung in Düsseldorf nicht an. Einer näheren Darstellung des Hintergrunds und der Motivation der Beklagten zu 1) bedurfte es nicht.

bb.Die Anzeige ist nicht deshalb unwirksam, weil die Beklagte zu 1) die Zahl der zu entlassenden sowie der in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer für den “Betrieb” M. nach § 17 Abs. 3 S. 4 KSchG falsch angegeben hätte. Dabei sind unwesentliche Fehler für die sachliche Prüfung und die Vermittlungstätigkeit der Agentur für Arbeit und so für die Wirksamkeit der Anzeige unschädlich (vgl. BAG 28.06.2012 – 6 AZR 780/10, Rn. 50; 22.03.2001 – 8 AZR 565/00, Rn. 140; LAG Baden-Württemberg 16.09.2010 – 11 Sa 35/10, Rn. 23 ff. mwN; Boemke, in Boecken/Düwell/Diller/Hanau, § 17 KSchG Rn. 110 mwN). Nach den Angaben der Anzeige beschäftigte die Beklagte zu 1) in M. regelmäßig 163 Arbeitnehmer und beabsichtigte deren Entlassungen. Der Kläger geht ausweislich der Klageschrift davon aus, dass am Standort ca. 150 Arbeitnehmer beschäftigt waren und allen gekündigt worden ist. Diese etwaige Diskrepanz ist unwesentlich, zumal nicht ersichtlich ist, dass die Angaben in der Anzeige zu niedrig waren.

cc.Dahinstehen kann schließlich, ob die ebenfalls gerügte Zahl der “vorangegangenen Entlassungen” zutreffend war. Dabei handelt es sich nicht um eine der “Muss-Angaben” iSd. § 17 Abs. 3 S. 4 KSchG, die für die Wirksamkeit der Anzeige relevant sind. Vielmehr verlangt die Arbeitsverwaltung diese Angabe in ihrem Formular, um (auch) damit das Erfordernis der Massenentlassungsanzeige nach § 17 Abs. 1 S. 1 KSchG überprüfen zu können. Dass die Beklagte zu 1) dieser Anzeigepflicht unterlag, ist unstreitig.

dd.Die übrigen Pflichtangaben des § 17 Abs. 3 S. 4 KSchG sind in der von der Beklagten zu 1) vorgelegten Anzeige unbestritten enthalten.

c.Die Massenentlassungsanzeige ist schließlich nicht wegen fehlender Soll-Angaben iSv. § 17 Abs. 3 Satz 5 KSchG über Geschlecht, Alter, Beruf und Staatsangehörigkeit der zu entlassenden Arbeitnehmer unwirksam, wie der Kläger zweitinstanzlich unter Berufung auf eine neuere Entscheidung des Hessischen Landesarbeitsgericht gerügt hat (Hess. LAG 25.06.2021 – 14 Sa 1225/20; Revision eingelegt zu 2 AZR 424/21).

aa.Allerdings ist der Kläger nicht gehindert, die Fehlerhaftigkeit der Massenentlassungsanzeige auch insoweit erstmals in zweiter Instanz geltend zu machen.

(1)Die Rüge, die Kündigung sei unwirksam, weil die Massenentlassungsanzeige wegen Unterlassung der Soll-Angaben iSv. § 17 Abs. 3 Satz 5 KSchG nicht wirksam erfolgt sei, ist nicht nach § 6 Satz 1 KSchG präkludiert.

Der Kläger hat bereits mit der Klageschrift eine nicht ordnungsgemäße Massenentlassungsanzeige nach § 17 KSchG gerügt. Dies genügte den Anforderungen des § 6 Satz 1 KSchG, da die Beklagte zu 1) dem erstinstanzlichen Vortrag des Klägers die “Stoßrichtung” der Rüge hinreichend entnehmen konnte (vgl. zu diesem Erfordernis BAG 20.01.2016 – 6 AZR 601/14, Rn. 13 ff.; ferner Moll/Katerndahl Anm. AP KSchG 1969 § 17 Nr. 48, die generell davon ausgehen, Sinn und Zweck des § 6 Satz 1 KSchG erforderten keine Substantiierung der Rüge). Unterstellt, die Soll-Angaben seien für die Wirksamkeit der Kündigung erforderlich, ist es bei entsprechender Rüge ohne weiteres Aufgabe der Beklagten zu 1), zur Mitteilung der Soll-Angaben an die zuständige Agentur für Arbeit vorzutragen. Die Soll-Angaben gehören dann schlicht zum Inhalt der vom Arbeitgeber darzulegenden Massenentlassungsanzeige.

(2)Der Kläger ist mit der Rüge nicht gemäß § 67 ArbGG ausgeschlossen. Dies ergibt sich schon dadurch, dass durch die Zulassung der Rüge die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögert wurde. Die Angelegenheit war ohne weitere Sachaufklärung entscheidungsreif. Die in Ziffer 34 der Anzeige an die Agentur für Arbeit bezeichnete Liste mit den Angaben zu Geschlecht, Alter, Beruf und Staatsangehörigkeit der zu entlassenden Arbeitnehmer wurde der Agentur für Arbeit Düsseldorf erst nach Zugang der Kündigung nachgereicht. Insoweit liegt schon kein streitiger Sachverhalt vor. Streitig ist alleine, ob der Sachvortrag der Beklagten zu 1) zutrifft, wonach die sog. Soll-Angaben der Agentur für Arbeit im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung aufgrund der vorangegangenen Anträge auf Kurzarbeitergeld zugänglich waren, d.h. letztlich für die einzelnen zu entlassenden Arbeitnehmer ohnehin in dem System der Agentur für Arbeit hinterlegt waren. Die Kammer lässt offen, ob dies genügt oder auch in einem solchen Fall eine auf den Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung aktualisierte Zusammenstellung dieser Angaben der Agentur für Arbeit gesondert zu übermitteln ist. Darauf kommt es nicht an.

bb.Fehlende Soll-Angaben über Geschlecht, Alter, Beruf und Staatsangehörigkeit der zu entlassenden Arbeitnehmer i. S. v. § 17 Abs. 3 Satz 5 KSchG führen nämlich nicht zur Unwirksamkeit einer Massenentlassungsanzeige. Die Kammer hält insoweit an ihrer Rechtsprechung fest (LAG Düsseldorf 17.11.2021 – 4 Sa 303/21, juris Rn. 149 ff; dem folgend u.a. LAG Düsseldorf 15.12.2021 – 12 Sa 347/212; 21.01.2021 – 7 Sa 400/21; 10.02.2022 – 11 Sa 430/21).

(1)Nach Auffassung des Hessischen Landesarbeitsgerichts führt es zur Unwirksamkeit der Kündigung gemäß § 17 Abs. 1 KSchG i. V. m. § 134 BGB, wenn die Massenentlassungsanzeige gegenüber der Agentur für Arbeit nicht die in § 17 Abs. 3 S. 5 KSchG genannten Angaben (sog. “Soll-Angaben”) enthält oder diese nicht vor Zugang der Kündigung gegenüber der Agentur für Arbeit nachgeholt werden (Hess. LAG 25.06.2021 – 14 Sa 1225/20, juris, Rn. 32 unter Bezugnahme auf Spelge, EuZA 2018, 67; Spelge, RdA 2018, 297; EuArbRK/Spelge RL 98/59/EG Art. 3 Rn. 4; EuArbRK/Spelge RL 98/59/EG Art. 6 Rn. 18). Dies ergebe die richtlinienkonforme Auslegung der Vorschrift. Art. 3 Abs. 1 Unterabsatz 3 MERL verlange die Mitteilung aller zweckdienlichen Angaben. Hierzu gehören auch die in § 17 Abs. 3 S. 5 KSchG genannten Angaben über Geschlecht, Alter, Beruf und Staatsangehörigkeit der zu entlassenden Arbeitnehmer (BAG 14.05.2020 – 6 AZR 235/19– NZA 2020, 1092). Die MERL unterscheide dabei nicht zwischen solchen Angaben, die auf jeden Fall erfolgen müssen und solchen, die zwar zweckdienlich, aber gleichwohl verzichtbar seien (BAG 13.02.2020 – 6 AZR 146/19 – BAGE 169, 362). § 17 Abs. 3 S. 5 KSchG sei daher richtlinienkonform auszulegen; dies sei mit dem Wortlaut, der Gesetzessystematik sowie mit dem aus der Entstehungsgeschichte ersichtlichen Willen des Gesetzgebers vereinbar (Hess. LAG 25.06.2021 – 14 Sa 1225/20, juris, Rn. 32, 35, 41).

(2)Dem folgt die erkennende Kammer nicht. Sie geht mit der ganz herrschenden Meinung davon aus, dass Fehler bei den Soll-Angaben des § 17 Abs. 3 Satz 5 KSchG für die Wirksamkeit der Kündigung unschädlich sind (so bereits BAG 06.10.1960 – 2 AZR 47/59, Rn. 8; ferner TLL/Lembke/Oberwinter, KSchG, 4. Aufl. 2018, § 17 Rn. 134; LSSW/Wertheimer KSchG,11. Aufl. 2018, § 17 Rn. 70; KR/Weigand KSchG, 12. Aufl. 2019, § 17 Rn. 131; Preis/Sagan/Naber/Sittard, EurArbR, 2. Aufl., 2019, § 10 Rn. 148; APS/Moll, 6. Aufl. 2021, § 17 KSchG Rn. 132; Gallner/Mestwerdt/Nägele, KSchG 7. Aufl. 2021, § 17 Rn. 70; HK-KSchG/Hauck Rn. 54; LKB/Bayreuther KSchG, 16. Aufl. 2019, Rn. 119; DDZ/Deinert/Callsen KSchR, 11. Aufl. 2020, § 17 KSchG Rn. 55; HWK/Molkenbur, 9. Aufl. 2020, § 17 KSchG Rn. 35).

(a)Allerdings hat das Bundesarbeitsgericht in den Entscheidungen vom 13.02.2020 (- 6 AZR 146/19, Rn. 71, 75, 81, 93 und 109) sowie vom 14.05.2020 (6 AZR 235/19, Rn 133) ausgeführt, die Vermittlungsbemühungen der Arbeitsagentur setzten voraus, dass diese “in einem strukturierten Verfahren vom Arbeitgeber die in § 17 Abs. 3 Satz 4 und Satz 5 KSchG verlangten, objektiv richtigen Angaben vor Zugang der Kündigung erhält (…).” Sämtliche in § 17 Abs. 3 Sätze 4 und 5 KSchG aufgeführten Gesichtspunkte seien “zweckdienlich” iSv. Art. 3 Abs. 1 Unterabs. 3 MERL.

Damit hat das Bundesarbeitsgericht aber nicht angenommen, dass eine Verletzung der Soll-Angaben-Pflicht aus § 17 Abs. 3 Satz 5 KSchG – entgegen seiner bisherigen Rechtsprechung (BAG 06.10.1960 – 2 AZR 47/59, Rn. 8) – zur Unwirksamkeit der Kündigung führt. Im Gegenteil hat es in der genannten grundlegenden Entscheidung vom 13.02.2020 ausgeführt, dass die Unterscheidung in § 17 Abs. 3 Sätze 4 und 5 KSchG zwischen Muss- und Soll-Angaben den unionsrechtlichen Vorgaben genüge, auch wenn die MERL diese Unterscheidung nicht kenne und in Art. 3 Abs. 1 Unterabs. 3 die Mitteilung aller “zweckdienlichen” Angaben verlange sowie einzelne – in § 17 Abs. 3 Satz 4 KSchG als Muss-Angaben ausgestaltete – Punkte nenne, die “insbesondere” anzugeben sind (BAG 13.03.2020 – 6 AZR 146/19, Rn. 93).

(b)Die Soll-Angaben nach § 17 Abs. 3 Satz 5 KSchG mögen zweckdienlich und damit durch Art. 3 Abs. 1 UnterAbs. 3 MERL intendiert sein. Zur Überzeugung der Kammer können sie aber schon deshalb für die Wirksamkeit der Anzeige und der Kündigung nicht zwingend erforderlich sein, weil allein die Bezeichnung “zweckdienliche Angaben” in Art. 3 Abs. 1 UnterAbs. 3 MERL bei weitem zu ungenau ist, um einer Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht, die nicht alle denkbaren für die Arbeitsvermittlung zweckdienlichen Angaben als “Muss-Angaben” aufführt, die Richtlinienkonformität oder gar Wirksamkeit abzusprechen. Über die in Art. 3 Abs. 1 UnterAbs. 3 MERL mit “insbesondere” gekennzeichneten Angaben hinaus, die § 17 Abs. 3 Satz 4 KSchG ausdrücklich als Muss-Angaben ausgestaltet hat, gibt es eine große Anzahl von weiteren zweckdienlichen Angaben für die Arbeitsvermittlung. Dazu zählen insbesondere auch solche, die weder in Satz 4 noch in Satz 5 des § 17 Abs. 3 KSchG genannt sind, wie etwa Schwerbehinderung, Teilzeitbeschäftigung, Schwangerschaft etc.

Bei diesem Befund ist kaum denkbar, dass ein nationales Recht in den EU-Staaten richtlinienkonform ausgestaltet werden könnte, wenn die Richtlinie zwingende Geltung in Bezug auf alle denkbaren zweckdienlichen Angaben beanspruchte. Ist aber der nationale Gesetzgeber mangels ausreichend klarer Vorgaben der Richtlinie nicht gehalten, sämtliche denkbaren, in der MERL nicht ausdrücklich (“insbesondere”) genannten zweckdienlichen Angaben für die Arbeitsvermittlung zur Wirksamkeitsvoraussetzung einer ordnungsgemäßen Massenentlassungsanzeige zu erheben, dann kann auch keine richtlinienkonforme Auslegung der Soll-Vorschrift des § 17 Abs. 3 Satz 5 KSchG im Sinne einer Muss-Vorschrift geboten sein.

Die Verpflichtung nach Art. 3 Abs. 1 UnterAbs. 3 MERL muss auch nicht deshalb in ihrer ganzen Unbestimmtheit zu einer Muss-Vorschrift erhoben werden, weil ihr sonst keine angemessene und ausreichende Rechtsfolge gegenüberstünde und sie nicht effektiv durchgesetzt werden könnte. Zum ersten können die in der Richtlinie unter “insbesondere” aufgeführten zweckdienlichen Angaben ohne weiteres effektiv umgesetzt werden, wie § 17 Abs. 3 Satz 4 KSchG zeigt. Zum zweiten wohnt der Richtlinie im Übrigen, wie ausgeführt, aufgrund ihrer eigenen Unbestimmtheit die Ineffektivität inne. Zum dritten hätte die Agentur für Arbeit die Möglichkeit, eine Verletzung der Verpflichtung aus § 17 Abs. 3 Satz 5 KSchG im Rahmen der Entscheidung über die Sperrfrist (§ 18 Abs. 1 und 2 KSchG) zu berücksichtigen und auf diese Weise zu ihrer zusätzlichen Effektivität beizutragen (ähnlich Moll in APS, 6. Aufl. 2021, KSchG § 17 Rn. 93 zur Pflicht nach § 17 Abs. 3 Satz 1 KSchG, der Arbeitsagentur eine Abschrift der Mitteilung an den Betriebsrat im Rahmen des Anzeigeverfahrens zuzuleiten).

B.Der gegen die Beklagte zu 2) gerichtete Kündigungsschutzantrag (Antrag zu III.2) ist zulässig, aber unbegründet.

I.Der Antrag ist zulässig, insbesondere hinreichend bestimmt und bezieht sich auf die Kündigung des vertraglich zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 2) begründeten Arbeitsverhältnisses. Das Angebot hierzu gab die Beklagte zu 2) mit der E-Mail vom 20.08.2020 ab, welches sämtliche wesentlichen Vertragsbestandteile enthielt, nämlich das Angebot der Tätigkeit als Flugkapitän zum 15.09.2020 zu den gleichen Bedingungen wie bislang bei der Beklagten zu 1). Mit der Antwort-E-Mail “I accept” hat der Kläger dieses Angebot angenommen. Auf die Kündigung dieses Arbeitsverhältnisses durch Schreiben der Beklagten zu 2) vom 10.09.2020 bezieht sich die Kündigungsschutzklage des Klägers. Mit dem Schreiben kündigte die Beklagte zu 2) das zwischen ihr und dem Kläger “zum 15. September 2020 eingegangene Arbeitsverhältnis”.

Der Kläger selbst rekurriert für die Erfüllung der Wartezeit auf eine Anrechnung der Vorbeschäftigungszeiten aufgrund der “Auslegung des vom Kläger angenommenen Angebotes”. Wenn er an anderer Stelle ausführt, dass durch den E-Mail-Verkehr mit der Beklagten zu 2) kein eigenständiges Arbeitsverhältnis mit dieser begründet worden, das Schreiben vielmehr nur eine missglückte Unterrichtung über einen Betriebsübergang sei, so liegt darin keine konkludente Rücknahme der in Bezug auf das vertraglich begründete Arbeitsverhältnis erhobenen Kündigungsschutzklage. Es handelt sich lediglich um die Äußerung einer unzutreffenden Rechtsansicht. Unabhängig davon hätte die Beklagte zu 2) einer etwaigen Klagerücknahme nach erstinstanzlicher Antragstellung zustimmen müssen, was nicht erfolgt ist.

II.Der Kündigungsschutzantrag zu III.2 ist unbegründet, weil die Kündigung der Beklagten zu 2) vom 10.09.2020 rechtswirksam ist und das vertraglich mit dem Kläger begründete Arbeitsverhältnis mit Ablauf des 31.12.2020 aufgelöst hat.

1. Die Wirksamkeit der Kündigung beurteilt sich nach deutschem Recht. Insoweit gilt im Ergebnis aufgrund der von den Parteien getroffenen Rechtswahl im Eckpunktepapier nichts anderes als für die Kündigung der Beklagten zu 1). Der Kläger und die Beklagte zu 2) wiederum haben auf der Grundlage des Schreibens vom 20.08.2020 ein Arbeitsverhältnis zu denselben Bedingungen und Konditionen vereinbart, wie sie in dem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten zu 1) bestand. Demgemäß gilt deutsches Recht auch im Verhältnis des Klägers zur Beklagten zu 2). Davon gehen die Parteien im Verfahren ausdrücklich und übereinstimmend aus.

2.Die Kündigung gilt zunächst nicht schon gemäß §§ 47 KSchG wegen nicht rechtzeitiger Klageerhebung als rechtswirksam. Die Klage wurden gemäß § 4 KSchG binnen drei Wochen ab Zugang der Kündigung beim Arbeitsgericht erhoben. Ob die §§ 47 KSchG gemäß §§ 23 Abs. 1 Satz 2, 24 KSchG auf den Flugbetrieb einer ausländischen Fluggesellschaft unter den hier gegebenen Umständen überhaupt Anwendung finden, kann daher offenbleiben.

3.Die Kündigung der Beklagten zu 2) vom 10.09.2020 ist nicht wegen Unbestimmtheit unwirksam. In Anwendung der oben dargestellten Grundsätze ist die Kündigung der Beklagten zu 2) vom 10.09.2020 hinreichend bestimmt. Es gilt hier in der Begründung und im Ergebnis nichts anderes als für die Kündigung seitens der Beklagten zu 1). Auch die Kündigung der Beklagten zu 2) ist hinreichend bestimmt zum 31.12.2020 erklärt.

4.In Bezug auf die Schriftform (§ 623 BGB) bestehen keine Wirksamkeitsbedenken.

5.Die Kündigung der Beklagten zu 2) vom 10.09.2020 ist nicht gemäß § 1 KSchG unwirksam. Gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 KSchG ist die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

a.Die gesetzlichen Voraussetzungen für den persönlichen und betrieblichen Anwendungsbereich des § 1 KSchG sind nicht erfüllt.

aa.Das Arbeitsverhältnis des Klägers hat nicht gemäß § 1 Abs. 1 KSchG im Betrieb oder Unternehmen der Beklagten zu 2) länger als sechs Monate bestanden.

(1)Der Kläger hatte bei Zugang der Kündigung die Wartezeit von sechs Monaten im Arbeitsverhältnis zu der Beklagten zu 2) noch nicht zurückgelegt. Dieses sollte nach der vertraglichen Vereinbarung erst am 15.09.2020 beginnen und war nicht einmal in Vollzug gesetzt. Zeiten der Zugehörigkeit zu einem anderen konzernangehörigen Unternehmen werden nicht kraft Gesetzes auf die Wartezeit angerechnet (vgl. dazu BAG 20.02.2014 – 2 AZR 859/11 Rn. 44 ff.).

(2)Auch scheidet eine etwaige Anrechnung von Vordienstzeiten aufgrund eines Betriebsübergangs von der Beklagten zu 1) auf die Beklagte zu 2) nach § 613a Abs. 1 BGB aus. Ein Betriebsübergang, der den Kläger erfasst hat, hat – wie ausgeführt – nicht und erst recht nicht vor Zugang der Kündigung vom 10.09.2020 stattgefunden.

(a)Der Übergang eines Betriebs iSv. § 613a Abs. 1 BGB vollzieht sich im Zeitpunkt der tatsächlichen Weiterführung bzw. Wiederaufnahme der Geschäftstätigkeit durch den Betriebsnachfolger (BAG 18.03.1999 – 8 AZR 159/98; 21.02.2008 – 8 AZR 77/07; MüKoBGB/Müller-Glöge, 8. Aufl. 2020, § 613a Rn. 59 mwN).

(b)Für eine tatsächliche Weiterführung bzw. Wiederaufnahme der Geschäftstätigkeit der Beklagten zu 1) durch die Beklagte zu 2) vor Zugang der Kündigung vom 10.09.2020 ist nichts ersichtlich. Dagegen spricht schon der erst zum 15.09.2020 vereinbarte Vertragsbeginn der Arbeitsverhältnisse der am Standort M. beschäftigten Arbeitnehmer mit der Beklagten zu 2). Auch am Standort X. hat die Beklagte zu 2) erst zu diesem Datum Arbeitnehmer eingestellt (vgl. das E-Mail-Angebot der Beklagten zu 2) an diese Arbeitnehmer vom 12.08.2021). Erst recht besteht kein Anhaltspunkt für eine frühere tatsächliche Weiterführung bzw. Wiederaufnahme der Geschäftstätigkeit der Beklagten zu 1) durch die Beklagte zu 2) in Bezug auf einen Betrieb oder Teilbetrieb, dem der Kläger zugeordnet wäre. Unstreitig führte die Beklagte zu 1) ihren letzten Flug am Standort M. noch im Oktober 2020 durch, während die Beklagte zu 2) ihn dort nie aufnahm.

bb.Auch die gesetzlichen Voraussetzungen des betrieblichen Anwendungsbereichs des § 1 KSchG sind nicht erfüllt. Die Beklagte zu 2) unterhielt weder einen Betrieb iSd. § 23 KSchG noch einen Flugbetrieb iSd. § 24 KSchG, auf den das Kündigungsschutzgesetz Anwendung fand.

(1)Die Beklagte zu 2) unterhielt als Gesellschaft maltesischen Rechts keinen Betrieb iSd. § 23 KSchG im räumlichen Geltungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes.

(a)§ 23 KSchG erfasst – wie ausgeführt – nur inländische Betriebe. Für die räumliche Lage eines Betriebes ist entscheidend, wo schwerpunktmäßig über Arbeitsbedingungen und Organisationsfragen sowie darüber entschieden wird, in welcher Weise Einstellungen, Entlassungen und Versetzungen vorgenommen werden. Der allgemeine Betriebsbegriff des § 23 KSchG knüpft an die organisatorische Einheit an. Eine betriebliche Struktur setzt einen einheitlichen organisatorischen Einsatz der Betriebsmittel und der Personalressourcen voraus. Die einen Betrieb konstituierende Leitungsmacht wird dadurch bestimmt, dass der Kern der Arbeitgeberfunktionen in personellen und sozialen Angelegenheiten von derselben institutionalisierten Leitung im Wesentlichen selbständig ausgeübt wird (BAG 03.06.2004 – 2 AZR 386/03).

(b)Die Beklagte zu 2) unterhielt und unterhält in der Bundesrepublik Deutschland keine organisatorische Einheit von Arbeitsmitteln, mit deren Hilfe sie allein oder in Gemeinschaft mit ihren Arbeitnehmern mit Hilfe von technischen und immateriellen Mitteln einen bestimmten arbeitstechnischen Zweck fortgesetzt verfolgt, der nicht nur in der Befriedigung von Eigenbedarf liegt. Auch unterhält die Beklagte zu 2) keine Niederlassung, Betriebsstätte oder ähnliches in der Bundesrepublik Deutschland, von der aus ein einheitlicher Einsatz der Betriebsmittel und der Personalressourcen ihrerseits gesteuert wird. Die Beklagte zu 2) beschäftigt auch keine Mitarbeiter in Deutschland. Der bloße Vertragsschluss und die Absicht künftiger Beschäftigung, die noch vor Ausspruch der Kündigung aufgegeben und zu keinem Zeitpunkt umgesetzt wurde, genügen nicht. Zudem war insoweit nicht beabsichtigt, den Einsatz der Arbeitnehmer, hier also den des Klägers, von Deutschland aus zu leiten.

(2)Die Beklagte zu 2) unterhielt auch keinen Flugbetrieb iSd. § 24 KSchG im räumlichen Geltungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes. Anders als die Beklagte zu 1) betrieb die Beklagte zu 2) in M. zu keinem Zeitpunkt einen Standort mit Arbeitnehmern, die von M. aus auf der Basis von deutschen Arbeitsverträgen im Luftverkehrsbetrieb beschäftigt und in Flugzeugen der Beklagten zu 2) eingesetzt wurden. Erst recht “beschäftigte” die Beklagte zu 2) in Deutschland zu keinem Zeitpunkt mehr als zehn Arbeitnehmer, wie dies § 23 Abs. 1 Satz 3 KSchG voraussetzt. Zwar hat sie mehr als zehn Arbeitnehmer zum 15.09.2020 eingestellt, diese sind jedoch nie für sie tätig geworden. Anders als der Wortlaut des § 1 Abs. 1 KSchG, der darauf abstellt, dass das “Arbeitsverhältnis” mehr als sechs Monate “bestanden” haben muss, damit der Arbeitnehmer dem KSchG unterfällt, stellt § 23 Abs. 1 Satz 3 KSchG darauf ab, dass in der Regel mehr als zehn Arbeitnehmer “beschäftigt” werden müssen. Hierbei kommt es maßgeblich darauf an, dass eine betriebliche Struktur bzw. hier die “Gesamtheit der Luftfahrtzeuge” tatsächlich besteht und darin Arbeitnehmer in der geforderten Anzahl eingegliedert sind (BAG 03.06.2004 – 2 AZR 386/03, Rn. 37). Dies war hier nicht der Fall.

b.Es erscheint allerdings denkbar, dass die Beklagte zu 2) den Kläger bereits mit Abschluss des Arbeitsvertrags im August 2020 auch kündigungsrechtlich so stellen wollte, wie er bis dahin bei der Beklagten zu 1) gestanden hatte. Gemäß dem Angebot der Beklagten zu 2) vom 20.08.2020, das von dem Kläger ohne Einschränkung akzeptiert wurde (“I accept”), sollten für das zu begründende Arbeitsverhältnis dieselben bzw. die gleichen Bedingungen wie bei dem bereits bestehenden Vertrag mit der Beklagten zu 1), geändert durch die Annahme des Eckpunktepapiers gelten. Danach wäre auf die bei der Beklagten zu 1) bereits vollständig zurückgelegte Wartezeit abzustellen und zu prüfen, ob die Beklagte zu 1) bei Zugang der Kündigung ihrerseits dem betrieblichen Geltungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes unterfiel.

aa.Eine konkludente oder stillschweigende Vereinbarung über die Anrechnung von Vorbeschäftigungszeiten ist rechtlich ohne weiteres möglich. Durch die vertraglich vereinbarte Anrechnung von Vorbeschäftigungszeiten kann der allgemeine Kündigungsschutz grundsätzlich bereits vor Ablauf der Wartezeit und sogar vor Dienstantritt gewährt werden (BAG 23.02.2017 – 6 AZR 665/15, Rn. 38).

Allerdings ist der allgemeine Kündigungsschutz nicht konzernbezogen, sondern betriebs- bzw. unternehmensbezogen ausgestaltet. Wird der Arbeitnehmer nach Auflösung seines bisherigen Arbeitsverhältnisses im Unternehmensverbund weiterbeschäftigt, bedarf es deshalb für die Annahme einer konkludenten Vereinbarung über die Anrechnung vorangegangener Beschäftigungszeiten besonderer Anhaltspunkte. Diese können sich aus den Umständen ergeben, unter denen der Wechsel vollzogen wurde. Geht er ausschließlich auf die Initiative des Arbeitgebers zurück und wird der Arbeitnehmer beim verbundenen Unternehmen zu annähernd gleichen Arbeitsbedingungen ohne Vereinbarung einer Probezeit weiterbeschäftigt, kann dies ein gewichtiges Indiz für eine solche Vereinbarung sein. Möglicherweise soll eine Wartezeit im Arbeitsverhältnis mit dem neuen Arbeitgeber sogar ganz ausgeschlossen sein. Drängen “alter” und “neuer” Arbeitgeber den Arbeitnehmer gemeinsam zum Unternehmenswechsel und verfolgen sie dabei vorrangig das Ziel, den Verlust des Kündigungsschutzes herbeizuführen, kann der Arbeitnehmer überdies nach dem Rechtsgedanken des § 162 BGB so zu stellen sein, als hätte er die Wartefrist beim neuen Arbeitgeber bereits erfüllt (BAG 20.02.2014 – 2 AZR 859/11, Rn. 45 – 47 mit Darstellung des Meinungsstandes im Schrifttum).

bb.Eine Vereinbarung zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 2) dahin, dass sein Arbeitsverhältnis bereits mit Vertragsschluss und vor Vertragsbeginn demselben Kündigungsschutz unterfallen sollte, wie er bei der Beklagten zu 1) bestand, erscheint danach nicht ausgeschlossen.

Die Beklagte zu 2) hat dem Kläger ausdrücklich einen Arbeitsvertrag zu denselben Regelungen und Bedingungen angeboten, wie sie in dem Vertrag mit der Beklagten zu 1) galten. Hierzu gehörten – ausgehend vom objektiven Empfängerhorizont (§§ 133157 BGB) – auch die Beschäftigungszeiten ab dem jeweiligen Eintrittsdatum bei der Beklagten zu 1), die unstreitig jeweils mehr als sechs Monate betrugen. Die Vertragsparteien gingen bei Vertragsschluss zudem davon aus, dass die Beklagte zu 2) das Geschäft der Beklagten zu 1) als Wet-Lease-Partner der Konzernobergesellschaft S. übernehmen und am Standort M. unverändert fortsetzen wollte und damit die Verträge des Klägers zur Beklagten zu 1) alsbald beendet würden. Unter diesen Umständen drängte sich die Anerkennung von Dienstzeiten auch vor dem Hintergrund eines möglichen Betriebsübergangs auf.

Auch eine Anerkennung von Dienstzeiten bereits mit Vertragsschluss und somit vor Vertragsbeginn kommt in Betracht. Zwar sollte der Vertrag mit der Beklagten zu 2) ausdrücklich erst ab dem 15.09.2020 gelten und das Arbeitsverhältnis mit der Beklagten zu 1) zunächst ungekündigt fortbestehen. Für eine sofortige Geltung des Kündigungsschutzes könnte aber die beiderseitige Interessenlage sprechen. Die Beklagte zu 2) wollte sich mit dem Vertragsschluss die Dienste des Klägers für die beabsichtigte Fortführung des Wet-Lease-Geschäfts der Beklagten zu 1) sichern. Hierzu musste sie dem Kläger zumindest ein ebenso sicheres Arbeitsverhältnis anbieten, wie es bei der Beklagten zu 1) bestand. Der Kläger seinerseits musste für künftige Dispositionen im Hinblick auf die zu erwartende Kündigung der Beklagten zu 1), insbesondere die Frage einer fristgerechten Klageerhebung, Gewissheit darüber haben, dass er bereits in einem sicheren Arbeitsverhältnis stand. Anderenfalls hätte er sich vernünftigerweise mit einer Klage gegen eine Kündigung der Beklagten zu 1) gewehrt. Dies konnte nicht im Interesse der Beklagten zu 2) liegen.

Die Fragen, ob der Kläger und die Beklagte zu 2) Ende August 2020 die sofortige Geltung eines entsprechenden Kündigungsschutzes wie bei der Beklagten zu 1) vereinbart haben und ob das Kündigungsschutzgesetz seinerzeit räumlich auf den Betrieb der Beklagten zu 1) Anwendung fand, können an dieser Stelle aber offenbleiben. Denn die Kündigung der Beklagten zu 2) ist nicht gemäß § 1 Abs. 1 KSchG unwirksam, weil sie bei Anwendung des Gesetzes sozial gerechtfertigt wäre.

c.Die Kündigung der Beklagten zu 2) ist nicht sozial ungerechtfertigt iSd. § 1 Abs. 1 iVm. Abs. 2 und 3 KSchG. Es liegen dringende betriebliche Erfordernisse in Gestalt einer Stilllegung von Teilen des Betriebs bzw. – dem gleichstehend – Nichtaufnahme des entsprechenden Betriebs vor. Eine soziale Auswahl war nicht durchzuführen, da alle in Deutschland beschäftigten Arbeitnehmer entlassen wurden.

aa.Die Nichtaufnahme des Geschäftsbetriebs in Deutschland durch die Beklagte zu 2) ließ den Beschäftigungsbedarf für den Kläger entfallen bzw. gar nicht erst entstehen und stellt damit ein dringendes betriebliches Erfordernis iSv. § 1 Abs. 2 KSchG dar.

(1)Die Stilllegung des gesamten Betriebs oder einzelner Teile durch den Arbeitgeber gehört, wie ausgeführt, zu den dringenden betrieblichen Erfordernissen i.S.v. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG, die einen Grund zur sozialen Rechtfertigung einer Kündigung abgeben können. Entsprechendes muss ohne weiteres gelten, wenn der Arbeitgeber den Geschäftsbetrieb dauernd oder für eine ihrer Dauer nach unbestimmte, wirtschaftlich nicht unerhebliche Zeitspanne erst gar nicht aufnimmt.

(2)In Anwendung der zur Betriebsstillegung bereits für die Beklagte zu 1) oben dargestellten Grundsätze steht zur Überzeugung der erkennenden Kammer fest, dass die Beklagte zu 2) im maßgeblichen Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung vom 10.09.2020 die unternehmerische Entscheidung getroffen und im Sinne greifbarer Formen auch umgesetzt hatte, das von M. aus betriebene Wet-Lease-Geschäft nicht aufzunehmen.

(a)Auch insoweit gilt, dass es nicht auf frühere Verlautbarungen ankommt. Richtig ist, dass die Beklagte zu 2) am 28.07.2020 mitgeteilt hatte, dass sie im Spätherbst 2020 in M. eine Station eröffnen werde. Entsprechendes teilte die Beklagte zu 1) mit Schreiben vom 28.07.2020 mit. Schließlich gab die Beklagte zu 2) mit E-Mail vom 20.08.2020 das Angebot an den Kläger ab, welches die Grundlage für das vertragliche Arbeitsverhältnis bildete, das Gegenstand dieser Kündigungsschutzklage ist. Als Anfangsdatum war der 15.09.2020 vorgesehen, und die Planung der OCC-Kurse wurde mitgeteilt. Diese Entscheidung des Aufbaus der Station hatte die Beklagte zu 2) im Kündigungszeitpunkt indes revidiert. Dies wird bereits durch das Schreiben des Leiters Routenentwicklung der S. vom 09.09.2020 dokumentiert, in dem die Schließung der Station M. angekündigt wird. Für die Beklagte zu 2) gilt nichts anderes als für die Beklagte zu 1). Die Entscheidungen der Beklagten zu 2) folgen ebenfalls dicht aufeinander und mögen sprunghaft wirken. Offensichtlich unsachlich, unvernünftig oder willkürlich sind sie jedoch nicht. Vielmehr spricht auch im Hinblick auf die Nichtaufnahme der Tätigkeit an der Station M. als eine beschlossene und tatsächlich durchgeführte unternehmerische Organisationsentscheidung die Vermutung, dass sie aus sachlichen – nicht zuletzt wirtschaftlichen – Gründen getroffen wurde und nicht auf Rechtsmissbrauch beruht. Auch die etwaige Absicht der Beklagten zu 2), Arbeitnehmer mit dem Dienstort X. und dem Einsatzort M. zu entlassen und dafür neue Mitarbeiter für den Dienst- und Einsatzort Wien oder Palma einzustellen, macht die unternehmerische Entscheidung an sich – die Nichtaufnahme des Geschäftsbetriebs an der Station M. bzw. in Deutschland – nicht unsachgemäß oder rechtsmissbräuchlich. Etwaige freie Arbeitsplätze in Wien oder Palma finden vielmehr im Rahmen der Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Kündigung, insbesondere einer anderweitigen Weiterbeschäftigungsmöglichkeit, Berücksichtigung.

(b) Die Beklagte zu 2) hat ihre unternehmerische Entscheidung umgesetzt. Insoweit hat sie unbestritten vorgetragen, dass sie nicht nur die Arbeitsverträge aller in Deutschland stationierten Arbeitnehmer gekündigt, sondern auch zuvor eine Massenentlassungsanzeige erstattet habe. Dagegen ist nicht ersichtlich, dass sie Arbeitnehmer für eine Geschäftstätigkeit am deutschen Markt eingestellt hätte. Soweit der Kläger die Stellenanzeige vom 17.08.2020 vorlegt, geht hieraus nicht hervor, dass der Einsatz an deutschen Stationen erfolgen sollte. Entsprechendes gilt für die ausgeschriebene Stelle als Head of Human Ressources. Zwar wird hierin dargestellt, dass die Beklagte zu 2) auch von Deutschland aus operiere, tatsächlich sind hierfür aber keine sonstigen Anhaltspunkte seitens des Klägers vorgetragen worden. Die ausgeschriebene Stelle eines Mechanikers wird seitens der S. und nicht seitens der Beklagten zu 2) angeboten. Insoweit mag es sein, dass S. den deutschen Markt weiter bedient. Dies bedeutet aber nicht, dass die Beklagte zu 2) ihre unternehmerische Entscheidung nicht umgesetzt hätte. Zur Überzeugung der Kammer steht zudem fest, dass die Beklagte zu 2) den Crewraum am Flughafen M. nie übernommen hat. Diesen hatte die Beklagte zu 1), wie ausgeführt, mit Schreiben vom 15.09.2020 gekündigt. Auf die von dem Kläger problematisierte Frage, ob eine solche Kündigung wirksam zum 31.10.2020 zulässig war und rechtlich ein wichtiger Grund für eine Kündigung ohne Frist gemäß § 14.3 des Mietvertrags gegeben war, kommt es nicht an. Das Kündigungsschreiben selbst manifestiert als weiterer Umstand die Nichtaufnahme der Tätigkeit seitens der Beklagten zu 2). Anhaltspunkte für eine Nutzung des Crewraums durch die Beklagte zu 2) entgegen der Kündigung hat der Kläger nicht aufgezeigt. Die Betriebsmittel in Form von Flugzeugen und iPads usw. werden nicht für den Flugbetrieb von und nach Deutschland eingesetzt, wie dies bei der Beklagten zu 1) geschehen ist. Es steht auch fest, dass die Beklagte zu 2) keine Slots am Flughafen M. übernommen hat. Dies ergibt sich aus der bereits angesprochenen gerichtsbekannten Pressemitteilung der S., wonach sich die Beklagte zu 1) aufgrund zu hoher Gebühren und Abfertigungskosten – und sei es, wie vom Kläger behauptet, aufgrund nicht verlängerter vergünstigter Konditionen – vom Flughafen M. zurückziehen werde. Zwar müssen Verlautbarungen der Presse nicht stets zutreffen, doch ist nicht ersichtlich, warum S. sonst ein Marktsegment öffentlich preisgeben sollte. Außerdem gab die F. GmbH unter dem 15.09.2020 die korrespondierende gerichtsbekannte Mitteilung ab, dass die von S. geflogenen Strecken zukünftig im Wesentlichen von ihr bedient würden. Verschiedene Presseerzeugnisse nahmen dies auf. Danach hat die F. GmbH ca. 95 % der zuletzt von S. gehaltenen Slots am Flughafen M. übernommen.

(c)Insgesamt bestehen keine Anhaltspunkte, dass die Beklagte zu 2) nicht ernsthaft und endgültig die Nichtaufnahme der ursprünglich geplanten Station M. beschlossen hätte. Sie hat endgültig von einem möglichen zuvor beabsichtigten Teilbetriebsübergang Abstand genommen. Die Schließung der Station M. ist tatsächlich und dauerhaft umgesetzt worden. Die Beklagte zu 2) hat ihren Geschäftsbetrieb in M. nie aufgenommen. Sie fliegt allenfalls vereinzelt andere Verbindungen nach Deutschland, z.B. nach Hamburg oder Nürnberg, nicht aber von Deutschland aus. Bei den außerdem diskutierten Flugleistungen der N. Air Ltd. ist ein Zusammenhang mit dem früheren Flugbetrieb der Beklagten zu 1) in Deutschland nicht ersichtlich; insbesondere fliegt die N. Air Ltd. nicht Düsseldorf oder Stuttgart, sondern Berlin, Köln, Nürnberg und Frankfurt (Main) an. Letztlich ist auch unstreitig, dass es einen Flugbetrieb der Beklagten zu 2) von einer Station Düsseldorf oder Stuttgart aus nie – auch nicht im Zeitpunkt des letzten Kammertermins – gab. Die unstreitige Entwicklung begründet so im vorliegenden Fall zusätzlich die tatsächliche Vermutung, dass bei Zugang der Kündigung ein tragfähiges Konzept der Beklagten zu 2) vorlag, das den Beschäftigungsbedarf für den Kläger bei Ablauf der Kündigungsfrist entfallen ließ.

Daran ändern auch die weiteren vom Kläger aufgezeigten Umstände nichts. Soweit der Kläger darauf abstellt, noch am 27.08.2020 sei allen Crew-Mitgliedern und auch ihm mitgeteilt worden, dass die OCC-Kurse in der kommenden Wochen freigeschaltet würden, ist dies ein durch die tatsächliche Entwicklung bereits im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung überholter Umstand. Soweit der Kläger auf angebliche Weiterbeschäftigungsangebote im Ausland abstellt, z.B. auf Beschäftigungsbedarf an der neuen Station in A. oder aber auch früher, betrifft dies nach seinem eigenen Vortrag Neueinstellungen, um den Beschäftigungsbedarf an ausländischen Standorten zu decken. An der umgesetzten Entscheidung, die Station in M. nicht zu eröffnen und – wie ausgeführt – dies auch im Übrigen in Deutschland nicht zu tun, ändert dies nichts. Die Weihnachtsgrüße des Head of Training stehen dem aufgrund der tatsächlichen Entwicklung ebenfalls nicht entgegen. Letztlich geht es um angeblich freie Arbeitsplätze im Ausland. Dies ist eine Frage der Weiterbeschäftigungsmöglichkeit. An dem durch die tatsächliche Entwicklung bestätigten Wegfall des Beschäftigungsbedarfs in Deutschland ändert sich dadurch nichts.

(d)Die unternehmerische Entscheidung der Beklagten zu 2) hatte auch nicht eine nur vorübergehende, etwa pandemiebedingte Schließung des Standortes M. zum Inhalt. Das stünde im Widerspruch dazu, dass die ebenfalls von der Pandemie betroffenen Standorte Wien und Palma fortgeführt wurden. Vielmehr ging die Schließung des M.er Standortes auf das Scheitern der Verhandlungen zwischen der Muttergesellschaft S. und der Flughafengesellschaft M. zurück und sollte nicht nur vorübergehend erfolgen. Die früher von der Beklagten zu 1) genutzten Slots stehen der Beklagten zu 2) nicht mehr zur Verfügung.

(e)Durch die Umsetzung der unternehmerischen Entscheidung ist der Beschäftigungsbedarf für den Kläger entfallen. Der Kläger ist von der Beklagten zu 1) vom Flughafen M. als Heimatbasis bzw. vertraglichem Einsatzort aus im Wet-Lease für S. eingesetzt worden. Da die Beklagte zu 2) diese Flüge entgegen ihrer ursprünglichen Absicht nicht durchführt, hat sie insoweit keinen Beschäftigungsbedarf. Es bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte zu 2) die ursprünglich in M. geplante betriebliche Betätigung ersatzweise an einen anderen Standort verlagert hätte. Hierfür ist nichts ersichtlich, die geplante betriebliche Betätigung entfiel vielmehr ersatzlos.

(f)Der Stilllegung bzw. der Nichtaufnahme des Geschäftsbetriebs steht nicht entgegen, dass die Beklagte zu 2) möglicherweise den Betrieb oder einen Betriebsteil der Beklagten zu 1) Wien/Palma übernommen hätte. Denn der Kläger war – wie ausgeführt – in keinem Fall einer etwaig von der Beklagten zu 2) gemäß § 613a Abs. 1 BGB übernommenen Einheit zugeordnet. Hier geht es vielmehr darum, dass ein zunächst beabsichtigter Betriebsübergang (Übergang der Station Düsseldorf) nicht stattfindet. Dies begründet ein dringendes betriebliches Erfordernis und stellt keine Kündigung “wegen” eines Betriebsübergangs dar. Die Kündigung seitens der Beklagten zu 2) erfolgte gerade, weil kein den Kläger betreffender Betriebsübergang stattfand.

aa.Zu berücksichtigende Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten bei der Beklagten zu 2) bestanden nicht.

(1)Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten im Inland hat der Kläger nicht aufgezeigt.

(2)Etwaige freie Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten im Ausland sind im konkreten Fall nicht zu berücksichtigen.

(a)Die aus § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Buchst. b, Satz 3 KSchG folgende gesetzliche Verpflichtung des Arbeitgebers, den Arbeitnehmer zur Vermeidung einer Beendigungskündigung an einem anderen – freien – Arbeitsplatz im selben oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens zu beschäftigen, erstreckt sich zunächst grundsätzlich nicht auf Arbeitsplätze im Ausland (BAG 24.09.2015 – 2 AZR 3/14, Rn. 18; 29.08.2013 – 2 AZR 809/12, Rn. 28 ff.; a.A. LAG Hamburg 22.03.2011 – 1 Sa 2/11). Dem folgt die erkennende Kammer. Gründe, davon Ausnahmen zu machen, sind im vorliegenden Fall nicht gegeben.

(aa)Das KSchG bezieht sich grundsätzlich auf im Inland gelegene Betriebe. Es hat keinen Auslandsbezug. Nichts anderes gilt im Rahmen der zu prüfenden Frage, ob Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten auf freien Arbeitsplätzen bestehen. Entscheidend ist dabei für die erkennende Kammer, dass ein Ausgleich der wechselseitigen Interessen, d.h. derjenigen des Arbeitgebers, des von der Kündigung betroffenen Arbeitnehmers und etwaiger im Ausland einzustellender Arbeitnehmer nur innerhalb eines kohärenten Systems erfolgen kann (vgl. insoweit BAG 29.08.2013 – 2 AZR 809/12 Rn. 34). Hier gilt nichts anderes. Offen bleibt, ob freie Arbeitsplätze im Ausland dann zu berücksichtigen sind, wenn sie deutschem Recht unterliegen (offen gelassen von BAG 29.08.2013 – 2 AZR 809/12, Rn. 37; vgl. insoweit auch BAG 26.03.2009 – 2 AZR 883/09, Rn. 22, wonach Arbeitnehmer ausländischer Betriebsteile, deren Arbeitsverhältnisse nicht dem deutschen Recht unterliegen, für den Schwellenwert des § 23 KSchG nicht mitzählen). Die Beklagte zu 2) hatte im Ausland keine Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnisse deutschem Recht unterlagen und stellte solche Arbeitnehmer dort auch nicht ein.

(bb)Es geht hier entgegen der Ansicht des Klägers auch nicht um eine grenzüberschreitende, identitätswahrende Betriebsverlagerung in das Ausland bei einem Betriebsinhaberwechsel (vgl. BAG 29.08.2013 – 2 AZR 809/12, Rn. 38). Es hat – wie ausgeführt – kein Betriebsübergang, der den Kläger erfasst hätte, von Deutschland ins Ausland stattgefunden. Dies gilt erst recht für die Beklagte zu 2). Diese hat vielmehr ihre Absicht, die Station in M. zu übernehmen, aufgegeben, was den Kündigungsgrund darstellt. Es geht also nicht darum, die Lasten des Arbeitsrechts durch eine Standortverlagerung abzuschütteln (krit. insoweit Deinert, Anm. AP KSchG 1969 § 1 Betriebsdingte Kündigung Nr. 202 und offen lassend BAG 24.09.2015 – 2 AZR 3/14 Rn. 18). Ein solcher Fall liegt hier nicht vor.

(cc)Eine verfassungskonforme Auslegung des Betriebsbegriffs gebietet kein anderes Ergebnis. Diese kann in Betracht kommen, wenn ein Arbeitgeber unweit einer Ländergrenze im In- und Ausland mehrere einheitlich gelenkte Betriebsstätten unterhält und Aufgaben im “kleinem Grenzverkehr” von der einen in die andere Einheit verlagert (vgl. BAG 24.09.2015 – 2 AZR 3/14). Auch so liegt der Streitfall nicht. Dabei ist zu berücksichtigen, dass – wie ausgeführt – der gesetzliche Anwendungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes für die Beklagte zu 2) überhaupt nicht eröffnet ist. Sie lenkt vom Ausland aus in Deutschland überhaupt keinen Betrieb. Sie hat dies nie getan. Allenfalls kommt – wie ebenfalls ausgeführt – eine Anwendung des Kündigungsschutzgesetzes kraft vertraglicher Vereinbarung in Betracht. Eine solche Vereinbarung wiederum würde an die kündigungsschutzrechtliche Stellung der Arbeitnehmer an der Station M. bei der Beklagten zu 1) anknüpfen und diese auf die Beklagte zu 2) übertragen. Dies ändert am Ergebnis jedoch nichts. Die Anwendung des Kündigungsschutzgesetzes folgt insoweit – wie ausgeführt – bereits aus einer verfassungskonformen Auslegung, weil das Kündigungsschutzgesetz Anwendung finden kann, wenn sich die Betriebsleitung zwar im Ausland befindet, die Arbeitsleistung von mehr als zehn Arbeitnehmern im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 3 KSchG, die den Betrieb im Übrigen bilden, aber in Deutschland erbracht wird (BVerfG 12.03.2009 – 1 BvR 1250/08, Rn. 2). Daraus lässt sich nicht der Schluss ziehen, dass in einem solchen Fall ganz generell freie Arbeitsplätze im Ausland als Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten iSd. Kündigungsschutzgesetzes zu berücksichtigen wären. Dies ist eine andere Frage als diejenige nach der Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes für die in Deutschland – hier an der Station in M. – eingesetzten Arbeitnehmer. Gleiches gilt erst recht für einen vertraglichen Kündigungsschutz. Dieser bedeutet letztlich nichts anderes, als dass Kündigungsschutz auch bei der Beklagten zu 2) besteht, der sich aber inhaltlich und auch in der Fortentwicklung nach den Umständen und Gegebenheiten bei der Beklagten zu 2) richtet. Diese gebieten keine Berücksichtigung von Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten im Ausland. Unabhängig davon würde auch in einem solchen Fall, wie der Fall exemplarisch zeigt, das grundsätzlich auf Deutschland bezogene System des Kündigungsschutzgesetzes verlassen. Damit bestünden keine Lösungsmöglichkeiten für die vom Bundesarbeitsgericht aufgezeigten Konflikte, wie z.B. der Konkurrenz mehrerer Arbeitnehmer um freie Arbeitsplätze mit unterschiedlich ausgestalteten nationalen kündigungsschutzrechtlichen Regelungen. Von einem kleinen Grenzverkehr kann hier – auch wenn man den typischen Auslandbezug des Flugverkehrs berücksichtigt – nicht gesprochen werden.

(b)Die Beklagte zu 2) hatte sich entgegen der Ansicht des Klägers weder durch die vertragliche Versetzungsklausel noch gemäß § 241 Abs. 2 BGB dahingehend gebunden, dem Kläger einen freien Arbeitsplatz im Ausland anzubieten.

(aa)Der Kläger kann nicht geltend machen, dass er gemäß der Versetzungsklausel im ursprünglichen österreichischen Arbeitsvertrag auf freie Stellen der Beklagten im Ausland versetzt werden müsse.

Der ursprüngliche Arbeitsvertrag des Klägers mit der Beklagten zu 1) enthielt in Ziffer 4 Abs. 1 zwar eine Versetzungsklausel auch in das Ausland. Diese Versetzungsklausel ist aber nicht mehr Vertragsbestandteil des Arbeitsvertrags zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 2). Der Kläger hat mit seinem Schreiben vom 20.08.2020 das Angebot der Beklagten zu 2) für einen Arbeitsvertrag zu den bei der Beklagten zu 1) bestehenden Bedingungen in der Fassung des Eckpunktepapiers akzeptiert. Ausweislich der E-Mail der Beklagten zu 1) vom 03.07.2020 ersetzte das Eckpunktepapier die individuellen Vertragsbedingungen des Klägers bei der Beklagten zu 1) bzw. trat an deren Stelle. Es handelte sich sowohl bei dem Angebot vom 03.07.2020 als auch bei dem Eckpunktepapier um Allgemeine Geschäftsbedingungen iSv. §§ 305 Abs. 1 Satz 1 BGB. Die bisherige Versetzungsklausel kommt schon aufgrund der Auslegungsregel des § 305c Abs. 2 BGB nicht mehr zur Anwendung. Die Aufrechterhaltung der Versetzungsklausel verstößt jedenfalls gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 1, 2 BGB.

(aaa)Für die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen kommt es darauf an, wie die Klauseln nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden. Dabei sind nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen. Ansatzpunkt für die nicht am Willen der jeweiligen Vertragspartner zu orientierende Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist er nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss. Soweit auch der mit dem Vertrag verfolgte Zweck einzubeziehen ist, kann das nur in Bezug auf typische und von redlichen Geschäftspartnern verfolgte Ziele gelten. Die einzelne Klausel ist im Kontext des Formularvertrags zu interpretieren und darf nicht aus einem Zusammenhang gerissen werden, der ihre Beurteilung beeinflusst. Zu berücksichtigen sind dabei Regelungen, die mit der maßgeblichen Klausel in einem dem typischen und durchschnittlich aufmerksamen Vertragspartner erkennbaren Regelungszusammenhang stehen. Bleibt nach Ausschöpfung der Auslegungsmethoden ein nicht behebbarer Zweifel, geht dies nach § 305c Abs. 2 BGB zulasten des Verwenders (BAG 16.06.2021 – 10 AZR 31/20, Rn. 17).

(bbb)In Anwendung dieser Grundsätze kann die Arbeitgeberin sich nicht mehr auf die Versetzungsklausel aus dem ursprünglichen Arbeitsvertrag berufen. Zumindest die Zweifelsregel des § 305c Abs. 2 BGB ergibt dies. Auszugehen ist zunächst von der E-Mail vom 03.07.2020. Danach ersetzen die Vertragsbedingungen des Eckpunktepapiers die Vertragsbedingungen des individuellen Vertrags bzw. treten an dessen Stelle; und zwar ab dem 01.07.2020. Dies beinhaltet zunächst eine vom Wortlaut her nicht eingegrenzte und damit vollständige Ablösung der individuellen Vertragsbedingungen. Das Eckpunktepapier regelt indessen umfassend die arbeitsvertraglichen Pflichten der Parteien neu und statuiert zugleich den Wechsel von österreichischem zu deutschem Arbeitsrecht. Das Eckpunktepapier selbst enthält hingegen keine Versetzungsklausel mehr. Soweit im Zusammenhang mit Dienstplanänderungen in G. Ziffer 5 und 12 des Eckpunktepapiers Versetzungen und landesweite und internationale Wechsel genannt werden, werden diese lediglich vorausgesetzt und nicht eigenständig geregelt. Ohnehin muss der durchschnittliche Vertragspartner eigenständige Versetzungsklauseln – die es wie ausgeführt nicht sind – nicht in den Einzelbestimmungen zur Dienstplangestaltung suchen. Denkbar ist indes, dass die Vertragsbedingungen des Eckpunktepapiers nur diejenigen Vertragsbestimmungen des bisherigen Arbeitsvertrags ersetzen sollen, zu denen das Eckpunktepapier eine inhaltliche Regelung enthält. Insoweit ist zu einer Versetzungsklausel – anders als z.B. zu der Kündigungsfrist – im Eckpunktepapier keine inhaltliche Regelung enthalten. Es kann im Eckpunktepapier als Regelung für alle in Deutschland stationierten Piloten auch keine Vereinbarung zur Heimatbasis und zum Stationierungsort des einzelnen Piloten enthalten sein. Dies ist indes bereits etwas anderes als eine Regelung zur Versetzung. Im Übrigen ist der Stationierungsort in der E-Mail vom 03.07.2020 angesprochen. Das Vertragsangebot bezieht sich nur auf diejenigen Piloten und die Kabinenbesatzung, die in M. stationiert sind. Dass nunmehr weiterhin die bisherige einzelvertragliche Versetzungsklausel gelten soll, wenn diese nicht im Eckpunktepapier enthalten ist, kann nicht mit der gemäß § 305c Abs. 2 BGB erforderlichen Klarheit der getroffenen Vereinbarung entnommen werden. Eine Versetzungsklausel lässt sich eben – anders als der konkrete Stationierungsort und die Heimatbasis – auch einheitlich regeln. Ist dies nicht erfolgt, kann nicht davon ausgegangen werden, dass eine frühere Regel trotzdem weitergelten soll. Dies muss erst recht deshalb gelten, weil hier ein Statutenwechsel stattgefunden hat. Soll die bisherige Versetzungsklausel, die österreichischem Recht unterlag, nunmehr fortbestehen, sich deren Wirksamkeit aber nach deutschem Recht richten? Dies bliebe unklar. Daran ändern G. Ziffern 5 und 12 nichts. Eine einseitige Versetzbarkeit wird darin nicht geregelt. Ohnehin spricht G. Ziffer 12, der auch den internationalen Fall erfasst, anders als G. Ziffer 5 nicht von Versetzung, sondern von Wechsel. Ein solcher kann gerade auch einvernehmlich erfolgen.

(ccc) Das Transparenzgebot verlangt, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen einer Vertragsklausel so genau beschrieben werden, dass für den Verwender der Klausel keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen und der Gefahr vorgebeugt wird, dass der Vertragspartner von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten wird (BAG 19.11.2019 – 7 AZR 582/17, Rn. 37).

Aus den obigen Ausführungen zur Auslegung ergibt sich zugleich, dass die Frage der Versetzbarkeit ins Ausland nicht mit der notwendigen Transparenz in diesem Sinne beschrieben ist.

(ddd)Es kann deshalb offen bleiben, ob im Luftverkehr eine letztlich weltweite Versetzungsklausel überhaupt einer Inhaltskontrolle i.S.v. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB standhielte und nicht als solche ganz grundsätzlich unwirksam ist, mit der Folge, dass es aufgrund der Unwirksamkeit bei der gesetzlichen Regelung des § 106 GewO verbleibt, die grundsätzlich eine bundesweite Versetzbarkeit beinhaltet (vgl. ErfK/Preis, 22. Aufl. 2022 § 106 GewO Rn. 27).

(eee)Auf die Unwirksamkeit der Umsetzungsklausel bzw. deren Auslegung gemäß § 305c Abs. 2 BGB kann sich in der hier gegebenen Konstellation auch der Arbeitgeber berufen. Für die Sozialauswahl wird dazu ausgeführt, dass es dem Arbeitgeber nicht verwehrt sein kann, die Unwirksamkeit einer Vertragsbestimmung zu erkennen, um eine vom Gesetz vorgesehene soziale Auswahl objektiv richtig vorzunehmen (APS/Kiel, 6. Aufl. 2021, § 1 KSchG Rn. 610; KR/Rachor, 13. Aufl. 2021, § 1 KSchG Rn. 669; HWK/Quecke, 9. Aufl. 2020 § 1 KSchG Rn. 361; aA zB ErfK/Oetker, 22. Aufl. 2022, § 1 KSchG Rn. 323). Der Arbeitnehmer kann den Arbeitgeber im Kündigungsschutzprozess nicht auf eine Versetzungsmöglichkeit verweisen, die dem Arbeitnehmer im individuellen Verhältnis zum Arbeitgeber tatsächlich nicht zu Gebote stünde.

Für die Frage der Weiterbeschäftigungsmöglichkeit auf einem anderen freien Arbeitsplatz gilt zur Überzeugung der Kammer nichts anderes, weil der Arbeitgeber nur auf eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit verwiesen werden kann, die ihm sowohl rechtlich als auch tatsächlich zusteht. Dies ist aber dann nicht der Fall, wenn der Arbeitnehmer sich aufgrund der Ausgestaltung der Versetzungsklausel gegen diese erfolgreich zur Wehr setzen kann. In diesem Sinne hat auch das Bundesarbeitsgericht im Hinblick auf eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit in der Türkei die Wirksamkeit einer Versetzungsklausel geprüft (BAG 24.09.2015 – 2 AZR 3/14, Rn. 21 f.; aA für einen freien Arbeitsplatz KR/Rachor, 13. Aufl. 2021, § 1 KSchG Rn. 232 unter Bezugnahme auf BAG 03.04.2008 – 2 AZR 879/06, Rn. 36). Im Übrigen betrifft die Frage der Weiterbeschäftigung auf einem freien Arbeitsplatz im Falle einer Konkurrenz mehrerer Arbeitnehmer um diesen Arbeitsplatz auch die Interessen dieser Arbeitnehmer. Dies spricht zusätzlich für eine objektive Betrachtung der tatsächlichen Versetzungsmöglichkeit.

(bb) Indem die Beklagte zu 2) sich auf die Nichtgeltung einer Vertragsklausel zur internationalen Versetzbarkeit des Klägers beruft, verstößt sie nicht gegen Treu und Glauben, § 242 BGB (BAG 03.04.2008 – 2 AZR 879/06, Rn. 36; BAG 24.09.2015 – 2 AZR 3/14, Rn. 23). Die Beklagte zu 2) hat diese Vertragsklausel zu keinem Zeitpunkt angewandt. Schutzwürdiges Vertrauen, sie würde den Kläger zur Vermeidung einer Beendigungskündigung in das Ausland versetzen, hat sie nicht geschaffen. Es ging vielmehr – bei der Beklagten zu 1) – um den Erhalt der Station in M. und – bei der Beklagten zu 2) – um die Eröffnung einer Station in M. oder aber, wenn man auf das Eckpunktepapier abstellen wollte, um den Erhalt der Arbeitsplätze der bei der Beklagten zu 1) in Deutschland “stationierten, direktangestellten” Piloten. Es ist im Übrigen nicht ersichtlich, dass der Kläger von der Beklagten zu 2) oder von der Beklagten zu 1) an einer Station im Ausland beschäftigt worden ist. Auf der Grundlage der durch das Eckpunktepapier geänderten Vertragsgestaltung gilt dies ohnehin nicht.

(cc)Unabhängig von dem Vorstehenden ist die Kammer der Überzeugung, dass selbst bei bestehender Versetzungsklausel mit Auslandsbezug die Weiterbeschäftigung auf einem freien Arbeitsplatz im Rahmen von § 1 Abs. 1 KSchG nur bei der Verlagerung des Betriebs oder Betriebsteils in einen anderen Staat oder zumindest bei einer “grenzüberschreitenden” Funktionsnachfolge in Betracht kommt, nicht aber im hiesigen Fall der “ersatzlosen” Einstellung des Geschäftsbetriebs in Deutschland (offen gelassen von BAG 24.09.2015 – 2 AZR 3/14, Rn. 27). Nur in diesen Fällen rechtfertigt eine Versetzungsklausel das Verlassen des kohärenten Systems des Kündigungsschutzgesetzes. Es müssen dabei immer die anderen, ggfs. um freie Arbeitsplätze konkurrierenden Arbeitnehmer in den Blick genommen werden. Konkurrieren – wie hier – ggfs. an einem anderen Betrieb der Beklagten zu 2) im Ausland verschiedene Arbeitnehmer mit unterschiedlichen Vertragsstauten um freie Arbeitsplätze, liefert auch die vertraglich vereinbarte Versetzungsklausel in das Ausland keine Möglichkeit zur Auflösung dieser Konkurrenzsituation, denn die Pflicht zur Versetzung auf einen freien Arbeitsplatz beruht allein auf dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz des Kündigungsschutzgesetzes. Für eine Änderungskündigung gilt dies ebenfalls, unabhängig von der Frage der vertraglich vereinbarten Versetzbarkeit.

(dd)Der Kläger hat schließlich, auch wenn es darauf nicht mehr entscheidend ankommt, im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung bestehende freie Arbeitsplätze der Beklagten nicht hinreichend substantiiert dargelegt. Auch im Ausland kam es zu diesem Zeitpunkt pandemiebedingt zu einem Rückgang der durchzuführenden Flüge.

cc.Eine fehlerhafte soziale Auswahl gemäß § 1 Abs. 3 KSchG liegt nicht vor.

(1)Der Arbeitgeber hat diejenigen Arbeitnehmer in die Sozialauswahl einzubeziehen, die objektiv miteinander vergleichbar sind. Vergleichbar sind Arbeitnehmer, die – bezogen auf die Merkmale des Arbeitsplatzes – sowohl aufgrund ihrer Fähigkeiten und Kenntnisse als auch nach dem Inhalt der von ihnen vertraglich geschuldeten Aufgaben austauschbar sind (BAG 20.06.2013 – 2 AZR 271/12; 22.03.2012 – 2 AZR 167/11; 15.12.2011 – 2 AZR 42/10).

(2)Nachdem der Kläger die fehlerhafte soziale Auswahl pauschal gerügt hat, hat die Beklagte zu 2) vorgetragen, dass sämtlichen Arbeitnehmern in Deutschland gekündigt worden sei. Vor diesem Hintergrund oblag es nunmehr dem Kläger, substantiiert vorzutragen, inwiefern dennoch eine soziale Auswahl möglich gewesen wäre. Dies ist nicht geschehen. Die Beschäftigten der Beklagten zu 2) in Wien und Palma de Mallorca waren in eine Sozialauswahl nicht einzubeziehen. Die Sozialauswahl bezieht sich nach zutreffender Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der die Kammer folgt, nur auf in Deutschland gelegene Betriebe (BAG 27.06.2019 – 2 AZR 38/19, Rn. 26; 29.08.2013 – 2 AZR 809/12, Rn. 40).

6.Die Kündigung der Beklagten zu 2) ist nicht gemäß § 613a Abs. 4 BGB unwirksam, weil sie, wie ausgeführt, nicht wegen eines Betriebsübergangs ausgesprochen worden ist.

7.Die Kündigung der Beklagten zu 2) ist nicht gemäß § 17 Abs. 1, Abs. 3 KSchG iVm. § 134 BGB wegen fehlerhafter Massenentlassungsanzeige unwirksam. Es kann offen bleiben, ob die die Beklagte zu 2) überhaupt verpflichtet war, eine Massenentlassungsanzeige zu erstatten. Sie hat eine solche ordnungsgemäß iSd. § 17 Abs. 3 KSchG erstattet.

a.Es bestehen durchaus Bedenken, ob die Beklagte zu 2) zur Erstattung einer Massenentlassungsanzeige verpflichtet war.

Die Beklagte zu 2) hatte sich entgegen ihrem ursprünglichen Plan entschieden, am Flughafen M. keinen Standort zu eröffnen und den vormals von der Beklagten zu 1) geführten Flugbetrieb nicht aufzunehmen. Zwar hat die Beklagte zu 2) innerhalb von 30 Kalendertagen 126 Arbeitnehmer – darunter den Kläger – entlassen, der Schwellenwert des 17 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 KSchG ist somit erreicht. Gegen eine Anzeigepflicht spricht jedoch, dass die betroffenen Arbeitnehmer zu keinem Zeitpunkt in einem Betrieb der Beklagten zu 2) am Standort M. gearbeitet haben und ein solcher Betrieb – der Beklagten zu 2) – bei Zugang der Kündigungen nicht existiert hat. Eine etwaige Vereinbarung des Klägers mit der Beklagten zu 2) über einen Kündigungsschutz, wie er zuvor bei der Beklagten zu 1) bestand, vermag keine öffentlichrechtlichen Pflichten gegenüber der Arbeitsagentur zu begründen. Diese wird nicht aufgrund vertraglicher Vereinbarungen tätig, sondern ausschließlich auf gesetzlicher Grundlage. Es kann offen bleiben, ob eine Anzeigepflicht ohne tatsächlich aufgenommenen Betrieb ausscheidet oder diese aufgrund der Verpflichtung zur effektiven Umsetzung der Pflichten aus der MERL auch dann zu bejahen ist, wenn ein Arbeitgeber bereits eingestellte Arbeitnehmer, bezogen auf einen geplanten Betrieb, vor dessen Aufnahme wieder kündigt.

b.Die Beklagte zu 2) hat eine ggfs. nach § 17 Abs. 1 Satz 1 KSchG erforderliche Massenentlassungsanzeige ordnungsgemäß iSd. § 17 Abs. 3 KSchG erstattet.

aa.Die Massenentlassungsanzeige ist von der Beklagten zu 2) vor Zugang der Kündigung bei der zuständigen Arbeitsagentur gestellt worden. Als zuständige Arbeitsagentur für die Anzeige kommt nach den oben dargestellten Grundsätzen innerhalb Deutschlands allein die Agentur in Düsseldorf in Betracht. Bejahte man eine Anzeigepflicht bei einem geplanten Betrieb, muss die Anzeige an dem Ort erfolgen, an welchem der geplante Betrieb iSd. MERL gelegen sein soll. Dieser Ort bestimmt die Zuständigkeit der Agentur für Arbeit. Dies ist hier offensichtlich Düsseldorf, weil die Beklagte zu 2) die Arbeitnehmer gerade für diese Station eingestellt hat und sie dort ihre Arbeit aufnehmen sollten. Entgegen der Ansicht des Klägers kommt keine Massenentlassungsanzeige auf N. in Betracht. Dort verwirklichen sich für die Piloten der von der Beklagten zu 2) geplanten Station M. offenkundig keine sozio-ökonomischen Auswirkungen. Es kann, was zwischen den Parteien streitig ist, offen bleiben, ob die Massenentlassungsanzeige der Beklagten zu 2) der Agentur vor Arbeit Düsseldorf vor Zugang der Kündigung im Original zugegangen ist. Der unstreitige Eingang per Telefax bei der Agentur für Düsseldorf vor Zugang der Kündigung ist – wie bereits ausgeführt – ausreichend und wirksam.

bb.Die Pflichtangaben gemäß § 17 Abs. 3 S. 4 KSchG hat die Beklagte getätigt.

Im Anschreiben sowie in Feld 32 des ausgefüllten Formulars sind die Gründe für die Entlassungen genannt. Es genügten insoweit, ausgehend vom bereits dargelegten Zweck der Vorschrift, die gemachten Angaben, wonach der ursprüngliche Plan, ab dem 01.11.2020 am Flughafen M. einen Stationierungsort zu eröffnen und insofern dort einen Flugbetrieb aufzunehmen, aufgegeben worden sei und somit ein Beschäftigungsbedarf für Piloten und Flugbegleiter entgegen der ursprünglichen Planung nicht bestehe. Auf die Situation außerhalb von Deutschland kam es für die Arbeitsverwaltung in M. nicht an. Einer näheren Darstellung des Hintergrunds und der Motivation der Beklagten zu 2) bedurfte es nicht. Die Anzeige ist auch nicht deshalb unwirksam, weil die Beklagte zu 2) die Zahl der zu entlassenden sowie der in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer für den “Betrieb” M. nach § 17 Abs. 3 S. 4 KSchG falsch angegeben hätte. Dabei sind unwesentliche Fehler für die sachliche Prüfung und die Vermittlungstätigkeit der Agentur für Arbeit und so für die Wirksamkeit der Anzeige unschädlich. Nach den Angaben der Anzeige beschäftigte die Beklagte zu 2) in M. 126 Arbeitnehmer und beabsichtigte deren Entlassungen. Es ist nicht ersichtlich, dass die Angaben in der Anzeige zu niedrig waren.

Die übrigen Pflichtangaben des § 17 Abs. 3 S. 4 KSchG sind in der von der Beklagten zu 2) vorgelegten Anzeige unbestritten enthalten.

bb.Die Massenentlassungsanzeige ist schließlich auch nicht wegen fehlender Soll-Angaben iSv. § 17 Abs. 3 Satz 5 KSchG über Geschlecht, Alter, Beruf und Staatsangehörigkeit der zu entlassenden Arbeitnehmer unwirksam, wie der Kläger zweitinstanzlich unter Berufung auf eine bereits zitierte des Hessischen Landesarbeitsgericht gerügt hat (Hess. LAG 25.06.2021 – 14 Sa 1225/20). Insoweit gilt nichts anderes als zur Massenentlassungsanzeige der Beklagten zu 1) oben ausgeführt wurde. Die Angelegenheit war auch im Verhältnis zur Beklagten zu 2) ohne weitere Sachaufklärung entscheidungsreif. Die in Ziffer 34 der Anzeige an die Agentur für Arbeit bezeichnete Liste mit den Angaben zu Geschlecht, Alter, Beruf und Staatsangehörigkeit der zu entlassenden Arbeitnehmer wurde der Agentur für Arbeit Düsseldorf erst nach Zugang der Kündigung nachgereicht. Insoweit liegt schon kein streitiger Sachverhalt vor. Streitig ist alleine, ob der Sachvortrag der Beklagten zu 2) zutrifft, wonach die sog. Soll-Angaben der Agentur für Arbeit im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung aufgrund der vorangegangenen Anträge auf Kurzarbeitergeld zugänglich waren, d.h. letztlich für die einzelnen zu entlassenden Arbeitnehmer ohnehin in dem System der Agentur für Arbeit hinterlegt waren. Es bleibt offen, ob dies – dann auch im Verhältnis zur Beklagten zu 2), die selbst nie Kurzarbeitergeld für die zu entlassenden Arbeitnehmer beantragt hatte – genügt oder auch in einem solchen Fall eine auf den Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung aktualisierte Zusammenstellung dieser Angaben der Agentur für Arbeit gesondert zu übermitteln ist. Darauf kommt es nicht an.

C.Der gegen die Beklagte zu 2) gerichtete Feststellungsantrag zu II.1 ist zulässig, aber unbegründet.

I.Der Feststellungsantrag zu II.1., der auf die Feststellung des Fortbestehens des Arbeitsverhältnisses zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1) ab dem 01.11.2020 mit der Beklagten zu 2) zu unveränderten Arbeitsbedingungen gerichtet ist, ist zulässig.

1.Der Antrag ist gemäß § 256 ZPO auf das Bestehen eines Rechtsverhältnisses gerichtet. Die Verwendung des Wortes “fortbesteht” mag bei verständiger Auslegung des Klagebegehrens nicht die Feststellung beinhalten, dass das Fortbestehen des Rechtsverhältnisses auf einem Betriebsübergang beruht. Dabei ginge es nicht um die Feststellung eines Rechtsverhältnisses, sondern um die von § 256 ZPO nicht umfasste Frage, worauf dieses beruht, und somit um ein Rechtsgutachten. Vielmehr geht es dem Kläger darum, festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis mit der Beklagten zu 2) dasjenige ist, das zuvor mit der Beklagten zu 1) bestanden hatte, und nun zu den Bedingungen fortbesteht, wie sie zur Beklagten zu 1) bestanden hatten.

Damit ist das Rechtsverhältnis iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO hinreichend bestimmt. Zwar ließe sich einem entsprechenden Urteil nicht entnehmen, welchen Inhalt die fraglichen Arbeitsbedingungen haben. Die Bezeichnung “zu unveränderten Arbeitsbedingungen” ist zu unbestimmt. Im Streitfall müsste der Inhalt der Arbeitsbedingungen in einem erneuten Rechtsstreit festgestellt werden. Dem Kläger kommt es aber bei verständiger Auslegung seines Begehrens darauf an, dass ein etwaiges nach Zugang der Kündigung der Beklagten zu 2) vom 10.09.2020 – möglicherweise durch Betriebsübergang – erstmals mit ihr begründetes Arbeitsverhältnis festgestellt zu wissen. Diese Feststellung soll für den Zeitraum ab dem 01.11.2020 getroffen werden, ein etwaig erst zu einem späteren Zeitpunkt begründetes Arbeitsverhältnis ist als Minus vom Antrag mitumfasst und würde zur teilweisen Abweisung des Klageantrags führen.

2.Für das so verstandene Begehren besteht auch ein Rechtsschutzbedürfnis. Denn die Kündigungsschutzklagen gegen die Beklagten zu 1) und 2) klären nicht mit Rechtskraft einen etwaigen Übergang des Arbeitsverhältnisses auf die Beklagte zu 2). Wäre dies nach Zugang von deren Kündigung vom 10.09.2020 geschehen, könnte diese Kündigung das Arbeitsverhältnis nicht beendet haben. Sollte sich die Kündigung der Beklagten zu 1) als unwirksam erweisen – und sei es auch wegen eines Betriebsübergangs – wäre allein damit nicht mit Rechtskraft festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis auf die Beklagte zu 2) übergegangen ist.

II.Der Feststellungsantrag ist aber unbegründet. Das Arbeitsverhältnis des Klägers besteht nicht mit der Beklagten zu 2) fort. Es gab – wie bereits ausgeführt – keinen den Kläger erfassenden Betriebsübergang von der Beklagten zu 1) auf die Beklagte zu 2). Auch sonst ist für die erstmalige Begründung eines Arbeitsverhältnisses zur Beklagten zu 2) nach dem 15.09.2020 nichts ersichtlich. Die in 2021 erfolgte Eröffnung der neuen Standorte in A. und A. durch die Beklagte zu 2) beruhte nicht auf einem Betriebsübergang iSv. § 613a Abs. 1 BGB, weil die Beklagte zu 1) einen solchen Betrieb oder Betriebsteil zuvor nicht geführt hat. Zudem wäre der Kläger einem solchen Betriebsteil nicht zugeordnet gewesen.

D.Der gegen die Beklagte zu 2) gerichtete Feststellungsantrag zu III.1 ist unzulässig. Er betrifft – wie in der Regel – die Frage, ob ein Arbeitsverhältnis im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz fortbesteht (vgl. BAG 27.01.1994 – 2 AZR 484/93, Rn. 26). Damit fehlt ihm neben dem Kündigungsschutzantrag zu III.2. und dem Feststellungsantrag zu II.1. ein Rechtsschutzbedürfnis. Für den mit einer Kündigungsschutzklage verbundenen Antrag auf Feststellung des Fortbestandes des Arbeitsverhältnisses gelten die allgemeinen Voraussetzungen des § 256 ZPO, d.h. es muss vom Kläger u.a. ein Rechtsschutzinteresse an alsbaldiger Feststellung dargetan werden (BAG 27.01.1994 – 2 AZR 484/93, Rn. 25 ff.). Dafür, dass ein Beendigungstatbestand zwischen dem 31.12.2020 und dem Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht eingetreten wäre, hat der Kläger nichts vorgetragen, noch ist dies sonst ersichtlich.

E. Die gegen die Beklagte zu 1) gerichteten Zahlungsanträge zu II.3 und II.5 sind zulässig und begründet.

I. Die Änderung der erstinstanzlich hilfsweise gestellten Anträge zu II.3 und II.5 in der Berufungsinstanz zu unbedingten Anträgen (Klageerweiterung) ist sachdienlich. Die Voraussetzungen des § 533 Nr. 2 ZPO sind gegeben. Zwar hat die Beklagte zu 1) der Klageänderung nicht zugestimmt, doch ist diese sachdienlich iSv. § 533 Nr. 1 ZPO. Die Sachdienlichkeit einer Klageänderung ist objektiv zu beurteilen. Maßgebend sind nicht die subjektiven Interessen einer Partei, sondern Gesichtspunkte der Prozesswirtschaftlichkeit. Es kommt darauf an, ob und inwieweit die Zulassung der Klageänderung den Streitstoff im Rahmen des anhängigen Rechtsstreits ausräumt und sich ein weiterer Rechtsstreit vermeiden lässt (BGH 05.05.1983 – VII ZR 117/82, juris Rn. 9). Dies ist hier offenkundig der Fall. Die Sache ist betreffend die Sektorzulagen inhaltlich entscheidungsreif und die Beklagte zu 1) musste, wie ihr aus den Vorverfahren bekannt war, mit einer Sachentscheidung rechnen. Ein weiterer Rechtsstreit wird durch die Sachentscheidung zu den Sektorzulagen vermieden.

II. Die Anträge zu II.3 und II.5 sind begründet.

1.Der Kläger kann von der Beklagten zu 1) die von ihm geltend gemachte Sektorzulage in Höhe von 751,69 Euro brutto für den Monat November 2020 und für den Monat Dezember 2020 die Zahlung von 473,58 Euro brutto abzüglich bereits gezahlter 43,04 Euro netto verlangen. Der Anspruch beruht auf § 615 Satz 1 BGB iVm. lit. B. und I. Ziffer 3 Eckpunktepapier.

a.Spätestens mit Ablauf des 31.10.2020 ist die Beklagte zu 1) in Annahmeverzug geraten.

aa.In einer einseitigen Freistellungserklärung ist regelmäßig die Erklärung zu sehen, die Annahme der vom Arbeitnehmer geschuldeten Arbeitsleistung werde abgelehnt. Durch diese Erklärung gerät der Arbeitgeber gemäß § 293 BGB in Annahmeverzug, denn die einseitige Freistellung von der Arbeit ist, soweit keine besonderen Umstände vorliegen, grundsätzlich nicht anders zu beurteilen, als wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer von der Arbeit nach Hause schickt, weil er ihn nicht mehr beschäftigen kann. Dann bedarf es regelmäßig keines Arbeitsangebots des Arbeitnehmers, weil der Arbeitgeber mit der Freistellung erkennen lässt, unter keinen Umständen zur Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers bereit zu sein. Der Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers wird in einem solchen Fall durch § 615 Satz 1 BGB mit der Möglichkeit der Anrechnung anderweitigen Verdienstes nach § 615 Satz 2 BGB aufrechterhalten (BAG 23.02.2021 – 5 AZR 314/20, Rn. 12).

bb.Die Beklagte hat mit Ausspruch der Kündigung vom 10.09.2020, in der sie den Kläger zur Rückgabe von Uniform und Firmenunterlagen und sonstigen Arbeitsgeräten “spätestens bis zum 06.11.2020” auffordert, sowie mit ihren weiteren Verlautbarungen zur Schließung des Standortes zum 31.10.2020 und schließlich mit der nicht mehr erfolgten Dienstplaneinteilung den Kläger unter den hier gegebenen Umständen hinreichend deutlich bis zum Ablauf der Kündigungsfrist am 31.12.2020 von der Arbeit freigestellt. Eines irgendwie gearteten wörtlichen oder tatsächlichen Angebotes bedurfte es nicht mehr. Ein solches zu verlangen wäre bloße Förmelei.

b.Das von der zu Beklagten zu 1) während des Annahmeverzugs fortzuzahlende Arbeitsentgelt umfasst die Sektorzulage. Hiergegen kann die Beklagte zu 1) nicht mit Erfolg einwenden, nach den Regelungen unter B. und G. Ziffer 6 des Eckpunktepapiers gebe es keine Garantie für eine bestimmte Anzahl an Flugstunden.

aa.Die mit diesen Regelungen verbundene Flexibilisierung der dem Kläger gewährten Zusatzleistung hält bereits einer Angemessenheitskontrolle nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB nicht stand.

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der sich die erkennende Kammer anschließt, darf eine derartige Flexibilisierung nicht zu einer Verlagerung des Wirtschaftsrisikos auf den Arbeitnehmer führen und damit in den Kernbereich des Arbeitsvertrags eingreifen. Deswegen muss etwa der im Gegenseitigkeitsverhältnis stehende widerrufliche Teil des Gesamtverdienstes unter 25?% liegen. Die vom Bundesarbeitsgericht auch für die Flexibilisierung von Arbeitszeit vorgesehene 25%-Grenze (BAG 07.12.2005 – 5 AZR 535/04, Rn. 44) wurde inzwischen durch § 12 Abs. 2 TzBfG nF kodifiziert. Im Eckpunktepapier haben die Arbeitsvertragsparteien eine Höchstgrenze von 900 Flugstunden vorgesehen. Dies entspricht einer Sektorzulage für Copiloten von bis zu 22.500,00 Euro brutto pro Jahr (900 x 25,00 €) und damit einem Anteil an der Gesamtvergütung eines Kapitäns von über 50 % (Grundgehalt: 39.200,00 Euro). Da es gemäß G. Ziffer 6 keine Garantie für eine bestimmte Anzahl an Flugstunden gibt und die Beklagte zu 1) bei einer wesentlichen Änderung der EU-Vorschriften das Recht hat, das Dienstplan-System (5 Tage Dienst – 3 Tage frei) “anzupassen”, hat sie zumindest theoretisch die Möglichkeit, die maximal mögliche Gesamtvergütung der Copiloten um über 36 %, jedenfalls aber um mehr als 25 %, zu reduzieren. Einer geltungserhaltenden Reduktion der Klausel auf das gerade noch zulässige Maß steht § 306 Abs. 1 BGB entgegen.

bb.Ungeachtet dessen kann der Kläger die Sektorzulage auch dann verlangen, wenn diese von der Beklagten zu 1) in zulässiger Weise an die Anzahl zugewiesener Flugstunden geknüpft wurde. Denn sie gehört zu der gemäß § 615 Satz 1 BGB während des Annahmeverzugs zu zahlenden Vergütung.

(1)Für die Frage, was als Annahmeverzug im Sinne des § 615 Satz 1 BGB anzusehen ist, kommt es darauf an, ob der zu zahlende Betrag Vergütungsbestandteil ist oder bloßer Auslagenersatz. Entgeltcharakter in diesem Sinn haben insbesondere Leistungs-, Gefahren-, Erschwernis- und Funktionszulagen sowie Anwesenheitsprämien (BAG 18.09.2002 – 1 AZR 668/01 -, Rn. 25; MHdB ArbR, § 76 Rn. 54 m.w.N.). Demgegenüber gehören Leistungen, durch die dem Arbeitnehmer Aufwendungen, die tatsächlich entstehen, abgegolten werden, nicht zum Annahmeverzugslohn. Werden Aufwandsentschädigungen unabhängig von konkreten Aufwendungen des Arbeitnehmers gewährt und kann sie der Arbeitnehmer damit zur Anhebung seines allgemeinen Lebensstandards verwenden, gehören sie zum Arbeitsentgelt (BAG 19.03.2008 – 5 AZR 429/07 – NZA 2008, 757; BAG 24.09.1986 – 4 AZR 543/85 – NZA 1987, 315;).

(2)Ausgehend von diesen Grundsätzen hat die Sektorzulage Entgeltcharakter. Anders als Zulagen, die eine bestimmte reale Mehrbelastung abgelten sollen, wie etwa Schmutzzulagen, Essenszuschüsse, Aufwendungs- oder Spesenersatz, vergütet die Sektorzulage – ähnlich einem Leistungszuschlag – die Arbeitsleistung an sich. Dem Pilot wird nicht (nur) eine Mehrbelastung ausgeglichen, sondern es wird seine Kerntätigkeit – das Fliegen eines Flugzeugs – entlohnt. Entsprechend macht die Sektorzulage, wie dargelegt, einen erheblichen Anteil an seiner Gesamtvergütung aus. Bestätigt wird der Entgeltcharakter dadurch, dass das Eckpunktepapier auch für Zeiten der Nichtleistung die Zahlung einer (pauschalierten) Sektorzulage vorsieht, ausdrücklich geregelt für Krankheit in lit. I. Ziffer 3 und für Feiertage in lit. B. Hinzu kommt, dass die Parteien in lit. A. des Eckpunktepapiers die Abgeltung von Arbeitszeiten mit besonderen Belastungen gesondert geregelt und hierfür eine Zulage in Höhe von 360,00 Euro brutto pro Monat vorgesehen haben.

c.Zur Berechnung der Höhe der zu leistenden Sektorzulage ist auf die vertragliche Vereinbarung der Parteien aus lit. I. Ziffer 3 des Eckpunktepapiers für den Fall der Entgeltfortzahlung für den Krankheitsfall abzustellen. Die erkennende Kammer folgt hier dem Urteil des Landesarbeitsgerichts in einem Parallelverfahren (LAG Düsseldorf 09.03.2022 – 12 Sa 352/21).

Das im Annahmeverzug fortzuzahlende Entgelt bemisst sich nach dem Lohnausfallprinzip. Zu zahlen ist die Vergütung, die der Dienstpflichtige bei Weiterarbeit erzielt hätte (BAG 07.11.2002 – 2 AZR 742/00, Rn. 58; BAG 05.06.1985 – 5 AZR 459/83 – AP Nr. 39 zu § 63 HGB). Bei variablen oder der Höhe nach schwankenden Vergütungsbestandteilen bereitet die Berechnung des Verzugslohns Schwierigkeiten. Denkbar ist, hierfür auf den Durchschnittsverdienst des Arbeitnehmers in den zurückliegenden Monaten oder aber den Verdienst eines vergleichbaren Arbeitnehmers im Zeitraum des Annahmeverzuges abzustellen (BAG 23.06.1994 – 6 AZR 853/93, Rn. 18; LAG Sachsen-Anhalt 03.03.2015 – 6 Sa 300/13, Rn. 52; MüKoBGB/Müller-Glöge 6. Aufl., § 615 Rn. 51, 56 m. w. N.; NK-BGB/Klappstein, 4. Aufl., § 615 Rn. 49). Der hypothetische Verdienst während des Annahmeverzugs ist im Zweifel gemäß § 287 Abs. 1 ZPO zu schätzen, wenn nicht die Parteien ausdrücklich vereinbart haben, wie der Verdienstausfall zu berechnen ist (BeckOK BGB/Baumgärtner, Stand 01.02.2022, § 615 Rn. 30; MHdB ArbR, § 76 Rn. 53; NK-ArbR/Burkhard Boemke, § 615 BGB Rn. 88).

aa.Vorliegend haben die Parteien in lit. I. Ziffer 3 des Eckpunktepapiers eine Regelung zur Berechnung des mutmaßlichen Verdienstes für Zeiten der Nichtarbeit getroffen, die auch für die Berechnung des Verzugslohns heranzuziehen ist.

Die Kammer verkennt nicht, dass die Regelung in lit. I. Ziffer 3 des Eckpunktepapiers den Fall der Arbeitsunfähigkeit betrifft und die Entgeltfortzahlung etwas anderes ist als die Vergütung im Annahmeverzug. Die Rechtslage beim Annahmeverzug ist allerdings derjenigen bei Lohnfortzahlung im Krankheitsfalle vergleichbar (BAG 23.06.1994 – 6 AZR 853/93, Rn. 19; ErfK/Preis, 22. Aufl., § 615 BGB Rn. 76; Schaub ArbR-HdB, § 95 Rn. 67; NK-ArbR/Boemke, § 615 BGB Rn. 86). Haben die Parteien dazu eine vertragliche Regelung vereinbart, so ist diese nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts auch für den Fall der Lohnzahlungspflicht aus Gründen des Betriebsrisikos eine sachgerechte Berechnungsart (BAG 23.06.1994 – 6 AZR 853/93, Rn. 19).

Dem schließt sich die erkennende Kammer an. Die von der Beklagten zu 1) dagegen vorgebrachten Argumente greifen nicht durch. Für den hier maßgeblichen Zeitraum gibt es aufgrund der Einstellung des Flugbetriebs keinen Flugplan oder Dienstplan der Beklagten zu 1). Es ist kein Grund ersichtlich, warum bei einer Einstellung des Flugbetriebs nicht die vertragliche Regelung der Parteien für eine vergleichbare Konstellation herangezogen werden sollte, denn damit wird dem Willen der Vertragsparteien am besten Rechnung getragen (in der zitierten Entscheidung BAG vom 23.06.1994 – 6 AZR 853/93 wurde ein Schlachtbetrieb eingestellt). Eine Unterscheidung zwischen Winter- und Sommerflugplan ist in der vertraglichen Regelung in I. Ziffer 3 des Eckpunktepapiers ebenso wenig vorgenommen worden wie auf andere saisonale Schwankungen Rücksicht genommen wurde. Dazu besteht dann auch hier kein Anlass. Eine Betrachtungsweise auf der Grundlage der Flugstunden der entsprechenden Monate des Vorjahres wäre im Übrigen im Hinblick darauf, dass es zu dieser Zeit keine Pandemie gab, ebenfalls unzutreffend. Die Entwicklung in anderen Stationen, die anders als die Stationen in Deutschland aufrechterhalten worden sind, ist noch weniger geeignet, den Verdienstausfall des Klägers aufzuzeigen. Der Umstand, dass die Entgeltfortzahlungspflicht auf bei längerfristigen Erkrankungen auf sechs Wochen begrenzt, Verzugslohn ggfs. aber dauerhaft zu leisten ist, steht der entsprechenden Anwendung von lit. I. Ziffer 3 des Eckpunktepapiers schließlich ebenfalls nicht entgegen. Die vom Gesetzgeber vorgesehene unterschiedliche Dauer der Leistungspflicht des Arbeitgebers im Falle einer Erkrankung und im Falle des Annahmeverzugs beruht auf Besonderheiten des jeweiligen Leistungsgrundes. Sie besagt nichts über die Höhe des jeweils zu fortzuzahlenden Entgelts.

Angemerkt sei abschließend, dass sich mit der Einstellung des Flugbetriebs seitens der Beklagten zu 1) in Deutschland auch das eigene Betriebsrisiko der Beklagten zu 1) verwirklichte, denn die Beklagte zu 1) hat die Stilllegungsentscheidung letztlich – wie der Sachverhalt anschaulich zeigt – aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten getroffen, nachdem sie eigentlich weiter fliegen wollte und dies auch gekonnt hätte. Die Beklagte zu 1) hat vor dem Hintergrund der Pandemie autonom die Entscheidung getroffen, den Flugbetrieb einzustellen. Für diese Entscheidung trägt sie das Betriebsrisiko (BAG 13.10.2021 – 5 AZR 211/21, Rn. 30). Der Fall einer pandemiebedingten hoheitlichen Schließung liegt nicht vor (dazu BAG 13.10.2021 – 5 AZR 211/21).

bb.Der vom Kläger geltend gemachte Zahlungsanspruch betreffend die Sektorzulage für die Monate November 2020 und Dezember 2020 berechnet sich danach wie folgt:

November 2020: Durchschnitt der letzten drei Monate August bis Oktober: 1.195,33 + 802,08 Euro + 528,42 Euro = 2.525,82 Euro : 3 = 841,94 Euro brutto. Abzüglich für November 2020 gezahlter 90,25 Euro brutto Sektorzulage ergeben sich 751,69 Euro brutto.

Dezember 2020: Durchschnitt der letzten drei Monate September bis November: 802,08 Euro + 528,42 Euro + 751,69 Euro (für November ist der Durchschnitt aus August bis Oktober anzusetzen; der Kläger berechnet hier nur die im November von der Beklagten zu 1) tatsächlich, aber zu niedrig gezahlte Sektorzulage) = 2.082,19 Euro : 3 = 694,06 Euro brutto. Abzüglich für Dezember 2020 gezahlter 43,04 Euro netto Sektorzulage ergeben sich 694,06 Euro brutto abzüglich 43,04 Euro netto. Der Kläger verlangt als Sektorzulage für Dezember 2020 nur 473,58 Euro brutto abzüglich 43,04 Euro netto. Daran ist das Gericht gebunden (§ 308 Abs. 1 ZPO).

2.Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 286 Abs. 2 Nr. 1, 288 Abs. 1 BGB. Im Januar ergibt sich der Zinsbeginn wegen § 193 BGB erst ab dem 04.01.2021.

F.Die gegen die Beklagte zu 2) gerichteten zulässigen Zahlungsanträge zu II.2 und II.4 sind unbegründet.

I.Der Kläger stützt seine Forderungen zunächst auf die Haftung der Beklagten zu 2) als Betriebsnachfolgerin gemäß §§ 613a Abs. 2 BGB für seine Ansprüche gegen die Beklagte zu 1) aus § 615 BGB. Die Beklagte zu 2) haftet aber, wie ausgeführt, entgegen der Ansicht des Klägers mangels Betriebsübergangs nicht gemäß § 613a Abs. 2 BGB.

II.Soweit der Kläger die Ansprüche zuletzt hilfsweise auch auf sein vertraglich begründetes Arbeitsverhältnis zu der Beklagten zu 2) und damit auf einen Annahmeverzug der Beklagten zu 2) selbst stützt, ist die darin liegende Klageänderung sachdienlich iSv. § 533 Nr. 1 ZPO und die Voraussetzungen des § 533 Nr. 2 ZPO sind gegeben.

Die Klageanträge sind aber auch mit diesem Streitgegenstand unbegründet, weil sich die Beklagten zu 2) im November und Dezember 2020 nicht in Annahmeverzug (§ 293 ff. BGB) befand. Der Kläger flog über den Beginn des Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten zu 2) am 15.09.2020 hinaus ausschließlich für die Beklagte zu 1). Für alle Beteiligten war dabei klar, dass der Kläger nur in einem der beiden Arbeitsverhältnisse seine Leistungen als Copilot erbringen sollte und konnte. In dieser Lage stellte sich die Situation für die Beklagte zu 2) so dar, dass der Kläger sich hinsichtlich der Erbringung seiner Arbeitsleistung für die Beklagte zu 1) entschieden hatte, die ihn auch tatsächlich weiterbeschäftigte. Es bestünde ohne gegenteilige Klarstellung des Klägers keine hinreichende Grundlage für die Annahme, der Kläger wolle seine Arbeitsleistung “eigentlich” der Beklagten zu 2) anbieten und erziele nur notgedrungen bei der Beklagte zu 1) einen Zwischenverdienst iSv. § 615 Abs. 2 BGB.

Eine solche Klarstellung, etwa durch ein wörtliches Angebot an die Beklagte zu 2) iSv. § 295 BGB, war unter den gegebenen besonderen Umständen nicht gemäß § 296 Satz 1 BGB entbehrlich. Zwar hat die Beklagte zu 2) dem Kläger nicht durch Dienstplan und sonstige Handlungen Arbeit zugewiesen. Doch war den Beteiligten von Anfang an bewusst, dass die vorgesehene Beschäftigung nur entweder bei der Beklagten zu 1) oder bei der Beklagten zu 2) erfolgen konnte. Indem der Kläger die ihm nur einmal mögliche Arbeit widerspruchslos bei der Beklagten zu 1) fortsetzte, konnte sich die Beklagte zu 2) darauf einstellen, nicht in Annahmeverzug versetzt worden zu sein.

Die Kündigungsschutzklage des Klägers gegen die Beklagten zu 2) änderte daran nichts. Denn auch insoweit galt, dass der Kläger seine Arbeitsleistung nur einmal erbringen konnte, entweder für die Beklagte zu 1) oder für die Beklagte zu 2). In dieser Lage war eine Klarstellung des Klägers, welcher der beiden Arbeitgeberinnen er seine Arbeitsleistung anbieten wollte, unverzichtbar. Dies gilt insbesondere, nachdem der Kläger seit Vertragsbeginn ohne Erklärung gegenüber der Beklagten zu 2) seine Arbeit bei der Beklagte zu 1) fortgesetzt hat. Zu einem Angebot iSv. § 295 BGB an beide Beklagte zugleich war er zudem objektiv nicht in der Lage. Insofern fehlte es ihm an dem entsprechenden Leistungsvermögen als Voraussetzung für den Annahmeverzug (§ 297 BGB).

Auf die Frage, ob es dem Kläger außerdem an einem Leistungswillen mangelte, für die Beklagte zu 2) zu arbeiten (so in einem Parallelverfahren LAG Düsseldorf 09.03.2022 – 12 Sa 352/212), kommt es danach nicht mehr an.

G.Der Weiterbeschäftigungsantrag zu III.3 ist dem Gericht mangels Obsiegens des Klägers mit dem gegen die Beklagte zu 2) gerichteten Kündigungsschutzantrag nicht zur Entscheidung angefallen.

H.Die Kostenentscheidung beruht betreffend das Berufungsverfahren auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Die geänderte erstinstanzliche Kostenentscheidung des Verfahrens Arbeitsgericht Düsseldorf – 8 Sa 997/21 – beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO und § 98 Satz 2 ZPO. Im Übrigen bestand kein Anlass zur Änderung der erstinstanzlichen Kostenentscheidung.

Das Gericht hat die Revision für beide Parteien gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zugelassen. Die Revision war zudem gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG im Hinblick auf die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Hessen vom 25.06.2021 – 14 Sa 1225/20 – zu § 17 Abs. 3 Satz 5 KSchG zuzulassen. Im Hinblick auf die Zahlungsanträge erfolgte die Revisionszulassung aus dem Gebot der Widerspruchsfreiheit.

RECHTSMITTELBELEHRUNG

Gegen dieses Urteil kann von beiden Parteien

REVISION

eingelegt werden.

Die Revision muss innerhalb einer Notfrist* von einem Monat schriftlich oder in elektronischer Form beim

Bundesarbeitsgericht

Hugo-Preuß-Platz 1

99084 Erfurt

Fax: 0361 2636-2000

eingelegt werden.

Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.

Für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihr zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse besteht ab dem 01.01.2022 gem. §§ 46g Satz 1, 72 Abs. 6 ArbGG grundsätzlich die Pflicht, die Revision ausschließlich als elektronisches Dokument einzureichen. Gleiches gilt für vertretungsberechtigte Personen, für die ein sicherer Übermittlungsweg nach § 46c Abs. 4 Nr. 2 ArbGG zur Verfügung steht.

Die Revisionsschrift muss von einem Bevollmächtigten eingelegt werden. Als Bevollmächtigte sind nur zugelassen:

1.Rechtsanwälte,

2.Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,

3.Juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Nummer 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.

In den Fällen der Ziffern 2 und 3 müssen die Personen, die die Revisionsschrift unterzeichnen, die Befähigung zum Richteramt haben.

Eine Partei, die als Bevollmächtigter zugelassen ist, kann sich selbst vertreten.

Die elektronische Form wird durch ein elektronisches Dokument gewahrt. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet und mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 46c ArbGG nach näherer Maßgabe der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (ERVV) v. 24. November 2017 in der jeweils geltenden Fassung eingereicht werden. Nähere Hinweise zum elektronischen Rechtsverkehr finden Sie auf der Internetseite des Bundesarbeitsgerichts www.bundesarbeitsgericht.de.

* eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.

QueckeKrachtLaudien