Tenor

Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 14.04.2022 – 23 BV 50/22 – wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Arbeitgeberin begehrt die Einsetzung einer Einigungsstelle zum Abschluss einer Betriebsvereinbarung über die Gewährung von Anwesenheitsprämien.

Die Arbeitgeberin betreibt ein Magazin zur Erbringung logistischer Dienstleistungen sowie für die Vormontage und den Zusammenbau von Zulieferteilen für die Automobilindustrie mit 158 Arbeitnehmern (FTE). Wegen der Umstellung der Montage auf Elektro-Fahrzeuge plant sie zum 31.07.2022 einen Personalabbau im Umfang von 49 FTE.

Wegen eines seit Jahresbeginn 2022 erheblichen Krankenstandes und aus Sorge, ihre Vertragspflichten gegenüber F nicht erfüllen zu können, möchte sie eine Anwesenheitsprämie einführen. Der Betriebsrat hat den Abschluss einer Betriebsvereinbarung nach Verhandlungen mit Verweis auf laufende Interessenausgleichs- und Sozialplanverhandlungen und die Forderung der IG Metall auf Abschluss eines Tarifsozialplans abgelehnt.

Daraufhin erklärte die Arbeitgeberin unter dem 25.03.2022 das Scheitern der Verhandlungen und forderte den Betriebsrat zur einvernehmlichen Bildung einer Einigungsstelle auf.

Die Antragstellerin hat beantragt,

1. Herrn O K , Vorsitzender Richter am Landesarbeitsgericht D , zum Vorsitzenden einer zu bildenden Einigungsstelle mit dem Regelungsgegenstand “Abschluss einer Betriebsvereinbarung zur Gewährung einer Anwesenheitsprämie im Betrieb K für den Zeitraum bis zum 31.12.2024” zu bestellen.

2. Die Zahl der Beisitzer dieser Einigungsstelle für die Arbeitgeberin und den Betriebsrat auf jeweils zwei festzusetzen.

Der Betriebsrat hat beantragt,

die Anträge zurückzuweisen.

Er hat in der von der Arbeitgeberin beabsichtigten Anwesenheitsprämie einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz gesehen, wenn die Prämie an diejenigen Arbeitnehmer, die an Streikmaßnahmen zur Erzwingung eines Tarifsozialplans teilnähmen, nur gekürzt ausgezahlt werde.

Das Arbeitsgericht hat den Anträgen der Arbeitgeberin mit Beschluss vom 14.04.2022, der dem Betriebsrat am 20.04.2022 zugestellt worden ist, stattgegeben und dies im Wesentlichen damit begründet, dass die Zahlung einer freiwilligen Prämie jedenfalls in naheliegender Weise mitbestimmungspflichtig und damit eine offensichtliche Unzuständigkeit der Einigungsstelle nicht gegeben sei. Dagegen richtet sich die am 03.05.2022 bei dem Landesarbeitsgericht eingelegte und zugleich begründete Beschwerde des Betriebsrats.

Er vertritt die Auffassung, dass es nicht um die Ausgestaltung der Zahlung einer freiwilligen Prämie, also um das “wie”, sondern um die Frage des “ob” der Zahlung gehe. Eine Zahlungsverpflichtung könne nicht durch Spruch der Einigungsstelle gegen den Willen einer der Betriebsparteien eingeführt werden.

Er, der Betriebsrat sehe wegen der von der Arbeitgeberin beabsichtigten Kürzung der Anwesenheitsprämie bei eventuellen Arbeitskampfmaßnahmen zur Erzwingung des Abschlusses eines Tarifsozialplans einen Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Dadurch nehme die Sonderzahlung zudem den Charakter einer Streikbruchprämie an, da die Arbeitnehmer wegen der Zahlung unter Umständen angehalten würden, nicht an einer Maßnahme des Arbeitskampfes teilzunehmen.

Der Betriebsrat beantragt,

den Beschluss des Arbeitsgerichts Köln – 23 BV 50/22 – vom 14.04.2022 abzuändern und die Anträge zurückzuweisen.

Die Arbeitgeberin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie hält die Beschwerde mangels ausreichender Begründung für unzulässig. Jedenfalls sei sie aber unbegründet. Die geplante Einführung einer Anwesenheitsprämie sei offensichtlich eine mitbestimmungspflichtige Angelegenheit iSd. § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG. Streitig sei allein die Reichweite des Mitbestimmungsrechts.

Die Erwägungen des Betriebsrats zu dem vermeintlichen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz durch Gewährung einer Anwesenheitsprämie und deren Bewertung als Streikbruchprämie ließen die Zuständigkeit der Einigungsstelle nicht entfallen. Diese Umstände beträfen nicht die Zuständigkeit der Einigungsstelle, sondern nur die konkrete Ausgestaltung der Anwesenheitsprämie

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses, die im Beschwerdeverfahren gewechselten Schriftsätze, die eingereichten Unterlagen sowie die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde des Betriebsrats ist zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Zu Recht hat das Arbeitsgericht Herrn K zum Vorsitzenden einer Einigungsstelle mit dem Regelungsgegenstand “Abschluss einer Betriebsvereinbarung zur Gewährung einer Anwesenheitsprämie im Betrieb K für den Zeitraum bis zum 31.12.2024” eingesetzt.

1.) Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde des Betriebsrats wurde von ihm auch ordnungsgemäß begründet.

a) Nach § 89 Abs. 2 Satz 2 ArbGG iVm. § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO ist Voraussetzung einer ordnungsgemäßen Beschwerdebegründung die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt. Die Begründung muss sich mit den rechtlichen oder tatsächlichen Argumenten des angefochtenen Beschlusses befassen. Allgemeine, formelhafte Wendungen genügen hierfür nicht. Auch darf sich der Beschwerdeführer nicht darauf beschränken, seine Rechtsausführungen aus den Vorinstanzen zu wiederholen. Dadurch soll sichergestellt werden, dass der Beschwerdeführer die angefochtene Entscheidung im Hinblick auf das Rechtsmittel überprüft und mit Blickrichtung auf die Rechtslage durchdenkt (BAG, Beschluss vom 20. März 2018 – 1 ABR 50/16 -, Rn. 9, juris). Außerdem soll die Rechtsbeschwerdebegründung durch ihre Kritik der angefochtenen Entscheidung zur richtigen Rechtsfindung durch das Rechtsbeschwerdegericht beitragen (BAG, Beschluss vom 15. November 2006 – 7 ABR 6/06 -, Rn. 13, juris).

b) Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung gerecht. Er wehrt sich gegen die Einsetzung des Arbeitsgerichts mit dem Argument, dass nicht die Ausgestaltung der Prämie umstritten, sondern deren generelle Einführung im Streit stehe. Eine Anwesenheitsprämie könne aber nicht durch einen Spruch der Einigungsstelle gegen den Willen einer der Betriebsparteien eingeführt werden, da die Einigungsstelle nur zuständig sei, soweit ein Mitbestimmungsrecht bestehe. Unabhängig davon, ob diese Auffassung zutreffend ist, macht der Betriebsrat damit geltend, dass die Einsetzung durch das Arbeitsgericht fehlerhaft erfolgt sei und dass das Arbeitsgericht den Antrag bei aus Sicht des Betriebsrats zutreffender Rechtsanwendung hätte zurückweisen müssen.

2.) Die Beschwerde ist jedoch unbegründet.

a) Die Einigungsstelle ist für den Abschluss einer Betriebsvereinbarung zur Gewährung einer Anwesenheitsprämie nicht offensichtlich unzuständig iSd. § 100 Abs. 1 Satz 2 ArbGG.

aa) Die Einführung einer freiwilligen Leistung unterliegt als Frage der betrieblichen Lohngestaltung gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG der Mitbestimmung des Betriebsrats (BAG, Beschluss vom 08. Dezember 1981 – 1 ABR 55/79 -, BAGE 37, 206-211,Rn. 17; BAG, Urteil vom 10. Juli 1979 – 1 ABR 88/77 -, Rn. 27, juris), soweit es um deren Gestaltung und das Verhältnis zu anderen Entgeltleistungen des Arbeitgebers geht. Die Freiwilligkeit der Leistung schließt das Mitbestimmungsrecht nicht aus. Sie zieht ihm aber Grenzen; denn der Arbeitgeber entscheidet mitbestimmungsfrei über den finanziellen Dotierungsrahmen (Richardi/Maschmann, 17. Aufl. 2022,§ 87 BetrVG, Rn. 853). Dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats unterliegen daher die Frage, ob eine solche Leistungsprämienregelung mit den entsprechenden Vorgaben des Arbeitgebers überhaupt eingeführt werden soll, sowie die Regelung der Modalitäten im Rahmen dieser Vorgaben (BAG, Beschluss vom 08. Dezember 1981- 1 ABR 55/79 -, BAGE 37, 206-211, Rn. 17; BAG, Urteil vom 10. Juli 1979- 1 ABR 88/77 -, Rn. 27, juris).

bb) Damit ist es dem Arbeitgeber zwar verwehrt, ohne die Beteiligung des Betriebsrats Regelungen zu einer Anwesenheitsprämie zu treffen. Er kann jedoch die Einigungsstelle in der Hoffnung anrufen, diese werde seinen Vorstellungen ganz oder wenigstens teilweise entsprechen. Kommt die Einigungsstelle dem Wunsch des Arbeitgebers nach, ist ihr Spruch dann nicht in dem Sinne verbindlich, dass der Arbeitgeber daran gebunden wäre und von seiner Verpflichtung nur durch eine fristgemäße Kündigung wieder freikommen könnte. Der Arbeitgeber dürfte vielmehr auch noch nach dem Spruch der Einigungsstelle von der Gewährung der Leistung absehen. Dies folgt unmittelbar aus der Freiwilligkeit der Leistung. Denn umfasst das Mitbestimmungsrecht nicht das Recht, eine freiwillige Leistung zu erzwingen, kann auch der Spruch der Einigungsstelle eine solche Verpflichtung nicht begründen. Nur wenn und solange der Arbeitgeber die Leistung erbringt, ist der Spruch der Einigungsstelle hinsichtlich der mitbestimmungspflichtigen Ausgestaltung dieser Leistung maßgeblich (BAG, Beschluss vom 13. September 1983 – 1 ABR 32/81 -, BAGE 43, 278-291, Rn. 50).

b) Wie das Arbeitsgericht zutreffend erkannt hat, besitzt Herr K die erforderliche Sachkenntnis und notwendige Unparteilichkeit, um den Einigungsstellenvorsitz zu führen. Zu Recht hat die Einigungsstelle auch die Anzahl der Beisitzer für jede Seite auf zwei festgesetzt, damit jede Seite einen externen und einen betriebsangehörigen Beisitzer bestimmen kann.

III.

Gegen diesen Beschluss findet gemäß § 100 Abs. 2 Satz 4 ArbGG ein Rechtsmittel nicht statt.