Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Neumünster vom 17.06.2021 – 1 Ca 45 c/21 – abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits (beide Rechtszüge).

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Zahlung pauschalen Aufwendungsersatzes im Zusammenhang mit “mobiler Telearbeit”.

Der Kläger ist bei der Beklagten als CDO (Cold Drink Organisation) Servicetechniker beschäftigt. Er arbeitet im Außendienst-Service und fährt mit einem sog. Funktions-

fahrzeug zu den Kunden. Bei seiner Arbeit benutzt der Kläger u.a. einen ihm von der Beklagten zur Verfügung gestellten Laptop und ein Diensthandy. Das Laptop wird an die elektronischen Verkaufsgeräte angeschlossen. Auf diese Weise können Daten ausgelesen und Dokumentationsprotokolle erstellt werden. Wegen der Einzelheiten der Tätigkeit des Klägers wird auf die Stellenbeschreibung (Anlage BK 4) Bezug genommen. Auf das Arbeitsverhältnis ist kraft beiderseitiger Tarifbindung der Tarifvertrag über Telearbeit vom 18.08./20.08.2003 (TV-T) anwendbar (Anl. K2, Bl. 11 ff. d.A.). Dieser unterscheidet zwischen alternierender, mobiler und heimbasierter Telearbeit. In § 2 TV-T ist unter der Überschrift “Grundsätzliches” unter anderem geregelt:

“(2) Bei der mobilen Telearbeit wird die im Rahmen der tarifvertraglichen bzw. der individuellen regelmäßigen Arbeitszeit zu erbringende Arbeitsleistung, unterstützt durch Geräte und Einrichtungen der Informationsverarbeitungs- oder Kommunikationstechnik, überwiegend an wechselnden Einsatzstellen erbracht. Ein weiterer, geringer Teil der Arbeitsleistung wird im Betrieb und / oder auch im häuslichen Bereich des Arbeitnehmers erbracht. Ein Rechtsanspruch des Arbeitnehmers und des Arbeitgebers auf Einbeziehung des häuslichen Bereichs in die mobile Telearbeit besteht nicht. Sowohl Arbeitnehmer als auch der Arbeitgeber können die Einbeziehung des häuslichen Bereichs ohne Angabe eines Grundes ablehnen….(4) Alternierende, mobile und heimbasierte Telearbeit (im Folgenden gelten Bestimmungen für Telearbeit für alle drei Formen der Telearbeit, sofern nicht ausdrücklich eine bestimmte Form der Telearbeit genannt wird), insbesondere die Einrichtung der häuslichen Arbeitsstätte, sind ergänzend zum Arbeitsvertrag schriftlich zu vereinbaren. Ein Rechtsanspruch auf eine arbeitsvertragliche Vereinbarung zur Telearbeit besteht nicht. Die Einrichtung sowie die Beschäftigung auf einem Telearbeitsplatz ist für den Arbeitgeber und den Arbeitnehmer freiwillig.”

In § 6 TV-T finden sich unter der Überschrift “Notwendige Arbeitsmittel, Kostentragung und -erstattung” folgende Regelungen:

“(1) Die notwendigen Arbeitsmittel für die Telearbeit werden für die Zeit des Bestehens dieser Arbeit vom Arbeitgeber kostenlos zur Verfügung gestellt und verbleiben im Eigentum des Arbeitgebers. Über Art und Umfang der Ausstattung entscheidet der Fachbereich….(3) Für die ausschließlich betrieblich genutzten Räumlichkeiten der häuslichen Arbeitsstätte (alternierende und heimbasierte Telearbeit) beteiligt sich der Arbeitgeber mit einem Mietzuschuss bzw. bei Eigenheimen mit einer analogen Ersatzleistung im Rahmen der geltenden steuerlichen Rechtsprechung. Auf der Grundlage einer individuellen Vereinbarung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber können private Büromöbel in der häuslichen Arbeitsstätte eingesetzt werden, sofern diese den Arbeitsschutzbestimmungen entsprechen. Der Antrag des Arbeitnehmers und die Zustimmung des Arbeitgebers haben in schriftlicher Form zu erfolgen. Der Arbeitgeber kann sich an den durch die Anschaffung der privaten Büromöbel entstehenden Kosten beteiligen, trägt aber mindestens die Kosten der Abschreibung. Die Kosten der Abschreibung bestimmen sich nach den jeweils gültigen Afa-Tabellen….(6) Die C. AG setzt Telekommunikationslösungen (z.B. RAS-Zugriff oder Diensthandy) ein, die sicherstellen, dass Telekommunikationskosten (Kosten der Verbindung) vollständig von der C. AG übernommen werden.”

Wegen des weiteren Inhalts des TV-T wird auf die Anlage K2 Bezug genommen.

Nach Abschluss des TV-T schloss die Beklagte mit dem bei ihr bestehenden Gesamtbetriebsrat eine Gesamtbetriebsvereinbarung (GBV) zur Konkretisierung des TV-T (Anl. K1, Bl. 6 ff. d.A.). Die GBV soll nach ihrer “Präambel” eine konkretisierende Regelung hinsichtlich Installation, Nutzung und Anwendersupport für die zur Verfügung gestellten Arbeitsmittel für die Telearbeit darstellen. Die GBV enthält unter anderem Vorschriften zur pauschalen Abgeltung von Aufwendungen von Arbeitnehmern, die bei der Beklagten “Telearbeit” leisten. Auszugsweise lauten sie:

– § 2 Abs.1 und 2 GBV:

“Die C. stellt dem Mitarbeiter einen zeitgemäßen Kommunikationsanschluss für dienstliche Zwecke zur Verfügung. Der Netzzugang erfolgt zwingend über den VPN-Zugang. Die Kosten für die Einrichtung des Anschlusses trägt die C. AG.

Es besteht alternativ die Möglichkeit, einen bereits im Haushalt vorhandenen, privaten, Kommunikationsanschluss mit zu nutzen. In diesem Fall – mit Einzelvereinbarung des Mitarbeiters – beteiligt sich die C. AG mit einer einheitlichen Pauschale von € 10,–/ Monat an den Kosten.”

– § 3 Abs. 2 und 3 GBV:

“Bei mobiler Telearbeit nutzt der Mitarbeiter den Funktionswagen als mobilen Arbeitsplatz bzw. nutzt den Laptop in den Räumlichkeiten des Kunden. In stark eingeschränktem Umfang nutzt er einen Arbeitsplatz in seinem privaten Bereich.

Als Nutzungsentgelt bezahlt die C. AG dem Mitarbeiter*eine monatliche Pauschale von € 10.

Diese Regelung gilt für alle drei Formen der Telearbeit…”

– § 4 Abs. 1 GBV:

“Für die anteiligen Strom- und Heizkosten wird eine C. AG-weite, einheitliche Pauschale an den Mitarbeiter* bezahlt:

10 Euro / Monat bei mobiler Telearbeit.”

– § 8 Abs. 1 GBV:

“Für den Arbeitsplatz des Mitarbeiters bei mobiler Telearbeit bzw. für den Arbeitsraum/Arbeitsplatz des Mitarbeiters bei alternierender und heimbasierter Telearbeit bezahlt die C. AG monatlich als Anteil an der Kalt-Miete eine Pauschale in Höhe von € 40,00 bei mobiler Telearbeit…”

Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage K1 Bezug genommen.

Am 13.03.2008 fertigten die Tarifvertragsparteien des TV-T eine “Protokollnotiz zum Tarifvertrag über Telearbeit vom August 2003” mit folgendem Inhalt:

“…wird in Ergänzung des oben genannten Tarifvertrages insbesondere im Hinblick auf § 6 Folgendes vereinbart:

Soweit aus technischen Gründen erforderlich, ist die geschäftliche Nutzung eines privaten ISDN- oder DSL-Anschlusses ausnahmsweise möglich. Nähere Einzelheiten regelt die zwischen der C. AG und dem Gesamtbetriebsrat der C. AG geschlossene Gesamtbetriebsvereinbarung “Telearbeit” vom 14.07.2005 samt ihren jeweils gültigen Protokollnotizen, Vertragsänderungen und Ergänzungen. Sollten sich die technischen Voraussetzungen und damit die Grundlagen für die Nutzung eines privaten ISDN- oder DSL-Anschlusses ändern, ist der/die Arbeitnehmer/in verpflichtet, dies mitzuteilen.”

Die Beklagte übersandte dem Kläger eine auf den 07.05.2019 datierte und von ihr bereits unterschriebene “Arbeitsvertragliche Zusatzvereinbarung Mobile Telearbeit”. Nach § 1 dieser Vereinbarung erbringt der Kläger ab dem 01.05.2019 mobile Telearbeit gemäß dem TV-T. Nach § 2 Absatz 2 erhält der Kläger für die Bereitstellung und Ausstattung seines häuslichen Arbeitsortes eine Kostenpauschale, die sich nach der GBV Telearbeit richtet. Gemäß § 2 Abs. 3 der Zusatzvereinbarung erfolgt die Ausstattung mit der erforderlichen Kommunikationstechnik im Rahmen der GBV Telearbeit. Der Kläger hat die Vereinbarung am 23.05.2019 unterschrieben und an die Beklagte zurückgeschickt.

Mit nicht unterschriebenem Schreiben vom 25.06.2019 (Anlage B 2) erklärte die Beklagte gegenüber dem Kläger, die Übersendung der “Arbeitsvertraglichen Zusatzvereinbarung”, die der Kläger möglicherweise gegengezeichnet zurückgeschickt habe, sei versehentlich erfolgt. Ein Vertragsschluss mit dem Kläger sei nicht beabsichtigt gewesen, sie habe sich geirrt. Vorsorglich werde die Vereinbarung fristgemäß zum nächstmöglichen Zeitpunkt gekündigt.

Mit seiner Klage hat der Kläger Aufwendungsersatzansprüche nach der GBV für die Zeit von Juli 2019 bis Februar 2021 geltend gemacht. Er hat die Auffassung vertreten, sein Anspruch ergebe sich schon aus der geschlossenen Zusatzvereinbarung vom 07.05.2019. Im Übrigen leiste er mobile Telearbeit im Sinne von § 2 Abs. 2

TV-T. Er arbeite auch zu Hause, da er die für einen Auftrag notwendigen Dokumentationsprotokolle teilweise auch zu Hause an seinem Dienstlaptop erstelle und diese digital an die Beklagte versende. Hierzu nutze er das häusliche Internet und die hauseigene Stromversorgung.

Der Kläger hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 1.150,00 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 210,00 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Ansicht vertreten, der Kläger verrichte keine mobile Telearbeit im Sinne des § 2 Abs. 2 TV-T. Der Kläger sei im Service-Außendienst tätig. Er müsse seine Tätigkeiten nicht von zu Hause aus erbringen. Er leiste vielmehr mobile Arbeit beim Kunden. Voraussetzung für die vom Kläger geltend gemachten Zahlungsansprüche sei zudem eine wirksame schriftliche Vereinbarung. Diese gebe es zwischen den Parteien nicht. Die Zusatzvereinbarung sei lediglich aufgrund eines Irrtums an den Kläger versandt worden. Eine etwaige Vereinbarung habe sie, die Beklagte, jedenfalls wirksam angefochten, gekündigt oder widerrufen.

Das Arbeitsgericht hat die Beklagte antragsgemäß zur Zahlung verurteilt. Dem Kläger stehe ein vertraglicher Anspruch aufgrund der Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag in Verbindung mit der GBV zu. Nicht entscheidend sei, ob der Kläger tatsächlich mobile Telearbeit im Sinne des TV-T leiste. Die Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag habe die Beklagte auch nicht wirksam gekündigt. § 15 Abs. 1 TV-T erlaube nur die Kündigung von Vereinbarungen zur alternierenden und zur heimbasierten Telearbeit, nicht aber von solchen zur mobilen Telearbeit. § 15 Abs. 1 TV-T unterscheide bewusst zwischen den verschiedenen Formen der Telearbeit. Eine Anfechtung oder einen Widerruf der Zusatzvereinbarung habe die Beklagte schon nicht erklärt. Nach der Zusatzvereinbarung schulde die Beklagte dem Kläger monatlich Aufwendungsersatz in Höhe von 70,00 EUR, die ihm für den Zeitraum Juli 2019 bis Februar 2021 zustünden. Wegen der Einzelheiten der arbeitsgerichtlichen Entscheidung wird auf das angefochtene Urteil verwiesen.

Gegen das ihr am 22.06.2021 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 05.07.2021 Berufung eingelegt und diese am 19.08.2021 begründet.

Sie meint, der Kläger könne seine Ansprüche nicht auf die Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag stützen, da diese nicht wirksam zustande gekommen sei. Jedenfalls habe sie eine etwaige Vereinbarung wirksam gekündigt. Die Kündigung sei auch möglich, wie die Systematik des TV-T verdeutliche. Die Einbeziehung des häuslichen Bereichs in die mobile Telearbeit werde durch § 2 Abs. 2 TV-T ausdrücklich betont. Nach § 2 Abs. 4 TV-T bestehe aber kein Rechtsanspruch auf eine vertragliche Vereinbarung zur Telearbeit. § 15 Abs. 1 TV-T sei vor diesem Hintergrund dahin zu verstehen, dass die Vorschrift nur als besondere Beendigungsbedingung eine gesonderte Kündigungsfrist für die alternierende und die heimbasierte Telearbeit regele. Sie habe daher die Möglichkeit zur Teilkündigung der Vereinbarung über die mobile Telearbeit gehabt. Tatsächlich verrichte der Kläger keine mobile Telearbeit, wie das Arbeitsgericht Neumünster in zwei Parallelverfahren bereits entschieden habe. Laptop und Diensthandy ermöglichten es ihm, von unterwegs aus zu arbeiten und etwa die Erfassungsbögen direkt bei der Wartung vor Ort beim Kunden auszufüllen. Er müsse keine Tätigkeiten von zu Hause aus erbringen. Den in der GBV beschriebenen Aufwand habe der Kläger daher gar nicht.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Neumünster vom 17.06.2021 zum Aktenzeichen 1 Ca 45 c/21 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt die Entscheidung des Arbeitsgerichts, macht sich dessen Begründung zu eigen und führt ergänzend aus: Er leiste mobile Telearbeit im Sinne des TV-T. Es komme nicht darauf an, dass die Arbeitsleistung selbst durch Einrichtungen der Informationsverarbeitungs- oder Kommunikationstechnik erbracht werde. Nach dem TV-T sei ausreichend, dass seine Arbeitsleistung durch diese Technik unterstützt werde. Es genüge, wenn nur ein geringer Teil seiner Arbeitsleistung von zuhause aus verrichtet werde.

Die Zusatzvereinbarung sei wirksam. Ein etwaiger Wille der Beklagten, das Angebot auf Abschluss der Zusatzvereinbarung nicht übersenden zu wollen, werde mit Nichtwissen bestritten. Die Vereinbarung bestätige, dass er mobile Telearbeit leiste. Das Schreiben der Beklagte vom 25.06.2019 enthalte eine unzulässige Teilkündigung. § 15 TV-T regele die Möglichkeit zur Kündigung der Zusatzvereinbarung abschließend, wie das Arbeitsgericht zutreffend entschieden habe. Außerdem sei das Schreiben von der Beklagten – unstreitig – nicht unterschrieben.

Wegen des weiteren Vortrags der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie die Sitzungsniederschrift verwiesen.

Gründe

Die gemäß § 64 Abs. 2 b) ArbGG statthafte, form- und fristgemäß eingelegt und begründete Berufung der Beklagten ist zulässig. Die Berufung ist auch begründet, denn die Zahlungsklage ist unbegründet und daher abzuweisen.

I. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die begehrte Kostenerstattung gemäß den §§ 2348 GBV i.V.m. § 16 Abs. 1 TV-T und der Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag vom 07./23.05.2019. Die GBV sieht in ihren §§ 2, 3, 4 und 8 zwar verschiedene pauschale Zahlungen bei Telearbeit vor. Die GBV ist aber wegen Verstoßes ihrer §§ 1 – 5, 7 – 9 und 11 gegen die sich aus § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG ergebende Regelungssperre insgesamt unwirksam. Aus der unwirksamen Gesamtbetriebsvereinbarung kann der Kläger keine Ansprüche herleiten.

1. Die Abreden in den §§ 1 – 5, 7 – 9 und 11 werden von der Sperrwirkung des § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG erfasst.

a) Nach § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG können Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Dies gilt nach Satz 2 der Vorschrift jedoch nicht, soweit ein Tarifvertrag den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zulässt.

Eine tarifliche Regelung von Arbeitsbedingungen liegt vor, wenn sie in einem Tarifvertrag enthalten sind und der Betrieb in den räumlichen, betrieblichen, fachlichen und persönlichen Geltungsbereich dieses Tarifvertrags fällt (st. Rspr., BAG 15.05.2018 – 1 ABR 75/16 – Rn. 17). Die Sperrwirkung der Vorschrift gilt unabhängig von der Tarifgebundenheit des Arbeitgebers (BAG 13.03.2012 – 1 AZR 659/10 – Rn. 20). Sie soll verhindern, dass auch einzelne Gegenstände, derer sich die Tarifvertragsparteien angenommen haben, konkurrierend – und sei es

inhaltsgleich – in Betriebsvereinbarungen geregelt werden (BAG 13.03.2012 – 1 AZR 659/10 – Rn. 20).

b) Gemessen hieran verstoßen die Regelungen in §§ 1 – 57 – 9 und 11 GBV gegen § 77 Abs. 3 S. 1 BetrVG.

aa) Der Betrieb der Beklagten wird vom Geltungsbereich des § 1 TV-T erfasst. Davon gehen auch die Parteien aus.

bb) Die Regelungen in §§ 1 – 57 – 9 und 11 GBV befassen sich mit Angelegenheiten, die bereits im TV-T geregelt sind.

Der TV-T bestimmt in § 6 Abs. 1, dass die notwendigen Arbeitsmittel für die Telearbeit für die Zeit des Bestehens dieser Arbeit (dem Arbeitnehmer vom Arbeitgeber) kostenlos zur Verfügung gestellt werden und dass über Art und Umfang der Ausstattung der Fachbereich entscheidet. Die Beschäftigten sollen also mit allen Arbeitsmittel ausgestattet werden, die sie für die Telearbeit benötigen. Gemäß § 6 Abs. 2 TV-T erfolgen auch der Auf- und Abbau dieser Arbeitsmittel, einschließlich der Einrichtung eines Telekommunikationsgeräts, notwendige Umbauten und eine etwaige Wartung durch den Arbeitgeber. Es sollen nur solche Telekommunikationslösungen zum Einsatz kommen, die sicherstellen, dass die Telekommunikationskosten vollständig vom Arbeitgeber getragen werden (§ 6 Abs. 6 TV-T).

Mit denselben Angelegenheiten befasst sich die GBV in ihren §§ 1 – 5 und 9, wenn auch mit anderen Worten und unter Begründung weiterer Ansprüche. Auch dort geht es um die Pflicht der Arbeitgeberin, Arbeitsmittel für Telearbeit zur Verfügung zu stellen und die Kosten zu tragen. So bestimmt § 1 GBV, dass die Arbeitgeberin für die Telearbeit neben dem Kommunikationsanschluss Ausrüstung wie etwa Laptops, Drucker und sonstiges Zubehör zur Verfügung stellt. Die Bereitstellung weiterer Arbeitsmittel (Arbeitstisch, Drehstuhl, Schreibtischleuchte) ist in § 3 GBV vorgesehen; zur Gestellung der notwenigen Software verhält sich § 5 GBV. In § 2 ist nochmals geregelt, dass die Arbeitgeberin dem Arbeitnehmer einen (zeitgemäßen) Kommunikationsanschluss zur Verfügung stellt; alternativ soll die (Mit-)Nutzung des privaten Anschlusses vereinbart werden können. In § 9 finden sich weitere Regelungen zur Bereitstellung der Kommunikationstechnik, dem Service und den damit verbundenen Kosten. Eine Kostenfrage spricht auch § 4 GBV an. Dort geht es um Zahlung einer Pauschale für anteilige Strom- und Heizkosten.

Sämtliche genannte Regelungen der GBV befassen sich also mit den Arbeitsmitteln, die die Arbeitgeberin nach § 6 Abs. 1 TV-T für die Telearbeit zur Verfügung zu stellen hat, insbesondere mit der Telekommunikation, sowie mit den mit der Telearbeit am häuslichen Arbeitsplatz verbunden Kosten und ihrer Tragung durch die Arbeitgeberin.

Soweit die GBV in § 8 einen Mietzuschuss vorsieht, ist ein solcher Zuschuss bzw. eine Ersatzleistung für alle ausschließlich betrieblich genutzten Räume in der häuslichen Arbeitsstätte bereits in § 6 Abs. 3 TV-T geregelt.

§ 12 TV-T enthält Bestimmungen zum Datenschutz. So ist nach Abs. 4 dieser Vorschrift der Arbeitnehmer verpflichtet, die gesetzlichen und C. AG internen Regelungen zur Umsetzung des Datenschutzes und zur Datensicherheit zu beachten und anzuwenden. Fragen des Datenschutzes und der Datensicherheit werden auch im so überschriebenen § 7 GBV angesprochen. Es werde hier also dieselben Angelegenheiten geregelt wie im TV-T.

§ 11 GBV befasst sich, nicht anders als § 14 TV-T, mit der Haftung des Arbeitnehmers, der Telearbeit leistet.

cc) Ein Verstoß gegen § 77 Abs. 3 S. 1 BetrVG entfällt nicht aufgrund der Tariföffnungsklausel des § 16 Abs. 1 TV-T. Zwar heißt es dort, “die Regelungen weiterer Einzelheiten kann in entsprechenden Betriebsvereinbarungen erfolgen”. Damit haben die Tarifvertragsparteien jedoch nur den TV-T ergänzende Betriebsvereinbarungen zugelassen, nicht aber vom Tarifvertrag abweichende Regelungen (1). Die GBV enthält solche vom TV-T abweichende Regelungen und beachtet damit die Vorgaben der Tarifparteien zum Inhalt der ergänzenden Betriebsvereinbarungen nicht (2).

(1) Die Tariföffnungsklausel des § 16 Abs. 1 TV-T erlaubt nur ergänzende Regelungen, nicht jedoch von den tariflichen Vorgaben abweichende Bestimmungen, etwa die Schaffung weiterer oder die Umgestaltung eingeräumter Ansprüche. Denn nach der Öffnungsklausel sollen nur “weitere Einzelheiten” in entsprechenden Betriebsvereinbarungen geregelt werden können. Das wiederum hält sich im Rahmen des § 77 Abs. 3 S. 2 BetrVG, nach dessen Wortlaut der Tarifvertrag den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zulassen kann. Das sind Vereinbarungen, die die Ausführung und Anwendung der Tarifregelung näher gestalten (vgl. BAG 09.02.1984 – 6 ABR 10/81 -). In Betracht kommen hier z.B. nähere Reglungen zur Ausgestaltung, etwa zu den konkreten Telekommunikationslösungen (§ 6 Abs. 6 TV-T). Dabei ist wiederum die tarifliche Vorgabe des § 6 Abs. 6 HS 2 TV-T zu beachten, dass die Telekommunikationskosten vollständig von der C. AG übernommen werden.

Außerhalb der Reichweite der Öffnungsklausel des § 16 Abs. 1 TV-T liegen dagegen von den tariflichen Vorgaben abweichende Bestimmungen. Auch wenn die Zulassung abweichender Betriebsvereinbarungen grundsätzlich zulässig ist (siehe dazu Fitting, BetrVG, 30. Aufl., § 77 Rn. 121 und Schaub/Ahrendt, 19. Aufl., § 231 Rn. 31 mwN), muss eine solche weitreichende Zulassung – im Interesse der Rechtssicherheit und wegen des Gebots der Rechtsnormklarheit – der tariflichen Öffnungsklausel eindeutig zu entnehmen sein (BAG 12.03.2019 – 1 AZR 307/17 – Rn. 38). Das ist hier nicht der Fall. § 16 Abs. 1 TV-T lässt nur die Regelung “weiterer Einzelheiten” und damit ergänzende Betriebsvereinbarungen zu. Für die Zulassung auch abweichender Regelungen fehlt in der Klausel und im TV-T jeder Anhaltspunkt. Die Tarifvertragsparteien haben die Reichweite der Öffnungsklausel auch nicht vor Abschluss der GBV im Jahr 2008 erweitert.

Erst recht ergibt sich eine solche Erweiterung nicht aus der Protokollnotiz vom 13.09.2008, die sich gar nicht zum Umfang der Öffnungsklausel verhält, sondern nur die Nutzung bestimmter privater Anschlüsse (DSL und ISDN) ermöglicht.

(2) Die GBV enthält vom TV-T abweichende Regelungen und beachtet damit die Vorgaben der Tarifparteien in § 16 Abs. 1 TV-T zum Inhalt der ergänzenden Betriebsvereinbarungen nicht. Die Gesamtbetriebsvereinbarung gestaltet die Ausführung und Anwendung der Bestimmungen des TV-T nicht lediglich näher, sondern trifft vielfach abweichende Regelungen. Sie gestaltet tarifliche Ansprüche um und schafft weitere Ansprüche. So unterscheiden sich die Bestimmungen in § 6 Abs. 3 TV-T einerseits und § 8 GBV andererseits hinsichtlich des Anspruchs auf einen Mietzuschuss erheblich. Während der TV-T einen solchen Zuschuss nur bei alternierender und heimbasierter Telearbeit vorsieht (§ 3 Abs. 2 und § 6 Abs. 3 TV-T), räumt ihn die GBV für alle drei Formen der Telearbeit ein, also auch für die mobile Telearbeit (§ 8 GBV). Ferner enthält § 4 GBV eine Anspruchsgrundlage für eine Strom- und Heizkostenpauschale, die im TV-T gar nicht angesprochen ist. Das gleiche gilt für das in § 3 GBV vorgesehene Nutzungsentgelt (wegen der Nutzung eines Arbeitsplatzes im privaten Bereich). Auch ein solches Entgelt sieht der TV-V nicht vor. Vielmehr ist dort in § 6 Abs. 1 geregelt, dass der Arbeitgeber die notwendigen Arbeitsmittel für alle Formen der Telearbeit kostenlos zur Verfügung stellt.

2. Der Verstoß der Regelungen in den §§ 1 – 57 – 9 und 11 GBV gegen die Regelungssperre des § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG führt zur Unwirksamkeit der gesamten GBV.

a) §§ 1 – 57 – 9 und 11 GBV sind infolge Verstoßes gegen die Regelungssperre unwirksam (zu dieser Rechtsfolge vgl. BAG 15.05.2018 – 1 ABR 75/16 – Rn. 30 und BAG 26.08.2008 – 1 AZR 354/07 – Rn. 11).

b) Die Unwirksamkeit der genannten Bestimmungen der GBV bedingt nach dem Rechtsgedanken des § 139 BGB (BAG 09.07.2013 – 1 ABR 19/12 – Rn. 39) die Unwirksamkeit der gesamten GBV. Der verbleibende Teil der Gesamtbetriebsvereinbarung – Präambel, Organisatorische Maßnahmen, Streitigkeiten, Versicherung und Schlussbestimmungen – stellt ersichtlich keine sinnvolle und in sich geschlossene Regelung mehr dar.

II. Der Kläger kann sein Begehren nicht allein auf die Zusatzvereinbarung vom 07./ 23.05.2019 stützen. Diese Vereinbarung hatte nicht den Zweck, dem Kläger einen vom TV-T und der GBV unabhängigen individualrechtlichen Anspruch auf die in diesen kollektiven Regelungen eingeräumten Ansprüche zu verschaffen. Die in § 2 der Zusatzvereinbarung enthaltenen Verweisungen auf die unwirksame GBV (siehe dazu oben) führen nicht dazu, dass ihre Regelungen Bestandteil des Arbeitsvertrags würden.

1.Die Zusatzvereinbarung selbst hat keinen anspruchsbegründenden Charakter. Vielmehr ist ihr Abschluss eine (von mehreren) Voraussetzung für die Anwendbarkeit des TV-T und der dort vorgesehenen Ansprüche. In § 2 Abs. 4 TV-T ist bestimmt, dass alle Formen der Telearbeit, insbesondere die Einrichtung der häuslichen Arbeitsstätte, ergänzend zum Arbeitsvertrag schriftlich zu vereinbaren sind. Das erklärt sich vor dem Hintergrund, dass keine Partei die Einbeziehung des häuslichen Bereichs in die (mobile) Telearbeit verlangen kann (§ 2 Abs. 2 S. 3 TV-T). Beide Parteien können die Einbeziehung des häuslichen Bereichs sogar ohne Angabe von Gründen ablehnen (§ 2 Abs. 2 S. 4 TV-T). Die Einrichtung sowie Beschäftigung auf einem Telearbeitsplatz ist für beide Seiten freiwillig (§ 2 Abs. 4 S. 3 TV-T). Auch der letzte Satz der Präambel der GBV, wonach die Beschäftigung auf einem Telearbeitsplatz freiwillig ist, verdeutlicht, dass sowohl nach dem Willen der Tarifpartner als auch der Parteien der GBV kein Rechtsanspruch auf eine Vereinbarung zur Telearbeit besteht.

Das bedeutet, dass ohne eine Zusatzvereinbarung wie die vom 07./ 23.05.2019, die die Beschäftigung auf einem Telearbeitsplatz überhaupt erst ermöglicht, den Arbeitsvertragsparteien keine Ansprüche aus dem TV-T oder der GBV zustehen können; das Kriterium der Vereinbarung ist konstitutiv für die Begründung von Rechten und Pflichten aus den kollektiven Regelungen (vgl. LAG Schleswig-Holstein 25.01.2022 – 1 Sa 151/21).

2. Die in § 2 der Zusatzvereinbarung enthaltenen Verweisungen auf die unwirksame GBV (siehe dazu oben) führen nicht dazu, dass ihre Regelungen Bestandteil des Arbeitsvertrags geworden sind.

Zweifelhaft ist, ob und – wenn ja – wann Vertragsparteien unterstellt werden kann, dass sie eine arbeitsvertragliche Bezugnahme auch auf unwirksame Betriebsvereinbarungen erstrecken wollen. Bei einer generellen Bezugnahme wird die Auslegung des Arbeitsvertrags regelmäßig ergeben, dass sich diese nicht auf unwirksame Betriebsvereinbarungen erstrecken soll (Fitting, § 77 Rn. 31). Wird dagegen im Arbeitsvertrag ausdrücklich auf eine bestimmte, den Arbeitnehmer begünstigende Betriebsvereinbarung verwiesen, deren Unwirksamkeit sich erst später herausstellt, mag dies im Einzelfall anders zu beurteilen sein.

Jedenfalls wird durch eine arbeitsvertragliche Verweisung auf eine vermeintlich wirksame, aber gegen die Regelungssperre des § 77 Abs. 3 S. 1 BetrVG verstoßende Betriebsvereinbarung kein eigenständiger individualvertraglicher Geltungsgrund geschaffen (Fitting, § 77 Rn. 31; Kort NZA 2005, 620, 621). Bei einer solchen Verweisung handelt es sich regelmäßig nur um einen deklaratorischen Hinweis, der keine eigenen Rechtswirkungen hat (Fitting, § 77 Rn. 31; BAG 18.11.2003 – 1 AZR 604/02 – Rn. 24, 25).

Selbst wenn die Absätze 2 und 3 des § 2 der Zusatzvereinbarung einen rechtsgeschäftlichen Inhalt hätten, ließe sich ihnen nicht der Wille der Vertragsparteien entnehmen, dass die GBV unabhängig von ihrer rechtlichen Wirksamkeit als vertraglich vereinbart gelten sollte. Hätten die Vertragsparteien eine solche konstitutive Verweisung auf die GBV gewollt, hätten sie dies eindeutig zum Ausdruck bringen müssen. Der Beklagten kann nicht unterstellt werden, dass sie bei Kenntnis der Unwirksamkeit der GBV die dort vorgesehenen Leistungen erbringen wollte.

III. Der Kläger trägt gemäß § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO die Kosten des Rechtstreits.

Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich.