Tenor:
1. Auf die Berufung der Beklagten wird – unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels – das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 3. Juni 2020, Az. 4 Ca 145/20, teilweise abgeändert und

festgestellt, dass der Klägerin für die in der gesetzlichen Nachtzeit geleistete Nachtarbeit gemäß § 6 Abs. 5 ArbZG ein Ausgleichsanspruch für die Zeit ab dem 1. September 2019 zusteht, der alternativ durch Zahlung von Geld, durch bezahlte Freistellung oder durch eine Kombination von beiden im Umfang von 25 % des Bruttoarbeitsentgelts (= € 4,04 pro Stunde) bzw. durch Gewährung eines entsprechenden Freizeitausgleichs zu erfüllen ist.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Anschlussberufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

3. Von den Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin 3/4 und die Beklagte 1/4 zu tragen.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über einen angemessenen Ausgleich für geleistete Nachtarbeit in einem stationären Pflegebetrieb sowie darüber, ob die Klägerin verlangen kann, nicht im Bereich “Betreutes Wohnen”eingesetzt zu werden.

Die 1980 geborene Klägerin ist seit dem 01.10.2018 bei der Beklagten als examinierte Altenpflegerin mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 35 Stunden in Teilzeit beschäftigt. Die Beklagte betreibt eine Seniorenresidenz, die in einem Pflegebereich durchschnittlich 125 Pflegeplätze für vollstationäre Pflege und in einem Apartmentbereich über 50 Apartments für “Betreutes Wohnen”verfügt. Im Apartmentbereich gehört zum Leistungsangebot für die Bewohner eine Notrufbereitschaft von 24 Stunden täglich an sieben Tagen die Woche. Im stationären Pflegebereich plant die Beklagte regelmäßig drei Nachwachen ein; eingesetzt werden eine examinierte Pflegefachkraft und zwei Pflegehilfskräfte. Sollte im Bereich “Betreutes Wohnen”nachts ein Notruf abgesetzt werden, geht der Alarm im stationären Pflegebereich ein. Er ist von den dortigen Nachtwachen entgegenzunehmen und zu bearbeiten. Bei zwingender Notwendigkeit soll die diensthabende Pflegefachkraft den stationären Bereich kurzzeitig verlassen, um im Apartmentbereich Hilfe zu leisten.

Im schriftlichen Formulararbeitsvertrag vom 04./06.09.2018 haben die Parteien ua. folgendes geregelt.

“§ 4 Arbeitsentgelt1. Der Arbeitnehmer erhält für seine vertragliche Tätigkeit ein monatliches Bruttoarbeitsentgeltin Höhe von2.350,00 €Leistungszulage100,00 €Summe2.450 00 €…3. Die Vergütung ist jeweils am 5. Werktag des Folgemonats fällig. …4. Der Arbeitnehmer im Pflegebereich erhält Zeitzuschläge. Sie betragen je Stunde:a)bei Arbeit an gesetzlichen Feiertagen …4 €,b)bei Sonntagsarbeit3 €,c)bei Nachtarbeit von 20.00 bis 6.00 Uhr2 €.Die Berechnung der Zeitzuschläge bemisst sich nach der Arbeitsleistung des Vorvormonats. …Es ist möglich, anstatt des Zuschlags Freizeitausgleich zu gewähren, und zwar für jede Arbeitsstunde nach Buchstabe a) 20 min, b) 15 min, c) 10 min….§ 8 Ausschlussfristen1. Alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, verfallen, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten nach ihrer Fälligkeit vom Arbeitnehmer oder vom Arbeitgeber in Textform gegenüber der anderen Vertragspartei geltend gemacht werden. Zur wirksamen Geltendmachung sind die Ansprüche nach Art und Höhe konkret zu benennen.2. Lehnt die Gegenpartei den Anspruch ab oder erklärt sie sich nicht innerhalb von zwei Wochen nach der Geltendmachung des Anspruches, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb von drei Monaten nach der Ablehnung oder dem Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird.3. Soweit hinsichtlich der Ausschlussfristen für Vergütungsansprüche gesetzlich andere Regelungen bestimmt sind, gehen diese für beide Parteien den obigen Bestimmungen vor.”

Die Klägerin, die vertraglich zur Wechselschichtarbeit verpflichtet ist, arbeitet auf eigenen Wunsch überwiegend nachts. Der Nachtdienst beginnt regelmäßig um 21: 45 Uhr und endet um 6: 30 Uhr. In den elf Monaten vom 01.10.2018 bis 31.08.2019 leistete die Klägerin insgesamt 142 Nachtdienste.

Mit Anwaltsschreiben vom 08.07.2019 machte sie für die Zeit ab 01.10.2018 bis 30.06.2019 Nachtarbeitszuschläge von 30 % geltend. Sie verlangte pro Stunde weitere € 2,88, insgesamt für neun Monate € 3.900,96 (35 Stunden x 4,3 Wochen x 9 Monate x € 2,88). Die Klägerin hat gemeint, die Beklagte könne sich auf die vertragliche Ausschlussfristenregelung nicht berufen, weil der Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn nicht ausgenommen sei. Außerdem sei sie nicht mehr bereit, die erhebliche zusätzliche Arbeitsbelastung hinzunehmen, die durch Notrufe der Bewohner aus dem Bereich “Betreutes Wohnen”entstehe. Insoweit bitte sie um die Erörterung von “Lösungsmöglichkeiten”. Die Beklagte lehnte die Zahlung höherer Nachtarbeitszuschläge mit Schreiben vom 13.08.2019 ab. Die Klägerin erwiderte hierauf mit Anwaltsschreiben vom 22.08.2019. Die Beklagte antwortete zuletzt mit Schreiben vom 04.09.2019 und führte ua. aus, der Einsatz der Klägerin im Bereich “Betreutes Wohnen”sei auf absolute Ausnahmefälle beschränkt, eine besondere Belastung sei damit nicht verbunden.

Erst mit Klageschrift vom 31.01.2020, die am selben Tag beim Arbeitsgericht eingegangen ist, macht die Klägerin ihre Forderungen gerichtlich geltend. Sie begehrt einen Zuschlag für Nachtarbeit iHv. 30 %, den sie mit € 4,88 pro Nachtstunde berechnet. Für die Zeit vom 01.10.2018 bis zum 31.08.2019 beanspruchte sie für insgesamt 142 Nachtdienste zunächst € 3.373,92. Diese Forderung reduzierte sie auf den Einwand der Beklagten, das sie sich die gezahlten Nachtarbeitszuschläge anrechnen lassen müsse, am 29.04.2020 auf € 2.507,72. Zuletzt beansprucht sie für insgesamt 142 Nachtdienste in der Zeit vom 01.10.2018 bis 31.08.2019 einen Ausgleich in Geld für sieben Stunden – ohne Pause – gemäß folgender Berechnung:

142 Dienste x 7,00 Std. (23: 00 – 06: 00 Uhr) x € 4,88 = abzüglich gezahlter€ 4.850,72142 Dienste x 8,25 Std. (21: 45 – 06: 00 Uhr) x € 2,00 =€ 2.343,00Summe:€ 2.507,72

Für die Zeit ab 01.09.2019 erhob sie eine Feststellungsklage. Ferner beantragte sie, die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, sie im Bereich “Betreutes Wohnen”einzusetzen.

Die Klägerin hat erstinstanzlich zuletzt beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an sie bis zum 31.08.2019 einen sachgerechten Nachtstundenzuschlag von insgesamt € 2.507,72 nebst Zinsen hieraus von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 23.07.2019 zu zahlen,2. festzustellen, dass die Beklagte künftig ab dem 01.09.2019 verpflichtet ist, ihr einen sachgerechten Nachtstundenzuschlag von insgesamt € 4,88 pro Nachtarbeitsstunde zu zahlen,3. die Beklagte zu verurteilen, ihren Arbeitseinsatz ausschließlich auf den Bereich der Senioren Residenz W. zu begrenzen und ihren entsprechenden Einsatz im Bereich des “Betreuten Wohnens”zu unterlassen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie stellte den Ablauf eines Nachtdienstes – ohne besondere Vorkommnisse – typisiert wie folgt dar:

UhrzeitTätigkeit21: 45 – 22: 15Übergabe Spät-, an Nachtdienst22: 15 – 23: 00Stationsarbeiten (Verbrauchsmaterialien einräumen, Pflegewägen richten)23: 00 – 01: 001. Rundgang (Durchführung von Lagerungen, ggf. Versorgung mit Inkontinenzmaterial)01: 00 – 02: 00Eintragungen in das Dokumentationssystem02: 00 – 03: 00Pausenkorridor, individuelle Stationsarbeiten (zB. Ablage)03: 00 – 05: 002. Rundgang05: 00 – 06: 00ggf. weitere Eintragungen in das Dokumentationssystem, individuelle Stationsarbeiten06: 00 – 06: 30Übergabe Nacht-, an Frühdienst

Im Vergleich zur Arbeitsdichte im Tagdienst fielen im Nachtdienst nicht unerhebliche Phasen der Entspannung an. Der Anspruch auf einen angemessenen Nachtarbeitszuschlag werde durch die Zahlung von € 2,00 pro Stunde zuzüglich der umgelegten Leistungszulage von € 100,00 überobligatorisch erfüllt. Den Nachtdienst im Bereich “Betreutes Wohnen”habe sie in Abstimmung mit der zuständigen Aufsichtsbehörde so organisiert, dass die Fachkraft nur bei zwingender Notwendigkeit den stationären Pflegebereich verlassen müsse. Die Häufigkeit der Einsätze habe sie im Jahr 2019 für die Aufsichtsbehörde analysiert. Es seien bis zu vier Einsätze im Monat, maximal ein Einsatz pro Woche verzeichnet worden.

Das Arbeitsgericht hat der Zahlungsklage iHv € 1.672,76 stattgegeben und festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin “für Nachtstunden in Dauernachtschichten”einen Zuschlag von 25 % auf den Stundenlohn zu zahlen, sofern sie ihr keinen Freizeitausgleich gewähre. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht – zusammengefasst – ausgeführt, nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sei nach § 6 Abs. 5 ArbZG regelmäßig ein Nachtarbeitszuschlag von 25 % auf das dem Arbeitnehmer zustehende Bruttoarbeitsentgelt angemessen. Aufgrund der Gesamtumstände sei dieser Prozentsatz im Streitfall weder zu erhöhen noch zu reduzieren. Der Geltendmachung der Forderung stehe die arbeitsvertragliche Ausschlussfristenregelung nicht entgegen, weil sie den gesetzlichen Anspruch auf den Mindestlohn nicht ausnehme. Die Formulierung in § 8 Ziff. 3 des Arbeitsvertrags stelle nichts anderes als den Versuch dar, die nach der Rechtsprechung unzulässige geltungserhaltende Reduktion vertraglich zu vereinbaren. Davon abgesehen sei die Klausel intransparent, weil ein Arbeitnehmer wissen müsse, welche “gesetzlich andere Regelungen”in Frage kommen könnten. Die Klägerin könne nicht verlangen, dass die Beklagten sie nicht im Bereich des “Betreuten Wohnens” einsetze. Dieser Bereich gehöre zum Betrieb der Beklagten; eine Einschränkung des Direktionsrechts sei insoweit nicht ersichtlich. Wegen der Einzelheiten der erstinstanzlichen Begründung wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils vom 03.06.2020 Bezug genommen.

Gegen das am 25.06.2020 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit einem am 10.07.2020 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese innerhalb der bis zum 25.09.2020 verlängerten Frist mit einem am 24.09.2020 eingegangenen Schriftsatz begründet. Dieser Schriftsatz ist der Klägerin am 05.10.2020 zugestellt worden. Die Klägerin hat wegen der Abweisung der Klage im Übrigen mit Schriftsatz vom 05.11.2020 Anschlussberufung eingelegt.

Die Beklagte macht geltend, zwar stelle ein Zuschlag von 25 % auf das jeweilige Bruttostundenentgelt regelmäßig einen angemessenen Ausgleich für geleistete Nachtarbeit iSv. § 6 Abs. 5 ArbZG dar. Aufgrund der besonderen Umstände sei im Streitfall jedoch ein Zuschlag von 10 % für die Arbeit in der gesetzlichen Nacht von 23: 00 bis 06: 00 Uhr ausreichend. Diesen Anspruch habe sie mit dem Nachtzuschlag von € 2,00 pro Stunde zuzüglich der Leistungszulage von € 100,00, die wenigstens zur Hälfte (€ 0,33 pro Stunde) auf den Nachtdienstzuschlag anzurechnen sei, für die Zeit von 21: 45 bis 06: 00 Uhr bereits überobligatorisch erfüllt. Die Nachtarbeit sei im stationären Pflegebetrieb unvermeidbar, so dass der mit dem Nachtarbeitszuschlag verfolgte Lenkungszweck, Nachtarbeit zu verteuern und auf diese Weise möglichst einzuschränken, nicht erreicht werden könne. Hinzu komme, dass sie die Klägerin nicht als Dauernachtwache beschäftige, vielmehr sei ihr überwiegender Einsatz im Nachdienst auf ihren Wunsch zurückzuführen. Außerdem sei zu berücksichtigen, dass im Nachtdienst nicht unerhebliche Phasen der Entspannung anfielen. Eine Vielzahl von besonders zeitintensiven pflegerischen Tätigkeiten seien nur im Tagdienst zu verrichten. Hierzu gehörten bewohnerbezogene Aufgaben (Hilfestellung bei der Körperpflege, der Mobilisation und der Speisenversorgung, Erstellen von Pflegeplänen, Einholen ärztlicher Atteste, Teilnahme an Begutachtungen, Anregung von Betreuungen, Sorge für Sauberkeit im Bewohnerumfeld), Aufgaben der psychosozialen Betreuung (Kontaktaufnahme und -pflege mit Bewohnern, gemeinsame Beschäftigung, Beratung der Bewohner in persönlichen Angelegenheiten, Begleitung bei Arztbesuchen, Motivation der Bewohner zur Teilnahme an Veranstaltungen, Beratung und Instruktion, Förderung von Kontakten) sowie personal-bezogene Aufgaben (Mithilfe bei Einführung und Einarbeitung neuer Mitarbeiter, Durchführung der praktischen Ausbildung in Zusammenarbeit mit den Lehrkräften der Pflegeschule, Mitwirkung bei der Beurteilung von Praktikanten). Diesen Vortrag habe das Arbeitsgericht außer Acht gelassen und verkannt, dass ein Großteil der regelmäßigen und besonders zeitintensiven Aufgaben des Tagdienstes im Nachtdienst nicht anfielen. Darüber hinaus seien viele andere Aufgaben, wie beispielsweise die Behandlungspflege, auf ein Minimum reduziert, sodass im Vergleich zum Tagdienst nachts keine Vollarbeit vorliege. Überdies werde für ca. 75 % der Tätigkeiten in einer “Regelnacht”keine Fachkraft benötigt. Der geltend gemachte Anspruch auf Nachtarbeitszuschläge sei für die Zeit bis zum 30.09.2019 aufgrund der Ausschlussfristenregelung in § 8 des Arbeitsvertrags verfallen. Die Regelung sei wirksam, sie sei weder überraschend noch ungewöhnlich und auch nicht intransparent. § 8 Ziff. 3 des Arbeitsvertrags bringe hinreichend deutlich zum Ausdruck, dass die Ausschlussfrist nicht für Ansprüche des Arbeitnehmers gelte, für die “gesetzlich andere Regelungen bestimmt”seien. Es sei nicht erforderlich, diese Regelungen ausdrücklich zu nennen.

Die Beklagte beantragt zweitinstanzlich,

1. das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 03.06.2020, Az. 4 Ca 145/20, teilweise abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen,2. die Anschlussberufung zurückzuweisen.

Die Klägerin beantragt zweitinstanzlich zuletzt,

1. die Berufung zurückzuweisen,2. auf ihre Anschlussberufung das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 03.06.2020, Az. 4 Ca 145/20, teilweise abzuändern und a) die Beklagte zu verurteilen, an sie (für die Zeit bis zum 31.08.2019) weitere € 834,96 nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.07.2019 zu zahlen,b) festzustellen, dass ihr für die in der gesetzlichen Nachtzeit geleistete Nachtarbeit gemäß § 6 Abs. 5 ArbZG ein Ausgleichsanspruch für die Zeit ab dem 01.09.2019 zusteht, der alternativ durch Zahlung von Geld, durch bezahlte Freistellung oder durch eine Kombination von beiden im Umfang von 30 % des jeweiligen Bruttostundenlohns bzw. durch Gewährung eines entsprechenden Freizeitausgleichs zu erfüllen ist,c) die Beklagte zu verurteilen, ihren Arbeitseinsatz ausschließlich auf den Bereich der Seniorenresidenz Wonnegau zu begrenzen und ihren entsprechenden Einsatz im Bereich des “Betreuten Wohnens”zu unterlassen.

Die Klägerin ist der Ansicht, ihr stünde ein Zuschlag von 30 % zu, weil sie nahezu ausschließlich im Nachtdienst tätig sei. Der Nachtdienst gehe mit einer erheblichen Belastung einher. Sie sei nachts für insgesamt drei Stationen zuständig, die bei Vollauslastung mit 146 Bewohnern belegt seien. Die Beklagte schildere den Ablauf einer Nacht “ohne besondere Vorkommnisse”. Sie habe auch nachts umfassende Pflegearbeiten wahrzunehmen. Hierzu zählten häufig erforderliche Bedarfsmedikamentationen, wie etwa die Gabe von Schmerz- und Betäubungsmitteln. Ferner seien umfassendere Bedarfsbehandlungen und kontinuierliche Kontrollen bei zuckererkrankten Bewohnern erforderlich. Nach Bedarf reiche sie Getränke und kleinere Mahlzeiten. Außerdem fielen Bewohner, die Atemhilfe benötigten, in ihren Verantwortungsbereich. Das Absaugen bei Bewohnern mit einem Tracheostoma sei arbeits- und zeitintensiv, weil diese Tätigkeit während des Nachtdienstes mehrmals durchzuführen sei. Aktuell leide ein Bewohner mit einem Tracheostoma auch an einer MRSA-Erkrankung, so dass sie für jedes Absaugen Schutzkleidung anlegen müsse. Viele Bewohner seien an Demenz erkrankt. Es komme nicht selten vor, dass diese nachts ihre Betten verließen und orientierungslos auf der jeweiligen Station umherirrten. Dies führe häufig zu Stürzen, die eine weiterführende Behandlung erforderten. In der Regel zeigten sich die betroffenen Bewohner auch stark aufgeregt bzw. verängstigt. Es gehöre zu ihren Aufgaben, beruhigend auf die jeweiligen Bewohner einzuwirken und diese zurück in ihre Betten zu begleiten. Die ihr zugeteilten Hilfskräfte seien grundsätzlich nicht hinreichend qualifiziert, um den besonderen Bedürfnissen und Anforderungen demenzerkrankter Menschen gerecht zu werden. Es handele sich somit um eine Arbeit, die ebenfalls in erster Linie allein von ihr wahrgenommen werde. Schließlich fielen häufig zusätzliche Arbeitsbelastungen an, wenn Bewohner im Sterben liegen. Sterbende benötigten in der Regel kontinuierliche Pflegebetreuung und Kontrolle (zB. die Überprüfung hinreichender Sauerstoffversorgung) und erforderten einen erheblichen zusätzlichen Arbeitseinsatz. Eine verringerte Arbeitsdichte im Vergleich zum Tagdienst könne hiernach im Nachtdienst nicht angenommen werden.

Sie begehre außerdem die Feststellung, dass sie nachts nicht im Bereich “Betreutes Wohnen”aushelfen müsse. Im stationären Pflegebereich mit über 140 Bewohnern sei nachts regelmäßig die Anwesenheit einer examinierten Altenpflegekraft erforderlich. Mit dem Antritt des Nachtdienstes übernehme sie die Garantenpflicht für die Bewohner, so dass sie auch vor Ort anwesend sein müsse. Diese Pflicht entstamme nicht dem Arbeits-, sondern dem Strafrecht. Zwar sei allgemein richtig, dass die Art und Weise der Organisation der Arbeit Sache des Arbeitgebers sei. Es könne ihr aber nicht zugemutet werden, sich bei Komplikationen in ihrem Verantwortungsbereich einer straf- oder zivilrechtlichen Verfolgung auszusetzen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf den Inhalt der Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

Die nach § 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statthafte Berufung der Beklagten ist gem. §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG iVm. §§ 519520 ZPO zulässig. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt und ordnungsgemäß begründet worden. Auch die Anschlussberufung der Klägerin ist zulässig, insbesondere ist die für die Einlegung und Begründung der Anschlussberufung geltende Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung eingehalten, § 524 Abs. 2, Abs. 3 ZPO, § 66 Abs. 1 ArbGG.

II.

Die Berufung der Beklagten hat in der Sache teilweise Erfolg. Die Anschlussberufung der Klägerin ist hingegen unbegründet. Die Klägerin hat einen Anspruch auf einen angemessenen Ausgleich iHv. 25 % für die von ihr ab dem 01.09.2019 geleistete Nachtarbeit, der wahlweise durch Zahlung von Geld, durch bezahlte Freistellung oder durch eine Kombination von beiden zu erfüllen ist. Zahlungsansprüche für die Zeit vom 01.10.2018 bis 31.08.2019 sind verfallen. Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte sie nicht im Bereich “Betreutes Wohnen”einsetzt.

1. Die Klägerin hat für die Zeit vom 01.10.2018 bis zum 31.08.2019 keine Zahlungsansprüche gegen die Beklagte. Das erstinstanzliche Urteil ist daher abzuändern, soweit das Arbeitsgericht der Klägerin auf den Klageantrag zu 1) Nachtarbeitszuschläge iHv. € 1.672,76 nebst Zinsen zugesprochen hat. Auch die Anschlussberufung der Klägerin auf Zahlung weiterer € 834,96 nebst Zinsen ist unbegründet. Eventuelle Ansprüche der Klägerin auf Nachtarbeitszuschläge in der zuletzt geforderten Höhe von insgesamt € 2.507,72 für 142 Nachtdienste in der Zeit vom 01.10.2018 bis zum 31.08.2019 sind nach der in § 8 des schriftlichen Arbeitsvertrags vom 04./06.09.2018 vereinbarten Ausschlussfrist wegen nicht rechtzeitiger Geltendmachung verfallen.

a) Die Ausschlussfristenregelung in § 8 des Arbeitsvertrags bezieht sich auf “alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen”. Dies schließt alle gesetzlichen und vertraglichen Ansprüche ein, die Arbeitsvertragsparteien aufgrund ihrer durch den Arbeitsvertrag begründeten Rechtsstellung gegeneinander haben (vgl. BAG 17.10.2017 – 9 AZR 80/17 – Rn. 12). Vom Anwendungsbereich der Klausel erfasst sind demnach auch der Anspruch auf Zuschläge für geleistete Nachtarbeit.

b) Die zweistufige Ausschlussfristenregelung in § 8 des Arbeitsvertrags ist rechtswirksamer Vertragsbestandteil geworden.

Die arbeitsvertragliche Ausschlussfristenregelung ist eine Allgemeine Geschäftsbedingung (§ 305 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BGB). Dafür begründet das äußere Erscheinungsbild eine tatsächliche Vermutung (vgl. BAG 17.10.2017 – 9 AZR 80/17 – Rn. 14 mwN), der keine der Parteien entgegengetreten ist. Die Klausel ist nicht überraschend iSd. § 305c Abs. 1 BGB und damit Vertragsbestandteil geworden. Die Vereinbarung von Ausschlussfristen entspricht einer weit verbreiteten Übung im Arbeitsleben (vgl. BAG 17.10.2017 – 9 AZR 80/17 – Rn. 15 mwN). Die Regelung befindet sich auch nicht an einer irgendwo im Arbeitsvertrag versteckten Stelle, sondern in einem mit “Ausschlussfristen”überschriebenen eigenen Paragrafen.

In Formulararbeitsverträgen können zweistufige Ausschlussklauseln wirksam vereinbart werden, nach denen der Anspruch verfällt, wenn er nicht innerhalb von drei Monaten nach Ablehnung (erste Alternative) oder, wenn sich die Gegenseite innerhalb von zwei Wochen nach Geltendmachung “nicht erklärt”(zweite Alternative), innerhalb von drei Monaten nach dem Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird. Klauseln mit diesem Inhalt benachteiligen den Arbeitnehmer nicht unangemessen und sind mit den wesentlichen Grundgedanken des gesetzlichen Verjährungsrechts vereinbar (§ 307 Abs. 1 Satz 1 iVm. Abs. 2 Nr. 1 BGB), wenn eine Mindestfrist von drei Monaten für die gerichtliche Geltendmachung der Ansprüche eingehalten ist (vgl. BAG 03.12.2019 – 9 AZR 44/19 – Rn. 21).

c) Auch § 307 Abs. 1 BGB steht der Klausel nicht entgegen.

aa) Die Klausel verstößt nicht gegen § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB. Danach sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine einzelvertragliche Verfallfrist, die wie § 8 des Arbeitsvertrags eine zweistufige Geltendmachung innerhalb eines Zeitraums von jeweils mindestens drei Monaten verlangt, begegnet in AGB-rechtlicher Hinsicht keinen durchgreifenden Bedenken (vgl. BAG 17.10.2017 – 9 AZR 80/17 – Rn. 17 mwN).

bb) Die Klausel ist auch nicht intransparent iSd. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Sie ordnet eindeutig den Verfall der Ansprüche an, wenn diese nicht innerhalb der Ausschlussfrist von drei Monaten nach Fälligkeit schriftlich und innerhalb weiterer drei Monate gerichtlich geltend gemacht werden.

cc) Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts liegt kein Verstoß gegen § 307 Abs. 1 BGB vor, weil die Klausel auch den Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn nach § 1 Abs. 1 MiLoG bzw. das Mindestentgelt nach § 2 PflegeArbbV erfasste.

(1) Im Anwendungsbereich des Mindestlohngesetzes oder – wie hier – der Dritten Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen für die Pflegebranche (3. PflegeArbbV) muss der Anspruch auf den Mindestlohn nach § 1 MiLoG bzw. das Mindestentgelt nach § 2 PflegeArbbV in einer arbeitsvertraglichen Verfallklausel klar und deutlich ausgenommen werden (vgl. BAG 18.09.2018 – 9 AZR 162/18 – Rn. 48; BAG 24.08.2016 – 5 AZR 703/15 – Rn. 21). Im Streitfall enthält § 8 Ziff. 3 des Arbeitsvertrags die Formulierung: “Soweit hinsichtlich der Ausschlussfristen für Vergütungsansprüche gesetzlich andere Regelungen bestimmt sind, gehen diese für beide Parteien den obigen Bestimmungen vor.”Das genügt den Transparenzanforderungen.

(2) Die an die Transparenz von Allgemeinen Geschäftsbedingungen gestellten Anforderungen dürfen den Verwender nicht überfordern. Die gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB bestehende Verpflichtung, den Klauselinhalt möglichst klar und verständlich zu formulieren, besteht nur im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren. Welche Anforderungen an die Wahrung des Transparenzgebots konkret zu stellen sind, hängt vom jeweiligen Einzelfall ab. Dabei ist insbesondere auch die Komplexität des Sachverhalts unter Berücksichtigung der spezifischen Gegebenheiten des konkreten Regelungsgegenstands maßgeblich.

An den Klauselverwender werden keine unzumutbaren Anforderungen gestellt, wenn man ihm, will er die Intransparenz der Ausschlussfrist wegen fehlender Ausnahme des gesetzlichen Mindestlohns vermeiden, einen Hinweis darauf abverlangt, die vertragliche Ausschlussfrist gelte nicht für Ansprüche des Arbeitnehmers, die “kraft Gesetzes der vereinbarten Ausschlussfrist”entzogen sind (vgl. BAG 18.09.2018 – 9 AZR 162/18 – Rn. 51). Auch die Formulierung, dass “unabdingbare gesetzliche Ansprüche”von der Verfallklausel ausgenommen sind, ist AGB-rechtlich nicht zu beanstanden (vgl. BAG 30.01.2019 – 5 AZR 43/18 – Rn. 25 ff).

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der die Berufungskammer folgt, werden derartige Formulierungen dem Transparenzgebot gerecht, denn der Klauselverwender darf – ohne dass hierin eine mit § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht in Einklang zu bringende Überforderung des Arbeitnehmers zu sehen wäre – Rechtsbegriffe aus der Gesetzessprache ebenso wie unbestimmte und auslegungsbedürftige Rechtsbegriffe verwenden. Das Transparenzgebot erfordert keine Klauselgestaltung, die eine einzelfallbezogene Subsumtion von vornherein entbehrlich macht. Es kann vom Klauselverwender nicht verlangt werden, die Folgen einer Vertragsbestimmung für alle denkbaren Fallgestaltungen zu erläutern (so ausdrücklich BAG 18.09.2018 – 9 AZR 162/18 – Rn. 51).

Im Streitfall genügt daher die Formulierung in § 8 Ziff. 3 des Arbeitsvertrags, dass “gesetzlich andere Regelungen”den in Ziff. 1 und 2 geregelten Ausschlussfristen vorgehen, den an die Transparenz von Allgemeinen Geschäftsbedingungen gestellten Anforderungen.

(3) Für Zahlungsansprüche vom 01.10.2018 bis 31.03.2019 hat die Klägerin die erste Stufe der Ausschlussfrist versäumt, denn sie hat diese Ansprüche erstmals mit Anwaltsschreiben vom 08.07.2019 in Textform geltend gemacht. Sie hat auch die zweite Stufe der Ausschlussfrist versäumt, denn die gerichtliche Geltendmachung erfolgte erst mit Klageschrift vom 28.01.2020, die am 31.01.2020 beim Arbeitsgericht eingegangen ist. Nach einem Schriftwechsel mit ihrem Prozessbevollmächtigten erfolgte die endgültige Ablehnung der Beklagten mit Schriftsatz vom 04.09.2019. Ansprüche für die Zeit vom 01.04. bis 30.06.2019 waren bei der schriftlichen Geltendmachung am 08.07.2019 zwar noch nicht verfallen, jedoch erfolgte die gerichtliche Geltendmachung mit Klageschrift vom 28.01.2020 verspätet. Zahlungsansprüche für die Zeit vom 01.07. bis 31.08.2019 hat die Klägerin erstmals in der Klageschrift geltend gemacht, so dass sie insoweit die erste Stufe der Ausschlussfrist versäumt hat.

2. Der zweitinstanzlich neu formulierte Feststellungsantrag der Klägerin (Klageantrag zu 2) ist zulässig, aber nur zum Teil begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch auf einen angemessenen Ausgleich iHv. 25 % für die von ihr ab dem 01.09.2019 geleistete Nachtarbeit, der wahlweise durch Zahlung von Geld, durch bezahlte Freistellung oder durch eine Kombination von beiden zu erfüllen ist. Die Klägerin kann keinen Nachtarbeitszuschlag iHv. 30 % für “Dauernachtarbeit”und nicht ausschließlich Zahlung von Geld verlangen.

a) Der zweitinstanzliche Klageantrag ist hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Nach ihrem Vorbringen begehrt die Klägerin für die Zeit ab dem 01.09.2019 die Feststellung des Bestehens eines Ausgleichsanspruchs gemäß § 6 Abs. 5 ArbZG für in der gesetzlichen Nachtzeit (§ 2 Abs. 3 ArbZG) geleistete Arbeitsstunden. Dabei kann dem Wortlaut des § 6 Abs. 5 ArbZG folgend der Ausgleich wahlweise durch Zahlung eines Nachtarbeitszuschlags, durch Gewährung freier Tage oder durch eine Kombination von beiden erfolgen. Dadurch trägt die Klägerin der gesetzlichen Vorgabe Rechnung, ohne dass dadurch ausgeschlossen wäre, dass sich die begehrte Feststellung im Fall der zwischenzeitlichen Ausübung des Wahlrechts für Zeiträume vor Schluss der mündlichen Verhandlung des Landesarbeitsgerichts auf eine Form des Ausgleichs konkretisiert hat (vgl. zu dieser Form der Antragstellung BAG 13.12.2018 – 6 AZR 549/17 – Rn. 13 mwN).

Der Klageantrag ist auf die Feststellung eines zwischen den Parteien bestehenden Rechtsverhältnisses iSv. § 256 Abs. 1 ZPO gerichtet, nämlich auf die Angemessenheit des Ausgleichs für im Arbeitsverhältnis geleistete Nachtarbeitsstunden gem. § 6 Abs. 5 ArbZG. Die Feststellungsklage kann sich nach § 256 Abs. 1 ZPO auf einzelne Ansprüche beschränken. An dieser Feststellung hat die Klägerin ein rechtliches Interesse iSv. § 256 Abs. 1 ZPO. Die Klägerin war auch nach dem Fälligwerden der ab dem 01.09.2019 geltend gemachten Ansprüche nicht verpflichtet, insoweit auf Leistungsanträge überzugehen (BAG 13.12.2018 – 6 AZR 549/17 – Rn. 14 mwN).

2. Die Feststellungsklage (Klageantrag zu 2) ist teilweise begründet. Die während des Nachtdienstes unstreitig als Nachtarbeitnehmerin iSv. § 2 Abs. 5 iVm. Abs. 3 und Abs. 4 ArbZG anzusehende Klägerin hat für die ab 01.09.2019 geleistete Nachtarbeit gemäß § 6 Abs. 5 ArbZG einen Anspruch auf Gewährung eines angemessenen Ausgleichs im Umfang von 25%. Dies hat das Arbeitsgericht zutreffend erkannt.

a) Nach § 6 Abs. 5 ArbZG hat der Arbeitgeber, soweit – wie hier – eine tarifliche Ausgleichsregelung nicht besteht, dem Nachtarbeitnehmer (§ 2 Abs. 5 ArbZG) für die während der Nachtzeit (§ 2 Abs. 3 ArbZG) geleisteten Arbeitsstunden eine angemessene Zahl bezahlter freier Tage oder einen angemessenen Zuschlag auf das ihm hierfür zustehende Bruttoarbeitsentgelt zu gewähren. Der Arbeitgeber kann wählen, ob er den Ausgleichsanspruch des § 6 Abs. 5 ArbZG durch Zahlung von Geld, durch bezahlte Freistellung oder durch eine Kombination von beiden erfüllt. Die gesetzlich begründete Wahlschuld (§ 262 BGB) konkretisiert sich auf eine der geschuldeten Leistungen erst dann, wenn der Schuldner das ihm zustehende Wahlrecht nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen ausübt (vgl. BAG 15.07.2020 – 10 AZR 123/19 – Rn. 16 mwN).

b) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts stellt ein Zuschlag iHv. 25 % auf das jeweilige Bruttostundenentgelt bzw. die Gewährung einer entsprechenden Zahl von bezahlten freien Tagen regelmäßig einen angemessenen Ausgleich für geleistete Nachtarbeit iSv. § 6 Abs. 5 ArbZG dar (vgl. BAG 15.07.2020 – 10 AZR 123/19 – Rn. 30 mwN).

Eine Erhöhung oder Verminderung des Regelwerts kommt in Betracht, wenn die Umstände, unter denen die Arbeitsleistung zu erbringen ist, den regelmäßig angemessenen Wert von 25 % wegen der im Vergleich zum Üblichen höheren oder niedrigeren Belastung als zu gering oder zu hoch erscheinen lassen. Die Höhe des angemessenen Nachtarbeitszuschlags richtet sich nach der Gegenleistung, für die sie bestimmt ist. Der Zuschlag kann sich erhöhen, wenn die Belastung durch die Nachtarbeit unter qualitativen (Art der Tätigkeit) oder quantitativen (Umfang der Nachtarbeit) Gesichtspunkten die gewöhnlich mit der Nachtarbeit verbundene Belastung übersteigt. Das ist regelmäßig der Fall, wenn ein Arbeitnehmer nach seinem Arbeitsvertrag oder nach Ausübung des Direktionsrechts durch den Arbeitgeber dauerhaft in Nachtarbeit tätig wird (“Dauernachtarbeit”). Bei einer Arbeitsleistung in Dauernachtarbeit erhöht sich der Anspruch in der Regel auf 30 % (vgl. BAG 15.07.2020 – 10 AZR 123/19 – Rn. 32 mwN). Der Zuschlag kann sich vermindern, wenn die Belastung durch die Nachtarbeit im Vergleich zu der üblichen Situation geringer ist. Ein geringerer Zuschlag als 25 % des Bruttoarbeitsentgelts kann beispielsweise angemessen sein, wenn es während des nächtlichen Bereitschaftsdienstes typischerweise zu inaktiven Zeiten der Entspannung und einer geringeren Arbeitsbelastung kommt. Eine Verringerung kommt auch in Betracht, wenn die Nachtarbeit unvermeidbar ist bzw. überragende Gründe des Gemeinwohls die Nachtarbeit zwingend erfordern (vgl. BAG 15.07.2020 – 10 AZR 123/19 – Rn. 33, 34 mwN).

c) Wie das Arbeitsgericht sieht auch die Berufungskammer im Streitfall ein Nachtarbeitszuschlags iHv. 25 % iSv. § 6 Abs. 5 ArbZG als angemessen an.

Die Klägerin wird von der Beklagten nach ihrem Arbeitsvertrag nicht in Dauernachtarbeit eingesetzt, so dass eine Erhöhung des Zuschlags auf 30 % nicht angemessen ist, um eine deutlich höhere Belastung auszugleichen. Nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Beklagten entspricht die Nachtarbeit dem Wunsch der Klägerin, die arbeitsvertraglich zur Wechselschichtarbeit verpflichtet ist. Andererseits ist auch keine Verminderung des Zuschlags von 25 % gerechtfertigt, weil nach § 2 Abs. 5 ArbZG der Schutz für Nachtarbeitnehmer bereits einsetzt, wenn diese “nur”an 48 Tagen im Kalenderjahr Nachtarbeit leisten oder normalerweise Nachtarbeit in Wechselschicht leisten. Hier hat die teilzeitbeschäftigte Klägerin seit ihrer Einstellung in elf Monaten (vom 01.10.2018 bis 31.08.2019) unstreitig 142 Nachtdienste geleistet, obwohl es die Beklagte kraft ihres Direktionsrechts in der Hand hätte, die Klägerin konsequent im Wechselschichtdienst einzusetzen, um die erhöhten Belastungen durch eine Vielzahl von Nachtdiensten zu verringern.

Ein gegenüber dem Regelwert von 25 % reduzierter Zuschlag ist im Streitfall nicht deshalb gerechtfertigt, weil die Nachtarbeit aufgrund überragender Gründe des Gemeinwohls im stationären Pflegeheim der Beklagten zwingend erforderlich ist. Der Beklagten ist zuzugeben, dass das Bundesarbeitsgericht in der herangezogenen Entscheidung vom 15.07.2020 (10 AZR 123/19 – Rn. 39) angenommen hat, dass sich ein deutlicher Abschlag von zehn Prozentpunkten noch im Rahmen des dem Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg (11.01.2019 – 9 Sa 58/18) zukommenden Beurteilungsspielraums hält, wenn in einem Pflegeheim Nachtarbeit zwingend erforderlich ist. In der vorliegenden Fallgestaltung ist ein Unterschreiten des Regelwertes von 25 % jedoch aus Sicht der Berufungskammer nicht angemessen. Die Klägerin ist als einzige examinierte Pflegefachkraft im Nachtdienst nicht nur für durchschnittlich 125 Bewohner des Pflegeheims zuständig; sie muss zusätzlich auf Notrufe der Bewohner aus dem Bereich “Betreutes Wohnen”angemessen reagieren. Auch wenn die Klägerin im Nachtdienst von zwei Hilfskräften unterstützt wird, sieht die Berufungskammer im Nachtdienst keine Zeiten minderer Beanspruchung oder “Phasen der Entspannung”(vgl. BAG 11.02.2009 – 5 AZR 148/08 – Rn. 15).

Die Argumentation der Beklagten, dass eine Vielzahl von besonders zeitintensiven pflegerischen Tätigkeiten nur im Tagdienst zu verrichten seien, so dass im Nachtdienst nicht unerhebliche “Phasen der Entspannung”anfielen, greift zu kurz. Auch wenn im Nachtdienst weniger Aufgaben als im Tagdienst anfallen und der regelmäßige Pflegezeitbedarf pro Bewohner geringer sein mag, ist zu berücksichtigen, dass auch die personelle Ausstattung im Nachtdienst geringer ist. Den Personalschlüssel für den Tagdienst einerseits und den Nachtdienst andererseits, hat die Beklagte nicht dargestellt, so dass sich die Arbeitsbelastung in den jeweiligen Diensten nicht vergleichen lässt. Unstreitig handelt es sich bei den Nachtdiensten der Klägerin weder um Bereitschaftsdienste noch um Rufbereitschaft. Zeiten einer spürbar geringeren Arbeitsbelastung der Klägerin hat die Beklagte nicht hinreichend konkret vorgetragen. Der allgemeine Hinweis der Beklagten auf den typischen Ablauf eines Nachtdienstes “ohne besondere Vorkommnisse”lässt keinen Rückschluss auf die tatsächliche Arbeitsbelastung zu, denn die Klägerin ist verpflichtet, auch auf “besondere Vorkommnisse”zu reagieren. Dass im Nachtdienst zu einem erheblichen Teil Zeiten der Entspannung anfallen, vermag die Berufungskammer nicht festzustellen.

d) Der Höhe nach ist der Zuschlag von 25% auf ein Bruttostundenentgelt von € 16,15 zu leisten (€ 2.450,00 x 3 Monate = € 7.350,00 ./.13 Wochen x 35 Stunden = 455 Stunden). Dabei ist bei der Umrechnung auf Stundenbasis nicht auf mehr als zwei Nachkommastellen zu runden. Das monatliche Bruttoarbeitsentgelt der Klägerin beträgt einschließlich der Leistungszulage in der 35-Stundenwoche € 2.450,00 brutto. Entgegen der Ansicht der Beklagten ist die Leistungszulage weder voll noch zur Hälfte auf den Zuschlag anzurechnen, denn die Leistungszulage dient nicht dem Zweck, die Arbeitsleistung in der Nacht von 23: 00 bis 06: 00 Uhr zu entgelten. Eine funktionale Gleichwertigkeit besteht nicht. Der Zuschlag beträgt a€ 4,04 pro Nachtarbeitsstunde. Da die Beklagte der Klägerin für Arbeit in der Zeit von 20: 00 bis 06: 00 einen Zuschlag von € 2,00 pro Stunde ausdrücklich für Nachtarbeit zahlt, ist dieser anzurechnen.

Weil die Klägerin beim Zahlungsantrag zu 1) keine Pausenzeiten abgezogen hat, sei angemerkt, dass Ruhepausen iSd. § 4 ArbZG, die in einem Pausenkorridor zwischen 02: 00 und 03: 00 Uhr genommen werden sollen, keine vergütungs- oder zuschlagspflichtige Arbeitszeit sind, so dass die Klägerin keine Zuschläge für sieben Nachtstunden verlangen kann.

3. Der Klageantrag zu 3) ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte es unterlässt, ihr im Wege des Direktionsrechts die Arbeitsaufgabe zuzuweisen, im Falle eines Notrufs im Bereich “Betreutes Wohnen”eine Notfallversorgung sicherzustellen. Dies hat das Arbeitsgericht zutreffend erkannt. Die Anschlussberufung ist deshalb unbegründet.

Die Klägerin ist nach dem Inhalt ihres Arbeitsvertrags in der Seniorenresidenz der Beklagten – die aus einem vollstationären Pflegebereich und einem Apartmentbereich für “Betreutes Wohnen”besteht – verpflichtet, alle ihr zumutbaren Aufgaben, die ihren Fähigkeiten und ihrer Ausbildung als Altenpflegerin entsprechen, zu übernehmen. Das Weisungsrecht nach § 106 GewO ermöglicht dem Arbeitgeber, dem Arbeitnehmer bestimmte Aufgaben zuzuweisen und den Ort ihrer Erledigung verbindlich festzulegen. Die Klägerin kann daher von der Beklagten grundsätzlich dazu verpflichtet werden, bei einem Notruf im Bereich “Betreutes Wohnen”Hilfe zu leisten. Entgegen ihrer im außergerichtlichen Schriftverkehr geäußerten Rechtsansicht, wird die Klägerin bei einem Notruf nicht zu einem Einsatz in einem “verpartnerten Unternehmen”herangezogen. Der Bereich “Betreutes Wohnen”gehört zum Betrieb der Beklagten. Die Erwägung der Klägerin, sie habe eine “Garantenstellung”inne und setzte sich einer straf- und zivilrechtlichen Verfolgung aus, wenn sie den stationären Pflegebereich aufgrund organisatorischer Weisung ihrer Arbeitgeberin verlassen müsse, um auf einen Notruf im Bereich “Betreutes Wohnen”eine Notfallversorgung sicherzustellen, ist sachlich unrichtig. Die Verantwortung für die Bewohner des Pflegeheims trägt die Beklagte als Trägerin der Einrichtung (§ 2 Abs. 4 LWTG), die ihrerseits der Aufsicht durch die zuständige Behörde unterliegt. Nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Beklagten wurde der Nachtdienst im Bereich “Betreutes Wohnen”in Abstimmung mit der zuständigen Aufsichtsbehörde so organisiert, dass die Pflegefachkraft nur bei zwingender Notwendigkeit den stationären Pflegebereich verlassen muss. Die Klägerin hat keine konkreten Tatsachen vorgetragen, in welchem zeitlichen Umfang sie für Notfälle im Bereich “Betreutes Wohnen”herangezogen wird. Letztlich erschöpft sich ihr Vorbringen nur darin, “erhebliche zusätzliche Arbeitsbelastungen”zu bemäkeln, ohne diese substantiell aufzuzeigen.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 iVm. § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Sie entspricht dem wechselseitigen Obsiegen und Unterliegen der Parteien.

Die Zulassung der Revision ist nicht veranlasst, weil hierfür die gesetzlichen Voraussetzungen (§ 72 Abs. 2 ArbGG) nicht vorliegen.

Vonderau
Ruhnke
Di Silvestre