1. Zu den Voraussetzungen eines gemeinschaftlichen Betriebs zweier Unternehmen.

2. Der Umstand, dass die Servicetechniker zweier Unternehmen Kunden des jeweils anderen Unternehmens besuchen, begründet keinen gemeinschaftlichen Betrieb der beiden Unternehmen, wenn die Servicetechniker jeweils im eigenen Unternehmen disponiert werden, ihr Einsatz also nicht zentral gelenkt wird.

3. Eine unzulässige Maßregelung i.S. des § 612a BGB setzt eine Rechtsausübung des Arbeitnehmers voraus. Der Eintritt einer Arbeitsunfähigkeit ist ein organisches und/oder psychisches Geschehen, keine Rechtsausübung.

4. Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses wegen des Arbeitsausfalls in Folge Arbeitsunfähigkeit stellt keine unzulässige Maßregelung i.S. des § 612a BGB dar.

5. Die Klage auf Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte, weil diese unrichtig, unbestimmt oder unverhältnismäßig sei (Entfernungsanspruch nach §§ 242 und 1004 Abs. 1 BGB), hat wegen des unterschiedlichen Lebenssachverhalts einen anderen Streitgegenstand als die Klage auf Entfernung einer Abmahnung aus datenschutzrechtlichen Gründen nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses (Löschungsanspruch nach Art. 17 Abs. 1(a) DS-GVO).

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Mannheim – Kammern Heidelberg – vom 15. November 2019 (6 Ca 25/19) geringfügig abgeändert:

a) Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.676,58 Euro brutto zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 29. April 2019 zu zahlen.

b) Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Soweit sich die Berufung des Klägers gegen die Abweisung des allgemeinen Feststellungsantrags (Klagantrag Ziff. 2) richtet, wird sie als unzulässig verworfen.

3. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

4. Die erstinstanzlichen Kosten trägt der Kläger zu 25/27, die Beklagte zu 2/27. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

5. Die Revision wird in Bezug auf die Entscheidungen über die Klaganträge Ziff. 1 und 7 zugelassen. Im Übrigen wird sie nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte das gemeinsame Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 05. Februar 2019 wirksam ordentlich zum 31. März 2019 kündigen konnte. Der Kläger erhebt außerdem folgende Forderungen gegen die Beklagte:

– Entschädigung für den Entzug des Dienstfahrzeugs im Zeitraum 17.12.2018 bis 31. März 2019 (3,5 x 375,- Euro brutto): 1.312,50 Euro brutto

– Abgeltung von elf Urlaubstagen: 2.090,00 Euro brutto.

Schließlich verlangt der Kläger von der Beklagten auch für den Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, dass diese die Abmahnungen vom 17. und 18. Januar 2019 aus seiner Personalakte entfernt.

Der Kläger arbeitete seit dem 13. Juli 2015 für die Beklagte als Servicetechniker. Sein Monatseinkommen betrug zuletzt 3.450,00 Euro brutto. 2018 verdiente er einschließlich der Einmalzahlungen im Schnitt monatlich 3.521,00 Euro brutto. Der Kläger wurde im Außendienst bei den Kunden eingesetzt. Er fuhr ein Dienstfahrzeug, einen Renault Trafic, Typ III, den er am Ende eines Arbeitstages nicht bei der Beklagten, sondern bei sich daheim abstellte. Ein Gebrauchsvorteil durch die private Nutzung des Dienstfahrzeugs wurde nicht versteuert.

Die Beklagte vertreibt W-Einrichtungen und W-Geräte, die sie zumindest zum Teil von der AS-W-Technik GmbH (im Folgenden: AS) in G bezieht. Außerdem bietet die Beklagte ihren Kunden Serviceleistungen einschließlich der Kalibrierung der W-Geräte an. Zum Zeitpunkt der Kündigung beschäftigte die Beklagte i. S. des § 23 Abs. 1 KSchG 3,5 Arbeitnehmer:

– DD, kfm. Angestellte

– FW (66 oder 67 Jahre alt), kfm. Angestellter

– den Kläger, Servicetechniker und

– einen zweiten Servicetechniker.

Der Geschäftsführer der Beklagten ist auch alleiniger Geschäftsführer der AS. Die AS vertreibt ebenfalls W-Einrichtungen und W-Geräte. Diese sind entweder in Gänze angekauft oder werden aus angekauften Komponenten von der AS nach den Bedürfnissen der Kunden zusammengebaut. Ebenso bietet die AS Serviceleistungen an. Sie beschäftigte zum Zeitpunkt der Kündigung regelmäßig 15 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, darunter

– im kaufmännischen Bereich: AB, MK

– im Servicebereich: einen Leiter und sechs bis sieben Techniker.

Serviceleiter waren vom 01. Juni 2012 bis 30. November 2017 DB und von Juli 2018 bis 31. Oktober 2019 MKo.

Die Beklagte und die AS arbeiten zusammen. Der Internetauftritt der AS weist die Beklagte als weiteren Servicestützpunkt aus. Die Servicetechniker des einen Unternehmens arbeiten bei Kunden des anderen Unternehmens. Dabei kommt es in Einzelfällen zu gemeinsamen Einsätzen bei demselben Kunden. Die für die Kalibrierung von W-Einrichtungen erforderlichen Gewichte werden bei Bedarf ausgetauscht, bei Bedarf werden sie auch von anderen Unternehmen bezogen.

Die kaufmännischen Bereiche der Beklagten und der AS arbeiten unabhängig voneinander. Personalangelegenheiten erledigt der Geschäftsführer. Er genehmigt die Urlaube der Beschäftigten beider Unternehmen. Für die Personalverwaltung der Beklagten und der AS ist derselbe externe Steuerberater verantwortlich. Die Diensteinteilung der Servicetechniker wird bei der AS vom Serviceleiter, bei der Beklagten von DD vorgenommen. Reichen die eigenen Personalkapazitäten nicht aus, wird beim jeweils anderen Unternehmen angefragt, ob für einen bestimmten Serviceauftrag dort ein Servicetechniker zur Verfügung steht. Ist das der Fall, wird der Servicetechniker vom eigenen Unternehmen für den Kunden des anderen Unternehmens eingeteilt. Der Kläger wurde bei der AS eingearbeitet. Er hat bei ihr Produktschulungen besucht. Am Ende des Jahres richtet der Geschäftsführer eine gemeinsame Weihnachtsfeier für die Beschäftigten beider Unternehmen am Sitz der AS aus.

An dem Einstellungsgespräch des Klägers nahm auch DB teil, der in der Stellenanzeige neben dem Geschäftsführer als Ansprechpartner genannt worden war. Zu Beginn seiner Tätigkeit wurde der Kläger, der bis dahin noch keine beruflichen Erfahrungen auf dem Gebiet der W-Technik aufzuweisen hatte, zwei bis drei Wochen von der AS eingearbeitet. In der ersten Woche begleitete er Servicetechniker der AS bei deren Kundenbesuchen. In der zweiten Woche wurde er im Betrieb der AS von verschiedenen Mitarbeitern in das Gebiet der W-Technik eingewiesen. Es kam einmal vor, dass der Kläger und MKo gemeinsam bei einem Kunden der AS arbeiteten.

Am 07. Dezember 2018 stellte der Geschäftsführer der Beklagten dem Kläger auf dessen Wunsch ein Zwischenzeugnis aus. Der Kläger erledige alle ihm übertragenen Aufgaben korrekt und zu seiner Zufriedenheit. Das Verhalten des Klägers gegenüber Kunden, Kollegen und Vorgesetzten sei einwandfrei (im Einzelnen s. Anlage K 10 zum Schriftsatz des Klägers vom 16. April 2019, Prozessakte des Arbeitsgerichts (im Folgenden: Arb), Bl. 60).

Am 17. Dezember 2018 forderte der Geschäftsführer der Beklagten den Kläger auf, das ihm überlassene Firmenfahrzeug nebst Fahrzeugschlüsseln und den Hausschlüssel in der Firma unverzüglich abzugeben. Der Kläger kam der Aufforderung nach. Mit Schreiben vom 17. Januar 2019 mahnte der Geschäftsführer der Beklagten den Kläger ab. Er warf dem Kläger Fehlverhalten in Bezug auf zwei Kunden vor. Am Ende des Schreibens heißt es:

„Erwähnen möchte ich in diesem Zusammenhang noch ein Telefonat mit Ihnen, das am 06.12.2018 stattfand und ich Sie nochmals auf Ihr inakzeptables Verhalten hinwies. Sie reagierten absolut uneinsichtig und bemächtigten sich dabei eines äußerst aggressiven und unangemessenen Tones!“

(Im Einzelnen s. Anlage K 12 zum Schriftsatz des Klägers vom 16. April 2019, Arb Bl. 62 f.)

Es folgte eine weitere Abmahnung mit Schreiben vom 18. Januar 2019 (Anlage K 11, Arb Bl. 61). Der Geschäftsführer der Beklagten hatte den Kläger am 16. Januar aufgefordert, die Arbeit um 08:00 Uhr, später als bisher, anzutreten. Am 17. Januar war der Kläger um 06:00 Uhr zur Arbeit erschienen.

Der Kläger war vom 05. Februar bis 22. März 2019 arbeitsunfähig. Die erste Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung gab er am 05. Februar im Büro der Beklagten ab. Zu diesem Zeitpunkt hatte er Anspruch auf vier restliche Urlaubstage aus dem Vorjahr und den Urlaub 2019.

Am 07. Februar ging dem Kläger das Kündigungsschreiben der Beklagten vom 05. Februar 2019 zu. Das Kündigungsschreiben hat folgenden Wortlaut:

„Sehr geehrter Herr E,

hiermit kündige ich ordentlich und fristgemäß zum 31.03.19 den mit Ihnen bestehenden Arbeitsvertrag, welcher am 23.06.2015 geschlossen wurde.

Ich beziehe mich hier auf die Ihnen am 17.01.19, sowie am 18.01.19 erteilten schriftlichen Abmahnungen. Sie haben sich heute am 05.02.19 bis zum 15.02.19 krankschreiben lassen und somit einen geplanten, auswärtigen Arbeitseinsatz mit all den unangenehmen Folgen für unsere Kunden ebenso verhindert, wie im Dezember 2018, als Sie sich ebenfalls einen Tag vor einem länger geplanten auswärtigen Arbeitseinsatz haben krankschreiben lassen. Sie waren dabei heute offensichtlich problemlos in der Lage die Krankmeldung persönlich im Büro abzugeben. Für einen Kleinbetrieb ist eine derartige „Zuverlässigkeit“ nicht tragbar.

Darüberhinaus haben Sie mehrfach fehlerhafte Daten (Ort und Datum) für Kalibrierscheine übermittelt (Firmen R und B), was zu einem äusserst schlechten Erscheinungsbild unserer Firma beim Kunden führt.

Am 13. und 14.11.18 führten Sie eine Wartung bei unserem Kunden HD durch. Am 23.01.19 monierte der Kunde, dass er bis dahin immer noch keine Kalibrierscheine von Ihnen erhalten habe. Auch das ist eine weitere inakzeptable Schlechtleistung.

Ich fordere Sie hiermit auf sämtliches Eigentum der Firma WF GmbH, das sich in Ihrem Besitz befindet, unverzüglich in unserem Büro zu den Ihnen bekannten Öffnungszeiten abzugeben. Sie sind ab sofort vom Dienst freigestellt. Der Ihnen zustehende Resturlaub wird damit abgegolten.“
(Anlage K 6 zur Klagschrift, Arb Bl. 25)

Die Beklagte zahlte dem Kläger mit dem Entgelt für den Monat März eine Urlaubsabgeltung in Höhe von 915,58 Euro brutto (zur Berechnung der Beklagten s. Berechnungsblatt Bl. 122 d. Akte).

Die Klagschrift ging am 15. Februar beim Arbeitsgericht ein und erreichte die Beklagte bis spätestens 25. Februar 2019. Mit Schriftsatz vom 16. April erweiterte der Kläger die Klage um die Zahlungs- und Abmahnungsanträge. Der Schriftsatz wurde der Prozessbevollmächtigten der Beklagten am 29. April 2019 zugestellt.

Am 26. Februar 2020 erstellte der Mitarbeiter der AS IC im Namen der Beklagten ein Angebot für deren Kundin, die W GmbH. Die I SE stellte der Beklagten am 16. Februar 2020 Leistungen sowohl für die Beklagt als auch für die AS in Rechnung.

Der Kläger hat vorgetragen,

die Kündigung der Beklagten vom 05. Februar 2019 sei gemäß § 1 Abs. 1 KSchG unwirksam, weil nicht sozial gerechtfertigt. Es gebe keinen Kündigungsgrund. Die Beklagte verweise auf bereits abgemahntes Verhalten. Sie falle unter den Geltungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes, weil sie mit der AS zusammen einen gemeinschaftlichen Betrieb führe, der regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer i.S. des § 23 Abs. 1 KSchG beschäftige.

Das zeige bereits die gemeinsame Führung durch den Geschäftsführer beider Gesellschaften. Zudem sei AB auch für die personellen Angelegenheiten der Beklagten verantwortlich. Sie habe sein Zwischenzeugnis erstellt. Der Serviceleiter der AS sei sein Vorgesetzter gewesen. Er habe ihm Weisungen erteilt. Den Urlaub habe er (der Kläger) mit ihm abgestimmt. Wenn er für einen Kunden der AS gearbeitet habe, sei er angewiesen gewesen, als Mitarbeiter der AS aufzutreten.

Unabhängig davon sei die Kündigung der Beklagten gemäß § 612a BGB unwirksam. Sie stelle eine unzulässige Maßregelung dar. Der Geschäftsführer der Beklagten habe mit ihr ein erlaubtes Verhalten, seine Krankschreibung, bestraft.

Ihm stehe wegen des Entzugs des Dienstfahrzeugs eine Entschädigung zu. Das Dienstfahrzeug sei ihm bei Arbeitsantritt zur Privatnutzung überlassen worden. Bei Gehaltsverhandlungen habe der Geschäftsführer diese mündliche Abrede stets wiederholt. Der monatliche geldwerte Vorteil der Privatnutzung des Renault Trafic, Typ III betrage 375,- Euro brutto.

Für den Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses schulde die Beklagte ihm eine Urlaubsabgeltung in Höhe von 2.090,- Euro brutto. Es seien elf restliche Urlaubstage abzugelten. Die im Kündigungsschreiben von der Beklagten erklärte Freistellung sei auf den Urlaubsanspruch nicht anrechenbar. Für ihn sei nicht erkennbar gewesen, dass die Beklagte ihn zum Zweck eines selbstbestimmten Urlaubs freistelle. Die Freistellung sei nicht unwiderruflich erfolgt. Er habe damit rechnen müssen, dass die Beklagte ihn zurückrufen werde. (Zur Berechnung des geltend gemachten Abgeltungsanspruchs wird auf den Schriftsatz des Klägers vom 16. April 2019, S. 4, Arb Bl. 49 verwiesen.)

Die Abmahnungen der Beklagten seien nicht berechtigt gewesen. Sie enthielten unzutreffende Vorwürfe (im Einzelnen s. Schriftsatz des Klägers vom 16. April 2019, S. 7 ff., Arb Bl. 52 ff.).

Der Kläger hat beantragt,

1. es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers mit der Beklagten durch Kündigung vom 05.02.2019 – zugegangen am 07.02.2019 – nicht aufgelöst wird.

2. es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien auch nicht durch andere Beendigungstatbestände endet, sondern zu unveränderten Bedingungen fortbesteht.

3. die Beklagte wird verurteilt, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens zu den bisherigen Bedingungen als Servicetechniker bei der Beklagten in der Vstr. …, …. H weiter zu beschäftigen.

4. die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.636,78 EUR brutto (Abgeltung für erbrachte Überstunden) zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu bezahlen.

5. die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.090,00 EUR brutto (Urlaubsabgeltung 2018 und 2019) zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu bezahlen.

6. die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.312,50 EUR brutto (Entschädigung für Dienstwagenentzug) zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu bezahlen.

7. die Beklagte wird verurteilt, die dem Kläger gegenüber ausgesprochenen Abmahnungen vom 17.01.2019 und 18.01.2019 zu widerrufen und aus der Personalakte des Klägers zu entfernen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen,

sie falle mit ihrem eigenständigen Kleinbetrieb nicht unter den Geltungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes. Sie habe eine betriebliche Organisation, die von DD gemanagt werde. Es gebe keine gemeinsame Personalführung mit der AS. Es finde kein Austausch von Arbeitnehmern statt. Der Serviceleiter der AS sei nicht für ihre (der Beklagten) Servicetechniker zuständig. Er nehme ihnen gegenüber keine Vorgesetztenfunktion wahr. Soweit sie Aufträge der AS ausführe, stelle sie diese der AS in Rechnung.

Sie habe den Kläger zu Recht abgemahnt (im Einzelnen s. Schriftsatz der Beklagten vom 08. Mai 2019, S. 6 ff., Arb Bl. 89 ff.).

Das Arbeitsgericht hat DB, MKo, AB und FW als Zeugen vernommen. Wegen der Beweisthemen wird auf den Beschluss vom 20. September 2019 (Arb Bl. 236) und wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme auf das Sitzungsprotokoll vom 15. November 2019 (Arb Bl. 297 ff.) verwiesen.

Mit Urteil vom 15. November 2019 hat das Arbeitsgericht dem Klagantrag Ziff. 4 (Überstundenvergütung) stattgegeben. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Die Beklagte hat gegen das Urteil des Arbeitsgerichts keine Berufung eingelegt. Gegenstand des Berufungsverfahrens sind die abgewiesenen Klaganträge. Insoweit hat das Arbeitsgericht seine Entscheidung wie folgt begründet:

Der allgemeine Feststellungsantrag (Klagantrag Ziff. 2) sei mangels eines Feststellungsinteresses unzulässig. Der Kläger habe nicht behauptet, es seien weitere Kündigungen ausgesprochen worden.

Die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 05. Februar 2019 habe das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Ablauf des 31. März 2019 aufgelöst. Sie sei nicht gemäß § 1 Abs. 1 KSchG unwirksam. Das Arbeitsverhältnis der Parteien unterliege nicht dem Kündigungsschutzgesetz. Die Beklagte beschäftige keine ausreichende Zahl von Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen. Die Beschäftigten der AS seien nicht hinzuzurechnen, denn die beiden Unternehmen führten keinen gemeinsamen Betrieb.

Nach der Beweisaufnahme habe die Kammer den Eindruck gewonnen, dass die Beklagte über eine eigene Organisation verfüge, deren Dreh- und Angelpunkt DD sei. Der Geschäftsführer sorge nicht für eine einheitliche Organisation der Beklagten und der AS. Es gebe keine unternehmensübergreifende Urlaubsplanung und Krankheitsvertretung. Ein Personalaustausch finde nicht statt. Aufträge, die für das jeweils andere Unternehmen ausgeführt würden, würden in Rechnung gestellt. Die Arbeitnehmer der beiden Unternehmen seien zudem räumlich getrennt untergebracht. Eine interne Lohnbuchhaltung existiere nicht.

Die Kündigung der Beklagten stelle auch keine Maßregelung i.S. des § 612a BGB dar. Zum einen sei die Erkrankung des Klägers nicht tragender Beweggrund der Kündigung gewesen. Wie dem Kündigungsschreiben zu entnehmen sei, sei sie wegen des Ausfalls des Klägers und der daraus resultierenden Unannehmlichkeiten der Kunden ausgesprochen worden. Zum anderen mache bereits § 8 Entgeltfortzahlungsgesetz deutlich, dass die Kündigung des Arbeitsverhältnisses wegen Arbeitsunfähigkeit grundsätzlich zulässig sei.

Der vom Kläger geltend gemachte Urlaubsabgeltungsanspruch bestehe nicht. Mit der im Kündigungsschreiben enthaltenen Freistellungserklärung sei der Urlaubsanspruch des Klägers erloschen. Die Freistellung sei unwiderruflich erfolgt. Aus dem Kündigungsschreiben sei für den Kläger erkennbar hervorgegangen, dass die Beklagte keinen Wert mehr auf seine Mitarbeit lege. Dementsprechend sei er unmissverständlich aufgefordert worden, Eigentum der Beklagten unverzüglich im Büro abzugeben.

Ebenso wenig stehe dem Kläger eine Entschädigung für den Entzug des Dienstfahrzeugs zu. Es gebe keine schriftliche Vereinbarung der Parteien über die Privatnutzung des Firmenfahrzeugs. Ein privater Gebrauchsvorteil des Klägers sei während des Arbeitsverhältnisses nicht versteuert worden. Eine mündliche Vereinbarung habe der Kläger nicht unter Beweis gestellt. Angesichts der Tätigkeit des Klägers als Techniker im Außendienst, sei die Überlassung des Firmenfahrzeugs für dienstliche Zwecke erforderlich gewesen. Soweit der Kläger das Fahrzeug auch für die private Anfahrt zur und für die private Fahrt von der Arbeitsstelle nach Hause habe nutzen können, habe er zu den zurückgelegten Strecken nichts vorgetragen.

Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses bestehe kein Anspruch auf Entfernung von Abmahnungen aus der Personalakte.

Das Urteil des Arbeitsgerichts wurde der Prozessbevollmächtigten des Klägers am 19. März 2020 zugestellt. Die Berufung ging am 01. April, die Berufungsbegründung am 14. Mai am Landesarbeitsgericht ein. Die Berufungsbegründung wurde der Prozessbevollmächtigten der Beklagten am 22. Mai zugestellt. Die Berufungserwiderung erreichte das Landesarbeitsgericht innerhalb der verlängerten Berufungserwiderungsfrist am 07. Juli 2020.

Der Kläger trägt vor,

die ordentliche Kündigung der Beklagten habe das gemeinsame Arbeitsverhältnis nicht aufgelöst. Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts gelte der gesetzliche Kündigungsschutz für das Arbeitsverhältnis der Parteien. Es gebe keinen Kündigungsgrund i.S. des § 1 Abs. 2 KSchG. Die Beklagte und die AS unterhielten einen Gemeinschaftsbetrieb.

Es bestehe ein einheitlicher Leitungsapparat. Das zeige bereits der Umstand, dass beide Unternehmen von demselben Geschäftsführer geführt würden, der mangels eines entsprechenden Unterbaus sowohl die Geschäftsleitung als auch die Personalleitung in seinen Händen halte. Zudem spreche die gemeinsame, arbeitsteilige Tätigkeit beider Unternehmen auf demselben Marktsegment für einen einheitlichen Leitungsapparat. Dementsprechend hätten die Beklagte und die AS die materiellen und immateriellen Betriebsmittel für einen einheitlichen Zweck zusammengeführt. Die Mitarbeiter der Beklagten würden bei der AS eingesetzt. DB habe bei seiner Aussage bestätigt, dass er ihm (dem Kläger) gegenüber weisungsbefugt gewesen sei und dass es eine gemeinsame Urlaubs- und Auftragsplanung gegeben habe. DB habe mit ihm seinerzeit die Verlängerung der Einarbeitungsphase abgestimmt. Die Beklagte und die AS bearbeiteten zusammen Aufträge von Kunden, unabhängig davon, wessen Kunde der jeweilige Auftraggeber sei. Zudem tauschten sie ihre Eichgewichte aus. Es gebe keine Belege dafür, dass Leistungen des einen Unternehmens für das andere jeweils in Rechnung gestellt würden.

Zusammenfassend sei festzustellen, dass eine einheitliche Geschäftsführung bestehe, eine einheitliche (wenn auch externe) Lohnbuchhaltung, dass sich der Geschäftsführer wahlweise beider Sekretariate zur Erfüllung der Aufgaben bediene und dass die Mitarbeiter beider Unternehmen gemeinsam Aufträge von Kunden bearbeiteten, die mal dem einen, mal dem anderen Unternehmen zuzuordnen seien. Interne Dokumente würden jeweils dem anderen Unternehmen zur Verfügung gestellt. Es fänden gemeinsame Betriebsfeiern statt.

Die ordentliche Kündigung der Beklagten sei auch als unzulässige Maßregelung i.S. des § 612a BGB unwirksam. Sie sei wegen der Krankschreibung am 05. Februar 2019 und wegen der Abgabe der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausgesprochen worden. Das erfülle den Tatbestand der Maßregelung i. S. des § 612a BGB. Eine zulässige krankheitsbedingte Kündigung liege gerade nicht vor. Das Arbeitsgericht habe dies auch nicht geprüft.

Die Freistellung sei nicht unwiderruflich erfolgt und deshalb auf den Urlaubsanspruch nicht anrechenbar. Da eine widerrufliche Freistellung für den Arbeitgeber weniger einschneidend sei als eine unwiderrufliche Freistellung, sei sie der Normalfall. Eine unwiderrufliche Freistellung müsse daher vom Arbeitgeber ausdrücklich ausgesprochen werden. Das habe die Beklagte im Kündigungsschreiben nicht getan.

Die geltend gemachte Berechtigung zur Privatnutzung des Dienstfahrzeugs folge schon daraus, dass er das Fahrzeug an seiner Wohnadresse abgestellt habe. Der Geschäftsführer der Beklagten habe die Privatnutzung des Dienstfahrzeugs wiederholt als Gehaltsbestandteil verkauft.

Wegen des Klagantrags Ziff. 7 (Abmahnungen vom 17. und 18. Januar 2019) verweist der Kläger auf seinen erstinstanzlichen Sachvortrag. Er stellt klar, dass dem Passus „zu widerrufen“ keine eigenständige Bedeutung zukomme. Er verlange die Entfernung der Abmahnungen aus seiner Personalakte, und zwar auch für den Fall, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien beendet sei.

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichtes Mannheim – Kammern Heidelberg – vom 15.11.2019 zugestellt am 19.03.2020, Az. 6 Ca 25/19 wie folgt teilweise abzuändern:

1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers mit der Beklagten durch die Kündigung vom 05.02.2019 – zugegangen am 07.02.2019 – nicht aufgelöst wird.

2. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien auch nicht durch andere Beendigungstatbestände endet, sondern zu unveränderten Bedingungen fortbesteht.

3. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens zu den bisherigen Bedingungen als Servicetechniker bei der Beklagten in der Vstr. X, XXXXX H weiter zu beschäftigen.

4. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.090,- EUR brutto (Urlaubsabgeltung 2018 und 2019) zuzüglich Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu bezahlen.

5. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.312,50 EUR brutto (Entschädigung für Dienstwagenentzug) zuzüglich Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu bezahlen.

6. Die Beklagte wird verurteilt, die dem Kläger gegenüber ausgesprochenen Abmahnungen vom 17.01.2019 und 18.01.2019 zu widerrufen und aus der Personalakte des Klägers zu entfernen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil und trägt vor,

die Erkrankung des Klägers sei nicht das wesentliche Motiv für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gewesen.
Entscheidungsgründe

I.

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mannheim – Kammern Heidelberg – vom 15. November 2019 (6 Ca 25/19) ist unzulässig, soweit sie sich gegen die Abweisung des allgemeinen Feststellungsantrags (des Klagantrags Ziff. 2) als unzulässig richtet. Der Kläger hat die Berufung insoweit entgegen § 520 Abs. 1 ZPO i.V. mit § 64 Abs. 6 ArbGG nicht begründet. Sie ist in diesem Punkt als unzulässig zu verwerfen (entsprechend § 522 Abs. 1 ZPO i.V. mit § 64 Abs. 6 ArbGG).

2. Darüber hinaus ist die Berufung des Klägers zulässig. Sie ist gemäß § 64 Abs. 1, Abs. 2 b und c ArbGG statthaft und wurde entsprechend § 519 ZPO i.V. mit § 64 Abs. 6 ArbGG formgerecht eingelegt. Der Kläger hat sowohl die Berufungsfrist als auch die Berufungsbegründungsfrist (§ 66 Abs. 1 ArbGG) eingehalten. Die Berufungsbegründung erfüllt die Anforderungen des § 520 Abs. 3 Nr. 2 ZPO i.V. mit § 64 Abs. 6 ArbGG.
II.

Soweit sich die Berufung des Klägers gegen die Abweisung des Kündigungsschutzantrags (Klagantrag Ziff. 1) richtet, ist sie unbegründet. Das Arbeitsgericht hat den Klagantrag Ziff. 1 zu Recht abgewiesen. Die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 05. Februar 2019 hat das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Ablauf des 31. März 2019 aufgelöst. Sie ist nicht gemäß § 1 Abs. 1 KSchG unwirksam. Denn der Betrieb der Beklagten fällt nicht unter den Geltungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes (1). Ebenso wenig ist die ordentliche Kündigung gemäß § 134 i.V. mit § 612a BGB unwirksam. Sie verstößt nicht gegen das gesetzliche Maßregelungsverbot (2). Da das Arbeitsverhältnis der Parteien beendet ist, fällt der Klagantrag Ziff. 3 (vorläufige Weiterbeschäftigung) nicht zur Entscheidung an.

1. Das Arbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass der Betrieb der Beklagten nicht unter den Geltungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes fällt. Gemäß § 23 Abs. 1 KSchG gelten die Vorschriften des Ersten Abschnitts mit Ausnahme der §§ 4 bis 7 und des § 13 Abs. 1 Satz 1 und 2 in Betrieben, in denen in der Regel zehn oder weniger Arbeitnehmer ausschließlich der Auszubildenden beschäftigt werden, nicht für Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis – wie das des Klägers – nach dem 31. Dezember 2003 begonnen haben. Maßgeblich für die Feststellung der Zahl der regelmäßig Beschäftigten sind die Umstände bei Zugang der Kündigung, hier also die Gegebenheiten im Februar 2019 (vergl. BAG – 21. September 2017 – 2 AZR 865/16, NZA 2018, 358, Rn. 15).

Die Beklagte beschäftigte zum Zeitpunkt der Kündigung einschließlich des Klägers 3,5 Arbeitnehmer i.S. des § 23 Abs. 1 KSchG. Ihr Betrieb erreichte nicht die für die Anwendung des § 1 KSchG erforderliche Betriebsgröße.

Die Zahl der bei der AS regelmäßig Beschäftigten kann den 3,5 Arbeitnehmern der Beklagten nicht hinzugerechnet werden. Die Beklagte und die AS arbeiten zwar zusammen. Sie führen aber keinen gemeinschaftlichen Betrieb.

a) Das Bundesarbeitsgericht definiert den Begriff des Betriebs wie folgt:

„Danach ist der Betrieb die organisatorische Einheit von Arbeitsmitteln, mit deren Hilfe der Arbeitgeber allein oder in Gemeinschaft mit seinen Arbeitnehmern mithilfe von technischen und immateriellen Mitteln einen bestimmten arbeitstechnischen Zweck fortgesetzt verfolgt, der nicht nur in der Befriedigung von Eigenbedarf liegt (…). Dies setzt einen einheitlichen organisatorischen Einsatz der Sachmittel und Personalressourcen voraus. Die einen Betrieb konstituierende Leitungsmacht wird dabei dadurch bestimmt, dass der Kern der Arbeitgeberfunktionen in personellen und sozialen Angelegenheiten von derselben institutionalisierten Leitung im Wesentlichen selbstständig ausgeübt wird. Entscheid ist, wo schwerpunktmäßig über Arbeitsbedingungen und Organisationsfragen entschieden wird und in welcher Weise Einstellungen, Entlassungen und Versetzungen vorgenommen werden (…). Entsprechend der Unterscheidung zwischen „Betrieb“ und „Unternehmen“ in § 1 I KSchG ist der Betriebsbegriff auch in § 23 I KSchG nicht mit dem des Unternehmens gleichzusetzen (…).“

(BAG – 02. März 2017 – 2 AZR 427/16, NZA 2017, 859, Rn. 15)

Ein gemeinschaftlicher Betrieb zweier oder mehrerer Unternehmen liegt vor, wenn die beteiligten Unternehmen nur über eine (gemeinsame) Betriebsorganisation verfügen. Der Einsatz der menschlichen Arbeitskraft muss von einem einheitlichen Leitungsapparat betriebsbezogen gesteuert werden. Die beteiligten Unternehmen müssen sich zumindest stillschweigend rechtlich zu einer gemeinsamen Führung verbunden haben, so dass der Kern der Arbeitgeberfunktionen im sozialen und personellen Bereich von derselben institutionellen Leitung ausgeübt wird. Das ist nicht schon dann der Fall, wenn die Unternehmen unternehmerisch zusammenarbeiten (vergl. BAG – 10. April 2014 – 2 AZR 647/13, NZA 2015, 162, Rn. 30).

b) Die Beklagte und die AS verfügen über eine jeweils eigenständige Betriebsorganisation und bildeten deshalb zum Kündigungszeitpunkt keinen gemeinschaftlichen Betrieb. Zwar werden beide Unternehmen von demselben Geschäftsführer geleitet. Das allein begründet aber noch nicht den erforderlichen einheitlichen Leitungsapparat. Der Geschäftsführer kann seine Arbeitgeberfunktionen für jedes Unternehmen getrennt oder einheitlich für beide Unternehmen wahrnehmen. Im vorliegenden Fall ist von einer getrennten Führung der Beklagten und der AS in personellen und sozialen Angelegenheiten auszugehen.

Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass der Geschäftsführer als einziger in Betracht kommender zentraler Funktionsträger über die Personalkapazitäten beider Unternehmen unternehmensübergreifend verfügte oder Vorgesetzte dazu ermächtigte, auf das Personal des jeweils anderen Unternehmens unmittelbar durch Anweisungen zuzugreifen. Stattdessen arbeiten sowohl die Beklagte als auch die AS mit eigenständigen, getrennt operierenden kaufmännischen Bereichen. Das zwischen ihnen ein Personalaustausch stattfindet, ist nicht ersichtlich. Der Einsatz der Servicetechniker wird in beiden Unternehmen ebenfalls getrennt koordiniert, bei der AS über den Serviceleiter, bei der Beklagten durch DD. Das ist im Hinblick auf die Beklagte von besonderem Gewicht. Die beiden Servicetechniker bilden die Hälfte der Belegschaft. Diese wird vom eigenen kaufmännischen Bereich (der eigenen Betriebsorganisation) und nicht von einem zentralen Leitungsapparat gesteuert, der auch für die Personalsteuerung der AS zuständig wäre. Über wechselseitige Vertretungen oder eine unternehmensübergreifende Urlaubsplanung ist nichts Konkretes bekannt. Soweit der Kläger auf die gegenseitige Versorgung mit Eichgewichten verweist, gibt es keinen Anhaltspunkt dafür, dass diese unternehmensübergreifend zentral gelenkt wird und nicht – wie mit Drittunternehmen – nach Absprache erfolgt.

Auch wenn man die Aussage DB berücksichtigt und die gegenläufige Aussage MKo außer Acht lässt, kann nicht festgestellt werden, dass der Serviceleiter der AS zum Kündigungszeitpunkt Vorgesetzter des Klägers, ihm gegenüber weisungsbefugt war. Zum einen bezog sich die Aussage DB auf evtl. Gegebenheiten bis zu seinem Ausscheiden Ende 2017, also nicht auf die betrieblichen Verhältnisse bei Zugang der Kündigung. Zum anderen hat der Kläger keine Tatsachen (konkrete, nach Zeit und Raum bestimmte, der Vergangenheit oder der Gegenwart angehörende Geschehnisse oder Zustände – vergl. BAG – 15. Dezember 1999 – 5 AZR 566/98, NZA 2000, 447 (448)) zu konkreten Weisungen DB oder MKo und deren Weisungsberechtigung vorgetragen. Da der Einsatz der Servicetechniker der Beklagten nicht von der AS, sondern von DD gesteuert wurde, wären Weisungen der Serviceleiter ohnehin ins Leere gelaufen.

Sowohl die Beklagte als auch die AS verfolgen ihre arbeitstechnischen Zwecke mit eigenständigen organisatorischen Einheiten. Sie verfügen jeweils über eine eigene Betriebsorganisation und bildeten keinen gemeinschaftlichen Betrieb.

c) Die Struktur zweier eigenständiger organisatorischer Einheiten mit jeweils lokaler Leitung in personellen und sozialen Angelegenheiten wird nicht durch die weitere unternehmerische Zusammenarbeit der AS und der Beklagten auf demselben Marktsegment in Frage gestellt.

Unabhängig davon, dass das Bewerbungsverfahren des Klägers und dessen Einarbeitung bei der AS nicht die betrieblichen Verhältnisse der beiden Unternehmen zum Zeitpunkt der Kündigung wiedergeben, bedurfte es zu deren Durchführung der Koordination durch eine Abstimmung zwischen der Beklagten und der AS, aber keiner – nicht feststellbaren – zentralen Steuerung. Zur Mitwirkung DB am Bewerbungsverfahren des Klägers war nur eine Absprache zwischen den Unternehmen, eine Anfrage der Beklagten bei der AS und eine entsprechende Freistellung DB durch die AS, erforderlich. Ebenso konnte die Einarbeitung des Klägers mittels Absprachen der Unternehmen organisiert werden, wobei deren Durchführung allein dem Betrieb der AS überlassen wurde. Externe Produktschulungen begründen keine gemeinsame Betriebsstruktur.

Gemeinschaftliche Kundenbesuche beruhten auf den bereits skizzierten getrennten Betriebsorganisationen. Auch hierzu bedurfte es nur einer Terminsanfrage und -abstimmung und keiner unternehmensübergreifenden zentralen Steuerung des Kundenservices. Ein -zum Teil bestrittener – gemeinschaftlicher Außenauftritt der Unternehmen lässt nicht auf gemeinsame Betriebsstrukturen schließen. Der Außenauftritt betrifft das Erscheinungsbild der beteiligten Unternehmen in der Öffentlichkeit und bestimmt die Vertretungsverhältnisse im Rechtsverkehr. Er sagt nichts über die innere Organisation der beteiligten Unternehmen aus.

Auch wenn die Beklagte und die AS denselben Dienstleister mit der jeweiligen Personalverwaltung beauftragt haben, sind die Personalverwaltungen aus der Betriebsorganisation ausgelagert und lassen diese deshalb unberührt. Die Personalverwaltungen in externer Personalunion deuten nicht auf gemeinsame Betriebsstrukturen hin.

Ebenso unerheblich ist die aufgeworfene Frage, ob die Leistungen für das jeweils andere Unternehmen diesem in Rechnung gestellt werden. Die Rechnungstellung ist gesellschaftsrechtlich und steuerrechtlich von Bedeutung. Sie hat bei Leistungen für ein anderes Unternehmen unabhängig davon zu erfolgen, ob ein gemeinsamer Betrieb geführt wird oder nicht.

Eine gemeinsame Weihnachtsfeier setzt keinen gemeinsamen Betrieb voraus, begründet ihn auch nicht. Mit ihr wird kein bestimmter arbeitstechnischer Zweck verfolgt.

Soweit der Kläger zuletzt auf Aspekte der Zusammenarbeit im Jahr 2020 Bezug genommen hat, braucht hierauf nicht näher eingegangen zu werden. Sie betreffen nicht die Verhältnisse zum Zeitpunkt der Kündigung.

Die Beklagte und die AS hatten zum Zeitpunkt der Kündigung des Arbeitsverhältnisses im Februar 2019 keinen gemeinschaftlichen Betrieb. Zur Bestimmung der Betriebsgröße nach § 23 Abs. 1 KSchG ist allein auf die Beschäftigten der Beklagten abzustellen. Danach fiel der Betrieb der Beklagten nicht unter den Geltungsbereich des gesetzlichen Kündigungsschutzes. Die ordentliche Kündigung vom 05. Februar 2019 ist nicht gemäß § 1 Abs. 1 KSchG unwirksam.

2. Die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 05. Februar 2019 ist ebenso wenig gemäß § 134 i.V. mit § 612a BGB unwirksam. Sie verstößt nicht gegen das gesetzliche Maßregelungsverbot. Die Beklagte hat das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht gekündigt, weil der Kläger seine Rechte in zulässiger Weise ausgeübt hat.

a) Nach § 612a BGB darf ein Arbeitgeber einen Arbeitnehmer bei einer Vereinbarung oder einer Maßnahme nicht benachteiligen, weil der Arbeitnehmer in zulässiger Weise seine Rechte ausübt. Maßnahme im Sinne des Gesetzes kann auch die Kündigung des Arbeitsverhältnisses sein (vergl. BAG – 23. April 2009 – 6 AZR 189/08, NZA 2009, 974 Rn. 12). Sinn der Regelung ist es, den Arbeitnehmer in seiner Willensfreiheit bei einer Entscheidung darüber zu schützen, ob er ein Recht ausüben will oder nicht. Diese Entscheidung soll er ohne Furcht vor wirtschaftlichen oder sonstigen Repressalien des Arbeitgebers treffen können (vergl. BAG – 21. September 2011 – 7 AZR 150/10, NZA 2012, 317 Rn. 32).

Eine Rechtsausübung im Sinne des § 612a BGB kann nicht nur in der Geltendmachung von Ansprüchen bestehen. Auch die Wahrnehmung sonstiger Rechtspositionen ist Rechtsausübung im Sinne des Gesetzes (vergl. BAG, NZA 2012, 317, Rn. 32). Zwischen der Rechtsausübung und der benachteiligenden Maßnahme oder Vereinbarung muss ein unmittelbarer Zusammenhang bestehen. Die zulässige Rechtsausübung muss der tragende Grund, d.h. das wesentliche Motiv für die benachteiligende Maßnahme sein. Es reicht nicht aus, dass die Rechtsausübung nur den äußeren Anlass für die Maßnahme bietet (vergl. BAG, NZA 2012, 317, Rn. 35).

b) Wie aus dem Kündigungsschreiben der Beklagten ersichtlich, kündigte diese das Arbeitsverhältnis der Parteien, weil sie – wie sich der Geschäftsführer ausdrückte – krankschreibungsbedingt eine zuverlässige Einsatzplanung des Klägers als nicht mehr gewährleistet erachtete. Der Kläger habe sich in kurzer Zeit (seit Dezember) zum zweiten Mal vor einem geplanten auswärtigen Arbeitseinsatz krankschreiben lassen. „Für einen Kleinbetrieb ist eine derartige „Zuverlässigkeit“ nicht tragbar.“ Dass das Kündigungsschreiben auch auf die Abmahnungssachverhalte Bezug nimmt, diente der Vollständigkeit. Der Geschäftsführer der Beklagten hatte offensichtlich das Bedürfnis, alle Kritikpunkte gegenüber dem Kläger aufzulisten. Dieses Vollständigkeitsbedürfnis änderte aber nichts daran, dass es der Beklagten bei der Beendigung im Wesentlichen um eine zuverlässige Einsatzplanung ging. Das abgemahnte Verhalten des Klägers hatte sie nicht daran gehindert, weiterhin auswärtige Arbeitseinsätze mit dem Kläger zu besetzen.

Entgegen der Ansicht des Klägers war die Abgabe der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung Anlass, nicht tragender Grund der ausgesprochenen Kündigung. Die Beklagte reagierte mit der Kündigungserklärung nicht darauf, dass der Kläger sie über die „Krankschreibung“ informiert hatte, sondern darauf, dass seine Arbeitskraft in Folge der „Krankschreibung“ zum wiederholten Mal ausfiel.

Allerdings lassen sich die Arbeitsunfähigkeit oder – wie es die Beklagte formuliert – die Krankschreibung und die Störung der Einsatzplanung nicht auseinanderdividieren, denn die Störung der Einsatzplanung beruht auf der Arbeitsunfähigkeit/Krankschreibung (a. A. Weigert, Die krankheitsbedingte Kündigung außerhalb des Kündigungsschutzgesetzes, NZA 2019, 1671 (1672)). Die ärztlich festgestellte Arbeitsunfähigkeit des Klägers war Bestandteil des tragenden Kündigungsgrundes.

c) Die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 05. Februar 2019 wurde nicht ausgesprochen, weil der Kläger in zulässiger Weise ein Recht ausgeübt hatte. Der Eintritt einer Arbeitsunfähigkeit ist ein organisches und/oder psychisches Geschehen, aber keine Rechtsausübung (vgl. BAG – 26. Oktober 1994 – 10 AZR 482/93, DB 1995, 830; LAG Berlin-Brandenburg – 7. Oktober 2010 – 25 Sa 1435/10, II 2 der Entscheidungsgründe). Es gibt kein Recht auf Krankheit (so Richardi/Fischinger, in: Staudinger, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 2020, § 612a Rn. 14). Der Arbeitnehmer hat keine Wahl, die durch eine Maßregelung des Arbeitgebers beeinträchtigt werden könnte. Er ist arbeitsunfähig und kann deshalb aus gesundheitlichen Gründen nicht arbeiten.

Hinzukommt, dass die Arbeitsunfähigkeit des Klägers nicht allein Beweggrund der ausgesprochenen Kündigung war. Der Beklagten ging es um die betrieblichen Auswirkungen des wiederholten krankheitsbedingten Ausfalls des Klägers aus ihrer Sicht. Es sollten zukünftige Störungen der Einsatzplanung und erneute Unannehmlichkeiten der Kunden vermieden werden. Das Ziel der Kündigung war es also nicht, ein Verhalten des Klägers, geschweige denn eine Rechtsausübung, zu sanktionieren. Es ging vielmehr darum, zukünftigen Betriebsablaufstörungen aus Sicht der Beklagten vorzubeugen. Ein solches Ziel kann der Kleinbetrieb verfolgen, ohne die Anforderungen des § 1 KSchG einhalten zu müssen. Ob die ordentliche Kündigung der Beklagten im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG sozial gerechtfertigt war, ist im Rahmen des § 612a BGB nicht zu prüfen.

Die auf der Arbeitsunfähigkeit des Klägers und deren Auswirkungen im Betriebsablauf beruhende Kündigung der Beklagten vom 05. Februar 2019 verstößt nicht gegen das Maßregelungsverbot des § 612a BGB und ist deshalb nicht gemäß § 134 BGB unwirksam. (Im Ergebnis ebenso: LAG Berlin-Brandenburg – 07. Oktober 2010 – 25 Sa 1435/10, II 2 der Entscheidungsgründe; LAG Hamm – 13. Mai 2015 – 3 Sa 13/15, Rn. 76; Linck, in: Ascheid/Preis/Schmidt, Kündigungsrecht, 5. Aufl. 2017, § 612a BGB Rn. 17; Richardi/Fischinger, a.a.O.; Stelljes, in: Thüsing/Rachor/Lembke, Kündigungsschutzgesetz, 4. Aufl. 2018, § 612a BGB Rn. 31; Weigert, NZA 2019, 1671 (1673 a.E.); a.A. für den Fall einer Kündigung als unmittelbare Reaktion auf eine Krankheitsmeldung bei nicht feststellbarem betrieblichen Kündigungsmotiv: ArbG Trier – 08. Dezember 2011 – 3 Ca 936/11, A II c) dd) der Entscheidungsgründe; Preis, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 20. Aufl. 2020, 230 – § 612a Rn. 13).

Die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 05. Februar 2019 hat das Arbeitsverhältnis der Parteien unter Wahrung der gesetzlichen Kündigungsfrist von einem Monat zum Monatsende (§ 622 Abs. 2 Nr. 1 BGB) mit Ablauf des 31. März 2019 aufgelöst. Das Arbeitsgericht hat den Klagantrag Ziff. 1 zu Recht abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers ist zurückzuweisen. Der Klagantrag Ziff. 3 fällt nicht zur Entscheidung an. Er setzt voraus, dass der Klagantrag Ziff. 1 erfolgreich ist.
III.

Soweit sich die Berufung des Klägers gegen die Abweisung des Klagantrags Ziff. 5 (Urlaubsabgeltung in Höhe von 2.090,- Euro brutto) richtet, ist das Urteil des Arbeitsgerichts geringfügig abzuändern. Die Beklagte schuldet dem Kläger eine restliche Urlaubsabgeltung in Höhe von 39,80 Euro brutto nebst Prozesszinsen hieraus. Darüber hinaus hat das Arbeitsgericht den Klagantrag Ziff. 5 zu Recht abgewiesen.
1. Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 31. März 2019 war die Beklagte gemäß § 7 Abs. 4 Bundesurlaubsgesetz verpflichtet, dem Kläger sechs noch nicht in Anspruch genommene Urlaubstage abzugelten.

a) Dem Kläger standen aus dem Vorjahr vier Urlaubstage und für das erste Quartal 2019 sieben Urlaubstage zu. Der Jahresurlaubsanspruch des Klägers betrug gemäß § 11 des Arbeitsvertrags 27 Arbeitstage. Weitere Urlaubsregelungen enthielt der Arbeitsvertrag nicht. Gemäß § 5 Abs. 1 c Bundesurlaubsgesetz hat der Arbeitnehmer für jeden vollen Monat des Bestehens des Arbeitsverhältnisses Anspruch auf 1/12 des Jahresurlaubs, wenn er – wie der Kläger – nach erfüllter Wartezeit in der ersten Hälfte des Kalenderjahres ausscheidet. Bruchteile von Urlaubstagen, die mindestens einen halben Tag ergeben, sind auf volle Urlaubstage aufzurunden (§ 5 Abs. 2 Bundesurlaubsgesetz). Der Urlaubsanspruch des Klägers für das erste Quartal 2019 errechnet sich wie folgt:

– 27 : 12 x 3 = 6,75 – aufgerundet: 7 Urlaubstage.

b) Der Urlaubsanspruch des Klägers in Höhe von insgesamt elf Urlaubstagen war bis zum 31. März 2019 gemäß § 362 Abs. 1 BGB in Höhe von fünf Urlaubstagen erloschen. Nach Wiedergenesung hatte der Kläger vom 25. bis 29. März 2019 Urlaub.

Das Arbeitsgericht hat bereits zutreffend erkannt, dass die Beklagte den Kläger mit dem Kündigungsschreiben den ihm zustehenden restlichen Urlaub für den bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses verbleibenden Zeitraum gewährte. Eines Urlaubsantrags bedurfte es nicht, weil der noch offenstehende Urlaub nur in diesem Zeitraum in Anspruch genommen werden konnte. Das Kündigungsschreiben vom 05. Februar 2019 formuliert die Urlaubsgewährung unmissverständlich und bedarf insoweit keiner Auslegung. Es heißt dort:

„Sie sind ab sofort vom Dienst freigestellt. Der Ihnen zustehende Resturlaub wird damit abgegolten.“

Die Freistellung war zugleich Urlaubsgewährung und, weil sie Urlaubsgewährung war, wurde sie unwiderruflich erklärt. Es geht nicht um ein Regel-/Ausnahmeverhältnis von unwiderruflicher und widerruflicher Freistellung, sondern darum, dass die Beklagte dem Kläger noch offenstehenden Resturlaub gewährte und die Gewährung von Urlaub stets unwiderruflich erfolgt. Zusätzlich machte die Aufforderung der Beklagten, ihr Eigentum, das der Kläger in Besitz habe, unverzüglich im Büro abzugeben, klar, dass der Kläger bis zum Ablauf der Kündigungsfrist keine Arbeitsleistung mehr für sie erbringen sollte. Das eine solche Aufforderung – wie der Kläger meint – üblich ist, verändert nicht ihren Inhalt.

Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses hatte der Kläger einen restlichen Urlaubsanspruch in Höhe von sechs Arbeitstagen.

2. Der daraus resultierende Urlaubsabgeltungsanspruch des Klägers (§ 7 Abs. 4 Bundesurlaubsgesetz) in Höhe von 955,38 Euro brutto ist gemäß § 362 Abs. 1 BGB in Höhe von 915,58 Euro brutto erloschen. Die Beklagte zahlte dem Kläger mit dem Entgelt für den Monat März 2019 eine Urlaubsabgeltung in Höhe von 915,58 Euro brutto, die der Kläger bei der Berechnung seiner Abgeltungsforderung überging. Es verbleibt ein restlicher Urlaubsabgeltungsanspruch des Klägers in Höhe von 39,80 Euro brutto.

Der ursprüngliche Urlaubsabgeltungsanspruch errechnet sich wie folgt:

– durchschnittlicher Arbeitsverdienst des Klägers in den letzten 13 Wochen vor dem 01. April 2019 (§ 11 Abs. 1 Bundesurlaubsgesetz): 3.450,- Euro brutto x 3 (Monate) = 10.350,- Euro brutto.

– Wochenverdienst in diesem Zeitraum: 10.350,- Euro brutto : 13 = 796,15 Euro brutto.

– Tagesverdienst: 796,15 Euro brutto : 5 = 159,23 Euro brutto.

– 6 x 159,23 Euro brutto = 955,38 Euro brutto.

Auf die Berufung des Klägers ist das Urteil des Arbeitsgerichts insoweit abzuändern, als die Beklagte zur Zahlung einer restlichen Urlaubsabgeltung in Höhe von 39,80 Euro brutto nebst Prozesszinsen hieraus (§ 291 BGB) zu verurteilen ist. Dieser Betrag ist in Ziff. 1 a des Urteilstenors berücksichtigt. Die in Bezug auf den Klagantrag Ziff. 5 darüber hinausgehende Berufung ist zurückzuweisen.
IV.

Der Teil der Berufung, der sich gegen die Abweisung des Klagantrags Ziff. 6 (Schadenersatz wegen des Entzugs des Dienstfahrzeugs) richtet, ist unbegründet. Auch insoweit hat das Arbeitsgericht richtig entschieden. Der Entzug des Dienstfahrzeugs am 17. Dezember 2018 löste keine Schadenersatzpflicht der Beklagten gemäß § 280 Abs. 1 BGB aus. Die Beklagte verletzte nicht ihre Vertragspflichten gegenüber dem Kläger, als sie den Renault Traffic von ihm zurückforderte (1). Bei Annahme einer Vertragsverletzung der Beklagten wäre der geltend gemachte Schadenersatz überhöht. Den tatsächlich eingetretenen Schaden hat der Kläger nicht dargelegt (2).

1. Der Schadenersatzanspruch nach § 280 Abs. 1 BGB setzt eine Pflichtverletzung des Schädigers voraus. Die Beklagte handelte jedoch nicht pflichtwidrig, als sie vom Kläger verlangte, das Dienstfahrzeug auf dem Betriebshof abzustellen und die Fahrzeugschlüssel herauszugeben. Der Renault Traffic wurde ausschließlich dienstlich eingesetzt. Die Beklagte konnte über seine Verwendung verfügen.

Dem Vortrag des Klägers kann nicht entnommen werden, dass die Parteien vereinbart hatten, der Kläger könne den Renault Traffic auch privat nutzen. Der Kläger legt keine Tatsachen (s. oben S. 16) dar. Seine Ausführungen sind allgemein gehalten und lassen sich daher nicht verifizieren. Das gilt auch, soweit der Kläger behauptet, der Geschäftsführer der Beklagten habe ihm bei Entgeltverhandlungen die Privatnutzung des Dienstfahrzeugs als zusätzliche Leistung der Beklagten entgegengehalten. Es ist weder ersichtlich, auf welche Entgeltverhandlungen der Kläger Bezug nimmt, noch wie diese im Einzelnen verlaufen sind.

Auch der Umstand, dass der Kläger mit dem Dienstfahrzeug nach Hause fahren konnte, also die grundsätzlich private Anfahrt zur Arbeitsstelle und die ebenso private Heimfahrt von der Arbeitsstelle mit dem Dienstfahrzeug zurücklegte, spricht nicht gegen eine ausschließlich dienstliche Fahrzeugüberlassung. Das Abstellen des Dienstfahrzeugs an der Wohnadresse des Arbeitnehmers kann dienstliche Gründe haben. Zum einen erspart sich der Arbeitgeber Stellfläche an seinem Dienstsitz. Zum anderen vereinfacht die direkte Anfahrt des Servicetechnikers von seiner Wohnadresse zum Kunden dessen auswärtigen Einsatz. Ggf. kann die Arbeitszeit des Servicetechnikers effektiver genutzt werden.

Die Beklagte verletzte nicht ihre Vertragspflichten gegenüber dem Kläger, als sie ihm das Dienstfahrzeug entzog. Sie ist ihm deshalb keinen Schadenersatz schuldig.

2. Unabhängig davon ließe sich der ersatzpflichtige Schaden nicht feststellen, ginge man von einer Vertragsverletzung der Beklagten aus. Mangels darüber hinausgehender Tatsachen könnte dem Kläger allenfalls insoweit die Privatnutzung des Dienstfahrzeugs als Vertragsleistung der Beklagten versprochen worden sein, als er das Fahrzeug für die Fahrten zwischen Wohnadresse und Arbeitsstelle nutzte.

Unter der Prämisse einer derartigen Vertragsabrede hätte der Kläger nach dem Entzug des Dienstfahrzeugs einen Schadenersatzanspruch in Höhe der ihm entstandenen Aufwendungen für die Fahrten zwischen Wohnadresse und Arbeitsstelle (§ 249 Abs. 1 und 2 BGB). Dazu hat er nichts vorgetragen. Der vom Kläger insoweit geltend gemachte pauschalierte monatliche Gebrauchsvorteil einer Privatnutzung bezieht sich auf eine Privatnutzung, die sich nicht auf die Wege zur und von der Arbeitsstelle beschränkt, sondern auch die Nutzung des Dienstfahrzeugs in der Freizeit zum Gegenstand hat. Einem solchen Gebrauchsvorteil hat die Beklagte den Kläger bei der angenommenen Vertragsverletzung nicht entzogen.

Soweit der Kläger zur Begründung einer Vereinbarung der Parteien über die private Nutzung des Renault Traffic darauf abstellt, dass er mit dem Dienstfahrzeug nach Hause fahren konnte, macht er keine Angaben zu dem ihm insoweit durch den Entzug des Fahrzeugs entstandenen Schaden.

Das Arbeitsgericht hat den Klagantrag Ziff. 6 zu Recht abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers ist zurückzuweisen.
V.

Ebenso unbegründet ist die Berufung des Klägers, soweit sie sich gegen die Abweisung des Klagantrags Ziff. 7 (Entfernung der Abmahnungen vom 17. und 18. Januar 2019) richtet. Der vom Kläger geltend gemachte Entfernungsanspruch steht diesem nicht zu.

1. Der Kläger hat in der Berufungsverhandlung klargestellt, dass er ausschließlich die Entfernung der Abmahnungen vom 17. und 18. Januar aus seiner Personalakte verlangt, und zwar auch für den Fall, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien beendet sei. Der im Antrag enthaltene Passus „zu widerrufen“ habe keine eigenständige Bedeutung.

Der Kläger macht einen Entfernungsanspruch nach den §§ 242 und 1004 Abs. 1 BGB geltend. Er trägt vor, die beiden Abmahnungsschreiben der Beklagten enthielten nicht gerechtfertigte Vorwürfe. Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist beendet. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses besteht ein Anspruch auf Entfernung von Abmahnungen nach den §§ 242 und 1004 Abs. 1 BGB – wie bereits dem erstinstanzlichen Urteil zu entnehmen ist – nur dann, wenn es Anhaltspunkte dafür gibt, dass die Abmahnungen dem Arbeitnehmer noch schaden können (vergl. BAG – 17. November 2016 – 2 AZR 730/15, NZA 2017, 394, Rn. 47). Hierzu hat der Kläger nichts vorgetragen.

Der Kläger kann gemäß §§ 242 und 1004 Abs. 1 BGB von der Beklagten nicht verlangen, die Abmahnungen vom 17. und 18. Januar 2019 aus seiner Personalakte zu entfernen. Es ist nicht ersichtlich, dass diese ihm nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch schaden können.

2. Auf Initiative des Vorsitzenden wurde in der Berufungsverhandlung auch der Löschungsanspruch nach Art. 17 Abs. 1 a DS-GVO erörtert, der vor allem nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses von Bedeutung ist. Das Gericht ist jedoch nach nochmaliger Prüfung der Rechtslage zu dem Ergebnis gekommen, dass es gegen § 308 Abs. 1 ZPO verstoßen würde, würde es seine Entscheidung auf Art. 17 Abs. 1 a DS-GVO stützen. Das Löschungsbegehren nach Art. 17 Abs. 1 a DS-GVO, das auf einem anderen Lebenssachverhalt beruht, als das Entfernungsverlangen nach den §§ 242 und 1004 Abs. 1 BGB und deshalb einen eigenständigen Streitgegenstand bildet, war nicht Gegenstand des Klagantrags Ziff. 7 und der späteren Berufungsanträge (vergl. auch BAG, NZA 2017, 394, Rn. 46).

Der Kläger machte während des Rechtsstreits zu keinem Zeitpunkt datenschutzrechtliche Gründe für den Klagantrag, die Abmahnungen vom 17. und 18. Januar aus seiner Personalakte zu entfernen, geltend. Dementsprechende Tatsachen wurden von ihm nicht vorgetragen. Das macht nicht zuletzt die Berufungsbegründung deutlich. Der Kläger wandte sich gegen die Abweisung des Klagantrags Ziff. 7 ausschließlich mit dem Argument, entgegen der Annahme des Arbeitsgerichts sei das Arbeitsverhältnis der Parteien noch nicht beendet. Das ist ein Argument, dass nur in Bezug auf den Entfernungsanspruch nach den §§ 242 und 1004 Abs. 1 BGB erheblich ist.

Über einen eventuellen Löschungsanspruch des Klägers nach Art. 17 Abs. 1 a DS-GVO kann daher in diesem Verfahren keine Entscheidung ergehen.

Das Arbeitsgericht hat somit den Klagantrag Ziff. 7 zu Recht abgewiesen. Auch der hiergegen gerichtete Teil der Berufung ist zurückzuweisen.
VI.

1. Die erstinstanzlichen Verfahrenskosten sind entsprechend § 92 Abs. 1 Satz 1 Alternative 2 ZPO verhältnismäßig zu verteilen. Der Kläger hat bei einem Gesamtstreitwert in erster Instanz in Höhe von 22.644,28 Euro in Höhe von 1.676,58 Euro obsiegt. Das entspricht einer Quotelung von 2/27 zu 25/27.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger, weil seine Berufung im Wesentlichen ohne Erfolg geblieben ist (§ 97 Abs. 1 i. V. mit § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO).

2. Die Revision ist in Bezug auf die Entscheidung über den Klagantrag Ziff. 1 zuzulassen, weil die Frage, ob die Kündigung des Arbeitsverhältnisses als Reaktion auf den Eintritt einer Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers eine unzulässige Maßregelung darstellt, auch dann, wenn sich hierfür betriebliche Motive feststellen lassen, von grundsätzlicher Bedeutung ist (§ 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG). Die Revisionszulassung in Bezug auf die Entscheidung über den Klagantrag Ziff. 1 bedingt die Zulassung der Revision auch in Bezug auf die Entscheidung über den Klagantrag Ziff. 7, weil diese Entscheidung von der Entscheidung des Klagantrags Ziff. 1 und damit auch von der Beantwortung der grundsätzlichen Rechtsfrage abhängig ist.

Darüber hinaus ist die Revision nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen einer Revisionszulassung nach § 72 Abs. 2 ArbGG hinsichtlich der weiteren Entscheidungen des Verfahrens nicht gegeben sind.