Hat der Schuldner aus demselben rechtlichen Verhältnis, auf dem seine Verpflichtung beruht, einen fälligen Anspruch gegen den Gläubiger, kann er, sofern nicht aus dem Schuldverhältnis sich etwas anderes ergibt, die geschuldete Leistung verweigern, bis ihm die Leistung bewirkt wird. Diese Definition des Zurückbehaltungsrechts steht im § 273 Abs. 1 BGB. Der Gläubiger kann die Ausübung des Zurückbehaltungsrecht durch eine Sicherheitsleistung abwenden.

Ein ähnliches Recht ist in § 320 BGB geregelt. Die Einrede des nicht erfüllten Vertrages hat die gleiche Wirkung wie das Zurückbehaltungsrecht, ist jedoch etwas stärker, da die Abwendung des Gläubigers durch Sicherungsleistung nicht möglich ist. Ist jedoch eine Vertragspartei zur Vorleistung verpflichtet, so kann diese Einrede, wie z.B. im Arbeitsverhältnis, nicht erhoben werden.

Ein Zurückbehaltungsrecht kommt insbesondere in folgenden Fällen in Betracht:

1. Nichtgewährung von Arbeitsschutz
2. Nichtgewährung von Schutz gegenüber anderen Arbeitnehmer, insbesondere nach dem allgemeinen Gleichbehandlungsgebot
3. Lohnrückstände.

Die Ausbildung des Zurückbehaltungsrechtes ist dann nicht möglich, wenn dies gegen Treu und Glauben nach § 242 BGB verstoßen wird. Nach der Rechtsprechung ist dies folgenden Fällen der Fall:

1. nur kurzfristige Verzögerung der Zahlung ist zu erwarten,
2. ausstehende Vergütung des verhältnismäßig gering (unter 2 Monatslöhne),
3. Drohung eines unverhältnismäßig hohen Schadens für den Arbeitgeber und
4. Sicherung des Lohnanspruches. Die Sicherung durch Insolvenzgeld ist keine solche Sicherung.

Leistete der Arbeitgeber nach der Erhebung der Einrede der Zurückbehaltungsrechtes teilweise, so kann dieses Recht gegebenenfalls entfallen.

Bei Ausübung des Zurückbehaltungsrechtes muss der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber mitteilen, warum er seine Arbeit zurückhält. Insbesondere müssen die offenen Leistungen des Arbeitgebers mitgeteilt werden. In einer kollektiven Geltendmachung des Zurückbehaltungsrechts sah die Rechtsprechung in der Vergangenheit teilweise rechtswidrige Streikmaßnahmen an. Daher sollte das Zurückbehaltungsrecht immer individuell erklärt werden.

Nach Aussprache des Zurückbehaltungsrechts ist der Arbeitnehmer nicht mehr verpflichtet, eine Leistung gegenüber dem Arbeitgeber zu erbringen. Da die Arbeitsleistung ein absolutes Fixschuldgeschäft ist und sich der Arbeitgeber aufgrund der berechtigten Ausübung des Zurückbehaltungsrechts in Annahmeverzug ist, muss er dennoch den vollständigen Lohn bezahlen, § 615 BGB.

An Sachen des Arbeitgebers kann unter keinen Umständen ein Zurückbehaltungsrecht ausgeübt werden. Der Arbeitnehmer ist lediglich Besitzdiener des Arbeitgebers im Sinne von § 855 BGB. Dies hat zur Folge, dass der Arbeitnehmer nicht wirksam Besitzer werden kann. Hierzu müsste er sich rechtswidrig aufschwingen.

Der Arbeitgeber kann insbesondere dann ein Zurückbehaltungsrecht geltend machen, wenn eine Krankmeldung nicht vorliegt. Dies ist im Entgeltfortzahlungsgesetz in § 7 Abs. 1 geregelt. Weiterhin kommt er Zurückbehaltungsrecht dann in Sprache, wenn ein Anspruch des Arbeitnehmers wegen Annahmeverzugs des Arbeitgebers auf Annahme Verzugslohn besteht und dieser sich weigert, anrechenbaren anderweitigen Verdienst mitzuteilen. Am nicht pfändbaren Nettolohn kann ein Zurückbehaltungsrecht jedoch nicht geltend gemacht werden. Dies folgt aus § 394 S. 1 BGB.